Andreas Resch: Erscheinungen und Offenbarungen

Von Erscheinungen und Offenbarungen ist heute dank der Kommunikationsmittel vermehrt die Rede, sodass sich sogar die Glaubenskongregation in Rom bereits 1974 zu einer  Stellungnahme für den internen Bereich veranlasst sah und diesbezügliche „Normen“ erarbeitete. Da sich inzwischen über Internet und die sogenannten sozialen Netzwerke Informationen aus dem kleinsten Umfeld weltweit verbreiten, hat die gleichnamige Kongregation am 14. Dezember 2011 mit einer kurzen Einleitung die „Normen“ von 1978 allgemein zugänglich gemacht. Aus Anlass dieses Beitrags zu „Erscheinungen und Offenbarungen“ist in der Rubrik „Dokumentation“ der am Ende dieses Beitrags genannten Ausgabe von GW der Wortlaut beider Schreiben der Glaubenskongregation abgedruckt (siehe dort). Hier sollen nur die für unser Thema wesentlichen Aussagen angeführt werden.

LEHRAMT DER KIRCHE

Mit den Fragen des Außergewöhnlichen, wie Fällen von Pseudomystizismus, behaupteten Erscheinungen, Visionen und Botschaften, denen ein übernatürlicher Ursprung zugeschrieben wird, befasst sich, wie schon erwähnt, in der katholischen Kirche die Kongregation für die Glaubenslehre. Dabei bleibt die Problematik derartiger Ereignisse, die mit übernatürlichen Phänomenen verbunden sind,  für das Leben und die Sendung der Kirche weiterhin aktuell. Allerdings ist vor der Erscheinung Jesu Christi in Herrlichkeit keine öffentliche Offenbarung mehr zu erwarten (vgl. 1 Tim 6,14 und Tit 2,13). Diese  Wahrheit hat der hl. Johannes vom Kreuz in folgender Aussage wunderbar beschrieben:

„Da Gott uns seinen Sohn geschenkt hat, der sein einziges und endgültiges Wort ist, hat er uns in diesem einzigen Wort alles auf einmal gesagt und nichts mehr hinzuzufügen … Denn was er ehedem den Propheten nur teilweise kundgetan hat, das hat er in seinem Sohn vollständig mitgeteilt, indem er uns dieses Ganze gab, seinen Sohn. Wer darum den Herrn jetzt noch befragen oder von ihm Visionen oder Offenbarungen haben wollte, der würde nicht bloß unvernünftig handeln, sondern Gott beleidigen, weil er seine Augen nicht einzig auf Christus richtet, sondern Anderes und Neues sucht.“1

Privatoffenbarungen

Das Wort Gottes ist folglich von Privatoffenbarungen zu unterscheiden. Diese sind nicht dazu da, die endgültige Offenbarung Christi zu vervollständigen, sondern sollen vielmehr helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben (Katechismus der Kath. Kirche, Nr. 67). Dazu schreibt Benedikt xvi.:

„Der Wert der Privatoffenbarungen ist wesentlich unterschieden von der einer öffentlichen Offenbarung: Diese fordert unseren Glauben an, denn in ihr spricht durch Menschenworte und durch die Vermittlung der lebendigen Gemeinschaft der Kirche hindurch Gott selbst zu uns. Der Maßstab für die Wahrheit einer Privatoffenbarung ist ihre Hinordnung auf Christus selbst. Wenn sie uns von ihm wegführt, dann kommt sie sicher nicht vom Heiligen Geist, der uns in das Evangelium hinein- und nicht aus ihm herausführt. Die Privatoffenbarung ist eine Hilfe zu diesem Glauben und sie erweist sich gerade dadurch als glaubwürdig, dass sie auf die eine öffentliche Offenbarung verweist. Die kirchliche Approbation einer Privatoffenbarung zeigt daher im Wesentlichen an, dass die entsprechende Botschaft nichts enthält, was dem Glauben und den guten Sitten entgegensteht; es ist erlaubt, sie zu veröffentlichen, und den Gläubigen ist es gestattet, ihr in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken. Eine Privatoffenbarung kann neue Akzente setzen, neue Weisen der Frömmigkeit herausstellen oder alte vertiefen. Sie kann einen gewissen prophetischen Charakter besitzen (vgl. 1 Thess 5,19-21) und eine wertvolle Hilfe sein, das Evangelium in der jeweils gegenwärtigen Stunde besser zu verstehen und zu leben; deshalb soll man sie nicht achtlos beiseite schieben. Sie ist eine Hilfe, die angeboten wird, aber von der man nicht Gebrauch machen muss. Auf jeden Fall muss es darum gehen, dass sie Glaube, Hoffnung und Liebe nährt, die der bleibende Weg des Heils für alle sind (vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Die Botschaft von Fatima [26. Juni 2000]: Ench. Vat. 19, Nrn. 974-1021)“.2

Kriterien zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen
und Offenbarungen

Was die Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Offenbarungen betrifft, so gelten weiterhin die Normen, die am 24. Februar 1978 von Papst Paul vi. approbiert und am 25. Februar 1978 von der Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlicht wurden.3 Darin werden in der Behandlung der Thematik folgende Richtlinien für die Beurteilung einzelner Fälle gegeben:

„Sobald die kirchliche Autorität über irgendwelche mutmaßlichen Erscheinungen oder Offenbarungen Kenntnis erhält, ist es ihre Aufgabe:
a) an Hand der positiven und negativen Kriterien über die Geschehnisse zu urteilen (vgl. unten…);
b) sofern diese Prüfung zu einem positiven Ergebnis führt, einige Ausdrucksformen des öffentlichen Kultes oder der Verehrung zu erlauben, wobei diese zugleich weiterhin mit großer Klugheit überwacht werden müssen (dies ist gleichbedeutend mit der Formel „ pro nunc nihil obstare“);
c) im Licht der mit der Zeit gewonnenen Erfahrung und unter besonderer Berücksichtigung der geistlichen Fruchtbarkeit, die aus der neuen Verehrung hervorgeht, ein Urteil über die Wahrheit und Übernatürlichkeit zu fällen, wo der Fall es erfordert.“4

Um hier eine möglichst objektive Entscheidung zu treffen, soll man sich an folgenden positiven und negativen Kriterien orientieren.

„A) Positive Kriterien:
a) Eine durch genaue Untersuchungen gewonnene moralische Gewissheit oder wenigstens große Wahrscheinlichkeit über die Wirklichkeit des Ereignisses.
b) Besondere Umstände bezüglich der Wirklichkeit und der Natur des Geschehenen, wie etwa:
1. persönliche Eigenschaften des oder der Betroffenen (insbesondere psychische Ausgeglichenheit; Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit im sittlichen Lebenswandel; Aufrichtigkeit und beständige Folgsamkeit gegenüber der kirchlichen Autorität; die Fähigkeit, zu gewöhnlichen Ausdrucksformen des Glaubenslebens zurückzukehren; usw.);
2. bezüglich der Offenbarungen: Wahrheit und Irrtumslosigkeit der theologischen und geistlichen Lehre;
3. eine gesunde Verehrung sowie reichliche und anhaltende geistliche Früchte (wie etwa Geist des Gebetes, Bekehrungen, Zeugnisse der Nächstenliebe usw.).

B) Negative Kriterien:
a) Ein offensichtlicher Tatsachenirrtum.
b) Lehrmäßige Irrtümer, die Gott selbst, der allerseligsten Jungfrau Maria oder einem Heiligen in ihren Äußerungen zugeschrieben werden, wobei man allerdings die Möglichkeit berücksichtigen muss, dass die Person – möglicherweise unbewusst – zu einer authentischen übernatürlichen Offenbarung rein menschliche Elemente oder gar irgendwelche Irrtümer der natürlichen Ordnung hinzugefügt haben könnte (vgl. hl. Ignatius, Exerzitienbuch, Nr. 336).
c) Ein offensichtliches Gewinnstreben, das unmittelbar mit dem Geschehen verbunden ist.
d) Schwer unmoralische Handlungen, die zum Zeitpunkt oder anlässlich des Geschehens entweder von der betreffenden Person oder von ihren Anhängern begangen wurden.
e) Psychische Erkrankungen oder psychopathische Tendenzen der Person, die mit Sicherheit einen Einfluss auf das mutmaßlich übernatürliche Geschehen ausübten, sowie Psychosen, Massenhysterien oder ähnliche derartige Phänomene.
Es muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass diese positiven und negativen Kriterien indikativen und nicht taxativen Charakter haben und in kumulativer Weise bzw. in einer gewissen wechselseitigen Konvergenz angewandt werden müssen.“5

Eingriff der zuständigen kirchlichen Autorität

Wenn auch die oben angeführten Kriterien nur als Hinweise gelten, kann gegebenenfalls ein Einschreiten der kirchlichen Autorität erforderlich sein:

„1. Falls im Zusammenhang mit einem mutmaßlich übernatürlichen Ereignis unter den Gläubigen gleichsam spontan ein Kult oder eine andere Form der Verehrung entsteht, ist es eine dringende Aufgabe der zuständigen kirchlichen Autorität, sich unverzüglich zu informieren und mit Umsicht eine Untersuchung durchzuführen.
2. Auf die legitime Bitte von Gläubigen hin (d.h. von solchen, die in Gemeinschaft mit den Hirten stehen und nicht von sektiererischem Geist getrieben werden) kann die zuständige kirchliche Autorität eingreifen und bestimmte Formen des Kultes oder der Verehrung erlauben und fördern, sofern dem unter Beachtung der oben genannten Kriterien nichts entgegensteht. Es muss dabei aber darauf geachtet werden, dass die Gläubigen diese Handlungsweise nicht als eine Anerkennung des übernatürlichen Charakters des Geschehens durch die Kirche missverstehen (vgl. Vorbemerkung, c).
3. Aufgrund des ihr eigenen Lehr- und Hirtenamtes kann die zuständige kirchliche Autorität auch aus eigenem Antrieb einschreiten. Unter besonderen Umständen muss sie dies sogar tun, zum Beispiel um Missbräuche in der Ausübung des Kultes oder der Verehrung zu korrigieren bzw. zu verhindern, um Irrlehren zu verurteilen, um die Gefahren eines falschen oder unangebrachten Mystizismus zurückzuweisen, usw.
4. In Zweifelsfällen, die das Wohl der Kirche in keiner Weise gefährden, soll sich die zuständige kirchliche Autorität jedes Urteils und jedes direkten Eingriffs enthalten (denn es kann auch passieren, dass im Laufe der Zeit ein Geschehen mit mutmaßlich übernatürlichem Charakter wieder in Vergessenheit gerät). Sie darf aber nicht nachlassen, wachsam zu bleiben, damit sie, wenn erforderlich, schnell und klug eingreifen kann.“6

Die  zuständigen Autoritäten

Als zuständige Autoritäten für ein solches Eingreifen werden folgende genannt:

„1. Die Aufgabe, zu wachen und einzuschreiten, kommt in erster Linie dem Ortsordinarius zu.
2. Die regionale oder nationale Bischofskonferenz kann einschreiten:
a) wenn der Ortsordinarius das Seine getan hat und sich an die Konferenz wendet, um ein sichereres Urteil über die Sache zu erlangen.
b) wenn das Geschehen schon die Nation oder Region betrifft, freilich immer mit der vorgängigen Zustimmung des Ortsordinarius.
3. Der Apostolische Stuhl kann sowohl auf Bitten des Ordinarius selbst oder einer qualifizierten Gruppe von Gläubigen als auch direkt auf Grund der universalen Jurisdiktion des Papstes eingreifen…“7

Einschreiten der Glaubenskongregation

In bestimmten Fällen ist auch das Einschreiten der Glaubenskongregation selbst möglich oder sogar erforderlich:

„1. a) Das Einschreiten der Hl. Kongregation kann sowohl vom Ordinarius, nachdem er das Seine getan hat, als auch von einer qualifizierten Gruppe von Gläubigen erbeten werden. Im zweiten Fall ist darauf zu achten, dass das Ansuchen bei der Hl. Kongregation nicht durch zweifelhafte Gründe motiviert ist (wie zum Beispiel der Wunsch, den Ordinarius zur Abänderung seiner rechtmäßig getroffenen Entscheidungen zu zwingen oder einer sektiererischen Gruppe Anerkennung zu verschaffen, usw.).
b) Es ist Aufgabe der Hl. Kongregation, bei schwierigeren Fällen, besonders wenn die Sache einen größeren Teil der Kirche betrifft, aus eigenem Antrieb einzugreifen, stets nachdem der Ordinarius und, wenn es die Situation erfordert, auch die Bischofskonferenz gehört wurde.
2. Es kommt der Hl. Kongregation zu, die Vorgangsweise des Ordinarius zu prüfen und zu billigen oder, wo dies möglich und angeraten erscheint, eine neue Untersuchung der Sache, die sich von der durch den Ordinarius durchgeführten unterscheidet, einzuleiten, sei es durch die Kongregation selbst oder durch eine Sonderkommission.“8

EIGENE UNTERSUCHUNGEN

Wie oben von kirchlicher Seite bereits angeführt, hat bei der Beurteilung von Erscheinungen und Offenbarungen im religiösen Kontext besondere Vorsicht zu walten. Dabei  handelt es sich vor allem um visuelle, akustische und taktile Phänomene, die von einer Person oder mehreren Personen wahrgenommen werden. Grundsätzlich ist in diesen Fällen davon auszugehen, dass es sich um persönliche Projektionen oder Wunschvorstellungen handelt. Um hier jedoch nicht vorschnell zu urteilen, ist eine vielschichtige Abklärung erforderlich, die durch keine Einzelperson, sondern nur durch ein Team verschiedener Fachexperten glaubwürdig erfolgen kann. Als Beispiel einer solchen Vorgangsweise sei die von mir 1998 geleitete Untersuchung der „Seher von Medjugorje“ angeführt, weil darin im Zusammenhang mit einer „Marienerscheinung“ die verschiedenen Fragen einer Prüfung angeblicher Erscheinungen und Offenbarungen angesprochen werden.

Fragen der Untersuchung

Gegenstand der Untersuchung waren die von den sog „Sehern von Medjugorje“ behaupteten Erscheinungen und Offenbarungen. Bei diesen Sehern handelt es sich im Einzelnen um folgende Personen, von denen hier zur allgemeinen Information nur Namen und Geburtsdaten in der Abfolge ihres Alters angeführt seien:

Vicka Ivankovic, geb. am 3. September 1964 in Bijakovici in der Pfarre Medjugorje als ältestes von acht Kindern von Pero und Zlata Ivankovic;
Mirjana Dragicevic, geb. am 18. März 1965 in Sarajewo als Tochter des Röntgentechnikers Jozo Dragicevic und der Fabrikarbeiterin Milena;
Marija Pavlovic, geb. am 1. April 1965 in Bijakovici in der Pfarrei Medjugorje als Tochter der Landwirte Filippo und Iva Pavlovic;
Ivan Dragicevic, geb. am 25. Mai 1965 in Bijakovici in der Pfarre Medjugorje als Sohn der Landwirte Stanko und Zlata Dragicevic;
Ivanka Ivankovic, geb. am 21. Juni 1966 in Bijakovici in der Pfarre Medjugorje als Tochter von Ivan und Jagoda Ivankovic;
Jakov Colo, geb. am 6. März 1971 in Bijakovici in der Pfarre Medjugorje als Sohn von Ante und Jaca Colo.

Bei der Untersuchung galt es vor allem folgende Fragen zu beantworten:

– Wurden die „Seher“ aus persönlichen Motiven in die Erwartung außergewöhnlicher Phänomene getrieben?
– Wurden die „Seher“ religiös-kulturellen Einflüssen ausgesetzt, die diese außergewöhnlichen Phänomene auslösten oder förderten?
– Unterstanden die „Seher“ einer geistigen Konditionierung, die zur Bildung der Gruppe der sogenannten „Seher“ führte?
– Wurden die „Seher“ von jemandem hörig gemacht oder manipuliert, der sie für seine Zwecke einer solchen suggestiven Erfahrung aussetzte, die dann zur Auslösung der kollektiven Ekstasen/Visionen führte?
– Hatten die „Seher“ tiefgreifende spontane Initialerfahrungen wie nicht induzierte und modifizierte religiöse Bewusstseinszustände?
– Haben die „Seher“ ihre Erlebnisse nach den anfänglichen Erfahrungen von Ekstasen/Visionen/Erscheinungen gleichsam zur Verteidigung ihrer ursprünglichen Aussagen lediglich durch Wiederholung der diesbezüglichen Verhaltensmuster aufrechterhalten?
– Wurden die Seher spontan in Ekstase versetzt, in der sie die Gospa sahen und ihre Botschaften vernahmen.
– Kann Ekstase samt Visionen und Offenbarungen durch Autosuggestion oder Suggestion in Hypnose hervorgerufen werden?

Programm der Untersuchung

Um all diese und weitere Fragen zu beantworten, organisierte ich zusammen mit den Medizinern und Psychologen Dr. Giorgio Gagliardi und Dr. Marco Margnelli ein 15-köpfiges Team, bestehend aus 12 Ärzten verschiedener Fachdisziplinen, 2 Psychologen und 1 wissenschaftlichen Hilfskraft, deren Daten wie die der oben genannten 6 Seher im Untersuchungsbericht angeführt sind.9
Am Beginn dieser umfangreichsten Untersuchung einer Marienerscheinung in der Geschichte der Kirche war es zunächst notwendig, den schon 1984 und 1985 konstatierten medizinischen und psychischen Gesundheitszustand der „Seher“ mittels neuer umfangreicher Tests noch einmal genau zu überprüfen. Ferner sollten die Seher in Hypnose versetzt werden, um zu ergründen, ob die Erscheinungen und die Ekstase durch Suggestion von außen hervorgerufen werden könnten. Darüber hinaus wurde eine eingehende persönliche Anamnese angesetzt, um die Erinnerungen, Erlebnisse und Empfindungen der Seher bei den Ereignissen in den ersten 10 Tagen wachzurufen und die Erlebnistiefe, die Aussagenkonkordanz sowie die persönlichen Überzeugungen der 6 Seher zu prüfen, die bis heute überzeugt sind, dass ihnen die Gospa (die Muttergottes) erschienen ist.
Die von den einzelnen Mitgliedern des Teams vorgenommenen Untersuchungen und Tests werden in der folgenden Darlegung an Marija Pavlovic-Lunetti stellvertretend angeführt.

UNTERSUCHUNG AN MARIJA PAVLOVIC-LUNETTI

Capiago, 22./23. April und 12. Dezember 1998

Nach diesem Hinweis auf den allgemeinen Untersuchungsplan sollen hier aus Platzgründen von den 1998 erfolgten Untersuchungen der 6 Seher nur die Ergebnisse der unten genannten Tests an der Seherin Marija Pavlovic-Lunetti näher beschrieben werden, zumal darin sämtliche Aspekte der Untersuchung zur Sprache kommen und der ausführliche Bericht der Untersuchungen in Buchform auch in deutscher Sprache erschienen ist.10

Biografische Daten

Abb. 1: Marija Pavlovic-Lunetti

Die Seherin Marija Pavlovic-Lunetti (Abb. 1) wurde am 1. April 1965 als Tochter der Landwirte Filippo und Iva Pavlovic in Bijakovici, Pfarrei Medjugorje, geboren. Sie hat zwei Schwestern, Ruzica und Milka, sowie drei Brüder, Pero, Andrija und Ante, und ist die Cousine von Jakov Colo. Nach der Pflichtschule machte sie die Friseurausbildung in Mostar. Am 8. September 1993 heiratete sie in Mailand Paolo Lunetti und zog nach Monza. Sie ist Mutter von vier Kindern. Durch sie wurden bis 1985 wöchentlich und werden seit dem 25. Januar 1987 jeweils am 25. des Monats Botschaften vermittelt.
Marija erlebt bis heute täglich die Ekstase und war daher bei unseren Untersuchungen vor allem für den Vergleich von Hypnose und Ekstase von besonderer Bedeutung, weil derartige Vergleiche nur möglich sind, wenn man Ekstase und Hypnose derselben Person in derselben Untersuchung vergleichen kann.

Medizinische, psychologische und neurologische Untersuchungen

Grundvoraussetzung jedweder Untersuchung angeblicher Erscheinungen und Offenbarungen ist eine eingehende medizinische, psychodiagnostische und neurologische Begutachtung der betreffenden Person. Diese Untersuchungen wurden an Marija von den einzelnen Sachverständigen nach folgendem für alle Seher erstellten Programm durchgeführt:
– Die medizinische Anamnese, also die Untersuchung des aktuellen Gesundheitszustandes, wurde von Dr. Giovanni Li Rosi übernommen.
– Die neurologische Untersuchung erfolgte durch Dr. Luigi Ravagnati, der zudem noch das Verhalten von Marija und Ivan während der Ekstase begutachtete, wovon später die Rede sein wird.
– Die psychodiagnostischen Untersuchungen teilten sich Marianna Bolco, Rosanna Costantini, Giorgio Gagliardi, Virginio Nava und Gabriella Raffaelli, wobei folgende Tests zum Einsatz kamen:

MMPI (Minnesota Multiphasic Personality Inventory): Messung der wesentlichen Persönlichkeitsbereiche, die für krankhafte oder in anderer Weise störende psychische Auffälligkeiten charakteristisch sind.
EPI (Eysenck-Persönlichkeits-Inventar): Messung von Extraversion/Introversion und emotionaler Stabilität/Labilität.
MHQ (Middlesex Hospital Questionnaire): Multidimensionaler Gesundheitsfragebogen.
Baumtest: Baumzeichnen zur Darstellung des persönlichen „In-zu-der-Welt-Stehens“.
Persönlichkeitstest: Erfassung der Persönlichkeitsdimensionen, welche die Art und Weise des Vollzugs von Verhalten bestimmen, wie Stabilität, Labilität, Ich-Stärke, Dominanzstreben usw.
Progressiver Matrizen-Test von Raven: sprachfreies Erfassen des Intelligenzpotentials.
Rorschachtest: Messung von Persönlichkeitsstruktur und -dynamik.
Hand-Test: Erfassung der Aggressivität.
Lügentest von Valsecchi: zur Gesinnungs- und Wahrheitsprüfung.

Die genannten Untersuchungen dienten vor allem der Feststellung, ob wir es bei der Seherin mit einer kranken, psychisch gestörten oder mit einer medizinisch gesunden und psychisch ausgeglichenen Person zu tun haben, um eine einwandfreie instrumentelle psychophysiologische Untersuchung von Hypnose, Ekstase/Erscheinung durchführen zu können.
Die psychodiagnostischen Verfahren sollten außerdem klären, inwieweit die Person zu Aggression, Fixierung, erhöhtem Geltungsdrang, Lügenhaftigkeit, Missionierungsdrang, Phantasieproduktion, Selbstdarstellung, Simulation, Situationsanpassung, Weltflucht usw. neigt.
Es versteht sich von selbst, dass über so persönliche Daten keine näheren Aussagen gemacht werden können, doch darf ich ganz allgemein vermerken, dass Marija in jeder Hinsicht eine gesunde, ausgeglichene und verantwortungsbewusste Person ist, ohne erhöhten Drang zur Selbstdarstellung. Sie hat vielmehr eine Vorliebe für Ruhe und Innerlichkeit und zeichnet sich durch ein besonderes Maß an Nächstenliebe aus, hat sie doch ihrem Bruder eine Niere gespendet. Damit waren bei ihr alle Voraussetzungen für eine verwertbare instrumentelle psychophysiologische Untersuchung gegeben.

Instrumentelle psychophysiologische Untersuchungen

Die instrumentellen psychophysiologischen Untersuchungen an Marija wurden von Alberghina, Cigada, Gagliardi, Margnelli, Perricone und Ravagnati durchgeführt und ausgewertet. Es standen dabei vor allem die Untersuchung von Hypnose, Ekstase/ Erscheinung und die Prüfung der Beziehungen zwischen den beiden veränderten Bewusstseinszuständen im Mittelpunkt. Konkret ging es um die Bestätigung bzw. Widerlegung der Ansicht, dass Ekstasen/Erscheinungen durch Hypnose hervorgerufen werden können. Sollte es nämlich möglich sein, die Ekstase willkürlich durch Autosuggestion oder Fremdsuggestion zu evozieren, hätten die genannten Ekstasen/ Erscheinungen rein subjektive Bedeutung.
Zudem wollten wir bei diesen Untersuchungen 17 Jahre nach der ersten Erscheinung auch in Erfahrung bringen, ob die Veränderungen, die sich bei den Untersuchungen von 1984 und 1985 während und nach der Ekstase zeigten, immer noch bestehen. Wir erstellten daher für die Zusammenkunft am 22. und 23. April 1998 in Capiago ein Untersuchungsprogramm, bei dem drei der Seher von Medjugorje, nämlich Marija, Ivan und Vicka, einer Hypnose mit Registrierung der Reaktionen auf dem Polygraphen unterzogen werden sollten, um diese dann mit der Registrierung der Ekstasen am gleichen Tag zu vergleichen.
Beim Polygraphen handelt es sich, wie schon der Name sagt, um ein Mehrzweckinstrument. Der erste Kanal misst die Brustatmung, der zweite die Zwerchfellatmung, der dritte die Hautelektrizität, der vierte die Herzfrequenz und der fünfte den Blutdruck. All diese Aufzeichnungen können direkt in den Computer eingespeist, am Monitor angezeigt, gespeichert und am Gerät selbst ausgedruckt werden.
Zur Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Hypnose und Ekstase wurde vor allem die einmalige Gelegenheit der Hypnose und Ekstase von Marija und Ivan voll ausgeschöpft. Zu diesem Zweck legte Dr. Cigada Marija und Ivan, die noch täglich die Ekstase erlebten, über einen Zeitraum von 24 Stunden das Langzeit-EKG oder Holter-EKG-Gerät zur Messung von Herzrhythmus und Atmung an, um in einer Spektralanalyse die verschiedenen Tätigkeiten des vegetativen Nervensystems bei Hypnose und Ekstase darzustellen, die Marija und Ivan im Verlauf dieser 24-stündigen Langzeitmessung zeigten.

A. ERSCHEINUNGEN

Nachdem Marija die medizinischen, psychodiagnostischen und neurologischen Untersuchungen erfolgreich abgeschlossen hatte, versetzte sie Dr. Gagliardi am 22. und 23. April in Hypnose zur Rückführung auf Erscheinungen in Ekstasen der ersten 10 Tage (Abb. 1).
Da sich die Ergebnisse der beiden Hypnosen im Wesentlichen decken, sei hier nur auf die Hypnose vom 23. April näher eingegangen, weil Marija an diesem Tag auch das Gerät zur Messung des 24-Stunden-EKG bzw. Holter-EKG an sich trug, wie später noch ausgeführt wird. In der Hypnose wurde Marija mit direkten Schlüsselwörtern aufgefordert, sich die letzte Erscheinung vorzustellen: „Jetzt erscheint die Madonna“, suggerierte ihr Gagliardi. „In Kürze wirst du die Gestalt sehen, die du schon oft gesehen hast.“ Der hypnotische Zustand dauerte 28 Minuten.
Die Aufzeichnungen des Polygraphen (Abb. 2) zeigen, dass Marijas Atmung in der Hypnose völlig normal ist. Die elektrische Hautaktivität ist sehr niedrig, nur bei den Schlüsselwörtern zur Emotionalisierung tritt eine phasische Reaktion auf (Pfeil). Die Herzfrequenz ist normal und die Ausdehnung der Kapillaren beachtlich, weil die Person sehr entspannt ist.

Abb. 2: Hypnose von Marja durch G. Gagliardi

Als Gagliardi Marija dann die vollständige und genaue Vorstellung der Vision suggeriert (Abb. 3), erreicht die Hautelektrizität einen sehr geringen Wert mit phasischen Reaktionen auf die Schlüsselwörter (Pfeile). Herzfrequenz und Atmung bleiben dagegen gleich. Nur die Ausdehnung der Kapillaren ist geringer. Wie am Vortag hat auch diesmal die Suggestion der Ekstase/ Erscheinung keine besondere Reaktion hervorgerufen.

Abb. 3: Marija in Hypnose mit Evokation der Ekstase

Ziel dieser Rückführung in Hypnose war es, wie schon erwähnt, zu klären, ob die mit der Ekstase verbundene Erscheinung durch Suggestion hervorgerufen werden kann und somit in den Bereich der Autosuggestion und Einbildung einzureihen ist. Damit könnte man die Seher als Simulanten bezeichnen. Kann hingegen die Ekstase durch Hypnose nicht hervorgerufen werden, was bei Marija der Fall war, so kann auch die Erscheinung im Zustand der Ekstase weder als Selbsthypnose oder Autosuggestion noch als Einbildung bezeichnet werden.

Ekstase: 22.-23. April und 12. Dezember 1998

Der Zustand der Ekstase bei Marija wurde am 22. und 23. April sowie am 12. Dezember 1998 ebenfalls mit dem Polygraphen aufgezeichnet, während die Augenbewegungen fotomotorisch und die Schmerzempfindung planmäßig geprüft wurden.
Die Vorbereitung auf die Ekstase begann jeweils mit dem Rosenkranzgebet. Es wurden die Elektroden zur Messung von Atemfrequenz, elektrischer Hautreaktion, Herzfrequenz sowie Erweiterung und Verengung der Kapillaren angelegt. Die Pupillenreaktion wurde mittels einer Lampe geprüft.
Am 22. April 1998 hatte Marija (Abb. 4) die Ekstase im gleichen Raum wie Ivan. Nach Anschluss der Seher an die Aufzeichnungsgeräte begannen sie mit dem Rosenkranzgebet, wie dies bei den Ekstasen von Medjugorje üblich ist, wenn sie öffentlich stattfinden.

Abb. 4: Marija in Ekstase. Dr. Gagliardi kontrolliert die Aufzeichnungen

Die Aufzeichnung des Geschehens dauerte bei Marija 28 Minuten. Der Eintritt in die Ekstase erfolgte, wie üblich, plötzlich im Verlauf des gemeinsamen Gebets (Vaterunser) und synchron mit Ivan. Die Ekstase/Erscheinung begann bei der 23. Minute, mit Unterbrechung des Gebets, Ausrichtung und Fixierung der Augen nach oben und Unbeweglichkeit, verbunden mit einer lautlosen Zwiesprache, und dauerte bis zur 26. Minute – laut Aufzeichnung genau 90 Sekunden. Während des Rosenkranzgebets nahm die Größe des arteriellen Pulses (Abb. 5) zusehends ab und war 3 Minuten vor der Ekstase kaum noch wahrnehmbar, um 2 Minuten nach der Erscheinung wieder anzusteigen. Die Aufzeichnung der elektrischen Hautaktivität fiel aus.

Abb. 5: Arterieller Tonus: Pulskurve, während und nach der Ekstase

Die Herzfrequenz (Abb. 6) stieg zu Beginn des Rosenkranzes auf 90-96 Schläge pro Minute und erreichte kurz vor der Ekstase/Erscheinung für die Dauer von 15 Sekunden 108 Schläge, um nach einem Absinken zu Beginn der Ekstase auf 110 anzusteigen und 10 Minuten nach der Ekstase auf 72-78 Schläge abzusinken. Die Augen zeigten während der Ekstase auch bei direkter Berührung der Pupille nur eine geringe Lidbewegung.

Abb. 6: 22. April 1998: Herzfrequenz vor und in der Ekstase

Die Aufzeichnung der Ekstase vom 23. April 1998 dauerte 37 Minuten und war bei Marija auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie an diesem Tag bei Hypnose und Ekstase einer Langzeitmessung des EKG nach Holter unterstand. Die Ekstase/Erscheinung erfolgte zwischen der 32. und 34. Minute in der Dauer von 100 Sekunden (Abb. 7).

Abb. 7: 23. April 1998: Herzfrequenz vor und nach der Ekstase

Marija hatte die Ekstase im gleichen Raum wie am Vortag, während Ivan sie in einem Nebenraum hatte. Der Beginn des Rosenkranzgebets wurde bei Marija ca. 10 Minuten früher angesetzt. Am Ende des Rosenkranzes dauerte die Schweigeperiode vor der Ekstase /Erscheinung ca. 5 Minuten, also länger als am Vortag, und in einem bestimmten Augenblick fragte Marija P. Slavko, ob Ivan schon in Ekstase sei (30. Minute). Die Herzfrequenz stieg auf 100 Schläge, um bis zum Eintritt in die Ekstase auf 96 und während der Ekstase auf 82 zu sinken. Kurz nach der Ekstase stieg die Herzfrequenz wieder auf 96 Schläge pro Minute.
Wie schon am Vortag reduzierte sich der gefäßerweiternde arterielle Tonus (Abb. 8) im Verlauf des Rosenkranzes, vor und während der Ekstase, zu kaum sichtbaren Oszillationen, während der gefäßverengende arterielle Tonus wie am Vortag zunahm.

Abb. 8: Plethysmogramm vor, in und nach der Ekstase

Die spontane elektrische Hautaktivität (Abb. 9) blieb vor der Ekstase konstant bei 5 EDA (Elektrodermale Aktivität) pro Minute, stieg während der Ekstase auf 12 EDA/Minute und lag in den drei darauffolgenden Minuten bei 9 EDA/Minute.

Abb. 9: Spontane elektrische Hautaktivität vor, in und nach der Ekstase

Was hingegen die evozierte phasische elektrische Hautaktivität durch Berührungsreize betrifft, so wurden während der Aufzeichnung 10 Reizungen vorgenommen. Vor der Ekstase/Erscheinung hatte jeder Reiz starke Aktivitäten hervorgerufen (Abb. 10), welche die obere Grenze der Sensibilitätsskala des Instruments häufig überschritten. Während der Ekstase/Erscheinung riefen die Reize eine sehr geringe EDA hervor (ein Drittel bis zur Hälfte der Kontrollwerte). Diese niedrigen EDA-Werte bei direkter äußerer Reizung weisen auf einen partiellen Verlust des Umweltkontaktes hin.

Abb. 10: Evozierte Hautelektrizität vor und in der Ekstase

Auch der Verlauf der Atmung (Abb. 11) entsprach in etwa dem vom Vortag. Nach dem Ende des gemeinsamen Gebets, in der Zeit vor der Ekstase/Erscheinung, lag die Atemfrequenz bei 18-20 Zyklen pro Minute. Der Eintritt in die Ekstase war gekennzeichnet durch eine Apnoe (Atemstillstand) von 30 Sekunden. In der Ekstase lagen Ein- und Ausatmung bei einer Frequenz von 16-18/min.

Abb. 11: Respirogramm vor und in der Ekstase

Den letzten Beweis für den Unterschied zwischen Hypnose und Ekstase erbrachten schließlich die Untersuchungen Cigadas. Der bei der Ekstase festgestellte partielle bis gänzliche „Ausfall der Sinne“ und die Modifikation des vegetativen Nervensystems führten zu einer näheren Beobachtung beider Systeme.
Was die Sinne betrifft, so konzentrierten wir uns auf die beiden Hauptreflexe der Augen, nämlich den fotomotorischen Reflex und den Blinzelreflex der Hornhaut.
Hinsichtlich der Aktivität des vegetativen Nervensystems wurden Marija (23. April) und Ivan (22. April) einer autonomen, nicht invasiven kardiovaskulären Prüfung unterzogen, wobei die Spektralanalyse der Serie der Intervalle von Herzschlag-Herzschlag des Elektrokardiogramms (Tachogramms) und des Respirogramms (Atmung) zum Einsatz kam. Die für eine solche Auswertung notwendigen Daten wurden auf folgende Weise gewonnen:

22/4/1998:

1. durch eine ganztägige dynamisch-graphische EKG-Messung nach Holter und Registrierung des Respirogramms an Ivan Dragicevic (also auch während der Ekstase);

2. durch die Bewertung der Augenreflexe bei Marija Pavlovic im Zustand der Ruhe und der Ekstase;

23/4/1998:

1. durch eine ganztägige graphisch-dynamische EKG-Messung nach Holter und Registrierung des Respirogramms an Marija Pavlovic. Da Marija im Verlauf des Tages auch einer Hypnose unterzogen wurde, um frühere analoge Erfahrungen der „Ekstase“ hervorzurufen, fand die autonome Messung sowohl während der eigentlichen „Ekstase“ als auch während der evozierten Ekstase in der Hypnose statt;

2. durch Bewertung der Augenreflexe von Marija Pavlovic während der „Ekstase“.

Die bei diesen Messungen an Ivan und Marija gewonnenen Ergebnisse weisen klare Unterschiede zwischen Hypnose und Ekstase aus:

Abb. 12: Tachogramm und Respirogramm während des Rosenkranzgebetes und der Ekstase von Ivan Dragicevic. Der Pfeil im Tachogramm weist nach dem Rosenkranzgebet beim Einstieg in die Ekstase eine brüske Änderung der Herzfrequenz auf, die von 103 Schlägen plötzlich auf 134-135 Schläge pro Minute ansteigt. Dabei ist zu beachten, dass auf der Ordinate die Distanz von einem Herzschlag zum nächsten aufgetragen ist, sodass eine Verschiebung der Graphik nach unten eine Steigerung der Herzfrequenz bedeutet.

In Abb. 12 ist der Unterschied zwischen Hypnose und Ekstase klar ersichtlich: Die Herzfrequenz von Ivan – und dasselbe gilt für Marija – ändert sich im Moment des Eintritts in die Ekstase ganz plötzlich (Pfeil). Die Darstellung hier ist in umgekehrter Form zu sehen. Die Herzfrequenz steigt sehr stark an und der Puls nimmt stark zu.
Bei der Atmung gibt es hingegen auf den ersten Blick keine großen Veränderungen. Betrachtet man die Aufzeichnungen jedoch näher, so zeigen sich interessante Einzelheiten.

Das Tachogramm von Marija im Zustand der Ekstase (Abb. 13, 18a) – dasselbe gilt für Ivan – zeigt ganz links einen sehr starken Ausschlag. Das besagt, dass von den beiden Teilen des autonomen (vegetativen) Nervensystems das sympathische System aktiv ist.

Abb. 13: Tacho- und Respirogramm  der Ekstase

Bekanntlich regelt das vegetative Nervensystem die inneren Abläufe im Körper, hält alle lebenswichtigen Organtätigkeiten aufrecht und passt den Körper an wechselnde Umweltbedingungen an. Es steuert Kreislauf, Atmung, Stoffwechsel, Ernährung, Eingeweide, Verdauung, Drüsentätigkeit, Temperatur, Ausscheidung, Aktivität, Schlaf, Wachstum, Reifung und Fortpflanzung. Dabei halten zwei Teile des Systems, die gegensätzliche Funktionen haben, durch ihr Zusammenspiel das vegetative Gleichgewicht des Körpers (Homöostase) aufrecht:
Das sympathische Nervensystem steht für Aktivität und Leistung, so auch für die Steigerung des Herzschlags.
Das parasympathische Nervensystem sorgt für Erholung, Entspannung und Energieaufbau, so auch für die Verlangsamung des Herzschlags.
In dem Moment, wo Marija in Hypnose versetzt und ihr suggeriert wird, sich eine frühere Ekstase einfach nur vorzustellen, hat sie an einer völlig anderen Stelle den größten Ausschlag (Abb. 14).

Abb. 14: Tacho- und Respirogramm bei der Vorstellung der Ekstase in der Hypnose

Dies signalisiert einen radikalen Unterschied zwischen dem Zustand der Hypnose und jenem der Ekstase. Damit ist die Ansicht, dass die Ekstase eine Art hypnotischer Zustand sei und durch Auto- oder Fremdsuggestion hervorgerufen werden könne, endgültig widerlegt.

B. OFFENBARUNGEN

Neben diesen psychologischen und psychophysiologischen Untersuchungen, die zur Absicherung der Echtheit des spontanen Phänomens der Ekstase dienen, aber nichts über den Inhalt der Erlebnisse der Seher aussagen, habe ich eine persönliche Anamnese derselben über den Zeitraum der ersten 10 gemeinsamen Ekstasen anberaumt und, außer bei Jakov, auch selbst durchgeführt, um einen persönlichen Einblick in die Erlebnis- und Gefühlswelt der Seher zur Zeit der ersten Erscheinungen, Visionen und Offenbarungen zu erhalten.
Das hier angeführte Gespräch mit Marija in Capiago enthält neben den Beschreibungen der Erlebnisse auch Berichte über Aussagen der Gospa, die als Privatoffenbarungen einzustufen sind.

Gespräch mit Marija Pavlovic-Lunetti am 22. April 1998

Resch: Beschreibe, was am ersten Erscheinungstag passiert ist!
Marija: Am ersten Tag hat meine Schwester Milka (die Gospa) gesehen. Am nächsten Tag haben meine Eltern Milka zur Feldarbeit mitgenommen, in der Hoffnung, die Situation auf diese Art bereinigen zu können. Jakov war bei mir, und ich war gerade dabei, das Abendessen zu richten. Vicka hatte das Haus verlassen; sie sagte, dass sie den Drang habe, an den Ort zu gehen, wo die Gospa erschienen war. Also sind auch Jakov und ich hingegangen. Mirjana, Ivanka und Ivan waren schon dort, und die Gospa erschien (von Neuem). Wir standen am Fuß des Hügels, die Gospa war auf dem Hügel. Wir haben sie alle gesehen. Es waren auch noch andere Leute da – eine schwangere Frau (Milenka, die Frau von Stipe Sege) – , und wir sagten, dass die Gospa uns aufforderte, hinaufzugehen. Sie und noch ein paar ältere Frauen sind unten geblieben, wir sind hinaufgegangen und haben uns der Gospa bis auf ca. 500 m genähert.
Resch: Habt ihr sie gesehen, bevor ihr hinaufgegangen seid?
Marija: Anfangs waren wir immer am Fuß des Berges, und die Gospa war auf dem Berg. Wir haben herunten angefangen zu beten, und als dann die Gospa erschienen ist, sind wir hinaufgegangen.
Resch: Wie war das, als ihr da hinaufgegangen seid?
Marija: In dem Moment, als wir uns ihr genähert haben, hat die Gospa mit uns zu beten begonnen. Am zweiten Tag hat Vicka dann auf den Rat ihrer Groß­mutter Weihwasser mitgenommen und gesagt: „Wenn du von Gott kommst, dann bleibe bei uns! Wenn nicht, dann geh’!“ Und sie hat die Gospa mit Weih­wasser besprengt. Vicka war die älteste und die mutigste von uns.
Resch: Was hast du gesehen?
Marija: Ich sah eine junge Frau von ca. 20-25 Jahren, die auf einer Wolke über dem Boden schwebte. Sie trug ein graues Gewand mit einem weißen Schleier und eine Sternenkrone auf dem Haupt. An den ersten Tagen hat sie nur mit uns gebetet. Dann haben wir sie gefragt, wer sie sei.
Resch: Ich möchte wissen, wie das damals war, um zu sehen, an wie viel ihr euch erinnert.
Marija: Ich habe schon ein bisschen davon erzählt, was auch am 26. Juni geschehen ist, aber am dritten Tag hat Vicka dann das Weihwasser mitgenom­men.
Resch: Wie hast du reagiert, als du die Gospa zum ersten Mal gesehen hast?
Marija: Am ersten Tag haben wir uns gefragt, ob das die Muttergottes war, und ich konnte nicht schlafen, ich habe ständig daran denken müssen. Wir haben uns auch gefragt, ob wir normal sind. Ich erinnere mich, dass ich in die­sen Momenten tausend Fragen hatte. Alles war so verwirrend für mich. Auch mein Glaube, wie ich ihn bis dahin hatte, alles kam ins Wanken.
Resch: Hast du einen Schock bekommen, als du die Gospa gesehen hast?
Marija: Es war etwas, das ich auch heute noch nicht beschreiben kann. Freude und Angst zugleich. Wir freuten uns über ihre Schönheit, ihre Stimme, die so schön, so sanft war; und ich habe daher immer gedacht, dass da droben im Himmel wohl Gott wohnen müsse. In diesem Moment, an diesen ersten Ta­gen, war alles verwirrend. Wir fragten uns: Warum gerade ich? Ich bin nicht die Beste, es gibt Bessere, bessere junge Leute als mich. Ich weiß gar nicht mehr, was ich gedacht habe. Was mich am meisten angespornt hat, war das Beten. Ich glaube, ich habe noch nie so gebetet wie an diesen ersten Tagen der Erscheinung.
Resch: Wie seid ihr plötzlich zu dem Schluss gekommen, dass es sich um die Gospa handelt?
Marija: Als wir sie gesehen haben, sie sah aus wie ein Mensch, das Licht, die Sternenkrone – all das hat uns auf den Gedanken gebracht.
Resch: Kehren wir jetzt zum 26. Juni zurück. Auch du bist auf den Hügel gegangen, und dort waren noch andere Leute, aber du bist etwas später ge­kommen, oder?
Marija: Nein, wir waren alle in der Gruppe, aber die Gospa ist an derselben Stelle auf dem Berg erschienen. Wir waren am Fuß des Berges und sind zu ihr hinaufgegangen. Dort war aber keine Straße und so sind wir über steiniges Gelände und durch Dornengestrüpp gewandert, dort, wo es eben möglich war. Es gab da einen Pfad für die Schafe. Ich habe mich an den gehalten und habe vorgeschlagen, diesem Pfad zu folgen, weil man viel leichter vorankam. Als ich nach der Erscheinung den Weg zurückgegangen bin, ist mir die Gospa ein zweites Mal erschienen.
Resch: Einen Moment! Du hast die Gospa zusammen mit den anderen gese­hen. Warum seid ihr da hinaufgegangen, was hat euch so angezogen? Wieso hast du gesagt, dass ihr „hinaufgetragen“ wurdet? Was hat euch da hinaufge­zogen?
Marija: Wenn der Zeitpunkt der Erscheinung kam, haben wir immer das Be­dürfnis gehabt, an den Ort zu gehen, wo die Gospa erscheinen würde. Wir wurden von etwas angezogen, über das wir keine Kontrolle hatten – von ei­nem Gefühl. Vor der Erscheinung zum Beispiel, die ersten Tage, haben wir nicht auf die Uhr geschaut, und trotzdem haben wir die Erscheinung immer zur gleichen Zeit gehabt.
Resch: Wann hat die Gospa gesprochen?
Marija: Ich glaube, sie hat gesprochen, als wir sie fragten, wer sie sei. Sie sagte: „Ich bin die Mutter Gottes.“
Resch: Dann seid ihr nach Hause gegangen und du hast auf dem Rückweg noch eine Erscheinung gehabt?
Marija: Der einzige Gedanke war, nach Hause zu gehen, und ich habe einen bequemeren und näheren Weg gewählt. Zum Zeitpunkt der Erscheinung hatte ich nicht das Gefühl oder den Drang zu gehen. Dann ist mir die Gospa auf halbem Weg erschienen.
Resch: Könntest du mir diese Erscheinung beschreiben, weil ich glaube, dass dies eine von den wichtigeren war?
Marija: Ich habe die Gospa zum ersten Mal weinen gesehen. Hinter ihr war ein Kreuz, nur das Holz, ohne Jesus, man hat viele rote Flecken gesehen. Dann hat uns die Gospa aufgefordert zu beten – für den Frieden in unseren Herzen und in der Familie. Da habe ich gesehen, dass Tränen über ihr Gesicht flossen.
Resch: Hast du danach einen Schmerz oder sonst etwas verspürt?
Marija: Ich habe vor allem das Bedürfnis gehabt, die Gospa zu unterstützen; allen, die inzwischen dazugekommen sind, sofort die Botschaft weiterzuge­ben, zu beten und sich zu bekehren. Damals haben sich meine Familie und alle um mich herum zum ersten Mal gewundert, wie ich geredet habe; vorher war ich nämlich sehr verschlossen.
Resch: Stimmt es, dass du nach dieser Erscheinung Schwierigkeiten beim Gehen hattest und dich andere nach Hause getragen haben?
Marija: Nein, das ist nicht wahr. Ich bin vom Erscheinungsberg hinunterge­gangen, habe mit den Leuten gesprochen und ihnen die Botschaft weiterge­geben.
Resch: Wie lange hat diese Erscheinung gedauert?
Marija: Ich weiß nicht, aber es war sicher nicht lange.
Resch: Am ersten Erscheinungstag warst du nicht da, aber am zweiten Tag bist du gekommen. Hast du dich vom Rest der Gruppe ausgeschlossen gefühlt?
Marija: Niemand von uns hat den Drang gehabt, wichtig zu sein. Es waren so viele Leute da, dass wir, auch wenn wir zwanzig gewesen wären, alle zu tun gehabt hätten.
Resch: Hat es keine Eifersüchteleien oder Rivalitäten unter euch gegeben?
Marija: Nein. Wir haben damals immer nur gesagt: „Vicka, du bist die älteste und die offenste von uns. Wenn sie uns also etwas fragen, dann sprich du mit ihnen!“ Aber wir waren immer zusammen.
Resch: An diesem Tag waren viele Leute da, die einen Schutzring um euch gebildet haben?
Marija: Die Leute sind nach und nach gekommen.
Resch: Als du die Menschen gesehen hast, hast du da das Empfinden gehabt, etwas Besonderes zu sein, wichtiger zu sein als sie?
Marija: Nein, im Gegenteil. Wir haben genau das Gegenteil empfunden, weil da Leute gekommen sind, die einfach ein paar grundlegende Dinge brauchten – Wasser z.B., ein Bad, und wir konnten ihnen nicht helfen. Wir hatten Re­genwasser in den Zisternen, aber es waren so viele gekommen, dass wir prak­tisch kein Wasser mehr hatten, auch unsere Nachbarn nicht. Die Leute haben plötzlich das Bedürfnis gehabt, allen zu helfen, die mit Problemen kamen; den Kindern haben wir immer versucht zu helfen. Dabei habe ich mich nie als etwas Besonderes gefühlt, sondern wir haben durch gemeinsames Beten versucht, auch den anderen zu helfen. Trotz allem habe ich immer gedacht, dass Gott heilt, nicht ich. Das war auch schon mein Prinzip vor den Erschei­nungen.
Resch: Kommen wir jetzt zum 27. Juni. An dem Tag kam die Polizei aus Čitluk und dann war da der Arztbesuch. Beschreibe diesen Tag und erzähl’ mir etwas mehr über eure psychische Verfassung von damals.
Marija: Wir waren sehr ruhig; was uns in dieser Situation geholfen hat, war,
dass zwischen uns keine besonderen Bindungen bestanden. Jeder von uns
lebte sein eigenes Leben, in diesem Moment aber war es gerade unsere Situation, die uns einte und stärker zusammenhielt als sonst. So war z.B. Vickas Schwester meine Freundin und nicht Vicka selbst, und das blieb auch nach den Erscheinungen so. Persönlich habe ich mich innerlich gefragt, ob ich normal sei, aber ich habe gesehen, dass ich normal reagierte, und in diesem Moment hatte ich keinen Grund zu zweifeln. Wenn ich gesagt hätte, dass ich ein Prob­lem habe oder dass ich z.B. dies oder jenes fühlte und dann nicht mehr fühlte, hätte ich schon Zweifel gehabt, das aber war so klar wie Tag und Nacht. Die Erscheinungen waren vom ersten Tag an einfach; die Probleme sind erst auf­getaucht, als die Leute angefangen haben, tausend Fragen zu stellen.
Resch: Du hast auch ein Licht gesehen und dann ist die Gospa erschienen. Es waren Leute bei euch. Am 27. Juni haben sie euch dann zur medizinischen Untersuchung nach Čitluk gebracht?
Marija: Alle in der Gruppe haben wir die Gospa gesehen.
Resch: Hast du nicht zuerst ein Licht gesehen?
Marija: Nein.
Resch: Dann, bei der Rückkehr von Čitluk – wo hast du die Erscheinung gehabt?
Marija: Daran erinnere ich mich jetzt nicht genau.
Resch: Wenn du nicht mehr weißt wo, könntest du uns sagen, wie das mit der Erscheinung war?
Marija: Wir waren im Auto, als der Zeitpunkt der Erscheinung kam. Wir sind stehen geblieben und haben die Erscheinung gehabt.
Resch: Es ist doch jemand der Gospa auf den Mantel getreten?
Marija: Nein, das stimmt nicht ganz. Das ist passiert, als wir auf dem Er­scheinungsberg waren und die Gospa wegging und dann wieder zurückkam. Es waren viele Leute dort und im Gedränge ist es dann passiert – aber nicht an dem Tag, den Sie meinen. Sie dürfen das nicht durcheinanderbringen.
Resch: Kehren wir zum 28. Juni zurück, als euch die Polizei verhört hat und das Treffen mit Pater Jozo und Pater Kosir stattfand und sie wollten, dass ihr die Erscheinungen in die Kirche verlegt.
Marija: Ich weiß, dass wir nicht wussten, dass Pater Kosir Priester war, weil
er zivile Kleidung trug und Pater Jozo ihn uns als Arzt vorgestellt hat. Er hat
uns dann persönlich Fragen gestellt. Ich erinnere mich, dass uns noch niemand solche Fragen gestellt hatte und wir unter Schock standen. Pater Jozo hat da­mals noch nicht an die Erscheinungen geglaubt. Am Vormittag sind wir zu Pater Jozo und Pater Kosir gegangen. Er hat uns die Fragen gestellt und dann sind wir nach Hause gegangen. Zu Hause haben wir dann die Erscheinung ge­habt, glaube ich, aber ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, wir waren zu Hause, weil man uns damals verboten hatte, auf den Erscheinungsberg zu gehen und an allen Ecken die Polizei war.
Resch: Ihr habt die Erscheinung zu Hause gehabt. Was heißt das?
Marija: Ich glaube, dass es eine Privatoffenbarung war, oder waren wir in der Gruppe? – Ich weiß es nicht mehr. Es war jedenfalls nicht auf dem Erschei­nungsberg.
Resch: Wir kommen jetzt zum 29. Juni und zur psychiatrischen Untersuchung in Mostar, dann zur Polizeistation in Čitluk, schließlich zu den Leuten auf dem Berg, die einen Schutzring um euch gebildet haben; und dann war da dieser Fleck auf dem Mantel der Gospa. Kannst du dich von alledem noch an etwas erinnern?
Marija: Ich glaube, wir müssen da ein wenig unterscheiden.
Resch: Das sind keine Fragen. Erzähl’ einfach über deine Erfahrungen!
Marija: Später haben wir die Erscheinung um 18.45 Uhr gehabt. Die Gospa ist zu Hause erschienen und hat gesagt, dass sie abends um 22.30 Uhr wieder­kommen werde. Sie sagte, wir sollten auf das Feld unter Jakovs Haus kom­men und das nur den Leuten aus Podbrdo mitteilen, damit sie uns begleiten. Wir haben den Rosenkranz gebetet und die Gospa ist erschienen; dann hat sie gesagt, wir sollten näher kommen und sie berühren. Wir haben gefragt: „Wie sollen sie Dich berühren, wenn sie Dich nicht sehen?“ Die Gospa meinte: „Nehmt sie an der Hand!“ Das haben wir gemacht, und alle haben die Gospa berührt.
Resch: Ich habe gehört, dass man für die Heilung eines Kindes gebetet hat.
Marija: Wir haben der Gospa dieses Kind ans Herz gelegt, aber nicht an dem Abend, sondern am Tag vorher.
Resch: Stimmt es, dass die Gospa kommt, wenn ihr sie um ein Wunder bit­tet?
Marija: Meistens wenn wir der Gospa eine Frage stellen und sie uns nicht antworten will, fängt sie an zu beten.
Resch: Wie lange hat diese Erscheinung gedauert?
Marija: Es hat niemand von uns eine Uhr gehabt.
Resch: Kehren wir jetzt zum 30. Juni zurück, als zwei Frauen bei euch waren – Mica und Ljubica. Wo war das?
Marija: Auf dem Heimweg haben wir innerlich gespürt, dass der Zeitpunkt der Erscheinung gekommen war. Mica war unsere Nachbarin, die Kusine von Vicka und Ivanka. Wir kannten sie. Für uns waren die vielen Menschen, die Tag und Nacht gekommen sind, eine große Belastung. Und da haben sie den Vorschlag gemacht, einen Kreis um uns zu bilden, damit wir Ruhe hatten. Wir wussten nicht, dass sie mit der Polizei in Verbindung standen. Mica sagte, die andere sei eine Freundin. Wir gingen in Richtung Poitelja, Capljina und Lju­buski, und sie haben versucht, uns vom Zeitpunkt der Erscheinung abzulen­ken. Wir aber hatten in dem Moment den Drang, niederzuknien und zu beten, und das haben wir ihnen gesagt.

Gespräch mit Marija Pavlovic-Lunetti am 23. April 1998

Resch: Kannst du uns etwas über das Paradies sagen?
Marija: Die Gospa hat uns von Anfang an gesagt, dass es ein anderes Leben gibt. Bei einer Gelegenheit sind Jakov und Vicka mit der Gospa in das Para­dies gegangen, ein anderes Mal ist Ivan allein gegangen und vorher, am An­fang, haben wir alle das Paradies gesehen, die Hölle und das Fegefeuer, wie in einem Film, als ob wir aus einem Fenster schauen würden.
Resch: Als du das Paradies gesehen hast, was hast du dort gesehen?
Marija: Wir haben eine endlose Weite gesehen, mit lauter zufriedenen Men­schen. Sie trugen lange Kleider. Einige haben sich miteinander unterhalten, andere sind nur hin und her gewandert. Dann das Fegfeuer. Dort haben wir zwar nichts gesehen, aber wir haben Stimmen gehört. Und dann haben wir die Hölle gesehen – ein großes Feuer, und eine schöne, junge Frau – sie ist im Feuer verbrannt.
Resch: Sind euch Geheimnisse anvertraut worden?
Marija: Jedem von uns sind Geheimnisse anvertraut worden. Ich glaube, es
waren die gleichen sieben oder acht. Ein paar von uns haben auch persönliche
Geheimnisse. Ich z.B. nicht. Die Geheimnisse betreffen die Kirche und die Welt. Die Gospa hat gesagt, dass Sie jedem von uns zehn Geheimnisse anver­trauen werde.
Resch: Können diese Geheimnisse nicht gelüftet werden?
Marija: Jetzt kann ich das nicht machen, erst wenn es mir die Gospa erlaubt.
Resch: Ist es schwer, die Geheimnisse für sich zu behalten?
Marija: Nein.
Resch: Wenn jemand darauf bestünde, was würdest du machen?
Marija: Ich habe gespürt, dass ich die Geheimnisse so lange für mich behalten muss, bis die Gospa mir sagt, ich solle sie preisgeben.
Resch: Ich habe gehört, dass es einem achtzigjährigen Psychiater gelungen ist, alles über die Geheimnisse zu erfahren.
Marija: Ich weiß, dass ein Priester aus Slowenien behauptet hat, er habe eine Hypnose durchgeführt und wisse über die Geheimnisse Bescheid; aber soviel ich weiß, habe ich dazu nie meine Einwilligung gegeben. Ich habe nie ge­wusst, dass er die Geheimnisse kennt, die wir kennen.
Resch: Was hältst du von dem Gespräch und was sollte ich dich deiner Mei­nung nach noch fragen?
Marija: Ich denke, dass wir viel um die Gospa herumreden, aber nicht ei­gentlich von ihr sprechen. Ich glaube, dass ihre Gegenwart das Wichtigste ist und dass ohne diese nichts von alledem wäre. Ohne die Gospa wären auch Sie nicht gekommen und hätten nichts über die Situation erfahren, in der Gott ist.
Resch: Ist Jesus nahe bei der Gospa?
Marija: An den ersten Erscheinungstagen, von Anfang an, habe ich immer gedacht, dass wir an der Gospa Gefallen finden würden und sie für uns eine Offenbarung sein würde. Dann hat uns die Gospa über die Gebetserfahrung nach und nach an Gott herangeführt, wir haben Gott erkannt und Ihn an die erste Stelle in unserem Leben gereiht. Ich habe gerade durch die Gospa, in all den Jahren des Gebets und des Lebens mit ihr, begriffen und jetzt glaube ich, dass der einzige und sicherste Weg zu Gott über die Gospa führt.
Resch: Im Gespräch mit den anderen Sehern habe ich gehört, dass einmal gesagt wurde, dass ihr, wenn ihr zwischen der Gospa und der Sonntagsmesse hättet wählen müssen, euch für die Messe entschieden hättet.
Marija: Das haben wir von der Gospa gelernt, obwohl für uns das oft schwie­rig ist, denn die eine Sache ist, die Gospa zu spüren, d.h. konkret: sie zu be­rühren und als Person wahrzunehmen, und eine ganz andere Sache ist Jesus in der Hostie – es ist der Glaube, der einen trägt.
Resch: Ich war in Medjugorje in der Kirche und habe das Allerheiligste Al­tarsakrament im Zentrum der Liturgie gesehen. Ist das für die Seher ein Är­gernis?
Marija: Nein, für uns ist es immer eine Freude zu sehen, wenn sich erfüllt, was die Gospa sagt.
Resch: Mir ist aufgefallen, dass es in der Kirche keine Bilder oder Statuen der Gospa gibt, so wie ihr sie seht. Warum?
Marija: Weil es bis jetzt nicht gelungen ist, sie in dieser Feinheit darzustellen, wie wir sie sehen. Wenn jemand versucht, die Gospa abzubilden, sagen wir immer, dass sie zwar schön ist, aber eben doch anders aussieht. Daher glaube ich, wird es nie ein Bild geben, das der Gospa gleichkommt, weil wir sie se­hen, wie sie ist.
Resch: Soviel ich sehe, habt ihr die Erscheinung zehnmal in der Gruppe ge­habt und dann jeder für sich persönlich. Jetzt könnte ich euch eine Kritik ent­gegenhalten, die aus Italien kommt. Pater Giuseppe Capra, ein Exorzist aus der Diözese Turin, hat euch angerufen und gesagt, dass er euch verbietet, von der Gospa und den Erscheinungen zu sprechen und diese in die Kirche zu verlegen, und dass ich euch die Erscheinungen verbieten soll. Meiner Mei­nung nach ist das nicht möglich, weil die Erscheinungen etwas Persönliches sind, das niemand verbieten kann. Mit der Erscheinung in Fatima ist das etwas anderes, weil die beiden Kinder gestorben sind und alles, was von ihnen ge­blieben ist, sind Bilder, und damit ist die Sache beendet. Hier aber geht es um sechs Kinder, die inzwischen erwachsen sind und in der ganzen Welt herum­reisen, um von ihren Erscheinungen Zeugnis abzulegen.
Marija: Spielen Sie auf die Aussagen an, die wir überall machen?
Resch: Ja.
Marija: Ich glaube, dass es sich um eine persönliche Angelegenheit handelt, denn ich sage immer, ich gehe dorthin, wohin man mich ruft – jetzt in letzter Zeit immer weniger, obwohl wir jeden Tag viele Einladungen von Priestern bekommen, die von ihrem Bischof die Erlaubnis erhalten haben, uns kommen zu lassen. Auf der andern Seite sehe ich, dass die Leute ziemlich betroffen sind, dass sie ein Bedürfnis nach dem Übernatürlichen verspüren. Ich sehe auch, dass viele in Sekten abwandern, und jedes Mal, wenn ich irgendwohin gehe, sage ich, dass ich ein Werkzeug bin. Ich möchte nicht mich an die erste Stelle setzen, sondern ich möchte, dass Gott an erster Stelle steht. Wenn es für euch ein Anreiz ist, mit Ivan, Vicka oder Marija verbunden zu sein, dann seid ihr auf dem falschen Weg. Ich sage immer, dass ich diese Erfahrung habe und dass sie mir geholfen hat, meinen Weg als Christin, als Gläubige zu gehen – und oft, wenn ich gehe, will ich wirklich nicht Medjugorje an die erste Stelle stellen, sondern ich möchte mithelfen, dass die Menschen zu Gott und zur Kir­che finden. So habe ich mit meinem Mann z.B. zu Hause eine Gebetsgruppe gegründet und um den Segen von Kardinal Martini gebeten. In einem Non­nenkloster haben wir dann mit den Gebeten begonnen. Wir haben mit dieser Gebetsgruppe angefangen und einen Priester eingeladen, der in Medjugorje die Berufung hatte; es war dies offiziell die einzige Gruppe in der Gegend von Monza. Unser Priester, der für uns zuständig ist, hat uns, nachdem er öfters ge­sehen hat, dass wir uns getroffen haben und wie unsere Gebetsgruppe arbeitet, die Kirche im Zentrum der Stadt angeboten. Wenn wir den Rosenkranz beten, haben wir einen Priester, der das Allerheiligste Altarsakrament aussetzt; dann folgt die Anbetung. Die Kirche ist immer voll, und wir haben nie gesagt, dass wir uns „Gruppe Königin des Friedens von Medjugorje“ nennen. Innerhalb unserer Gebetsgruppe gibt es 26 verschiedene Gruppen, z.B. jene von Padre Pio. Der zuständige Priester hat gesagt: „Für mich ist das das größte Zeichen!“ Weil alle Gruppen miteinander wetteifern, und natürlich kommt es dabei zu Reibereien. Ich für meine Wenigkeit sage immer, dass das, was ich machen will, aus dem Herzen kommen soll. Ich sage immer, auch heute, dass ich hier bin, weil ich in der Kirche sein möchte.
Resch: Ihr habt gesagt, dass viele Gruppen kommen können, und das ist auch der Fall. Heißt das, dass sie frei hingehen können?
Marija: Ja.
Resch: Ihr seid hier in Medjugorje in einer besonderen Lage, wegen der mo­natlichen Botschaften, die an euch gerichtet werden. Wenn ich diese Botschaf­ten lese, so klingen sie echt, aber sie enthalten nichts Neues. Es ist eine Auf­forderung zum Gebet. Wie bekommst du diese Botschaften?
Marija: Die Gospa hat uns von Anfang an gesagt, dass Sie uns über diese Bot‑
schaften dazu bringen will, den Weg der Heiligkeit zu wählen. Anfangs waren sie nur an die Pfarre gerichtet, aber nach und nach hat die Gospa gesagt, dass die Botschaften für alle sind, die nach ihnen leben wollen. Jedes Mal, wenn der Moment kommt, immer am 25. des Monats, möchte ich sagen: Jetzt reicht es! Ich will nichts mehr davon hören! Weil ich jedes Mal spüre, dass die Bot­schaften weniger werden – denn, was die Gospa sagt, ist so reichhaltig, und was ich sage, so armselig. Ich werde den Leuten die Gospa nie beschreiben können, wie ich sie sehe, oder die Worte vermitteln können, die sie sagt.
Resch: Willst du damit sagen, dass die Gospa, während sie dir erscheint, zu dir spricht?
Marija: Die Gospa sagt, was ich fühle und sehe.
Resch: Kann man die Gospa fotografieren?
Marija: Für mich wäre das die beste Lösung.
Resch: Ja, ich weiß, dass es unmöglich ist, die Gospa zu fotografieren. Ihr schreibt also die Botschaft auf, schickt sie dann an Pater Slavko, und er ver­breitet sie. Was gibst du zur Antwort, wenn euch jemand kritisiert und ver­langt, dass ihr mit diesen Botschaften aufhören sollt?
Marija: Ich sage immer, dass ich weiß, dass die Erscheinungen und all das eines Tages aufhören wird. In meinem Innern aber möchte ich, dass es die Erscheinungen gibt, solange ich lebe. Derzeit lebe ich in Mailand, einer viel­leicht größeren Diözese, wo ich vielen Priestern begegne, die nicht an Med­jugorje, sondern an etwas anderes denken. Ich treffe daher auch Leute, die einem ins Gesicht sagen, was sie denken, woran sie glauben und nicht glau­ben. Auch wir haben unser Kreuz. Ich kann dieses Kreuz annehmen, aber auf der anderen Seite spüre ich meine Berufung und ich werde nie sagen, dass ich alles vergessen habe, was bis jetzt geschehen ist – bei meinem Leben würde ich nie sagen, dass ich die Erscheinungen nicht haben möchte. Für mich ist das die Wahrheit und dazu stehe ich.
Resch: Wieso bei deinem Leben?
Marija: Weil ich damit sagen will, dass mein Leben schon vor den Erschei­nungen hart war und danach noch härter geworden ist. Im Augenblick, wo wir Gott erkennen, ändert sich alles. Andererseits sage ich immer, dass wir kämpfen müssen, wenn wir wollen, dass die Gospa auch in Medjugorje ge­krönt wird. Die Situation, wie wir sie heute in unserer Diözese erleben, ist schwierig und für mich unbegreiflich; es gibt da vieles, was ich nicht verstehe. Die Leute, die behaupten, sie hätten Medjugorje akzeptiert, haben vielleicht das eine oder andere Interesse, aber das bedeutet mir nichts. Für mich gehen das größte Signal und die größte Kraft von der Gospa aus. Ich bin der Gospa dankbar, weil ich über sie Gott kennengelernt habe.
Resch: Könnte man nach all dem sagen, dass du eine ehrliche Person bist oder dass du lügst?
Marija: In meinem Herzen habe ich die Wahrheit gesagt, d.h., ich habe meine Karten auf den Tisch gelegt. Und ich wäre sicher nicht hier, wenn ich an das Ganze nicht glauben würde. Ich fühle mich vor Gott frei.
Resch: Man sagt, dass du in deiner inneren spirituellen Entwicklung weiter gegangen bist als die übrigen Seher? Wie denkst du darüber?
Marija: Ich habe tatsächlich den Wunsch, Gott jeden Tag mehr Zeit widmen zu können, und ich habe jahrelang daran gedacht, ins Kloster zu gehen, und wäre auch hundertprozentig in einem Kloster gelandet, wenn ich nicht die Erfahrung mit Pater Tomislav Vlasic gemacht hätte.
Resch: War das eine bittere Erfahrung?
Marija: In dem Augenblick habe ich entdeckt, dass ich Heiligkeit auch in der Familie leben kann und ich habe Gott gebeten, konkret zu mir zu sprechen, auf dem Weg der Operation, der ich mich unterzogen habe, um meinem Bru­der eine Niere zu spenden; ich habe Ihn um Zeichen gebeten. Alles hat mich in Richtung Familie geführt, obwohl ich das nicht akzeptiert habe. An einem bestimmten Punkt habe ich dann begriffen, dass der einzige Weg für mich, mein normaler Weg, über die Familie führt. Ich habe um eine Person gebetet, mit der ich mein Leben teilen konnte, die mit mir leben würde, was ich lebe, und ich hab’ sie tatsächlich gefunden. Dafür danke ich Gott.
Resch: Ich glaube, du willst damit sagen, dass du einen einfühlsamen Mann gefunden hast und dass ihr Kinder habt. In der Geschichte gibt es einige Per­sonen, z.B. Anna Maria Taigi, die an die zehn Kinder gehabt hat und heilig geworden ist. Normal aber sagt man, dass Personen, die zur Heiligkeit neigen, keine guten Mütter sind.
Marija: Darüber werden eines Tages meine Kinder urteilen, wenn sie erwach­sen sind. Ich bin mit mir nicht zufrieden und ich habe die Gospa bei der Er­scheinung am 1. April, meinem Geburtstag, gebeten, mich zu bekehren. Das ist mein einziger Wunsch, weil ich spüre, dass ich nicht verstanden habe, was Gott uns gegeben hat. In meinem Herzen möchte ich jeden Tag noch religiöser leben.
ReschGlaubst du an ein anderes Leben?
Marija: Ja. Weil ich glaube und weil ich gesehen habe. Oft sage ich: Ich glau­be aus dem Glauben an das, was ich sehe und nicht sehe. Ich sage immer, dass es in den Momenten, in denen ich die Erscheinung habe, noch viele Dinge gibt, die ich nicht verstehe. Ich spüre, dass all das sehr viel größer ist als ich, ich bin nur ein kleiner Stein in einem riesigen Mosaik.
Resch: Ich möchte dir eine letzte Frage stellen. Wieso willst du in der Kirche bleiben und deine Mission im Rahmen der Kirche entfalten?
Marija: Weil ich das so im Gefühl habe und weil ich durch die Gospa die Kirche lieben gelernt habe, obwohl wir ja schon so vieles von Ihnen und – ich weiß auch nicht – von den Kardinälen, vom Papst und von den Bischöfen gehört haben.

SCHLUSSBEMERKUNG

Sowohl während des Gesprächs selbst wie auch bei der folgenden Analyse desselben konnte ich mich von der Ehrlichkeit und Echtheit der Seher überzeugen, sodass ich Simulation, Konfabulation und Widersprüchlichkeit ausschließen kann. Auch hinsichtlich des Inhalts des Erlebten habe ich keine erwähnenswerte Inkonsistenz gefunden. Selbst die Aussagen zu Himmel, Hölle und Fegefeuer reihen sich nahtlos in die diesbezügliche Symbolsprache ein. Schließlich sind noch die geoffenbarten Geheimnisse zu nennen. Bevor diese nicht gelüftet sind, ist jede Aussage verfrüht. Für mich gilt, wie bei allen Grenzphänomenen, auch in diesem Zusammenhang der Spruch: lieber 10% weniger glauben als 1% zu viel.
Bei aller gebotenen Skepsis zum „Phänomen Medjugorje“ muss man beim Abwägen all des Gesagten schließlich zur Kenntnis nehmen, dass die Seher von Medjugorje, so auch Marija, mit Sicherheit ein Schlüsselerlebnis hatten, das für sie bis auf den heutigen Tag einen lebensentscheidenden Einbruch beinhaltet und von ihnen als Erscheinung der „Gospa“, der Mutter Gottes, bezeichnet wird.
Die Wissenschaft kann weder bestätigen noch verneinen, dass den Sehern die Mutter Gottes erschienen ist. Sie kann aber sagen, dass die Seher auch nach 17 Jahren physisch und psychisch gesund sind, dass sie ein tiefgreifendes, nicht induziertes Erlebnis hatten, welches bis heute nachwirkt und allein aus ihrer Lebensgeschichte nicht zu erklären ist. Die Inhalte ihrer Aussagen enthalten keine nennenswerten Widersprüche und sind auch theologisch nicht zu beanstanden. Für die Seher selbst sind die gemachten Erfahrungen ein heiliges Gut, zu dem sie nach wie vor unverbrüchlich stehen.
Das letzte Kriterium der Echtheit solcher Erscheinungserlebnisse liegt jedoch in der Aussage Jesu: „An den Früchten werdet ihr sie erkennen!“
Es ist zwar nicht Aufgabe dieser wissenschaftlichen Untersuchung, über diese Früchte zu befinden, doch erlaube ich mir aus eigener Erfahrung und als Theologe die Aussage, dass die Früchte religiöser und persönlicher Natur nicht zu übersehen sind.

(GW) 64 (2015) 2, 149-184

Anmerkungen:

1 Der Aufstieg zum Berge Karmel (1952), II, 22.
2 Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini über das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche, 30. September 2010, Nr. 14: AAS 102 (2010) 695-996. Vgl. hierzu auch die Abschnitte im Katechismus der Katholischen Kirche, die dieser Thematik gewidmet sind (Nr. 66-67).
3 Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Offenbarungen. Rom, am Sitz der Hl. Kongregation für die Glaubenslehre, am 25. Februar 1978. Franjo Kardinal Šeper, Präfekt, +Jérôme Hamer, O.P. Sekretär.
4 Ebd.
5 Ebd.
6 Ebd.
7 Ebd.
8 Ebd.
9 Andreas Resch/Giorgio Gagliardi: I veggenti di Medjugorje (2000).
10 Andreas Resch: Die Seher von Medjugorje im Griff der Wissenschaft (2005).

Literatur:

Der Aufstieg zum Berge Karmel. München: Kösel, 1952.
Katechismus der Katholischen Kirche. München: Pattloch, 2005.
Nachsynodales Apostolisches Schreiben Verbum Domini über das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche, 30. September 2010, Nr. 14: AAS 102 (2010) 695-996.
Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Offenbarungen. Rom, am Sitz der Hl. Kongregation für die Glaubenslehre, am 25. Februar 1978. Grenzgebiete der Wissenschaft (GW) 64 (2015) 2, 185-191.
Resch, Andreas/Gagliardi, Giorgio: I veggenti di Medjugorje: ricerca psicofisiologica 1998. Innsbruck: Resch, 2000.
Resch, Andreas: Die Seher von Medjugorje im Griff der Wissenschaft. Innsbruck: Resch, 2005.