Jenseitswissenschaft

J. mit einer Topographie der Jenseitsregionen ist charakteristisch für das alte Ägypten. Gelegentlich finden sich auch genaue Maßangaben vor. Das Jenseits ist der „verborgene Raum“, der dem Verstorbenen bekannt gemacht werden soll, damit er sich in ihm zurechtfindet und der Vielzahl der Gefahren entgeht. Wie sehr dieses Jenseits eine andere, eine verkehrte Welt ist, geht schon daraus hervor, dass die vier Himmelsrichtungen dort aufgehoben sind, die Gewässer krumm verlaufen und der Tote Gefahr läuft, auf dem Kopf stehen zu müssen. Diese Abkehr von den Gegebenheiten auf Erden stellt eine entscheidende Hoffnung dar, vom Tod wieder zur Verjüngung, zum neuen Anfang zu gelangen. In den grünen, seligen Gefilden ist alles gegeben, was die Toten zu ihrem Fortleben benötigen.
Um in den vollen Genuss des jenseitigen Lebens zu gelangen, muss der Körper des Toten erhalten bleiben, das Ritual der Einbalsamierung richtig durchgeführt werden. Aus den religiösen Texten erfahren wir, welches Maß an Mühe aufgewandt wurde, den Körper und auch die Sinne wiederherzustellen. Die Öffnung des Mundes des Toten ermöglicht ihm das Sprechen und die Aufnahme der Nahrung. Im Totenkult der Ägypter erreichte die Mumifizierung als Sonderform der Totenbehandlung ihre höchste Entwicklung. Der mumifizierte Tote ähnelt irgendwie einem Schlafenden; der Tote wird so in das Leben „zurückgerettet“. Doch bleibt dieses Leben ein Dasein im Jenseits; die richtige Ausstattung der Grabkammern bringt uns nahe, in welcher Weise man für dieses Dasein vorsorgte.

Lit.: Resch, Andreas (Hg.): Fortleben nach dem Tode (Imago Mundi; 7). Innsbruck: Resch, 41987.
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