PARANORMALE ERFAHRUNG IM RELIGIÖSEN KONTEXT
A. Paranormale Wirklichkeit im Spannungsfeld vielfacher Kontroversen
Wirklich ist das, was wirkt, sei es in der Innenwelt subjektiver Wahrnehmung oder in der intersubjektiven bzw. der sog. objektiven Wirklichkeit, unabhängig von dem je eigenen Bewusstsein. Demnach gibt es also unterschiedliche, wenngleich nicht immer leicht unterscheidbare Realitäten mit Realitätsstufen, spezifischen Wirkebenen und Wechselwirkungen. Man denke an PAUL WATZLAWICKs Buchtitel Wie wirklich ist die Wirklichkeit: Wahn, Täuschung, Verstehen (München: Piper, 1976).
Wenn es das Außergewöhnliche in unserer Erfahrungswelt nicht gäbe, bräuchten wir uns darüber auch nicht in endlose Diskussionen zu verlieren. Nun aber sind solche ungewöhnlichen Phänomene seit alters her sowohl aus dem heidnischen (paganen) wie auch insbesondere aus dem religiös-christlichen Erfahrungshorizont in großer Zahl überliefert und ereignen sich auch heute noch, obwohl sie nach Ansicht mancher Zeitgenossen gar nicht existieren, es sei denn in der Einbildung von Pseudowissenschaftlern und Gläubigen. Parapsychologie und verwandte Forschungsdisziplinen werden von ihnen daher zu Pseudo- oder Parawissenschaften degradiert und ihre Forschungsergebnisse als Täuschung, Betrug, Fehlinterpretation und dergleichen hingestellt, weil sie angeblich einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten würden. Daher haben es berufsmäßige Skeptiker leicht, auf Schwachstellen hinzuweisen, solange beispielsweise die Natur von ‚PSI‘ nicht positiv demonstriert werden kann. Da sich allerdings die Paraphänomene (z.B. bei Spuk) dem forschenden Zugriff meist entziehen, ist auch ihr Nachweis schwer zu erbringen.1
Entgegen populärwissenschaftlichen Meinungen wissen wir nämlich nicht bzw. noch nicht, worin denn die Natur der sog. Paranormalität von Ereignissen begründet ist. Die Anerkennung solcher Phänomene scheitert bei vielen Kritikern am Fehlen der verlangten Reproduzierbarkeit. Allerdings untersuchen auch andere Disziplinen singuläre Ereignisse, beispielsweise historische.
Auf der Suche nach vermuteter Paranormalität bzw. Anomalistik2 im Gesamtbereich unserer menschlichen Erfahrung von der Immanenz zur Transzendenz lassen sich zumindest dekriptiv gewisse Realitätsstufen und Übergänge von eindeutig pseudoparanormalen Ereignissen bzw. Beobachtungen, bloßen Zufällen oder sinnvollen Koinzidenzen über wahrscheinlich ‚echte‘ paranormale Phänomene erkunden und systematisieren, bis hin zu Mischphänomenen im Kontaktfeld einer Phänomenik, deren Wirkursachen vielleicht schon im Bereich des Religiösen oder der Übernatur liegen oder anzunehmen sind (Wunder, Mystik, Manifestationen durch geistige personale Wesenheiten, Engel, Dämonen).
Dass eine Existenz dieser sog. „Para- oder Außenseiterphänomene“ geleugnet oder in Frage gestellt wird, liegt u.a. wohl auch am Festhalten an einem positivistisch naturwissenschaftlichen Weltbild, das freilich im Begriff ist, allmählich durch ein holistisches verdrängt bzw. erweitert zu werden.3 Holistisches Denken besagt daher im Gegensatz zur Position des Reduktionismus, dass das Ganze mehr ist als die bloße Summe seiner Teile.4
Pioniere dieser Denkrichtung waren Biologen wie HANS DRIESCH (1847-1941) mit seinen Experimenten mit Seeigel-Eiern. Es ist aufschlussreich, dass er auch ein Handbuch über Parapsychologie verfasst hat.5 Theologischerseits wäre an Forscher wie Teilhard de Chardin, Alois Gatterer, Gebhard Frei und viele andere zu erinnern.
In der Vergangenheit wurde Irrationales vielfach geleugnet oder in den esoterischen Untergrund der Gesellschaft verdrängt. Volksglaube wurde häufig mit Aberglauben gleichgesetzt, desgleichen mystische und wunderhafte Erfahrungen im religiösen Bereich.
Andererseits waren außergewöhnliche Erscheinungen auch in den Augen uninformierter kirchlicher Personen und Institutionen verdächtig, wurden nicht immer zu Recht als Aberglauben bzw. als zum Bereich des Okkulten, des Spiritismus, der Magie, Hexerei und Dämonie gehörend angesehen und bekämpft. Die Geschichte des Hexenwesens und der Inquisition liefert dafür Beispiele genug. Die Opfer waren den herrschenden Wahnvorstellungen der Zeit gegenüber vielfach wehrlos ausgeliefert. Und selbst um Aufklärung bemühte Geister hatten es schwer mit dem in Vorurteilen gefangenen Zeitgeist. Man denke beispielsweise an die Jesuiten FRIEDRICH SPEE (1591-1635) und ADAM TANNER (1572-1632) oder auch an den Juristen CHRISTIAN THOMASIUS (1655-1728), der den Kampf gegen den Hexenglauben weiterführte. Spee schreibt in seiner Cautio criminalis: „Feierlich schwöre ich darauf, dass unter den vielen, die ich wegen angeblicher Hexerei zum Scheiterhaufen begleitete, nicht eine war, von der man – alles genau erwogen – hätte sagen können, sie sei schuldig gewesen; das Gleiche teilten mir zwei andere Theologen aus Erfahrung mit.“6
Varianten einer Schwarz-Weiß-Malerei finden sich zuweilen auch heute noch bei manchen ideologisch orientierten Autoren und engherzigen religiösen Gruppierungen – einschlägige Erscheinungen stammen entweder von Gott oder vom Teufel, als ob es keine Grauzone gäbe, analog der Dämmerung zwischen Licht und Dunkel! Paraphänomene sind somit auch einer voreiligen, einseitigen Vereinnahmung ausgesetzt, beispielsweise als gottgewirkte Wunderzeichen interpretiert oder als ‚esoterisch-verführerisch‘ dem Bereich des Bösen zugerechnet, schlimmstenfalls auch als direktes Blendwerk des Teufels angeprangert.7 Nüchternheit und die Gabe der ‚Unterscheidung der Geister‘ sind gefragt, aber ebenso eine kritisch-sachliche Information im Dienste der Wahrheitsfindung, der Psychohygiene und der seelsorgerischen Begleitung Betroffener.
Seit mehr als 100 Jahren hat sich die Situation etwas zum Besseren geändert, nachdem auch einzelne Wissenschaftler begonnen haben, die betreffenden Erscheinungen in Instituten und Laboratorien zu dokumentieren sowie Sensitive, Medien und deren Fähigkeiten zu untersuchen.8
B. Terminologische Abklärungen
PARANORMAL nennen wir Phänomene (= Erscheinungen) in uns und in unserer Welt, die in sich oder in der Art und Weise ihres Auftretens (griech. pará = neben) außergewöhnlich sind. Sie fallen – ihre singuläre Faktizität vorausgesetzt – nicht nur aus unserem vertrauten Erleben des Alltags heraus, sondern stehen gewissermaßen anscheinend auch in Opposition zu den etablierten Wissenschaften, welche die normalen Erscheinungen („Orthophänomene“) der alltäglichen Wirklichkeit zu ihrem Forschungsgegenstand haben. Oder einfacher gesagt: Die behaupteten Erscheinungen sind nicht in eine der zahlreichen universitären Disziplinen einzuordnen; daher erfordern sie eine eigene spezifische Wissenschaft oder vielmehr ein Studium in interdisziplinärer Zusammenarbeit. Es ist allerdings zu beachten, dass die negative Definition der Parapsychologie selbst ein Problem darstellt, wonach nämlich bei Auftreten eines ungewöhnlichen Phänomens naiverweise gleich die Existenz eines Paraphänomens angenommen werden müsse, wenn sich derzeit keine naturwissenschaftliche Erklärungsmöglichkeit anbietet.
Dabei ist die Feststellung von Bedeutung, dass die in Frage stehenden Phänomene – wenngleich sie in ihrer Modalität von den normalen abweichen – als solche keineswegs, wie häufig zu lesen ist, übernatürlich (supra- bzw. supernatural), sondern „natürlich“ sind, sonst könnten wir sie gar nicht wahrnehmen. Die Etikettierung „natürlich – übernatürlich“ bezieht sich vielmehr auf dahinterliegende seinsmäßige Wirkursachen: immanente Naturgesetzlichkeit und/oder transzendente Herkunft (Jenseits, Welt der Seelen und Geister, Reich der Gnade).
In diesem Zusammenhang befinde ich mich in Übereinstimmung mit P. ANDREAS RESCH, der in einem 1983 im Arbeitskreis „Psi und christlicher Glaube“ der „Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen“ in Stuttgart gehaltenen Kurzreferat die Frage stellte:
„Ist ein Paraphänomen vielleicht nur die manifeste Erscheinung eines latenten Ereignisses der materiellen Welt? Das heißt, bevor wir die Frage einer transzendenten Einwirkung stellen, müssen wir neben der Frage nach manifesten Ereignissen in Physis, Bios, Psyche und Pneuma nach latenten Ereignissen dieser Bereiche als mögliche Ursache fragen. Dabei ist grundsätzlich festzuhalten, dass alle subjektiv wie objektiv wahrnehmbaren Erscheinungen natürlich sind, d.h. sich im Rahmen der Strukturspektren von Physis, Bios, Psyche und Pneuma ereignen. Es gibt keine übernatürlichen Phänomene, was besagt, dass auch alle paranormalen Phänomene als Phänomene natürlich sind. Dies besagt auch, dass es bei der Frage ,Paranormale Phänomene und Transzendenz‘ nicht um die Frage nach dem Phänomen, sondern um die Frage nach der Verursachung geht.“9
Ähnlich äußert sich der italienische Forscher ARMANDO PAVESE. Auch ihm zufolge sind „paranormale Phänomene natürliche Erscheinungen, die als tiefsten Zweck die Kommunikation zwischen zwei Menschen beinhalten“10. Weiters meint er:
„Paranormale Phänomene können wir als Interferenzen zweier Arten des Seins betrachten. Es sind hier das somatische oder körperliche Sein und das psychische oder seelische Sein. Die Psyche ist der Ort, an dem sich die Erfahrung des Menschen konkretisiert; wo die bewussten und unbewussten Motivationen der existentiellen Wahlen entstehen. Die Psyche ist das Gepäck, das jeder als Ergebnis seiner Handlungen im Guten wie im Bösen in Anbetracht der eigenen Erziehung mit sich herumträgt… Zur göttlichen Ordnung zählt die spirituelle Seele, die für den gläubigen Christen für ein ewiges Leben bestimmt ist. Meine Erfahrung in der parapsychologischen Forschung zeigte mir, dass man die Werteordnungen nicht vermischen darf. Die paranormale Erfahrung gehört der natürlichen, somatischen und psychischen Ordnung an.“11
Wenngleich demnach also die in Frage stehenden Phänomene dem Bereich der natürlichen Ordnung der Immanenz als Untersuchungsobjekt zugewiesen sind, lässt sich eine kausale Interaktion und auch eine Wechselwirkung zwischen Natur und Übernatur nicht a priori in Abrede stellen, was vor allem die Erscheinungen im Bereich von Mystik und Dämonie deutlich machen. Die Realitäts-, Wirk-, und Argumentationsebenen sollen zwar nicht verwischt werden, doch scheint mir eine saubere Trennung meist nur theoretisch möglich zu sein. Allerdings liegt hierin auch die Schwierigkeit einer Differentialdiagnose hinsichtlich der Ursachenzuordnung begründet. Ein Axiom der scholastischen Theologie besagt: Die Gnade setzt die Natur voraus bzw. baut auf ihr auf 12; dies impliziert daher ein Wirken Gottes gemäß der Eigenart des menschlichen Wesens, d.h. nicht gegen sie, sondern eher sie vervollkommnend, wie etwa bei den sog. Charismen (besondere Gnadengaben), die auf den natürlichen Fähigkeiten aufbauen, diese jedoch erhöhen.
PARAPSYCHOLOGIE13 und PARANORMOLOGIE14 sowie ihre verwandten Forschungsrichtungen sind, sofern sie redliche Wissenschaft betreiben, daher vielmehr interessiert an einer „Desokkultisierung“ unserer Welt bzw. unserer engen subjektiven Weltbilder in Richtung auf eine integrale Erweiterung des Welt- und Menschenbildes.15 In diesem Sinne hat RESCH in Anlehnung an die vierfache „energetisch-strukturelle Konturierung“ von Mensch und Kosmos (Physis, Bios, Psyche, Pneuma) eine phänomenologische Gliederung des weiträumigen paranormologischen Forschungsbereiches unter Einschluss der religiösen Aspekte vorgelegt.16
Von den meisten akademischen Parapsychologen wird heute für die Erklärung der paranormalen Phänomene eine unbestimmte Kraft oder Fähigkeit im Menschen angenommen, für die das Kürzel Ψ (PSI) eingeführt wurde.17 Dieses ist allerdings als gedankliches Konstrukt nur eine Arbeitshypothese, bietet jedoch an sich noch keine Erklärung. Da sich dieses PSI-Modell nur auf einen Teil der paranormalen Wirklichkeit bezieht, impliziert es eine Reduktion, eine Einschränkung des Forschungsobjekts „Paranormale Wirklichkeit“. Die einzelnen gängigen Fachausdrücke und ihre Bedeutung hier aufzuzählen, würde den gebotenen Rahmen übersteigen. Man findet sie in den Fachlexika sowie im Internet.
C. Para-Phänomene im Kontaktfeld der religiösen Glaubenserfahrung bzw. im Grenzbereich von Immanenz und Transzendenz
– Versuch einer ersten Kategorisierung –
Ohne Anspruch auf inhaltliche Vollständigkeit und systematische Korrektheit möchte ich zwecks Strukturierung der in Frage kommenden Para-Phänomene eine deskriptive, wenn auch unscharfe Großgliederung in drei Phänomengruppen vorschlagen, da es sowohl Phänomenkomplexe als auch Übergänge gibt und man je nach dem Aspekt ein Phänomen nicht immer eindeutig nur einer spezifischen Phänomengruppe zuordnen kann, wie z.B. bei sowohl personen- als auch ortsbezogenen wunderbaren Ereignissen.18 Dazu ausgewählte Beispiele mit Modellcharakter aus den nachfolgenden Phänomengruppen.
1. Ereignisse und Erlebnisse lebender Personen betreffend: vor allem mystische Phänomene – Visionen, Telepathie als Kardiognosie (Herzensschau), Ekstase mit Levitation, Stigmatisation, Bilokation, Nahrungslosigkeit, Präkognition als Prophetie, außerbiblische Offenbarungen (Privatoffenbrungen), Verhexungen, magische Fernwirkungen (Voodoo-Zauber), Therapie durch Exorzismen.
2. Sach- und ortsbezogene Phänomene: geprüfte Wunderheilungen (z.B. in Lourdes), eucharistische Wunder (Lanciano, Bolsena), paramedizinische Erscheinungen, Blutwunder (Januarius in Neapel), weinende und blutende Madonnenstatuen und Bilder, postmortales Ausbleiben der Leichenstarre, Inkorruptibilität von Organen bzw. auch Unverweslichkeit (Integrität) von Leichen.
3. Postmortale bzw. paraspirituelle Phänomene: Anmelden Sterbender, bestimmte Spuk- und Geistererscheinungen, akustische und optische Manifestationen von Armen Seelen, Phänomen der eingebrannten Hand, postmortale Extras, magisch-dämonischer Formenkreis, manche lokale Poltergeisterscheinungen, äußerst selten bezeugte „kurzfristige Auferweckungen“ vom Tode, Um- und Besessenheitsphänomene.
1.1 Bilokation
Wie beim Hellsehen als zukünftiges Erkennen eines der physischen Ordnung noch gar nicht Angehörenden demonstriert auch vor allem die sog. Bilokation als gleichzeitige Anwesenheit einer Person an zwei verschiedenen Orten das Transzendieren der raumzeitlichen Gebundenheit des Leibes durch die Geist-Seele.
Ein Beispiel aus den Seligsprechungsakten
„Der selige Justinus de Jakobis19, Lazaristenpater und Missionsbischof in Abessinien, hatte, als er noch im Neapolitanischen arbeitete, einer apostolisch tätigen Frau, Rosa Solazzo, bei einer Volksmission in Monteroni zum Troste das Versprechen gegeben – das er dann, fast zwanzig Jahre später, von Abessinien aus einlöste: ‚Drei Tage vor Ihrem Tode werde ich Sie besuchen, wo immer ich mich befinden mag, und ich werde Ihnen den Abschiedssegen für die Reise in die Ewigkeit geben.‘ Kurz vor Ausbruch der letzten und schwersten Verfolgung, die Justinus in Abessinien erlebte, sahen am 20. März 1854 in Monteroni der Sohn und die Schwiegertochter der 83-jährigen Rosa Solazzo Feuer, wie sie glaubten, im Zimmer der altersschwachen Mutter. Die Schwiegertochter war vor Schrecken wie gelähmt, der Sohn aber eilte in das Zimmer der Mutter und hörte, wie sie, zu dem hellen Licht hingewandt, ausrief: ‚Herr Pater, Herr Pater!‘ Als das Licht verschwunden war, erklärte sie überglücklich: ‚Pater de Jacobis ist gekommen, wie er mir versprochen hat, gab mir den Segen, tröstete mich und ließ zehn Tari (Geldmünze) zurück für mein Begräbnis.‘ Das Geld fand sich tatsächlich unter dem Kopfkissen der Kranken.“20
Aus dem Leben des stigmatisierten und 2002 heiliggesprochenen P. PIO von Pietrelcina (Francesco Forgione, 1887-1968) werden mehrere Fälle von Bilokation berichtet. So wurde er am Grab Papst Pius’ X. gesehen, den er sehr verehrte. Auch wurde er von einem Bischof bei der Heiligsprechungsfeier der hl. Theresia vom Kinde Jesu im Petersdom gesehen, wie der 1980 beatifizierte Don Orione, ein Schüler Don Boscos, bezeugt hat: „Übrigens macht P. Pio aus dieser Gabe kein Geheimnis, da er einem Mitbruder, der mit ihm über Bilocation sprach und dabei den Zweifel äußerte, ob die auf diese Weise bevorzugten Seelen sich ihres Privilegs bewusst seien, mit Sachkenntnis antwortete: ,Sicher bemerken sie es! Es kann sein, dass sie nicht wissen, ob sich der Körper oder die Seele bewegt, aber sie sind sich dessen voll bewusst, was in ihnen vorgeht und wohin sie gehen.‘ “21
Ein italienischer Armeegeneral namens Cadorna fiel nach der Niederlage von Caporetto in solche Depressionen, dass er Selbstmord in Erwägung zog. Eines Abends ging er in sein Zimmer und befahl seinem Sanitäter, niemandem zu erlauben, das Zimmer zu betreten. Er nahm seine Pistole aus der Schublade und richtete diese gegen seinen Kopf, doch plötzlich hörte er eine Stimme: „General, warum wollen Sie so etwas Dummes tun?“ Die Stimme und die Gegenwart des Ordensbruders halfen dem General, von seinem Vorhaben abzulassen. Er fragte sich, wie es denn möglich sei, dass ein Ordensbruder in sein Zimmer gekommen war. Er bat seinen Sanitäter um Erklärung, doch dieser sagte, er habe niemanden in sein Zimmer gehen sehen. Einige Jahre später las der General in einer Zeitung von einem Ordensbruder, der im Gargano-Gebiet Wunder wirkte. Er ging heimlich dorthin und war sehr erstaunt, als ihn Pater Pio ansprach: ‚Guten Tag, General, an dem Abend damals sind Sie ein ziemliches Risiko eingegangen, nicht wahr?‘ 22
1.2 Levitation (Elevation)
Die Levitation ist oft mit Ekstase (Entrückung, Verzückung) verbunden und wie so viele andere außerordentliche Erscheinungen ambivalent. Denn das Phänomen einer angeblichen oder tatsächlichen Überwindung der Schwerkraft (außer im schwerelosen Raum) durch spontanes Sich-Emporheben oder Emporgehobenwerden über längere Zeit kommt sowohl als körperliches Epiphänomen der Mystik (göttlich oder dämonisch verursacht) als auch im nicht-christlichen Kulturbereich vor (Yogis, Tibeter, Flug der Schamanen). Vor allem um die Wende vom 19. zum 20. Jh. gehörte dies zum klassischen Repertoire des physikalischen Mediumismus (D.D. Home, Eusapia Paladino, Henry Slade). Der Dokumentarfilm von Rolf Olsen „Reise ins Jenseits“ (1975) zeigt eine Levitation von Nano Owaku aus Westafrika (Obervolta).
Was die Levitationen im Raum der christlichen Mystik anbelangt, so sind diese oftmals mit dem Phänomen der Ekstase gekoppelt. JOSEPH VON GÖRRES führt in seiner Mystik 72 Fälle von Levitationen an. Von manchen ekstatischen Flügen gibt es auch bildliche Darstellungen, was für deren Popularität sprechen mag. Als Beispiele seien genannt Katharina von Siena, Petrus von Alcantara, Philipp Neri, Bernardino Realino, Anna Katharina Emmerich u.a.
Die große Mystikerin TERESA VON ÁVILA († 1582), seit 1970 auch offiziell Kirchenlehrerin, gibt uns aus ihrer eigenen Erfahrung einen Einblick in diese seltsamen Zustände der Psyche, die sich somatisch auswirken: „Die Seele scheint in diesen Verzückungen die Organe zu verlassen, dass die natürliche Wärme schwächer und der Körper nach und nach kälter wird… Manches Mal wurde selbst mein Körper aufgehoben, auf solche Art, dass er den Boden nicht berührte. Als ich wieder aufstehen wollte, fühlte ich unter meinen Füßen erstaunliche Kräfte, die mich forttrugen. Ich wüsste nicht, mit was ich sie vergleichen sollte. Zu Beginn war ich, ich gestehe es, von äußerstem Schrecken ergriffen. Und wer wäre das nicht, der seinen Körper so von dem Erdboden erhoben sieht? Denn, obzwar die Seele ihn mit unsäglicher Freude nach sich zieht, wenn er nicht widersteht, so verliert sich das Gefühl nicht. Ich wenigstens bewahrte es auf solche Weise, dass ich sehen konnte, dass ich von der Erde aufgehoben wurde. Bei dem Anblick dieser Majestät, welche die Macht auf solche Weise entfaltet, bleibt man starr vor Schrecken. Die Haare sträuben sich auf dem Kopfe und man fühlt sich von einer lebhaften Furcht durchdrungen, einen so großen Gott zu beleidigen. – Ich komme auf die Verzückungen und ihre gewöhnlichen Anstrengungen zurück. Mein Körper wurde davon erst so leicht, dass er kein Gewicht mehr hatte. Zuweilen war er dies bis zu einem solchen Grade, dass ich nicht mehr fühlte, dass meine Füße den Boden berührten. Solange der Körper in Verzückung ist, bleibt er wie tot und oft in einer vollständigen Unfähigkeit zu handeln. Er bewahrt die Haltung, in der er überrascht worden ist, er bleibt stehen oder sitzen, die Hände offen oder geschlossen, mit einem Worte in einem Zustand, in dem ihn die Verzückung gefunden hatte.“23
Teresas Erfahrung wird bestätigt durch eine Schilderung der Ekstasen einer außergewöhnlichen Mystikerin, der man sogar Teleportationen nachsagte – MARIA DE ÁGREDA (1601-1665) 24 – , durch Bischof Samaniego: „Die Entrückungen der Dienerin Gottes waren folgender Art: Der Körper war des Gebrauchs der Sinne völlig beraubt, wie wenn er tot wäre, und fühlte nichts, auch wenn ihm Gewalt angetan wurde. Er war ein wenig über den Boden erhoben und so leicht, als hätte er kein Eigengewicht, sodass er durch einen Atemstoß selbst aus einiger Entfernung wie eine Feder bewegt werden konnte. Das Gesicht war schöner als im normalen Zustand, es zeigte eine gewisse Blässe anstelle der gewöhnlichen dunklen Farbe.“25 Dieses Phänomen der Leichtigkeit wurde auch bei anderen Ekstatikerinnen beobachtet, wie z.B. bei der sel. Anna die Gesù und bei Domenica Barbagli von Arezzo.
Für das Phänomen des Schwebens gibt es aus dem Leben der Heiligen und Mystiker viele Zeugnisse. Geradezu ein Paradebeispiel ist der hl. JOSEPH VON COPERTINO (1603-1663), zuerst Kapuzinerlaienbruder, dann Minoritenpater, 1628 Priester. Von ihm werden zahlreiche Levitationen in Ekstase berichtet, namentlich bei Musik, auch schon in seiner Kindheit; sogar die Inquisition befasste sich mit ihm. Um Aufsehen zu vermeiden, wurde er von einem Kloster in ein anderes versetzt. In Assisi wurde 1649/50 Herzog Johann Friedrich v. Braunschweig-Lüneburg Zeuge einer Levitation. Dieses Erlebnis war für den Herzog der erste Impuls für seine Konversion (1651) zum kathol. Glauben. 1767 wurde Joseph Desa, so sein bürgerlicher Name, kanonisiert und 1963 zum Patron der Weltraumfahrer ernannt.
1.3 Inedie/Asitie
So unglaublich es klingt, angesichts der medizinischen Erkenntnisse hinsichtlich der für den normalen Stoffwechsel erträglichen relativ kurzen Dauer des Entzugs von Flüssigkeit und Nahrung (einige Tage ohne Wasser, 3-4 Wochen ohne Nahrung): Es gibt sowohl in der profanen als auch insbesondere in der religiösen Literatur über Mystiker und Stigmatisierte genügend Beispiele für die Realität einer jahrelangen Nahrungslosigkeit, ohne dass wir diese derzeit naturwissenschaftlich bzw. natürlich erklären könnten. Zum Grundsätzlichen vergleiche man den Artikel von Dr. ALBERT BARTEL, „Nahrungsloses Leben als Phänomen und Problem“, worin er auch über die Forschung des Lebensreformarztes Dr. KARL GRANINGER berichtet.26 Die dort angeführte Erklärungshypothese, die Inedie-Menschen würden sich infolge deformierter Erythrozyten analog den grünen Pflanzen photosynthetisch ernähren, lässt sich jedoch aus Gründen der Energiebilanz nicht aufrechterhalten.
Über verschiedene Nachrichtenagenturen erfuhr man mit ungläubigem Staunen vom rätselhaften Fall eines 83-jährigen indischen Yogi namens PRAHLAD JANI, der nach eigenen Angaben etwa 70 Jahre weder gegessen noch getrunken habe. Zwei Wochen lang wurde er in einer Klinik in Ahmedabad, Bundesstaat Gujarat, untersucht, ohne dass die Ärzte herausgefunden hätten, wie er ohne Stoffwechsel überleben konnte.27 Eine wissenschaftliche Auswertung und Publikation steht noch aus. Dieses unglaubliche, aber weltweit gar nicht so seltene Phänomen hat A.C. STRAUBINGER in seinem Dokumentarfilm „Am Anfang war das Licht“ aufgeschlossen-kritisch aufzuarbeiten versucht. Falls die Behauptung dieses Yogi tatsächlich stimmen sollte, hält dieser einen Fastenrekord, der den 55-jährigen Rekord der Inderin Giri Bala überholt;28 über diese schrieb auch PARAMAHANSA YOGANANDA in seiner Autobiographie eines Yogi. Wie so oft bei unglaublichen Phänomenen scheiden sich auch hier die Geister: Handelt es sich um Täuschung, Betrug, das Wirksamwerden uns noch unbekannter Naturgesetzlichkeiten, ein übernatürliches mystisches Phänomen, ein Wunder?
In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts machte die aus einer norwegischen Einwandererfamilie stammende Australierin ELLEN GREVE (*1957) unter ihrem Pseudonym „Jasmuheen“ von sich reden, da sie behauptete, sich nur von ‚Prana‘ (Lichtenergie) zu ernähren. Die suspekte Esoterikerin, die Kurse über den Lichtnahrungsprozess (Breatharianismus oder Liquidarismus) hält, habe, so behauptet sie, medial Informationen von der ‚Großen Weißen Bruderschaft‘ durch den Grafen von Saint Germain empfangen. Ein 1999 unter ärztlicher Aufsicht unternommener Selbstversuch ohne Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme musste jedoch am fünften Tag des Experiments gegen den Willen von Greve wegen Dehydrierung und Gewichtsverlust abgebrochen werden. Greve verstieg sich sogar zu der Behauptung, ihre DNA bestünde nicht aus zwei, sondern aus 12 Strängen, wofür sie trotz ausgesetzter hoher Geldprämie den Beweis schuldig blieb.
Der indische Mönch Sri Sahaj Muni MAHARAJ, Anhänger der Jainismus-Religion im südindischen Bangalore, fastete angeblich ein Jahr lang (1997/98), trank aber jeden Tag einige Gläser warmes Wasser.
Noch außergewöhnlichere Personen mit nachgewiesener, bezeugter Nahrungslosigkeit finden sich relativ häufig im Bereich der christlichen Mystiker und Mystikerinnen als Ausdruck und somatische Begleiterscheinung der innigen, charismatischen Gottesverbundenheit, namentlich auch im Zusammenhang mit Ekstase und Stigmatisation. Bei manchen Fällen wurde auch eine wochenlange Getränkelosigkeit beobachtet (Th. Neumann).
Nachfolgend dazu eine (nicht taxative) Zusammenstellung bezüglich der Dauer der Jahre ohne Nahrungsaufnahme (außer der Eucharistie); allerdings ist die Angabe in Jahren aufgrund unsicherer Quellenlage nicht in allen Fällen exakt angebbar.
Maria Furtner, Deutschland (1821-1884), die ‚Wassertrinkerin‘ genannt, lebte 52 Jahre lang nur von Wasser, wie sogar auf ihrem Grabstein in Fraasdorf vermerkt ist.
Marie-Julie Jahenny, Frankreich (1850-1941), stigmatisiert, 50 Jahre;
Therese Neumann von Konnersreuth, Deutschland (1898-1962), stigmatisiert, 35 Jahre;
Marthe Robin, Frankreich (1902-1981), stigmatisiert, 34 Jahre;
Lidwina von Schiedam, Holland (1380-1433), 28 Jahre;
Domenica da Paradiso bei Florenz, Italien (1473-1553), stigmatisiert, 20 Jahre;
Nikolaus von der Flüe (1417-1487), Patron der Schweiz, hl. (kanon. 1947), 20 Jahre;
Alfonsina Cottoni (1902-1984), italien. Mystikerin, 1955 in Lourdes geheilt, 15 Jahre;
Elisabeth von Reute, Deutschland (1386-1420), sel., 12 Jahre;
Domenica Lazzari aus Capriano, Italien (1815-1848), stigmatisiert, 14 Jahre;
Alexandrina Maria da Costa, Portugal (1904-1955), sel., 13 Jahre;
Viktoria Hecht, Deutschland (1840-1890), stigmatisiert, ca. 5 Jahre;
Martha Chambon, Frankreich (1841-1907), stigmatisiert, 4 Jahre;
Margaret von Beaune, Frankreich (1619-1648), 6 Monate, später 40 Tage.
1.4 Zur Realitätsproblematik von Wunderbarem,
Wunderheilungen und Wundern
„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist“, meinte einmal David Ben Gurion, und Blaise Pascal: „Im Wunder gibt es für jene, die glauben wollen, ausreichend viel Licht, und für jene, die nicht glauben wollen, ausreichend viel Dunkelheit.“
Demnach geht es um eine Aufhellung jenes Wirklichkeitsbereiches, den es an und für sich angesichts des normalen Naturverlaufs im Sinne von Christian Morgensterns Gedicht ,Palmström‘ gar nicht geben dürfte .29
Was also ist ein Wunder?30 Von wunderbaren Erscheinungen wussten Menschen, die sie erfahren haben, seit jeher zu berichten, unbelastet von naturwissenschaftlich-kritischem Hinterfragen. Im weiteren, uneigentlichen Sinn ist ja alles ein Wunder, was wir bewundern oder worüber wir uns wundern. „Die Schöpfung ist für uns nichts Unerwartetes. Wir leben in ihr und gehören ihr an. Normaleres kann es nicht geben. Aber zum Wunder gehört in allen Interpretationen irgendwie das Unerwartete und Unerwartbare.“31
Die Frage nach dem Wunder im engeren und eigentlichen Sinn – als ein auf Gott als Letztursache bezogenes Geschehen – tangiert zwangsläufig den Erkenntnishorizont der Naturwissenschaften, ohne jedoch in deren Kompetenz zu fallen. Wenn ein Mediziner eine Heilung einer bis dato nicht heilbaren Krankheit feststellt, so ist dies nach dem aktuellen Erkenntnisstand ein unerklärliches Ereignis im Sinne eines Kausalgeschehens. Seitens des Glaubens jedoch kann eine solche Heilung als Wunder etikettiert werden. Wunder ist demnach eine theologische Bezeichnung, der ein Zeichencharakter zukommt und die mit dem Glauben zu tun hat.
Es gilt auch hier, die eingebildete Spreu subjektiver Wahrnehmung vom fruchtbaren Weizen objektiver Erkenntnis zu trennen, das Gold der Wahrheit von der Schlacke menschlichen Aberglaubens, der Mirakel, der Illusion, Halluzination, Imagination etc. Darüber hinaus wurden mit zunehmendem Erkenntnisstand der Naturwissenschaften wunderbar anmutende Erscheinungen aus dem Bereich der religiösen Inbeschlagnahme herausgenommen, entmythologisiert und in den Zuständigkeitsbereich der Paranormologie bzw. der Medizin übergeben.
Manche Autoren scheinen nicht strikt zwischen außergewöhnlichen, wunderbaren, evtl. paranormalen, Erscheinungen am Menschen oder in der Natur und dem eigentlichen Wunder im theologischen Sinn zu unterscheiden.32 So berichtet der kathol. dänische Theologe HANS CHRISTIAN HVIDT in seinem Werk über Wunder33 auch von den 17 großen Eichen auf der Kapelle der hl. Theodora in Vasta auf dem Peloponnes, von denen keine Wurzeln zu sehen sind. Unter der Kapelle entspringt eine Quelle mit kristallklarem wohlschmeckendem Wasser. Viele Wunderheilungen sollen dort geschehen. Meines Erachtens ist dies eine naturwissenschaftliche Rarität, die man untersuchen sollte, aber ob man hier von einem Wunder sprechen kann?
Hvidt berichtet auch von dem merkwürdigen ‚Schlangenwunder‘ auf der Insel Kefalonia in Griechenland. Dort kriechen laut Augenzeugen jährlich um den 15. August (Aufnahme Mariens in den Himmel) kleine ungiftige Schlangen in die orthodoxe Kirche im Dorf Markopoulo und hinauf zur silbernen Ikone der Panhagia. Eine ausdrucksstarke Symbolik der Unterwerfung und Huldigung, ob aber auch ein Wunder jenseits von verhaltensbiologischen oder sinnesphysiologischen Erklärungen? Mangels näherer Untersuchungen denkt man als Biologe unwillkürlich an das Verhalten von Zugvögeln und an die je unterschiedlichen Wanderungen der Lachse und Aale, um ihren Laich abzulegen.34 Es sollen heute nicht mehr so viele Schlangen wie in früheren Jahren zur Kirche kommen, möglicherweise aus umweltbedingten Faktoren.
Dazu kommt noch die Uneinheitlichkeit und Widersprüchlichkeit der diversen begrifflichen Wunderbestimmungen bzw. Definitionen; dies besagt ja, eine Grenze abstecken, und impliziert somit die Frage nach einer Wundergrenze. Letztlich geht es auch hier um die sich zuweilen überlappenden Kompetenzbereiche von Immanenz und Transzendenz, oder anders gesagt: Gott bedient sich in seinen Wirkungen der unterschiedlichen Zweitursachen. Es müssen nicht unbedingt Naturgesetze durchbrochen werden, wie in früheren apologetischen Werken meist postuliert; abgesehen davon, dass diese Naturgesetzlichkeiten ja nicht starr sind, sondern als Wahrscheinlichkeitsverläufe angesehen werden können. Nach der Chaostheorie ist vieles denkbar und möglich. Es kann aber auch eine postulierte Semitranszendenz als denkbare Variante bei der Interpretation ins Spiel gebracht werden, sozusagen als vermittelndes Zwischenreich.35
Beim Zeichen geht es nicht so sehr um das geschehene Wunder an sich – man denke z.B. an das biblische Wunder der Verwandlung von Wasser in Wein (Joh. 2,1-12) – , sondern um das, was es aussagen soll – „und seine Jünger glaubten an ihn“ (Joh. 2,11)! Sichtbare Zeichen demonstrieren eine unsichtbare Wahrheit und Wirklichkeit, haben also Verweisungscharakter; darin liegt ihre semantische Sinngestalt; in diesem Beispiel also der Beweis für Jesu Göttlichkeit. Ohne dieses religiöse (rückbindende) Verständnis sind mirakulöse Handlungen unverbindlich. Allerdings bewirken Zeichen und Wunder nicht eo ipso den Glauben, wie es schon bei Johannes 12,37 heißt: „Wiewohl er aber so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn.“ Gleichwohl können Wunderzeichen den Glauben, wenn schon nicht begründen, so doch stärken: „Weil du mich gesehen hast, Thomas, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh. 20,29).
Ins Blickfeld der Aufmerksamkeit gerieten zunehmend auch sog. Spontanheilungen (Remissionen) – also Heilungen ohne erkennbare Ursache und ohne Medikationen – aufgrund diverser psychischer Faktoren, wie mentale Einstellungen inklusive Placebowirkungen, Imagination, Hoffnung sowie nicht zuletzt durch vertrauensvolles Gebet des Patienten und/oder einer Gebetsgruppe. Was für den geheilten Patienten zählt, ist die eingetretene und bleibende Wirkung, ohne im einzelnen Fall die konkreten Wirkfaktoren angeben zu können. Heilung ist somit auch als ganzheitliches Geschehen zu werten. Wirklich ist, was wirkt. Allerdings scheint es einen bemerkenswerten Unterschied zwischen einer bloßen Spontanheilung und einer wunderbaren Heilung mit religiösem Hintergrund zu geben. Letztere hat auch positive spirituelle Folgen und verändert die Lebenseinstellung in Dankbarkeit auf Gott hin.
In diesem Zusammenhang zu erwähnen sind auch charismatische Heilungen bzw. Heilungen durch Personen mit der Gabe der Krankenheilung.36 Ungeachtet diverser Kritiken hinsichtlich wunderbarer Ereignisse muss man doch angesichts unwiderlegbarer und vor allem naturwissenschaftlich nach dem derzeitigen Stand nicht erklärbarer Tatsachen in Berücksichtigung der Aussagen von Augen- und Ohrenzeugen sagen, dass es auch heute noch eigentliche Wunder gibt, vor allem Heilungswunder. Sie lassen sich nicht beweisen, sie sind einfach. Für den Ungläubigen, den Skeptiker bzw. Nicht-glauben-Könnenden oder Nicht-glauben-Wollenden sind sie ein Rätsel oder werden in ihrer Realität umgedeutet bis glatt geleugnet. Man erinnere sich an derartige Äußerungen von ÉMILE ZOLA angesichts einer von ihm selbst erlebten Heilung in Lourdes.
Und doch: Es gibt auch heute noch Wunder! Einige der beeindruckendsten dokumentierten Fälle seien im Folgenden angeführt.
a) Medizinische Spontanremissionen – Wunder im Kontext des Glaubens
Aus dem Leben des vom Volk heiß geliebten und seinerzeit von Vertretern der Amtskirche gedemütigten, verkannten und erst später rehabilitierten stigmatisierten Mystikers P. PIO DA PIETRELCINA sei eines der berühmtesten Heilungswunder angeführt. Gemma di Giorgi (*1939) aus Ribera, Provinz Agrigento, wurde am 18. Juni 1947 auf die Fürbitte P. Pios geheilt. Sie war von Geburt an blind (Diagnose Aniridia congenica). H.C. HVIDT berichtet in seinem Forschungsbericht über Wunder von einem Interview mit ihr und schreibt: „Sie sagte mit einem Lächeln: Mein Augenarzt ist Atheist, Gemma, du kannst nicht sehen. In meinen Papieren steht, dass ich blind bin, weil das die Ärzte sagen. Das hat viele Vorteile, man kann billiger fliegen. Aber dann muss ich auch warten, bis alle das Flugzeug verlassen haben, weil die Blinden abgeholt werden müssen.“ Die dunklen Brillen trägt sie, weil das starke Licht sie stört und weil sie kein Aufsehen erregen möchte. Durch eine mit ihrer Mutter befreundete Nonne wurde sie mit P. Pio in Verbindung gebracht, da jene an ihn geschrieben hatte. Er antwortete, sie sollten Gemma zu ihm bringen, wenn sie groß genug geworden sei, um zur Erstkommunion zu gehen.
Sie selbst sagt über ihre Heilung:
„Ich war sieben Jahre alt, erinnere mich aber noch genau an den Tag, Minute für Minute. Ich war von Geburt an blind. Meine Augen hatten keine Pupillen. Meine Eltern hatten mich zu allen berühmten Professoren gebracht. Die Antwort blieb stets die gleiche: ‚Unheilbar!‘ Im Juni 1947 brachte meine Großmutter mich zu dem Wallfahrtsort San Giovanni Rotondo. Wir kamen abends dort an. Wir blieben mitten unter hunderten von Pilgern und beteten bis vier Uhr morgens. Um vier Uhr kam P. Pio zum Altar. Er feierte die Messe. Dann ging er zum Beichtstuhl. Meine Großmutter und ich standen in der Schlange und warteten, bis wir zum Beichten kamen. Auf einmal hörte ich eine Stimme, die sagte: ‚Gemma komm her, los, komm näher, keine Angst!‘ Es war die Stimme des Paters. Die Menge machte Platz. Meine Großmutter begleitete mich bis zum Beichtstuhl. P. Pio fragte mich, ob ich kommunizieren wolle. Ich antwortete: ‚Ja, aber zuerst muss ich beichten.‘ Pater Pio ließ mich niederknien. Während der Beichte streichelte er meine Stirn und die Augen. Dann sagte er, ich solle aufstehen, und begleitete mich zum Altar. Ich erhielt die Kommunion. ‚Gemma, die Muttergottes segne dich‘, sagte Pater Pio laut. Und dann: ‚Sei brav, Gemma, bete jetzt!‘ Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen. Ich betete. Als ich die Hände vom Gesicht nahm, sah ich den Mönch vor mir. Ich erschrak. Ich sah mich um. Ich sah die Menge der Pilger. ‚Was ist, Gemma?‘ fragte die Großmutter. ‚Großmutter, Großmutter, ich sehe‘, rief ich. ‚Großmutter, wie schön du bist!‘ Dann fing ich an zu weinen. Die Großmutter umarmte mich.“37
Eine Parallele dazu bildet die Heilung der 41-jährigen blinden Französin Marie Boiré in Lourdes am 5. August 1908. Sie litt an einer bilateralen optischen Atrophie.
Medizinisch unerklärlich ist auch die Spontanremission des tauben 14-jährigen Robert Guthermann aus den USA, der an einem Kolesteatom (Granuloma otitis) mit großen Schmerzen litt. Durch die Infektion waren die Gehörsknöchelchen des Mittelohres sowie das Trommelfell bereits zersetzt; eine Heilung wurde für unmöglich gehalten. Man wollte daher das ganze Innenohr operativ entfernen, um ein Übergreifen der Infektion auf das Gehirn zu verhindern. Die Familie und Schwestern beteten zu der amerikan. Sr. MARIA KATHARINA DREXEL (1858-1955). Der Bub war sodann schmerzfrei und konnte wieder hören. Aufgrund dieser Wunderheilung wurde Sr. Drexel seliggesprochen. Ein weiteres Wunder ebnete den Weg zur Heiligsprechung am 1.10.2000. Das ebenfalls wie Gutherman aus Bucks County, Pennsylvania, stammende kleine Mädchen Amy Wall wurde 1992 an beiden Ohren taub geboren. Im November 1993 begann Amys Familie zur sel. Sr. Katharina zu beten; im März 1994 bemerkte ein Lehrer von Amy, dass sie auf Geräusche reagierte. Eine medizinische Untersuchung ergab die Bestätigung ihrer Heilung, die der Fürbitte der Seligen zugeschrieben wurde.
b) Zu den Heilungen von Lourdes38
Eine gute Übersicht über 69 bisher kirchlich anerkannte Heilungen als Wunder [inzwischen wurde noch eine weitere Heilung als Wunder anerkannt] bietet die Publikation von ANDREAS RESCH, Die Wunder von Lourdes (Innsbruck: Resch, 22015), mit einer kurzen Einführung in Geschichte und Kriterien hinsichtlich der Anerkennung als Wunderheilung. Es ist dabei zu beachten, dass ‚natürlich‘ weit mehr Kranke (ihre Zahl geht in die Tausende) in Lourdes geheilt worden sind, aus verschiedenen Gründen jedoch nicht dokumentiert wurden bzw. nicht dokumentiert werden konnten, da ja nicht alle Geheilten die langwierige Prozedur einer nochmaligen Überprüfung nach einem Jahr auf sich nahmen bzw. auch nicht die notwendigen ärztlichen Unterlagen über ihre Krankheit vorlegen konnten. Jedenfalls sind nahezu 7000 Fälle medizinisch dokumentiert. Eine der spektakulärsten Heilungen, jene von Alfonsina Cottini, wurde verständlicherweise ärztlicherseits gar nicht anerkannt, weil sie erst recht wie so viele andere auf Unglauben gestoßen wäre.39
Aus einem Gespräch von Luc Adrian mit Dr. PATRICK TEILLIER vom Ärztebüro in Lourdes:
„Das Wunder ist nicht das Unmögliche, das wahr wird, sondern die Anerkennung, dass ein bestimmtes Ereignis in Beziehung steht mit Gott, der des Menschen Heil will. Ob man es nun mag oder nicht: Die wahren Wunder gehören zum Bereich des Glaubens.
Luc: Wenn man also glauben muss, um zu sehen – kann man dann auch sehen, ohne zu glauben?
Theillier: Gott zwingt uns nie. Das Wunder ist ein Angebot an unsere Freiheit. Denken Sie an Alexis Carrel und Émile Zola an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert: Zwei Agnostiker erleben ein Wunder in Lourdes. Der eine bekehrt sich, der andere nicht. Niemand muss an die Wunder in Lourdes glauben. Zwei Gefahren allerdings sind zu vermeiden: der eingefleischte Rationalismus, der den Fehler sucht, weil dieser ja bei außergewöhnlichen Phänomenen vorliegen muss! Im gegebenen Moment stößt die raisonierende Vernunft auf das Geheimnis – und geht zur Tagesordnung über.
Im Gegensatz dazu kann man meinen, auf die Vernunft verzichten zu können, und jede behauptete Heilung akzeptieren. Dann verfällt man der Schwärmerei, eine noch größere Gefahr, weil man unüberprüft überall auf der Suche nach Wunderbarem ist.“40
Der amerikanische Arzt und Physiologe ALEXIS CARREL (Nobelpreisträger 1912) ist aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und Überzeugungen gläubig geworden. Er erklärte u.a.: „Niemals werde ich das erschütternde Erlebnis vergessen, das ich hatte, als ich sah, wie ein großes, krebsartiges Gewächs an der Hand eines Arbeiters vor meinen Augen bis auf eine kleine Narbe zusammenschrumpfte, verstehen kann ich es nicht, aber ich kann nicht bezweifeln, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe.“41
Über die emotionale Betroffenheit eines Arztes durch eine solch unerwartete Spontanremission hinaus wurde seitens der befassten Ärzteschaft vom Bureau Médical im Lauf der Jahre ein Kriterienkatalog hinsichtlich der Ebenen der Heilung und deren Anerkennung ausgearbeitet, diskutiert und modifiziert. Allerdings kann die medizinische Anerkennung einer Heilung als ‚außergewöhnlich und unerklärlich‘ nur negativ formuliert werden, da es natürlich kein positives wissenschaftliches Gutachten als Wunderbestätigung geben kann. Daher steht erst in der zweiten Phase des Auswertungsprozesses einer stattgefundenen oder vermutlichen Wunderheilung – nach einer vorangegangenen Untersuchung durch eine kanonische Kommission – eine solche Bestätigung dem betreffenden Bischof der Heimatdiözese bzw. der Aufenthaltsgemeinde des Geheilten zu. Diese kirchliche Anerkennung richtet sich noch immer nach den von Kardinal PROSPERO LAMBERTINI, Erzbischof von Bologna und später Papst Benedikt XIV., erstellten Kriterien.42
In Bezug auf diese kirchlichen Kriterien betreffend Krankheit und Heilung erhebt der frühere Leiter des Bureau Médical in Lourdes, Dr. THÉODORE MANGIAPAN, in einem Vortrag von 1987 die Frage: „Kann diese Schlussfolgerung der Kirche zur Beurteilung einer göttlichen Intervention, die vor 250 Jahren kodifiziert wurde und immer noch verpflichtend ist, den heutigen Gegebenheiten noch Genüge leisten? Die grundlegende Alternative bleibt folgende: ‚Das Phänomen ist entweder göttlicher Intervention oder aber natürlichen Ursachen zuzuschreiben.‘ Meiner Meinung nach ist eine derartige Feststellung heutzutage weder adäquat noch akzeptabel.“43
2.1 Zum sog. ‚Blutwunder‘ des hl. Januarius von Neapel
Unter den anscheinend oder auch nur scheinbar wunderbaren, immer wieder eintretenden und durch Jahrhunderte bezeugten Ereignissen nimmt das miracolo di San Gennaro im Dom zu Neapel eine besondere Stellung ein. Das Phänomen ist zwar eindeutig beobachtbar, doch – weil ambivalent in der Interpretation und Wertung – bis dato in seiner Echtheit unentschieden. Eine offizielle kirchliche Entscheidung ist daher auch nie erfolgt, Wissenschafter haben sich zu Wort gemeldet. Was hat es nun mit der umstrittenen Blutverflüssigung auf sich?
Januarius (Gennaro)44 war Bischof von Benevent und wurde während der Christenverfolgungen durch Diokletian um 305 enthauptet. Der Legende nach soll eine Frau das Blut des Märtyrers direkt nach seinem Tod in einer Ampulle aufgefangen und aufbewahrt haben. Als die Gebeine des Heiligen und die Ampulle 313 nach Neapel gebracht wurden, soll sich das Blutwunder zum ersten Mal ereignet haben. Die Gebeine und das Blut wurden in den Katakomben von Neapel beigesetzt. Im 9. Jahrhundert befanden sich die sterblichen Überreste und das Blut von S. Gennaro in einer kleinen Kapelle neben einer Kirche, an deren Stelle im 14. Jahrhundert der Dom errichtet wurde; 1497 kamen die Reliquien nach Neapel zurück. Seit 1646 befindet sich das Reliquiar (‚teca‘) mit den beiden Glasphiolen (eine größere und eine kleinere, welche jedoch leer ist und nur fleckenartige Spuren aufweist) in einer Seitenkapelle des Doms.
Bereits im Jahre 1389 wird eine Prozession beschrieben, bei der sich das Blut an einem 17. August verflüssigt haben soll. Laut Überlieferung ist die Verflüssigung im Jahr 1528 zur Zeit der Pest und der französischen Belagerung Neapels ausgeblieben. Seit dem Jahre 1659 liegen über dieses Ereignis ausführliche Protokolle von einer damals eingesetzten Kommission aus kirchlichen und Laienmitgliedern vor. Die Verflüssigung tritt meist mehrmals im Jahr ein, doch gibt es Ausnahmen: „Im September variiert die Zeit im Allgemeinen von 30 bis 60 Minuten; seIten, dass sich in dieser Periode das Warten auf mehrere Stunden ausdehnt. Manchmal kommt es nicht zur Verflüssigung, so wie im Mai und September 1527, im Mai des Jahres 1835 und 1944. Im Mai 1954 betrug die Wartezeit 22 Stunden; im Mai 1974 kam es zur Verflüssigung erst am Tag nach dem religiösen Gedenktag des Heiligen, und im Mai 1976 gab es überhaupt keine.“45
Von phänomenologischem Interesse sind bei der Verflüssigung die Blasenbildung sowie die Variation des Volumens in den Ampullen. Ein Ausbleiben der Verflüssigung wird im Volk als schlechtes Omen gedeutet.
Bei der eingeschlossenen Masse handelt es sich vermutlich um eine kolloidale Substanz mit ihren charakteristischen Eigenschaften; ihre Koagulation (Gerinnung eines Stoffes), also der Übergang von der gelösten (Sol) zur geronnenen Form (Gel) kann hinsichtlich Zeit und Zustandsform in mannigfachen Veränderungen ablaufen. Die Vermutung, dass es sich um Blut handeln könnte, wurde durch eine im Sept. 1902 von Professoren der neapolitanischen Universität, Sperindeo und Januario, durchgeführte Spektralanalyse bestärkt, wonach die Untersuchung ein für das Oxyhämoglobin zutreffendes Absorptionsspektrum ergab. Die Beobachtungen wurden in einem Bericht niedergelegt.46
1989 wurde eine solche Untersuchung zwar wiederholt, allerdings wurden deren Resultate wiederum in Frage gestellt. Doch wären heutzutage neuerliche Untersuchungen mit modernen Geräten (z.B. durch eine fluoreszenzspektroskopische Untersuchung) notwendig, desgleichen exakte Film- und Videoaufnahmen zur Dokumentation der Variation des Volumens zu verschiedenen Zeiten, evtl. auch Messungen mit Präzisionswaagen. Die seit Jahrhunderten verschlossenen Flakons hat man bisher aus Respekt nicht geöffnet bzw. aus Furcht vor einer eventuell damit einhergehenden Zerstörung des verharzten Verschlusses sowie auch aus Sorge um einen womöglich eintretenden Zerfall des Inhalts bei Luftzutritt. Immerhin wäre es im Dienst der Klarheit angezeigt, unter bestimmten Schutzmaßnahmen eventuell aus dem kleineren Fläschchen für eine mikroskopische und serologische Untersuchung eine Probe zu entnehmen.
Doch Prof. Lambertini pflichtet der Meinung von PIANCASTELLI bei, wenn dieser behauptet: „Zu wichtig ist eine solche Substanz, zu geschichtsträchtig und geheimnisvoll, zu sehr mit dem Volk verbunden, dass die Kirche ihre Unversehrtheit aufs Spiel setzen könnte, um unsere Neugierde, und wäre sie auch nur wissenschaftlich, zu befriedigen.“47
Allerdings sind nicht alle Wissenschafter dieser Ansicht, wie z.B. ACHILLE M. TRIACCA, der in der Rezension zur zweiten Auflage dieses Büchleins (Storia e Scienza etc.) schreibt: „Wenn Lambertini sich die Behauptungen des Piancastelli zu eigen macht und gewissermaßen unschlüssig ist, ob mit den neuesten Untersuchungsverfahren das geheimnisvolle chemisch-physikalische Gleichgewicht, das in den hermetisch verschlossenen Ampullen besteht, auch durchbrochen und gestört werden darf … dann kommt es uns so vor, als würde er weder nach wissenschaftlichen Kriterien noch nach jenen eines echten Gläubigen vorgehen. Die Ungläubigkeit eines Wissenschaftlers sollte kein Stolperstein für den einfachen Gläubigen sein. Wenn das Wunder des hl. Januarius bis zum heutigen Tag ein echtes Wunder ist, dann versteht man nicht, warum es nicht nach den Untersuchungen weiter bestehen kann, dies umso mehr, als man die Experimente auf eine der beiden Ampullen beschränken könnte. Im äußersten Fall würde es sich um den Ausfall einer einzigen handeln (eine Hypothese, die von Lambertini dargelegt wird). Wir hätten überhaupt keine Angst auch nicht vor den kühnsten Untersuchungen, wenn es sich nur wirklich um Experimente handelt. Entweder ist es ein Wunder und dann bleibt es auch danach, oder es steckt etwas anderes dahinter.48
Der Parapsychologe Prof. HANS BENDER49 vermutete das Wirksamwerden eines affektiven Feldes, schreibt aber selbst, dass dies nur eine vage Analogie zu Mustern paranormaler Ereignisse sei; eine Annahme, die als unhaltbar gelten muss in Anbetracht der Tatsache, dass auch ohne die Anwesenheit einer großen erwartungsvollen Menschenmenge eine Verflüssigung eingetreten ist, beispielsweise beim vorsichtigen Reinigen des Reliquiars. Gegen die Hypothese einer thermischen Einwirkung ist andererseits einzuwenden, dass bei Restaurierungsarbeiten am Reliquiar trotz großer Wärmezufuhr keine Verflüssigung eintrat.
Übrigens wurden anscheinend auch auf dem sog. ‚Stein von Pozzuoli‘ in der dortigen Kapuzinerkirche, auf dem Januarius der Legende nach enthauptet worden sein soll, ungewöhnliche Beobachtungen gemacht: graue Flecken, die rötlich werden, sowie zuweilen ein rötliches Exsudat, dessen Untersuchung 1926 durch Prof. Gianturco im gerichtsmedizinischen Institut von Neapel ergeben habe, dass es sich um menschliches Blut handelte.
Für kritische Naturwissenschaftler wie LUIGI GARLASCHELLI ist dieses Verflüssigungsphänomen jedoch nicht paranormal, sondern ein chemisch-physikalischer Vorgang, der auf der Eigenschaft einer kolloidalen thixotropen Mischung beruht, beim Schütteln vom Gelzustand in den flüssigen Zustand überzugehen und sich in Ruhelage wieder zu verfestigen, während ja bei Blut ein solcher Vorgang irreversibel ist.50 Zur Untermauerung seiner Hypothese stellte er diverse thixotrope Proben her, deren Eigenschaften dem des ‚Januarius-Blutes‘ ähnlich sind. Vor allem verwendete er die rotbraune kolloidale FeO(OH)-Dispersion, „da diese Gele durch Schütteln vollkommen flüssig werden und zudem bereits ohne Zusatz eines Farbstoffes einen Farbton aufweisen, welcher dem des ‚Blutes‘ gleicht. Wie im Falle des ‚Blutes des Sankt Januarius‘ zeigen sich auch hier nach dem Schütteln Blasen auf der glänzenden Oberfläche, ähnlich denen einer siedenden Flüssigkeit.“51 Garlaschelli schließt seine kritischen Überlegungen wie folgt: „Ob solche einfachen Untersuchungen durchgeführt werden, hängt allein von der Genehmigung der katholischen Kirche ab. Da das ‚Wunder‘ der Blutverflüssigung nicht nur einmal, sondern wiederholt aufgetreten ist, wäre es sicherlich naiv anzunehmen, die Erscheinung sei nicht reproduzierbar oder unerklärbar.“52 Der Autor gibt auch Details für eine solche Versuchsdurchführung an.
Trotz allem muss also die allen Zweifel ausschließende Antwort auf die Frage nach der Echtheit solcher Blutphänomene offen bleiben. Sollte sich die Hypothese von Luigi GARLASCHELLI eines Tages als richtig herausstellen, dann wäre auch klar, dass das ‚miracolo di San Gennaro‘ weder paranormal noch wunderbar wäre. Bis dahin ist eine Interpretation der Blutverflüssigung auf chemischer Basis eine Hypothese für ein analoges mechanisches Verhalten, jedoch noch kein direkter Beweis dafür, dass es sich bei der in Frage stehenden Substanz in den Flakons um eine solche chemische Mischung handelt.
Neben dem berühmten Blutwunder des hl. Januarius gibt es noch weit über 100 ähnliche solche Phänomene, die jedoch kaum untersucht wurden und deren Aufzählung hier zu weit führen würde.
2.2 Paranormale Blutphänomene an sakralen bzw. religiösen Kultobjekten
a) Grundsätzliches zur Problematik der eucharistischen Wunder-Phänomene
Paranormale Blutphänomene in Zusammenhang mit der Eucharistie ziehen sich mehr oder weniger gut belegt durch die Geschichte der Kirche. Ein Teil der eucharistischen Wunder des Mittelalters53 mögen mangels kritischer Untersuchung und unsicherer Quellenlage legendär sein, doch gibt es unleugbare eucharistische Phänomene bis in die neueste Zeit herauf. Diesbezüglich bietet der vatikanische Ausstellungskatalog einen informativen und illustrativen Überblick auch über die Länder und deren Orte, wo solche Wunder bezeugt sind.54
Abgesehen vom nicht bewiesenen Vorwurf des Betrugs, der Täuschung und der durch mikroskopische und biochemische Analysen erwiesenen Entstehung von Blutflecken auf Hostien durch saprophytische Bakterien (Serratia marcescens, bacillus prodigiosus) lässt sich bei Annahme der Echtheit fragen, ob sich die in Frage stehenden Blutphänomene paranormaler (energetischer Entstehung durch Apporte, Psychokinese oder infolge magischer Praktiken) oder übernatürlicher (göttlich-dämonischer) Verursachung verdanken oder eventuell auch einer Kombination beider Hypothesen. Meines Wissens sind – vom evtl. Auftretens des Hostienpilzes unter gegebenen Entstehungs- und Wachstumsbedingungen abgesehen – Blutphänomene nur als bei konsekrierten Hostien vorkommend berichtet worden. Von semantischem Interesse ist der Hinweis, dass die stigmatisierte Therese von Konnersreuth, als man ihr eine Blutreliquie von Mirebeau auflegte, in der gleichen Weise reagierte, wie sie es z.B. gegenüber Kreuzpartikeln tat.55 Eine ungewöhnliche Sensibilität im positiven bzw. negativen Sinn gegenüber sakralen Objekten ist erfahrungsgemäß kennzeichnend für echte Mystiker wie auch für Besessene.
Im Übrigen steht der „Fall Vachère“ in der Geschichte der außergewöhnlichen Blutphänomene nicht isoliert da. HENRI BIRVEN selbst verweist z.B. auf die stigmatisierte Dominikanernonne Columba Schonath (1730-1787)56 aus Bamberg, in deren Zelle ein Kruzifix blutete, sowie auf Eugène Vintras (1807-1875)57, einen ehemaligen Priester, den Gründer der Eliaskirche, bei dem sich auf konsekrierten Hostien Blutstropfen und verschiedene Zeichen gebildet haben sollen.
Nachfolgend seien neben zwei weiter zurückliegenden historischen Erscheinungen einige außergewöhnliche eucharistische Verwandlungsphänomene aus den letzten Jahrzehnten angeführt.
b) Blutphänomene von Mirebeau und Aachen
Ebenso außerordentlich wie kontrovers waren die Blutphänomene von Mirebeau und Aachen in der Zeit von 1911 bis 1920 (blutende Herz Jesu-Bilder, blutende Hostien und in Blut verwandelter Messwein) im personalen Bezug zur mysteriösen, aber auch tragischen Gestalt des Abbé Vachère de Grateloup, auf die ich hier näher eingehen möchte, weil sie in den neueren theologischen Lexika keine Erwähnung mehr finden.58
Msgr. CLOVIS-CÉSAIRE-ARGENCE VACHÈRE (* 13.08.1853, † 17.07.1921), war ein Enkel des Marquis de Grateloup, der während der Französ. Revolution einen von den Jakobinern verfolgten Priester verborgen hielt. Nach Anbruch ruhigerer Zeiten prophezeite der verfolgte Priester dem Marquis vor Verlassen des Schlosses, dass eines seiner Enkelkinder ein begnadeter Priester werden würde. Dies ging in der Person von Argence in Erfüllung. Er arbeitete in jüngeren Jahren als Hauslehrer bei verschiedenen adeligen Familien in Belgien und anderswo.
Abbé Vachère war von 1905 bis 1908 in Rom, stand bei Papst Pius X. hoch im Ansehen, von dem er das Privilegium erhielt, an allen entsprechenden Orten das Messopfer feiern und das Allerheiligste bei sich verwahren zu dürfen. In dieser Zeit besuchte er auch des Öfteren die im Ruf der Heiligkeit stehende Zisterzienserin Sr. BENEDIKTA FREY von Viterbo59. Sie schenkte ihm 1906 ihr Kruzifix und sagte ihm, dass sich bei ihm wunderbare Dinge ereignen würden, derentwegen er viel Leid erfahren werde. Das Kreuz werde dann Trost und Schutz spenden. Vachère hatte nun aus dem Nachlass der 1903 (1906?) verstorbenen Witwe Sacchetti ein Herz-Jesu-Bild erworben und stellte dieses als Altarbild unter dem Kreuz in seiner Kapelle auf. Von diesem Bild besaß er mehrere Kopien.
Der Beginn der zahlreichen kontroversen Blutungsphänomene datiert mit dem 8. September 1911. Als Vachère um 6.30 Uhr gerade die hl. Messe zu zelebrieren begann, bemerkte er, dass sich auf dem Herz-Jesu-Bild auf der Stirn des Antlitzes Christi rote Flecken bildeten, die am Nachmittag flüssig zu werden schienen. Am 10. Sept. um 6 Uhr morgens bemerkten er und andere an der Stirn frische Wunden, aus denen Blut tropfte, am 11. eine weitere Wunde; am 13.09. erschienen so viele Wunden, als ob eine Dornenkrone hinzugefügt worden wäre. Am 14. Sept. bildete sich eine Wunde am Herzen und am 15. 09. begann Blut auch aus den Händen zu fließen. Am 16. Oktober zeigten sich neue Erscheinungen: Während der Messe zeigte die Hostie Blutflecken und am Nachmittag sah der Abbé, dass Christus die Lippen öffnete und eine Stimme klagte. Die von Zeit zu Zeit gehörten Worte, die der Abbé aufschrieb, bestanden aus Klagen über den Klerus, die Sünden Frankreichs und eine schreckliche Strafe, die bald über sie käme. Diese Phänomene waren Vorläufer von vielen ähnlichen, die sich noch ereignen sollten.
In der Zeit vom 16. Okt. 1911 bis zum 18. Februar 1914 traten unmittelbar nach der Wandlung Blutungen an den konsekrierten (insgesamt 19) Hostien auf, und zwar zum Teil so intensiv, dass die Hostien durchtränkt waren und ebenso das Korporale und das Altartuch. Auch der Wein im Kelch verwandelte sich mehrmals (1912 und 1919) nach der Wandlung in Blut, sodass es für den Abbé eine große Überwindung bedeutete, den konsekrierten Wein nun als Blut zu trinken.
HANS THEODOR BRIK schreibt dazu: „Für die Echtheit der eucharistischen Phänomene von Mirebeau lassen sich Tausende von Zeugen anführen, und zwar nicht nur gläubige Katholiken, sondern auch Menschen, die von aller Religion ‚chemisch gereinigt‘ waren und sich in der Kapelle des Monsignore Vachère nur in der Absicht einfanden, den ‚abgefeimten Schwindel‘ zu entlarven. Es geschah daher nicht selten, dass man das blutende Herz-Jesu-Bild von der Wand nahm in der Überzeugung, auf der Rückseite eine Vorrichtung zu entdecken, mit deren Hilfe die Blutung erzeugt wurde. All diese Leute zogen beschämt und nachdenklich wieder ab, und so mancher von ihnen fand zum Glauben seiner Kindheit zurück. Am 16. September 1916 zogen zwei französische Infanterieregimenter (das 114. und das 125.) durch Mirebeau. Die Soldaten wurden Augenzeugen des Blutphänomens am Herz-Jesu-Bild im Arbeiterhaus. Viele der Männer benetzten ihre Taschentücher mit dem herabtropfenden Blut und bargen die Tüchlein an ihrer Brust in der Hoffnung, dass das hl. Blut des Erlösers sie beschützen werde in den bevorstehenden Kämpfen.“60
Die merkwürdigen Erscheinungen sprachen sich bald herum, sodass die Leute kamen, um das Bild zu sehen. Vachère schrieb am 13.10. an den Bischof von Poitiers, Humbrecht, der soeben sein Amt übernommen hatte, über die Ereignisse. Am 19. Okt. erhielt er die Weisung, das Bild zwecks Beobachtung an den Superior des Seminars in Poitiers abzuliefern, was er auch tat. Beim Bischof ereignete sich jedoch keine Blutung. Am 15.12.1911 erhielt der Abbé das Bild zurück mit dem Verbot, es öffentlich auszustellen. Er verbarg das Bild daraufhin in einem unbenützten Raum seiner Villa. Am 14. März 1913 erhielt der Abbé ein Dekret des Hl. Offiziums mit der Weisung, das Bild wiederum an den Bischof zu übergeben; der Generalvikar holte es ab.
Der Abbé hatte jedoch noch ein anderes Haus auf einem in der Nähe gelegenen Grundstück (Gâtine), das von Arbeitern bewohnt wurde. Dort ließ er im Februar 1913 eine Kopie des blutenden Bildes (ein Öldruckgemälde ohne Auffälligkeiten) anbringen, um, wie er hoffte, dadurch Arbeiter vom Fluchen abzuhalten. Am 19. März 1913 (Mittwoch in der Karwoche) bemerkte ein gewisser Zimmermann namens Bricheteau mit Schrecken, dass das Bild aus allen Wundmalen blutete. Bis zum 3. August 1914 (Ausbruch des I. Weltkrieges) war bereits so viel Blut geflossen, dass eine dicke Kruste entstanden war. Auf das hin wurde der Abbé von einem Böswilligen in Bezugnahme auf das Verbot, von dem ja nur das erste Bild betroffen war, beim Bischof denunziert. – Anlässlich seines Besuches mit Begleitung bei Abbé Vachére nahm E. Feilding im Taschentuch eine Probe von der Blutkruste am Bild mit, um sie im britischen Lister Institut analysieren zu lassen, worauf er vom dortigen Bakteriologen E. E. Atkin die entmutigende Mitteilung bekam, dass es aufgrund der Präzipitintests definitiv kein menschliches Blut sein könne. Sechs Jahre später behauptete Atkin aufgrund der Analyse frischer Proben jedoch das Gegenteil. Infolge des ausgebrochenen Krieges konnte Feilding sich zwei Jahre lang nicht mehr mit der Sache beschäftigen, besuchte aber den Abbé in einer kurzen Urlaubswoche um Ostern 1915. Vachère war allerdings nicht erfreut darüber, erzählte ihm aber doch von den diversen Verfolgungen seitens des Bischofs, der ihn nicht nur in Rom, sondern auch bei den französischen Zivilbehörden angezeigt hatte, da unter den Anhängern der „Causa“ auch eine Dame war, die mit einem Deutschen verheiratet war, welcher das Grundstück ‚Gâtin‘ gekauft hatte; dies und anderes machte ihn verdächtig. Am 22. April 1914 erging schließlich das Dekret seitens des Hl. Offiziums, dass Caesarius Vachère – wohl wegen seines Ungehorsams – namentlich und persönlich exkommuniziert sei und von allen gemieden werde müsse.61
Abbé Vachère reiste schließlich im Mai 1920 nach Rom, um sich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen, und übergab ein Korporale, welches mit dem aus der konsekrierten Hostie herausquellenden Blut (Messe am 27. Mai 1912) getränkt war, dem Histologen Dr. Nazari zur Analyse, der die menschliche Natur der Blutflecken bestätigte; ebenso Dr. Deibel in einem Attest 1923 in seinem Labor in Saarbrücken. Als Kardinal Gasquet eines der blutbefleckten Tücher in die Hand nahm, wurde das eingetrocknete Blut wieder flüssig. Er versprach daraufhin dem Abbé, sich für seine Rehabilitierung einzusetzen; man dachte offenbar doch an eine Revision des außergewöhnlichen Falles. Blutphänomene ereigneten sich auch im Juni 1920 bei seinem Besuch in Aachen an einer Herz-Jesu-Statue und an einem Herz-Jesu-Bild; sie erregten großes Aufsehen, auch zahlreiche Priester waren unter den Zuschauern, obgleich sie wussten, dass der Abbé exkommuniziert war, denn er machte ja kein Hehl daraus. Man drängte auch den Erzbischof von Köln zu einer Untersuchung, doch dieser telegrafierte nur, dass Vachère exkommuniziert und von den Gläubigen zu meiden sei. Mit der Abreise des Abbé am 11. Juni nachmittags hörte auch das Blut zu fließen auf. Eine Chance war vertan.
Für den Biografen und Crowley-Kenner HENRI BIRVEN62 war der Abbé jedenfalls ein im Bereich der Magie angesiedelter Thaumaturg; er hielt die Blutphänomene zwar für echt, aber nicht göttlich-wunderbarer Herkunft. Nach Ansicht des Bischofs jedoch waren die Phänomene eher dem Wirken Satans zuzuschreiben; vielleicht war er auch enttäuscht darüber, dass das zurückgeforderte Herz-Jesu-Bild in seiner Gegenwart keine außergewöhnlichen Erscheinungen zeigte. Gewiss ist auch der Abbè selbst schuld an den verhängten Sanktionen, da er sich offenbar nicht an das Zelebrationsverbot hielt, außer in der letzten Zeit seines Lebens. Er war nämlich der Ansicht, dass das Dekret des Offiziums auf falschen Informationen beruhe und das Phänomen deswegen nicht anerkannt werde. Vachère hat seine Rehabilitierung nicht mehr erlebt, er starb am 17. Juli 1921 an einem Blutsturz.
Wie BIRVEN in seinem Buch schreibt, ging das geringe Vermögen des Abbé (Haus, Kapelle, Bild, die Hostien und andere mit den Blutphänomenen in Zusammenhang stehende Objekte) in den Besitz einer Verwandten, einer gewissen Mademoiselle Phillipot, über, die auf seine postume Rehabilitierung wartete. Da sie 1927 ohne Testament starb, wurde das Vermögen auf drei weiter entfernte Verwandte aufgeteilt und damit zerstreut. Die zwei ominösen Bluthostien, die so lange auf dem Altar gelegen hatten, wurden vom Pfarrer an sich genommen.
c) Lanciano bei Chieti, Italien
Dieses älteste bekannte eucharistische Wunder datiert aus dem 8. Jahrhundert. Der Überlieferung nach zelebrierte ein basilianischer Mönch in der kleinen Kirche des St. Lagonziano (nach dem hl. Basilianermönch Leguntius) die hl. Messe. Nach der Konsekration – möglicherweise zweifelte der Mönch an der Realpräsenz Christi in den heiligen Gestalten – wurde die Hostie zu Fleisch und der Wein verwandelte sich in Blut, das sofort gerann und fünf unregelmäßige Klümpchen bildete. Beide heiligen Reliquien kamen zunächst in einen Elfenbein-Tabernakel. Heute befinden sich die konsekrierten Gestalten in der 1258 von den Franziskanern erbauten St. Franziskuskirche, wo sie anfangs in einer Kapelle auf der Seite des Hauptaltars aufbewahrt, dann im Jahre 1636 in einen Seitenaltar übertragen wurden und 1902 endgültig ihren Platz im heutigen Marmoraltar fanden. Im Laufe der Jahrhunderte, von 1574 (Echtheitserklärung durch Erzbischof Rodriguez) an, wurden seitens der kirchlichen Autoritäten verschiedene Gutachten über die Echtheit der Reliquien erstellt. Die Laboruntersuchungen von 1971 und 1981 führten zu folgendem Ergebnis: Das Fleisch (Herzmuskelgewebe) und das Blut sind gleich dem eines Menschen und beide haben dieselbe Blutgruppe (AB). Eine diesbezügliche Verlautbarung seitens des Erzbischofs Pacifico Perontoni erfolgte am 13.07.1971.63
d) Bolsena
Als 1263 der Priester Petrus – unterwegs von Prag nach Rom – in der Kirche der hl. Christina die hl. Messe feierte, floss beim Brechen der Hostie Blut aus ihr hervor und tropfte auf das Korporale. Er versteckte dieses in einem Kasten der Sakristei und berichtete von dem Ereignis Papst Urban IV., der daraufhin den Bischof von Orvieto zur Untersuchung nach Bolsena sandte. In der Capella del Corporale im Dom werden die hl. Reliquien aufbewahrt. Nach dem Wunder von Bolsena wurde 1264 das Fronleichnamsfest von Papst Urban IV. durch seine Bulle Transiturus für die gesamte Kirche vorgeschrieben. Raffael Santi hat das denkwürdige Ereignis in einem Fresco-Gemälde in den Stanzen des Vatikan verewigt.64
e) Finca-Betania, Venezuela
P. Otty Ossa, Kaplan und geistlicher Begleiter der mystisch begnadeten Seherin Maria Esperanza Medrano de Bianchini (1928-2004), zelebrierte am Vorabend des Festes der Unbefleckten Empfängnis (08.12.) 1991 eine hl. Messe in der offenen Kapelle bei der dortigen Grotte. Dabei bemerkte er, dass die konsekrierte Hostie beim Auseinanderbrechen in vier Teile in seinen Händen blutete. Das Ereignis wurde auf Video aufgenommen und fotografiert sowie von der lokalen bischöflichen Behörde in Augenschein genommen. Die medizinische Untersuchung ergab menschliches Blut. Die häufigen Marienerscheinungen (seit 1976) von Maria Esperanza wurden seitens des Bischofs Pio Bello Ricardo von der Diözese Teques mit 21.11.1987 approbiert.65
f) Marlboro, New Jersey
Jahrelang erschien dort dem polnischen Einwanderer Joseph Januszkiewics in seinem Garten eine „Dame“, wenn er vor einer mitgebrachten Marienstatue betete. Ab 1992 nannte sie sich die „gelbe Rose des Friedens“. – Am 10. April 1994, dem Fest der göttlichen Barmherzigkeit, zelebrierte P. Robert Rooney, geistlicher Betreuer des Visionärs, in der Kirche des hl. Vinzenz von Paul im nahegelegenen Yardville, N.J., die hl. Messe. Bei der Konsekration floss Blut aus der Hostie. Er zeigte diese dem Pfarrer; man verwahrte die Hostie im Tabernakel bis zur Entscheidung des Bischofs der Diözese Trenton. Bischof Reiss entschied schließlich, das Phänomen nicht weiter zu untersuchen. So gab P. Rooney die Hostie seinem geistl. Leiter P. Valenta, der sie fotografierte und durch zwei Mediziner mikroskopisch untersuchen ließ, ohne dass die Hostie dabei Schaden litt. Sie fanden keine wissenschaftliche Erklärung; die rote Masse wies die Charakteristika menschlichen Blutes auf. Am 6. Juni 1996 erschien P. Rooney († 16.07.1996) die Jungfrau Maria und teilte ihm mit, dass ihr Sohn ihm mit der blutenden Hostie ein Geschenk gemacht habe. P. Valenta übergab dann die Hostie an den Bischof.
g) Rom, Italien
Ein Fall einer offenbar falschen Privatoffenbarung in Zusammenhang mit einem eucharistischen Scheinwunder (Betrug, Täuschung oder dämonisches Blendwerk) ist jener der angeblichen Seherin und fälschlicherweise als stigmatisiert angegebenen Marisa Rossi († 08.08.2009) in Verbindung mit ihrem geistlichen Betreuer Don Gatti. Seit 1971 hätte sie Erscheinungen und Ansprachen Mariens gehabt. Am 14. Sept. 1995, dem Fest Kreuzerhöhung, betete sie in der Kapelle; der Priester Don Claudio Gatti holte in Vorbereitung einer Prozession das Kruzifix vom Altar und reichte es Marisa im Rollstuhl zum Kuss dar. Wie Marisa behauptete, sah sie dabei aus der Seite des Corpus eine Hostie kommen und in ihre Hand fallen. Einige Teilnehmer in ihrer Nähe bemerkten dies und dass sich einige Augenblicke vorher keine Hostie in ihrer Hand befunden habe. Ein anderes Ereignis geschah im April 1996, als während einer angeblichen Marienerscheinung eine Hostie in ihren ausgestreckten Händen erschien, was fotografiert wurde. Claudio Gatti behauptete im Juni 1999 u.a., dass er durch Jesus Christus direkt zum Bischof geweiht worden sei – durch übernatürliche Erscheinungen und Botschaften. 2002 wurde Claudio Gatti († 06.12.2009) von Papst Johannes Paul II. in Absprache mit Kardinal Joseph Ratzinger laisiert.66
2.3 Zum Phänomen der Lakrimation − weinende, Bluttränen vergießende und ölabsondernde Statuen und Bilder von Christus und Maria67
Zahlreiche Berichte aus alter und neuerer Zeit erzählen von außergewöhnlichen Erscheinungen an Bildern, Statuen und Kruzifixen oder auch in Kirchen.68
Diese Phänomene sind weltweit verbreitet; den Medienberichten zufolge sollen viele derartige Ereignisse in Ost und West vorgekommen sein; gewisse Erscheinungen werden sogar von gläubigen Anhängern von Share International als Vorzeichen seitens des zu erwartenden ‚Maitreya‘ (Christus, Buddha, Antichrist oder wer immer) interpretiert.69
Ihre Häufigkeit scheint in den letzten Jahren und Jahrzehnten zugenommen zu haben. Nur wenige sind wissenschaftlich untersucht, dokumentiert oder haben eine kirchenamtliche Bestätigung erhalten. Man kann jedoch nicht sagen, wie in der dreiteiligen ZDF-Sendung „Macht der Wunder“ (Wenn Madonnen weinen) behauptet, dass sich solche Phänomene weinender Madonnen fast immer als Schwindel erweisen. Die radiologische Aufnahme einer Civitavecchia-Marienstatue ergab jedenfalls keinen Hinweis auf etwa vorhandene Hohlräume, in die man rote Farbe oder Blut einfließen lassen könnte. Demnach bleibt für Kritiker immer noch die Annahme, dass menschliches Blut, in betrügerischer Absicht, von außen auf das Gesicht der Statue aufgebracht worden sei.
Aus Sicht der Sozial- und Wahrnehmungspsychologie darf bei der Untersuchung und Beurteilung nicht übersehen werden, dass aufgrund der eigenen Motivation, Emotion sowie positiver oder negativer Voreingenommenheiten, auch unbewusster Art, die Interpretation bereits die Wahrnehmung selektiv verändern kann. Deshalb ist eine kommissionelle Urteilsfindung der Entscheidung eines einzelnen Entscheidungsträgers unbeschadet seiner Autorität vorzuziehen, was in der Regel auch der Fall ist.
Wenn nun hinsichtlich dieser Phänomene eine Erklärung durch bewussten Betrug, Täuschung oder Fehldeutung natürlicher Zusammenhänge physikalisch-chemischer Art ausgeschlossen werden kann, können solche Erscheinungen aus parapsychologischer Sicht möglicherweise psychokinetisch verstanden werden − im emotional-affektiven Bezug zu einer Person, die, analog den persongebundenen Para-Phänomenen, als psychischer Katalysator fungiert. Darüber hinaus kann aus religiöser Sicht manchen von ihnen auch ein Zeichen- oder Verweisungscharakter zukommen. Denn ohne erkennbaren religiösen Sinngehalt bleiben Phänomene wie Lakrimationen u.Ä. als bloße Mirakel oder eventuell als unverstandene paranormale Spontanphänomene ohne subjektive Betroffenheit im Raum der Sensation stehen. Unter der vorausgesetzten Realität der nachgeprüften Blut- und Tränenphänomene erhebt sich theologischerseits die Frage nach der Vereinbarkeit der Leidensunfähigkeit Christi, seiner Mutter Maria und der Verherrlichten mit den wahrnehmbaren Ausdruckszeichen als ‚sympathische‘ (d.h. wörtlich mit-leidende) Signale für eine Art Leiden-Können ihrerseits für oder mit den Menschen.
a) Santo Cristo de la Agonia
Großes Aufsehen erregten seinerzeit in Spanien die paranormalen Blut-, Schweiß- u. Bewegungsphänomene ab dem 30.03.1919 (angeblich auch wieder zwischen dem 02. u. 04.02.1986) am Corpus Christi (Santo Cristo de la Agonia) des Kreuzes in der Pfarrkirche von San Sebastian, die von tausenden Menschen gesehen werden konnten. Unter den Zeugen waren Ordensleute, Priester, Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer, Professoren, Beamte, Kaufleute, Landwirte, Nicht-Gläubige und sogar Atheisten. Eine offizielle kirchliche Stellungnahme ist nicht erfolgt.70
b) „Maria Pötsch“
Neben der seit 1953 weltweit bekannt gewordenen und kirchlich anerkannten weinenden Madonna von Syrakus71 gibt es auch in Österreich, nämlich im Wiener Stephansdom, ein berühmtes Gnadenbild, „Maria Pötsch“, das der Überlieferung nach zur Zeit der Türkenkriege des Öfteren geweint hat. Das um 1676 von dem ungarischen Maler Stephan Pap geschaffene Bild war zunächst in der griechisch-katholischen Kirche des Ortes Pócs bei Zabolcz (Diözese Erlau) aufgestellt worden. Am 4. Nov. 1696 bemerkte der Bauer Michael Cöry während des Sonntagsgottesdienstes, dass aus den Augen der dargestellten Maria Tränen flossen. Dieser Tränenfluss wiederholte sich in der Folge an bestimmten Tagen bis zum 8. Dezember. 1705 begann die Kopie des Bildes in Mariapócs neuerlich zu weinen, ebenso 1715 und 1905.
„In der ‚Beschreibung der Metropolitankirche zu St. Stephan in Wien‘ berichtet Joseph Ogesser im Jahre 1779, dass ‚der Ruf von dieser außerordentlichen Begebenheit den kaiserlichen General Herrn Grafen von Corbelli nebst dem Herrn Marchese Cusani und einer großen Anzahl Offiziere und gemeiner Soldaten … sich zu diesem Bildnis zu verfügen bewog, wobei sich auch viel von dem ungarischen Adel protestantischer Religion, ja sogar einige Mohamedaner eingefunden haben.‘ Niemand hatte den mindesten Zweifel an der Wahrheit dieser Tränen, außer einem kalvinischen Pastor. Dieser hielt die Tränenvergießung für einen lauteren Betrug. Deshalb ließ der General das Bild zerlegen und in Anwesenheit von mehr als 300 Personen daraufhin untersuchen, ob etwa eine geheime Wasserquelle hinter dem Bild verborgen wäre. Ogesser zitiert weiter: ‚Nach unternommener genauester Untersuchung fand man nicht die mindeste Spur von einem … Betruge: ja, es flossen während dieser Untersuchung … die wundertätigen Tränen immerfort…‘ “72
c) Zur Chronologie und Phänomenologie der Blut- und Tränenphänomene
Die nachfolgende Zusammenstellung behaupteter externer Blutphänomene soll nur einen ersten Überblick über Lakrimationen aus jüngerer und heutiger Zeit geben, allerdings ohne Gewähr für die Richtigkeit der Angaben. Über die zahlreichen legendären oder auch glaubwürdig verbürgten historischen Tränenphänomene im Laufe der vergangenen Jahrhunderte gibt es bereits ausführliche Publikationen.73
Wenngleich auch hier die Realitätsstufe eine andere ist im Vergleich zu bloßen visionären Erscheinungen (ohne äußere Korrespondenz, wie etwa bei Stigmen) und ihr äußerer Ereignisablauf sich dokumentieren lässt, so soll damit nicht die erwiesene Faktizität für alle Fälle behauptet werden und erst recht nicht deren übernatürliche Herkunft. Auf dem schwierigen Weg methodischer Verifizierung im Dreischritt von Faktizität, Interpretation und Wertung wäre als Erstes eine umfassende medizinisch-parapsychologische Dokumentation ein Desiderat angesichts dieser häufigen, außergewöhnlichen, beunruhigenden Erscheinungen.
Am 11. August und am 27. Sept. 1933 blutete in Asti, Oberitalien, in der Klosterherberge der Oblaten des hl. Joseph ein Kruzifix aus der Seitenwunde. Nach Untersuchungen durch die medizinische Fakultät von Turin erklärte Bischof Humbert Rossi das Phänomen als Wunder. Das Kruzifix gehörte Maria Tartaglino.
1966, Porto San Stefano. Der seit 1966 stigmatisierte Landwirt und Visionär Enzo Alocci hatte oftmals Marienerscheinungen. Seine große Marienstatue weinte des Öfteren im Juli 1972; am 16. Oktober und auch 1973 weinte sie öfters blutige Tränen (gemäß Analyse Blutgruppe A).74
- Ab 3. Januar 1971 begannen in der Familie Cordiano in Marópati an einer Kopie des Gnadenbildes der Madonna von Pompei Blutflecken zu fließen. Blutrinnsale flossen an der Wand und bildeten eine Kreuzesform.
- Ab dem 12. Juni 1973 erlebten die taube Sr. Agnes S. Katsuko und ihre Mitschwestern in Akita, Japan, wie ihre hölzerne Marienstatue in ihrer Kapelle Tränen und Blut vergoss.
- Im April 1975 tropfte im Zimmer der Anne Poore in Boothwyn, Pennsylvania, aus den Händen einer Gipsstatue Blut. Sie hatte die Statue von ihrem Freund geschenkt bekommen. Eine Woche später erfuhr sie, dass er zur Zeit des aufgetretenen Blutphänomens gestorben war.
- Noch vor den Tränenphänomenen in Belgien weinte nach einem Bericht aus dem Seminar Seraphico der Kapuziner in Manicales 1981 eine Statue der ,Rosa Mystica‘ öfters in verschiedenen Orten Kolumbiens. In Medellin blutete ein solches Bild der Madonna bei der Familie Ospinia am 16. September 1984.
- Maasmechelen in der Nähe von Maastricht in Belgien.75 Im Haus der Familie Linden weinte eine Statue der ‚Rosa Mystica‘, eine Kopie der ‚Pilger-Madonna von Montichiari‘76, seit dem 15. Sept. 1982 vor vielen Zeugen. Der Bischof forderte die Statue zwecks Überprüfung an; sie kam jedoch nicht mehr zurück. Als Ersatz wurde eine andere Statue der Rosa Mystica gebracht. Als ein polnischer Priester zu Besuch kam, begann diese Statue ebenfalls zu weinen. Es wird berichtet, dass mitgebrachte Statuen zu weinen begannen, wenn sie zu Füßen der Rosa Mystica standen. Wenn man sie wegnahm, hörten sie zu weinen auf. Eine dort neben der Statue stehende Büste des dornengekrönten Heilands vergoss am 2. Januar 1986 Bluttränen.
- In Erbanno bei Montichiari in Norditalien weinte am 21. Sept. 1982 eine solche Statue Bluttränen. Pfarrer und Bischof wurden benachrichtigt. Analysen der Blutproben sollen menschliches Blut einer Frau ergeben haben.
- 1984 kamen auch aus den USA Nachrichten von weinenden Rosa Mystica-Statuen, so am 19. Mai 1984 in Brooklyn in der Kapelle von John Sterres, dem damaligen Leiter der Marianischen Priesterbewegung in den USA. In der Gebetsgruppe befand sich auch ein Bischof, der um ein Zeichen der Echtheit bat. An einem Tag soll die Statue sogar mehrere Liter Tränen vergossen haben. Aufgrund des Andrangs der Gläubigen wurde am Stadtrand von New York eine Kirche zu Ehren der Rosa Mystica gebaut.
- Auch in Chicago weinte in der Kirche Saint John of God eine Statue der Rosa Mystica am 29. Mai 1984 und weiterhin.
- Seit dem 7. Mai 1985 weinte eine Ikone von Maria und dem Jesuskind in dem russisch-orthodoxen Kloster in Blanco, Texas, Myrrhe. Bis Oktober 1985 weinte die Ikone ununterbrochen, dann in regelmäßigen Abständen. Erstaunliche Heilungen wurden gemeldet.
- In Naju, Südkorea, erschienen an einer hölzernen Marienstatue am 30. Juni 1985 Tränen, ab 19. Oktober 1986 Tränen mit Blut. An 700 aufeinanderfolgenden Tagen, vom 24. Nov. 1992 bis 23. Okt. 1994, sonderte sie auch wohlriechendes Öl ab.
- Im Februar 1987 machte eine „weinende Jungfrau“ in der kleinen griechisch-orthodoxen Kirche in Chicago von sich reden. Bereits Anfang Dezember 1986 entdeckte der Priester, dass aus den Augen und Händen des Marienbildes Feuchtigkeit austrat.
- Ab 14. November 1992 weinte eine kleine Porzellanstatue im Haus von Olga Rodriguez in La Cisterna im Süden Santiagos, Chile, Bluttränen. Eine Untersuchung ergab menschliches Blut.
- Am 17. Februar und am 15. März 1995 blutete ein Bild des Heiligen Antlitzes in Cotonou, Bénin, Westafrika. Der herbeigerufene Arzt konnte bei seiner Ankunft keine Probe entnehmen, da das Blut schon geronnen war. 13 Zeugen waren anwesend; eine Stimme sprach: „Ich werde wiederkommen, und der Doktor wird seine Untersuchung vollenden können.“ Daher legte man Glasröhren zurecht, um bei Gelegenheit Blut auffangen zu können. Am 15. März 1995 fing das Bild neuerlich zu bluten an. Als ein Glasröhrchen zu einem Viertel gefüllt war, soll wiederum eine Stimme gesagt haben: „Das genügt. Ich werde es selbst auffüllen.“ Der anwesende Arzt stellte später fest, dass das Röhrchen mit Blut gefüllt war. Die Analyse ergab die Blutgruppe AB, Rh pos.
- Spektakuläres wurde aus Brasilien berichtet, wo in Oliveira Fortes am 20. April 1987 während einer Prozession von Padre José Sasami Kumagawa mit der Rosa Mystica weißes Wasser von einem Baum tropfte, später auch von anderen Bäumen und auch in Rot und Gelb (entsprechend den Farben der Rosen auf der Statue), sogar von dürren Zweigen.
- In Civitavecchia (Madonnina delle lacrime), einer Hafenstadt unweit von Rom, hat eine kleine, aus Medjugorje stammende Statue seit 2. Februar 1995 vierzehnmal geweint. Sie befand sich anfänglich im Garten und ist inzwischen in der Kirche aufgestellt; ein Mädchen namens Jessica bemerkte als Erste Bluttränen an ihr. Bischof Grillo Girolamo fürchtete eine Massenhysterie und schickte die Pilger daher weg. Am 15.03. bekam der Bischof, der die Statue zu sich in seine Wohnung genommen hatte, jedoch Besuch von seiner Schwester, seinem Schwager und zwei Nonnen. Als die Schwester vorschlug, vor der genannten Statue zu beten, willigte der Bischof ein. Als er die Statue in seinen Händen hielt, wurde er Zeuge eines spontanen Blutweinens und änderte daraufhin seine innere Einstellung.77 Im Zuge einer vom Vatikan eingesetzten Kommission wurde die Statue in das Gemelli-Krankenhaus gebracht und medizinisch sowie kriminaltechnisch untersucht, auch mittels Computertomographie. Das Ergebnis zeigte, dass sie aus einem soliden Gipsblock besteht, ohne poröse Kanäle oder Pumpenmechanismen. Die chemische Analyse wies das Blut als männliches Blut aus. Inzwischen gibt es bereits mehrere offizielle medizinische Zeugnisse über unerklärliche Heilungen.
- Am 3. Mai 2003 vergoss eine Ikone Mariens mit dem Kind im Haus von Angelo Maria Chiriatti, angebl. Priester in Alberobello in Apulien, etwa dreißig Minuten lang Bluttränen; am 27. Mai 2004 wiederholte sich das Phänomen als Blutschweiß auf einer Christus-Ikone des Paters und dauerte ca. eineinhalb Stunden in Anwesenheit mehrerer Zeugen. P. Pietro sandte von beiden Phänomenen Proben an das genetische forensische Labor der Universität von Bologna. Das nicht zur Veröffentlichung bestimmte Dokument über die Analyse ergab männliches Blut der Blutgruppe AB! Bisher erfolgte dazu keine kirchenamtliche Stellungnahme.
- Gut dokumentiert ist auch das Phänomen der sog. Ölwunder in Sufanieh bei Damaskus an und im Umfeld der zweitweise stigmatisierten Mystikerin MYRNA NAZZOUR78, die der katholischen griechisch-melkitischen Kirche angehört, ihr Mann hingegen der griechisch-orthodoxen Kirche. Daher ist die Einheit der beiden Kirchen auch ihr großes Anliegen.
- Von einer Kopie der Ikone ‚Hüterin der Pforte‘ vom Berg Athos kamen bei Paul de Soos in Toulouse Ölperlen aus der rechten Hand und aus den Augen flossen Tränen.
- C. HVIDT berichtet in seinem Buch über Wunder nicht nur über die Ereignisse in Civitavecchia, sondern bringt sogar ein Beispiel aus dem protestantischen Dänemark, wo in der griechisch-orthodoxen Kirche Alexander Nevskij in Kopenhagen eine Ikone über einen Zeitraum von zwei Jahren weinte. Tausende Menschen haben dies bezeugt. Das Phänomen wurde von vielen als grenzüberschreitend empfunden, von der Presse jedoch kaum erwähnt. Die orthodoxe Gemeinde erlaubte zwar den Gläubigen anderer Konfessionen die Verehrung. Man ließ die Tränen jedoch nicht wissenschaftlich untersuchen, da man der Meinung war, dass eine solche keinen Ungläubigen zum Glauben führen würde. Man betrachtete dieses Wunder schlicht als ein Ereignis zwischen der Jungfrau und der Gemeinde.
Am 12. Februar 2007 soll nach Berichten von sechzig Augenzeugen die Marienstatue im Pilgerheim von Heroldsbach bei Nürnberg dicke Tränen vergossen haben. Dort soll 1949 und später sieben Kindern Maria als die Rosenkönigin erschienen sein. Die Ereignisse wurden dem Ordinariat Bamberg mit der Bitte um eine Untersuchung gemeldet.
2007 hat in Mannar im Norden Sri Lankas zur Zeit des Bürgerkrieges eine Marienstatue mehrfach blutige Tränen vergossen. Sie wurde in ein Ordenshaus bei der örtlichen Kathedrale gebracht.
- 1993 wurde auch von einem Ölphänomen in der Ortschaft Ufa in Russland berichtet. Dort begannen vier verrußte Ikonen, die ursprünglich vom Berg Athos stammten, Öl abzusondern.
2.4 Madonna von Guadalupe
Eines der nicht nur für den Glauben bedeutsamen, sondern vielleicht noch mehr für die Wissenschaft außergewöhnlichen Marienbilder ist jenes der Indianer-Madonna von Guadalupe in Mexico.79 Im Folgenden nur einige informative Daten zu seiner Entstehungsgeschichte:
Dem mexikanischen Indio Juan Diego (1474-1548, kanonisiert 22.01.2002) mit dem aztekischen Namen Cuauhtlatohuac aus Cuauhtlithan, der erst drei Jahre zuvor mit seiner Frau von den Franziskanermissionaren getauft worden war, erschien zwischen 9. und 12. Dezember 1531 – zehn Jahre nach der Eroberung Mexikos durch den Spanier Hernán Cortéz – auf dem Hügel von Tepeyac mehrmals die Jungfrau Maria, genannt ‚Santa Maria Virgen de Guadalupe‘80. Die Erscheinung äußerte den Wunsch, auf der Höhe des Tepeyac solle eine Kirche errichtet werden. Bischof Juan de Zumarraga (seit 1528 erster Bischof der Neuen Welt) verlangte von Diego, dass er zwecks Glaubwürdigkeit seiner Aussage ein Zeichen mitbringen solle. Bei der vierten Erscheinung am 12. Dezember pflückte Juan Rosen und brachte sie in seinem Umhang (Tilma) zum Bischof. Da erschien spontan auf dem groben Leinen aus Maguey-Fasern (Agave) das wunderbare farbige Abbild der Jungfrau Maria, welches trotz jahrzehntelanger Aufbewahrung unter ungünstigen Bedingungen bis heute erhalten geblieben ist. – 1929 fand Alfonso Gonzales im Auge die Widerspiegelung des Bildes eines Mannes. Auf den Rat der Verwaltung des Heiligtums blieb seine Entdeckung geheim und wurde erst 1960 bekanntgegeben. 1951 entdeckte der Zeichner Carlos Salinas die Gestalt eines Mannes mit Bart in den Augen der Jungfrau, was 1956 durch Dr. Javier Torroella, Optiker u Chirurg, bestätigt wurde. Genauere Untersuchungen durch den peruanischen Ingenieur José Aste Tonsmann mittels Digitalaufnahmen (Auflösung mit 27.778 Punkten pro mm2 und nachfolgender 2000-facher Vergrößerung) ließen sich in beiden Augen schließlich 13 Personen erkennen, die mit bloßem Auge nicht zu sehen waren. 1979 untersuchten Wissenschaftler der NASA, Jody Smith und Prof. Callahan, das Bild mit Infrarotstrahlen und fanden für dieses keine natürliche Erklärung. Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass beim Bombenanschlag gegen das Gnadenbild am 14.11.1921 trotz diverser Schäden in der Umgebung nicht einmal die Schutzglasscheibe zersprang und das Gnadenbild auch beim starken Erdbeben vom 19.09.1985 (Stärke 8,1 Richterskala, 30.000 Tote in Mexiko) unversehrt blieb.
3.1 Sichtbare Zeichen und Erscheinungen „von drüben“?
(Spuk, Phantome, Geistererscheinungen, Arme Seelen-Manifestationen)
Mannigfaltig und auch relativ zahlreich sind überlieferte Geschichten, Erlebnisse, Erfahrungen aus verschiedenen Zeitepochen, die sich sozusagen im Zwischenreich von Licht und Schatten angesiedelt haben, in einer Art von Semitranszendenz, und daher erst recht kontroversen Diskussionsstoff ergeben. Sie werden entweder mit dem Vermerk Aberglauben, Einbildung, Täuschung, Schwindel abgetan oder sogleich als schaudererregende bzw. faszinierende Beweise für das Jenseits geltend gemacht.81 Doch die Tatsächlichkeit der Phänomene und ihre Deutungen sind zwei verschiedene Ebenen. Weder hyperkritische noch hypokritische Einstellungen sind angebracht, sondern eine besonnene, kritische Sichtung des ‚Materials‘ zur Scheidung des Wahren vom Falschen ist gefordert. Einer wissenschaftlichen Erfassung sind die Phänomene wegen ihres meist singulären, unberechenbaren Auftretens sowie ihrer Nichtreproduzierbarkeit methodisch und technisch kaum zugänglich und daher schwierig zu dokumentieren; Ausnahmen bilden Phänomene, die quasi einen paranormalen Fingerabdruck hinterlassen. Allerdings wirkt der Versuch einer animistischen, rein weltimmanenten Deutung m.E. zuweilen gekünstelt, eine transzendenzoffene Interpretation (Hereinwirken von Verstorbenen und/oder anderen Geistwesen) in vielen Fällen hingegen näherliegend.
a) Sichtbar bleibende Zeichen
- Paranormaler Handabdruck an einer Gefängnishauswand in Thorpe, USA
„Im Juni 1877 wurden in der kleinen, im nordöstlichen Pennsylvanien gelegenen Stadt Jim Thorpe vier Männer im Gefängnis gehenkt. Es waren Mitglieder einer geheimen Gesellschaft von irischen Bergarbeitern, die gewalttätig Vorarbeiter getötet haben sollen. Einer von ihnen, Alexander Campell, beteuerte seine Unschuld, wurde jedoch zum Tode verurteilt. Als ihn seine Scharfrichter aus der Zelle Nr.17 im Erdgeschoss zerrten, rieb er seine linke Hand im Staub des Fußbodens und drückte seine Handfläche gegen den Wandverputz. Während er zur Schlinge des Henkers geführt wurde, wiederholte er immer wieder den Ruf: ,Dieser Handabdruck soll für alle Zeiten bleiben, als Beweis für meine Unschuld!‘
Der Handabdruck blieb. Um dem ‚Ärgernis‘ ein Ende zu bereiten, wurde am 15. Dez. 1931 die alte Wand abgerissen und eine neue eingesetzt. In der Überzeugung, damit sei der Spuk endgültig beseitigt, betrat Sheriff Bowman am nächsten Morgen Zelle 17, um die Arbeit zu überprüfen. Zu seinem Entsetzen entdeckte er den feinen Umriss einer Hand in dem noch feuchten frischen Mörtel. Gegen Abend war an der Zellenwand klar ein schwarzer Handabdruck zu sehen. Die Zelle wurde verschlossen und nur für Besucher zur Besichtigung des Abdrucks geöffnet. 1978 wurde der Abdruck von einem Anstreicher mit grüner Ölfarbe übermalt. Doch einige Minuten später erschien der Abdruck wieder über der frischen Farbe. Der Bericht schließt: ‚Die Leute kommen von überall her, um den Abdruck zu sehen‘, sagte der Beamte Herman. Wer auch immer die Macht ist, welche den Handabdruck an der Gefängniswand erhält; ihr Zweck scheint klar: die Unschuld eines verurteilten Menschen zu bezeugen.“ 82
- In die Nähe dieses Phänomens gehören anscheinend auch die im August 1971 auf dem Küchenbodens eines Bauernhauses des andalusischen Bergdorfes Bélmez de la Moraleda (in der Nähe von Córdoba) offenbar auf paranormale Weise entstandenen menschlichen Gesichter, die von zahllosen Besuchern und Wissenschaftlern aus aller Welt gesehen und untersucht wurden – ohne schlüssige Erklärung. Mit hochempfindlichen Mikrophonen wurden auch seufzende Stimmen in unbekannten Sprachen aufgenommen. Das Haus soll auf einem ehemaligen Friedhof aus dem 15. Jh. stehen. Bei Grabungen unter dem Boden fand man zwei kopflose Skelette. Nach der Zuschüttung traten wiederum Gesichter auf, obwohl der Boden neu zementiert worden war. Die Phänomene wurden mit der medialen Bewohnerin Maria Gómez de Pereira in Verbindung gebracht. Das Dorf benannte nach ihr eine Straße und machte sie zur Ehrenbürgerin. Sie starb am 03.02.2004 im Alter von 85 Jahren und die Leute dachten, damit habe auch der Spuk ein Ende, doch entstanden in einem anderen Haus, dem Geburtshaus Marias, neuerlich Gesichter.83
- Zum Phänomen der sog. eingebrannten Hand
MARGARETE SCHÄFFNER (*1863, †13.04.1949) aus Gerlachsheim (Baden) war mystisch begnadet und hatte vom 18. Lebensjahr an Kontakt mit Seelen Verstorbener. Sie lebte in großer Armut und Bescheidenheit und opferte alles für ihre ,Freunde‘ – wie sie die Armen Seelen im Fegefeuer nannte. Wie Anna Katharina Emmerich und Therese Neumann lebte sie jahrzehntelang ohne Nahrung. Um sicher zu sein, dass sie nicht vom Teufel getäuscht werde, bat sie Gott um ein Zeichen. Ihr eigener Pfarrer war Augenzeuge; als er ihr die heilige Kommunion reichte, bildeten sich auf ihrem Kommuniontüchlein schwarze Brandflecken. Es waren Brandspuren, verursacht durch die eingebrannte Hand einer Armen Seele. Das Tüchlein wurde zur Prüfung an das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg gesandt. Insgesamt fünfmal bezeugten ihr Verstorbene ihre Anwesenheit durch Einbrennen einer Hand in ein Tuch. Unter dem Vorwand, die Angelegenheit müsse geprüft werden, nahm man ihr kirchenamtlicherseits die Tücher mit Brandspuren ab. Prof. G. Siegmund ging diesem Phänomen nach und schreibt dazu: „Wie mir jedoch am 21. Mai 1974 der damalige Pfarrer Nägele brieflich mitteilte, ist keine bischöfliche Untersuchung erfolgt. Eine Nachfrage beim erzbischöflichen Archiv in Freiburg wurde am 27.XI.1974 dahingehend beantwortet, dass sich diese Tücher nicht mehr im Archiv befinden…. Von den fünf Tüchern mit Brandspuren sind vier leider verloren. Lediglich ein einziges wurde ihr im hohen Alter auf ihre Bitte 1947 zurückgegeben, nachdem es 20 Jahre in Freiburg gewesen war. Sie überließ es dem Karlsruher Religionslehrer Dr. Alois Bundschuh, der es schließlich in das Pfarrarchiv von Gerlachsheim zurückgab. Statt eine Untersuchung der Angelegenheit vorzunehmen, gebot das bischöfliche Amt der Visionärin Stillschweigen. Margarete Schäffner hielt sich gewissenhaft an die Verbote der kirchlichen Behörde.“ 84
- Selten gibt es auch sog. spontane Extras auf Fotonegativen oder Filmen. In einer Biografie des hl. SCHARBEL MACHLUF 85 wird Folgendes berichtet:
„Im Juni 1950 lassen sich ein libanesischer Ordensmann der Kongregation der Kraimitenmissionare, Frater Elie Nachra, und vier seiner Schüler bei der Einsiedelei von Anaya photographieren. Auf der sorgfältig entwickelten Platte zeigt sich vor der Gruppe das einwandfrei als echt beurkundete Antlitz des Mönches Scharbel Machluf, der vor einem halben Jahrhundert starb! Und es ist erwiesen, dass der heilige Einsiedler niemals photographiert worden ist… Die Platte ist von den hervorragendsten Sachverständigen geprüft worden, die sie als vollkommen normal bezeichnet haben. Sie wird von dem libanesischen Maronitenorden als einziges authentisches Stück aufbewahrt.“86
b) Vorübergehende Spontanerlebnisse mit Verweischarakter
Vorübergehende (singuläre oder rekurrierende) spontane Erlebnisse mit Verweischarakter, die in ihrer Modalität von den davon Betroffenen offenbar als Erscheinungen aus einer jenseitigen Welt aufgefasst wurden bzw. als solche interpretiert werden können:
- Schon der römische Schriftsteller Gaius PLINIUS der Jüngere Cäcilius Secundus (*62 n. Chr.) berichtet in einem Brief an Lucius Licinius Sura von einem Spukhaus in Athen, in dem ein Gespenst in Gestalt eines alten Mannes mit Ketten beladen umging. Das Haus wurde zur Vermietung angeboten und der Philosoph Athenodoros von Tharsos, der nach Athen gekommen war, hörte davon, mietete das Haus und erwartete den mitternächtlichen Geist. „Es gab in Athen ein großes und geräumiges Haus, doch verrufen und lebensgefährlich. In der Stille der Nacht hörte man Klirren von Eisen und Schreie. Bald danach erschien mit trägem Schritt ein Gespenst, ein alter Mann mit schrecklichem Gesicht, der mit den Händen Ketten schwang. Deshalb waren für die Leute, die dieses Haus bewohnten, die Nächte bedrückend und entsetzlich, denn jeder fürchtete um sich, viele konnten, wenn die Angst zunahm, keinen Schlaf mehr finden, und gerade den Schwächsten war der Tod sicher. Daraufhin wurde das Haus aufgegeben und ganz diesem Unwesen überlassen. Da kommt der Philosoph Athenodor nach Athen, hört von jenem Haus, fragt und wird über alles informiert. Um das Gespenst mit eigenen Augen zu sehen, bleibt er bei Nacht im vordersten Teil des Hauses und schreibt und liest. Am Anfang nächtliches Schweigen, dann klirrt Eisen, schleifen Ketten. Er blickt nicht auf, legt den Griffel nicht weg. Danach nimmt das Geklirre zu, kommt näher, lässt sich wie auf der Schwelle, schon wie im Zimmer vernehmen. Endlich hebt Athenodor den Kopf und erblickt den Alten und erkennt ihn als das Phantom, von dem man ihm berichtete. Der alte Mann stand da und gab mit dem Finger ein Zeichen, als wolle er ihn holen. Nichtsdestoweniger bedeutet ihm Athenodor durch eine Handbewegung, er solle ein wenig warten, und schreibt weiter. Jener klirrt über dem Kopf des Schreibenden mit seinen Ketten. Athenodor bemerkt, dass er dasselbe Zeichen wie vorher macht, erhebt sich und geht mit ihm in den Garten hinaus, wo die Gestalt plötzlich entschwindet und ihn allein zurücklässt. Athenodor markiert die Stelle, wo die Erscheinung verschwand, mit einigen Kräutern. Am folgenden Tag wendet er sich an die Behörden und beantragt, dass sie jenen Ort aufgraben lassen. Man findet die Knochen eines Menschen, der anscheinend vor vielen Jahren ermordet worden ist, mit Ketten umwunden! Die Gebeine wurden dem Brauch entsprechend würdig bestattet und das Haus blieb fortan frei vom Spuk.“87
Einer der bekanntesten historischen Spukfälle unseres Landes ist jener der sog. „Weißen Frau“ in Bernstein im Burgenland/Österreich, von der es sogar ein angeblich echtes Foto aus dem Jahr 1913 gibt.88
Was die Persönlichkeit der Weißen Frau angeht, so bestehen hierüber z.T. nur Vermutungen. Im 15. Jh. war der reiche ungarische Oligarch von Ujlak Schlossherr auf Bernstein. Die sog. Weiße Frau soll seine Gattin gewesen und das Opfer eines Familiendramas geworden sein. Der Ehemann habe sie einmal mit einem italienischen Jugendfreund überrascht, den Italiener erstochen und in den Schlossbrunnen geworfen. Die Schlossfrau aber sei seitdem verschwunden. Eine Version deutet an, dass in dem einen Turm der Burg eine Schlossinsassin verhungert sei oder eingemauert wurde. Historisch steht fest, dass Lorenz von Ujlak im letzten Viertel des 15. Jhs. Schlossherr der Bärenburg (Bernstein) gewesen und nur kurze Zeit verheiratet war. Nach etwa drei Jahren Ehe fehlte von seiner Frau jede Spur. Er starb kinderlos. Seine Frau war eine geborene Giovanna Frescobaldi aus Florenz, die er um 1485 geheiratet hatte.
Diesbezüglich schrieb Msgr. Wilhelm Leuchter (damals Pfarrer in Kotting-Neusiedl bei Laa) in einem Leserbrief vom 20.09.1964 an das ‚Volksblatt‘ betreffend Schloss Bernstein u.a.:
„Gegen Ende des zweiten Weltkrieges wurde ich beauftragt, festzustellen, was an den uralten Zeugnissen vom zeitweiligen Erscheinen eines Phantoms wahr sei. In mühsamer Forschungsarbeit konnte an Hand einer Reihe von Protokollen festgestellt werden, dass, oft nach vieljährigen Pausen, sich ein Phantom zeigt, welches als weiße Frau bezeichnet wird. Ich besitze eine Reihe sehr sachlich abgefasster Protokolle, unter ihnen auch solche von Mitgliedern der Familie des Schlossbesitzers, dabei findet sich auch eine Aquarellstudie, die zeigt, wie das Phantom über die Schloss-Stiege hinausschwebt, und ein Photo der Erscheinung vor der Türe des Speisesaales im ersten Stock, das von zünftigen Photographen auf Echtheit ganz genau untersucht und als absolut einwandfrei befunden worden ist. Einmal zeigt sich das Phantom im Schlosshof während eines Festes. Alle Protokolle (eines in französischer Sprache) anerkennen die Tatsache der Erscheinung, darunter die Erscheinung des Phantoms gegenüber einem Mitglied des ehemaligen ungarischen Kulturministeriums, welches so betroffen war, dass es in aller Früh des folgenden Tages nach unangenehm verbrachter Nacht im Auto nach Szegedin davonfuhr. In jahrelanger Arbeit bin ich (im Nebenfach Historiker, der von unserem Bundespräsidenten das Ehrenzeichen für Urkundenforschung erhalten hat) den Quellen nachgegangen, aus denen Aufschlüsse über die historische Gestalt jenes Phantoms sich ergeben könnten, das heute noch, wenn auch mit langjährigen Pausen, sich zeitweise bemerkbar macht. Im Jahre 1472 oder 1475 hat in Bernstein die junge Frau eines ungarischen Magnaten durch Mord ihr junges Leben eingebüßt – Eifersuchtsdrama – und das Phantom zeigt bei seinem Erscheinen – auch auf dem Photo deutlich sichtbar, eine Schnittwunde am Hals, in der ein Dolchgriff steckt…“
Seitens akademischer Parapsychologen werden bei den oft durch längere Zeiträume wahrgenommenen Phänomenen des lokalen Spuks (bezeichnet auch als RSPK – rekurrierende spontane Psychokinese) animistische, also psycho-endogene Interpretationen versucht, die jedoch für viele Erlebnisberichte in ihrer emotionalen Tiefe und ihrem Bedeutungsgehalt nur selten zutreffend erscheinen…
- Beistand aus dem Jenseits
In der Haus-Chronik des Klosters Maria am Gestade findet sich ein beigefügter Bericht eines Mitbruders (P. Michael Heilig, damals Rektor im Kloster Wittem/NL) an den Generalvikar P. A. Passerat, den Nachfolger des hl. Klemens Maria Hofbauer in Wien, folgenden Wortlauts:89
„Am 26. d. M. hatten wir unseren Fr. Jakob, Novizen, nach Galoppe geschickt, um dort eine Kommission zu besorgen. Erst spät abends konnte er den Rückweg nach Hause antreten. Der gute Bruder war eben beschäftigt, den Rosenkranz für den am 26. Juni v. J. verstorbenen Bruder zu beten, als ihm plötzlich ein Mann ‚Halt!‘ zurief. Der Bruder erschrak und empfahl sich Gott an. Der Mann kam zu ihm und forderte von ihm sein Geld oder das Leben ab. Fr. Jakob betheuerte, dass er kein Geld habe; worauf der Räuber zu Drohungen und endlich zu Tätlichkeiten schritt. Er warf den Bruder zu Boden und schlug mit einem Knittel so gewaltig auf ihn, selbst auf sein Angesicht, zu, dass ihm das Blut aus Mund und Nase gestürzt ist. Da der Räuber fortfuhr, ihn zu schlagen, glaubte der Frater, dass seine letzte Stunde gekommen sei, erweckte er Reue und Leid zu seinem Tode. Schon fing er an, ohnmächtig zu werden, als jemand ihn in die Höhe hob. Der Räuber floh, und da der Jakob die Augen aufschlug, sah er vor sich den verstorbenen Fr. Joseph, gerade so, wie er unter uns gewandelt hatte im Redemptoristenkleide mit dem Cingulum und dem Rosenkranz an der Seite, – aber in einem Glanze, wie es hienieden nicht gab; auf der Brust des Seligen strahlte auf eine ganz außerordentliche Art der heil. Name Maria. Bei diesem Anblicke erschrak der Bruder ganz und gar nicht. Der sel. Bruder Joseph fragte ihn: ‚Wie geht es Fr. Jakob?‘ Dieser antwortete: ,Wie Sie sehen, nach dem, was mir begegnet ist.‘ ‚Gott hat das zugelassen‘, erwiderte der Selige, ‚und ich bin gekommen, Ihnen beizustehen und zugleich das Versprechen zu erfüllen, das ich Ihnen gab‘. Hierauf frägt der Jakob, ob er schon aus dem Fegefeuer gekommen wäre? ‚Ja‘, sagte der Selige, ,vorigen Samstag (24.I.) bin ich in den Himmel eingegangen und befinde mich jetzt bei Maria, deren Herrlichkeit alle Begriffe übersteigt.‘ Nun sprachen sie von der Hl. Jungfrau, und Fr. Jakob wollte das Gespräch noch länger fortsetzen; allein der Selige, nachdem er ihn noch aufgemuntert hatte, zog sich leise zurück und verschwand.
Der Fr. Jakob ging nun seines Weges und getröstet fort, und nachdem er sich an einem Bache gewaschen hatte, kam er in unserem Hause an, ohne den mindesten Schmerz zu empfinden. Hiebei ist zu bemerken, dass diese beiden Novizenbrüder sich sehr geliebt, und eifrig, wie sie waren, nur von geistlichen Dingen gesprochen haben. Als Fr. Jakob einmal an einer schweren Krankheit darnieder lag, war Fr. Joseph beauftragt, mit ihm die geistlichen Übungen zu machen, und bei dieser Gelegenheit schlossen sie folgenden Vertrag miteinander: derjenige, der den anderen überlebe, sollte für denselben unablässig beten, dieser hingegen dem Überlebenden den Tag anzeigen, an welchem er von dem Fegefeuer befreit sein würde. – Diese Begebenheit ist nur in unserem Haus bekannt, hat jedoch viel beigetragen, einen großen Eifer für die Armen Seelen zu erwecken. Unser Fr. Jakob ist übrigens ein heiligmäßiger Bruder, so einfältig, wie der hl. Franz v. Assisi. Er trägt noch immer auf seiner Wange das Malzeichen der bei diesem Vorfalle erhaltenen Wunde, auch vier Zähne sind ihm durch (die) empfangnen Streiche gewaltig erschüttert worden. – Ich muss noch hinzufügen, dass zufolge des ganz glaubwürdigen Berichtes des Fr. Jakob der Fr. Joseph gesagt haben soll, dass er früher aus dem Fegefeuer erlöst worden wäre, wenn man mehr für ihn gebetet hätte.“
- Merkwürdig ist auch folgender paranormal anmutender Fall eines Versehgangs mit dem hl. Joseph:
In der Pfarrkirche Gnesau/Kärnten steht eine Statue des hl. Josef. Zu ihren Füßen hängt eine kleine Versehlaterne, mit der es jedoch eine besondere Bewandtnis hat. In den ersten Jahren nach dem Amtsantritt von Pfarrer Messinger, der 1915 nach Gnesau gekommen war, wurde er eines Nachts gegen halb ein Uhr zu einem Versehgang gerufen. Den Boten kannte er nicht, was ihn nicht wunderte, da er in der kurzen Zeit seines Aufenthalts noch nicht alle Pfarrangehörigen persönlich kennengelernt hatte. Nach Verlassen des Pfarrhofes wollte der Priester den Mesner wecken, damit er ihn begleite. Der Bote meinte jedoch, das sei nicht notwendig, er mache das. Der Pfarrer war recht verwundert, als dieser dann beim Öffnen des Tabernakels in gutem Latein das „Confiteor“ betete, denn er hielt ihn ja für einen Bauernknecht. Mit der Versehlaterne in der Hand ging der Bote nun voran in die nächste Ortschaft, dem Bergwald zu. Als er am letzten Hof vorbeiging, sprach ihn der Pfarrer an und sagte, dass da oben nur noch Wald sei. Der Mann bat jedoch, er solle nur mitkommen. So folgte er ihm, wenn auch misstrauisch. Auf einmal sah er, dass die Laterne vor ihm auf dem Weg stand und der Bote verschwunden war. Der Pfarrer sah direkt vor sich eine Heuhütte, aus der ein Stöhnen nach außen drang. Daraufhin schaute er in der Hütte nach und sah einen alten, schwer kranken Bettler auf dem Heu liegen. Als dieser den Priester mit der Versehlaterne sah, sagte er mühsam: „Hochwürden, wie kommen denn Sie da her? Mein Leben lang habe ich zum heiligen Josef gebetet, er möge mich nicht ohne Sterbesakramente sterben lassen. Jetzt habe ich gedacht, ich müsse trotzdem ohne Priester sterben. Und nun sind Sie da!“ Erschüttert bereitete der Pfarrer den Armen auf den Tod vor und blieb bei ihm, bis er gegen Morgen verstarb. Pfarrer Messinger hat später diese außergewöhnliche Begebenheit seiner Haushälterin erzählt, ihr aber aufgetragen, zu seinen Lebzeiten vollkommen darüber zu schweigen. Nachdem er 1966 starb, vertraute sie schließlich ihr so lang gehütetes Geheimnis dem Nachfolger ihres Pfarrherrn an.90 – Vielleicht ist diese Begebenheit natürlich zu erklären, durch einen irdischen Begleiter, der von Gott durch die Intervention des hl. Josef zum Pfarrer geschickt worden ist; man kann aber nicht beweisen, dass es nicht doch eine jenseitige Erscheinung gewesen sein könnte – vielleicht nur für den Pfarrer selbst sichtbar? Jedenfalls war die Laterne als reales Objekt längere Zeit hindurch stummer Zeuge eines bedeutsamen Ereignisses.91
Diese Geschichte erinnert an eine ähnliche, offensichtlich echte paranormale Begebenheit mit eindeutiger semantischer Intention:
- „Erscheinung des sterbenden Vaters als Fürbitter seines Sohnes“
Sie hat sich im Pfarrhaus eines kleinen Dorfes namens Allfeld im Landkreis Mosbach in Baden, Deutschland, um die Mitte des 19. Jhs. ereignet. Im Folgenden der Originalbericht des erlebenden Pfarrers Bernhard Metz, den er selbst eidlich bekräftigt hat:92
„Ich bewohnte im Pfarrhaus, das hoch gelegen ist und zu dem eine 13 Stufen hohe Treppe hinaufführt, das beim Eingange links gelegene Zimmer, ein Eckzimmer. Zwei Fenster meines Zimmers gingen gegen die Straße und lagen neben der Eingangstür; diese zwei Fenster meines Zimmers waren nachts stets durch Laden verschlossen. Zwei andere Fenster gingen gegen die Talseite und diese schloss ich nachts niemals durch Laden, sodass durch sie das Mondlicht ins Zimmer eindringen konnte. Neben der Zimmertür stand ein hohes Bücherregal und daneben stand ein Schreibtisch und zwei Sessel. Der Zimmertür gegenüber war mein Bett längs der Wand bei den Fenstern mit der Talaussicht, sodass ich vom Bett ungehindert auf die Tür und das Bücherregal sehen konnte.
Ich hatte damals gerade mit jenen Kindern, die zu Ostern zum ersten Mal zum Tische des Herrn gehen sollten, den Kommunionunterricht begonnen. Alle Kinder folgten dem Unterricht gut auf, nur ein einziger Schüler namens Veltin Müller, der Sohn des Bauern Johann Müller, ein zwar gut gesitteter, aber sehr beschränkter Knabe, konnte es nicht. Ich ließ daher den Vater des Knaben zu mir rufen und teilte ihm unter Auseinandersetzung des Sachverhaltes mit, dass es unmöglich sei, seinen Knaben mit den anderen zur hl. Kommunion zuzulassen. Der Vater, ein braver Mann, nahm sich das sehr zu Herzen und grämte sich arg darüber. –
Eines Abends begab ich mich, da ich ermüdet war, etwas früher als sonst zur Ruhe. Es war eine ungemein kalte Nacht, während welcher der Vollmond hell ins Zimmer schien. – Als ich während der Nacht erwachte, vernahm ich eilfertige Schritte vom Dorfe her auf dem gefrorenen Schnee und dann hörte ich jemanden die Treppe beim Pfarrhause von der Straße aus heraufkommen. Ich hörte, wie er sich vor dem Eingange zum Pfarrhause den Schnee von den Stiefeln stampfte und dann die Klingel zog.
Ich war der Ansicht, dass ich zu einem Schwerkranken gerufen wurde. In solchen Fällen pflegte meine alte Haushälterin, die auf der anderen, gegen die Kirche gelegenen Seite des Hauses schlief, aufzustehen und zum Haustor zu gehen. Doch heute blieb im Hause alles ruhig; ich hörte kein Schieben des großen Hausriegels, kein Umdrehen des knarrenden Haustorschlosses und doch vernahm ich alsbald Tritte gegen meine Zimmertür zu. Diese wurde geöffnet, ohne dass jemand angeklopft hätte und bei der Zimmertür stand hierauf ein Mann. Ich rief ihn barsch an: ‚Was gibt’s?‘ und erhob mich im Bett. Der Mann antwortete: ‚Herr Pfarrer, ich habe eine Bitte!‘ – Im Mondschein erkannte ich nun ganz genau, dass der im schlichten Arbeitsgewand dastehende Bauer der Vater des kleinen Knaben war, den ich nicht zur heiligen Kommunion zulassen wollte. Ich entgegnete ihm: ‚Nun, was für eine Bitte und warum zu so ungelegener Zeit?‘ Der Mann antwortete: ‚Herr Pfarrer, ich bitte Sie, lassen Sie meinen Sohn Veltin am Weißen Sonntag mit den anderen Kindern zur ersten heiligen Kommunion gehen, denn er wird bald sterben!‘
Nun fasste mich fürchterliches Entsetzen, denn ich gewahrte, dass die im hellen Mondschein stehende Gestalt des Bauern keinen Schatten warf, und dass ich durch die Gestalt des Bauern hindurch die Tür und das Bücherregal wahrnahm. Ich vermochte kein Wort mehr hervorzubringen, um ihm zu antworten. –
Der Mann ging ohne Geräusch wieder zur Türe hinaus. Ich hörte, dass seine Schritte draußen auf den Steinen auf dem gefrorenen Schnee in der Richtung nach dem Dorfe hin verhallt waren. Ich konnte vor Aufregung nicht mehr einschlafen und dachte beständig an den Mann, der mir soeben flehentlich und doch so befehlend seine Bitte vorgetragen hatte.
Schließlich hörte ich Morgenläuten, und nach einer kleinen Pause darauf ertönte das Sterbeglöcklein. Ich stand auf und untersuchte das Haustor, fand es aber ordnungsgemäß von innen mit Schlüssel und Nachtriegel versperrt. Als ich zum Frühgottesdienst in die Sakristei kam, meldete mir der Küster, dass der Bauer Johann Müller, der Vater des kleinen Veltin, nachts plötzlich verschieden ist.
Ich gab mir nun alle Mühe, das Schulkind durch einen besonderen Unterricht außerhalb der Schule auf die erste hl. Kommunion vorzubereiten. Mit freudiger Sehnsucht harrte der kleine Veltin des Kommuniontages und mit inniger Seligkeit empfing er den Leib des Herrn. Der Knabe ist kurze Zeit darauf gestorben.“93
Eine Kurzfassung derselben Erscheinung des besorgten Vaters sozusagen als dessen letztes Vermächtnis in seiner Sterbestunde bringt der bekannte Moraltheologe und Redemptorist Dr. Bernhard Häring (†1998) in seinem Buch über die Sakramente als Vorspann zu dem Kapitel über das Sakrament der Eucharistie.94
- Telepathische Kommunikation zwischen Immanenz und Transzendenz?
Unter dem Titel Die Helden von Lüttich berichtet J.K. Scheuber95 über eine dramatische Situation während des Zweiten Weltkriegs mit einem paranormal-spirituellen Sinnzusammenhang von Leben und Tod – ein Beispiel von Synchronizität in der übernatürlichen Verbundenheit des christlichen Glaubens. Ich fasse den ergreifenden Bericht wie folgt kurz zusammen:
Der Wiener Diözesanpriester Otto Gramann96 war zur Zeit des Ereignisses Militärpfarrer der deutschen Besatzungsmacht in Brüssel. Am 30. Mai 1943 erhielt er zwei Telegramme – ein privates aus Wien, des Inhalts, dass seine Mutter im 101. Lebensjahr im Sterben liege, das andere von der deutschen Gestapo in Belgien mit der Aufforderung, sich sofort nach Lüttich zu begeben, da nämlich am nächsten Tag sieben Belgier, deren Begnadigungsgesuche abgewiesen worden waren, erschossen werden. Gramann reiste sofort ab und kam am Abend im Gefängnis von Lüttich bei den sieben zum Tod Verurteilten an, die sich beim Einmarsch der Deutschen nicht ergeben wollten; es waren Akademiker und Arbeiter. Als letzte Gnade hatten sie sich einen Priester erbeten. Mit ihnen feierte Pfarrer Gramann um 3 Uhr nachts die hl. Messe und erzählte ihnen auch, dass er ihnen zuliebe nicht zur sterbenden Mutter gefahren sei. Da ergriffen sie seine Hand und sagten: „Wir danken Ihnen, Sie haben Großes für uns getan! Morgen früh, sobald wir vor Gott stehen, bitten wir für Ihre Mutter!“ Am 31. Mai um ¾ 7 Uhr früh wurden sie exekutiert. – Einige Tage danach erhielt Otto Gramann einen Brief aus Wien mit folgendem Inhalt: „An jenem 30. Mai, da wir dir das Telegramm schickten, wussten wir, dass die Mutter nur noch wenige Stunden zu leben habe. Nachts drei Uhr, also auf den 31. Mai, fiel sie in lethargischen Schlaf. Der Todesschlummer hatte begonnen. Wir umstanden das Bett, schweigend, wartend, den Rosenkranz in der Hand. Wir warteten auf dich, Otto, doch du kamst nicht. Am frühen Morgen, es war genau ein Viertel vor sieben, erwachte die Mutter, total fieberfrei, die Lungenentzündung war spurlos verschwunden. Wir wollten Dir das schreiben, wir können es uns nicht erklären.“ Mutter Gramann jedoch lebte noch ein Jahr und starb 102-jährig am 7. Juli 1944; drei Jahre später folgte ihr geistlicher Sohn ihr in die Ewigkeit nach.
c) Sog. Arme Seelen-Manifestationen
Darüber gibt es zahlreiche Beispiele in der Literatur. Nachfolgend ein Beispiel aus dem Bereich der Redemptoristen.
„Im August hielt R. P. Rektor Karl Kanda in Nezamyslitz, Brünn, bei den Hedwigschwestern Exerzitien. Er wohnte in einem Zimmer in der Nähe der Kapelle. Als er eines Nachts im Bett lag, öffnete sich einmal die Tür, er steht auf, schließt sie und geht wieder zur Ruhe. Da aber öffnete sich die Tür aufs neue, er steht noch einmal auf, schließt sie wieder und geht zu Bett und verhüllt sich fest mit der Decke. Am andern Tag sagte er der Oberin, sie solle den Novizinnen sagen, sie sollen nachts in den Zimmern bleiben. Er war nämlich der Meinung, eine Novizin sei nachts in die Kapelle gegangen, um zu beten, und habe im Finstern den Weg verfehlt, sei dadurch zu seinem Zimmer gekommen und habe bei ihm die Türe geöffnet. Die Oberin versprach, es den Novizinnen zu sagen. Wochen später erhielt er zu Hause einen sehr langen Brief, geschrieben von einer Schwester des oben genannten Klosters und von der Oberin bestätigt, datiert vom 14. Oktober 1910, mit folgendem, aber hier verkürzten Inhalt:
In einem Zimmer der Klausur schlafen sieben Novizinnen. Das Zimmer hat Doppeltüren. Es war am 9. Oktober 1910 nachts, als es heftig an der Türe klopfte. Eine Novizin öffnete, aber niemand war zu sehen. Sie gehen schlafen, aber es klopft wieder – sie geht nochmals öffnen – doch niemand war zu bemerken. Die Schwester im Nebenzimmer hört ebenfalls das Klopfen. In der Meinung, sie als Chorschließerin habe eine Schwester in die Kapelle eingesperrt, steht auf, öffnet die Kapelle, aber alles ist mäuschenstill. Das unheimliche Pochen wiederholt sich und dauert bis zur 11. Stunde. Am zweiten Tag geht es wieder los. Wiederholt gehen zwei Schwestern hinaus, fanden aber niemanden. Da also, am dritten Tage, beschlossen sämtliche sieben Novizinnen, nachts zu wachen. Richtig, wieder klopft es. Sofort reißen sie die Tür auf und stürzen hinaus – niemand ist zu erblicken. Da öffnet sich aber laut die zugesperrte Kapellentür, schließt sich ebenfalls laut und am Ende des Ganges erblickt man einen eigenartigen Lichtschein. Schnell und voller Angst eilen sie ins Zimmer zu den anderen und sperren fest beide Türen zu. Kaum sind die Türen zu, geht das Klopfen wieder los. Alle beten, was sie nur können, – die äußere Türe öffnet sich, sie hören es ganz genau. Da fasste sich die vor kurzem eingekleidete Schwester Alfonsa, kniet sich vor der Tür nieder und ruft laut dreimal: ‚Alle guten Geister‘ usw. Die Antwort: ‚Ich auch.‘ Bestürzt springen die Schwestern auf, die anderen aber sagen, ‚frage nur weiter‘. Mit ausgespannten Armen – unterstützt von den anderen Schwestern – fragt Alfonsa wieder dreimal: ‚In Gottes Namen, liebe Seele, wer bist du?‘ Da lautet die Antwort: ‚Schwester Sarkanta, Schwester Sarkanta!‘ Der Schrecken der Schwestern hat sich bis zum Entsetzen gesteigert. Alfonsa fragt – auf das Zureden der anderen – weiter: ‚Was verlangst du, liebe Seele?‘ Wieder muss sie dreimal fragen. In bittendem, wimmerndem Ton lautet die Antwort, die wieder alle sieben Schwestern vernehmen: ‚Acht heilige Messen, acht heilige Messen.‘ ‚Gott bezahle, das werden wir tun!‘ ruft Schwester Jakoba aus. Nun wird alles still. Die Schwestern wachen betend die ganze Nacht. Beim Morgengrauen eilen sie hinunter in den Speisesaal zur Totenliste und lesen: ‚Schwester Sarkanta, gestorben am 24. September 1886.‘ Die Novizinnen wussten aber früher gar nichts von einer Schwester Sarkanta. Jetzt untersuchten sie die Türe und siehe: drei blutrote Kreuze sind da verzeichnet, ein großes, umgeben von zwei kleinen. Die Schwestern im ganzen Haus laufen zusammen; weinend, tief erschüttert stehen sie vor diesen Kreuzen. Zwei Priester kommen und untersuchen alles. Die Kreuze sind ganz regelmäßig und kunstgerecht ausgeführt. Die heiligen Messen wurden in diesen Tagen gelesen und vorgestern sahen wir, dass die Kreuze bis auf einen roten Flecken und die äußeren Ränder verschwunden sind.
Schwester Sarkanta war eine gute Ordensfrau und ein braves Marienkind aus Wartha in Schlesien.“97
Grundsätzlich ist dazu zu sagen: Wir müssen selbstverständlich unterscheiden einerseits zwischen der unsichtbaren Geist-Seele als solcher und andererseits ihrer Erscheinungsgestalt sensorisch-empirischer Art, wodurch sie repräsentiert wird, um mit uns überhaupt in Kommunikation treten zu können, unter der Voraussetzung jenseitiger Realität. Ähnlich wie unsere Träume sind auch Visionen und Erscheinungen oft von einer tiefen Lebens- bzw. Leidenssymbolik durchzogen. So schreibt die Tiefenpsychologin ANIELA JAFFÉ, seinerzeit Assistentin von C.G. Jung, in ihrem Buch Geistererscheinungen und Vorzeichen über die Sinnhaftigkeit der Erscheinungen wie folgt: „Sie sind nicht nur, sondern sie sagen etwas aus, das über ihre unmittelbare Gestalt, oder Erscheinung, über das Phänomen als solches, hinausgeht. Diese Funktion verweist sie in die Kategorie des Symbols, was immer auch die Qualität und Erklärbarkeit ihres Wesens sein mag.“98 Dies gilt nicht nur für den Ausdruck99 eines solchen Phantoms, sondern auch für die Erscheinungsmodalität des Feuers, das wir uns freilich nicht materiell denken müssen. So sagte die Seherin MARGARETE SCHÄFFNER (†1949) aus Gerlachsheim einmal von den Verstorbenen: „Sie sind um uns, sie sehen uns, sie kennen unsere Gedanken, unsere Gesinnungen… sie sind in leidendem Zustande, aber ein wirkliches irdisches Feuer ist es nicht.“100
Eine der interessantesten, aber auch kontrovers beurteilten Publikationen der neueren Zeit ist das Tagebuch der Prinzessin EUGENIE aus dem deutschen Fürstenhaus VON DER LEYEN (*15.05.1867 München, † 09.01.1929).101 Denn ihr besonderes Charisma waren ihre jahrelangen Kontakte (1921-1929) mit Armen Seelen. Eugenie entstammte mütterlicherseits dem Geschlecht von Thurn und Taxis und verbrachte den größten Teil ihres Lebens auf Schloss Waal in Bayrisch-Schwaben. Ab 1925 lebte sie in der Nähe auf Schloss Unterdiessen. Ihr Tagebuch wurde während der Nazi-Zeit, da verboten, in hektographierter Form weitergegeben und kam erst nach dem Krieg bei verschiedenen Verlagen in mehreren Auflagen heraus. Pfarrer Sebastian Wieser (†1937), von 1916-1926 Pfarrer in Waal, war ihr Seelenführer. Er schrieb: „Ich habe die Seherin die letzten 12 Jahre ihres Lebens gekannt und Tag für Tag Kenntnis bekommen von ihren Erlebnissen mit den Erscheinungen… Die Seherin hat ein heiligmäßiges Leben geführt, sie war grenzenlos im Wohltun, hilfsbereit zu jeder Zeit…, ein Liebling vor Gott und den Menschen. Ich erkläre an Eides statt, dass ich die Prinzessin zwar zur Aufzeichnung ihrer tatsächlichen Erlebnisse veranlasst, aber ihr nie und nirgends irgendwelche Anschauung meinerseits suggeriert habe. Ich verbürge mich in jeder Hinsicht für die Glaubwürdigkeit des Tagesbuches…“102
Dazu schreibt der Verleger ARNOLD GUILLET – im Editorial der bei Christiana, Stein am Rhein, erschienenen Ausgabe des Tagebuches: „Was viele Leser von Eugenies Tagebuch oft nur schwer verkraften können, ist der Umstand, dass gewisse Arme Seelen in abstoßender, ekelerregender Tiergestalt erscheinen, so z.B. Egolf als großer Affe ‚mit glühenden. Augen‘, Maria R. als Schlange mit der Begründung: ‚Das war das Abbild meines Lebens, gebrochene Schwüre, alles Lüge und Verstellung.‘ Dazu ist zu sagen: Auch andere Seher und Seherinnen sahen Arme Seelen in Tiergestalt. Christus hat der hl. Brigitte von Schweden einmal in einer Vision erklärt: ‚Das Geistige erscheint dir nicht so, wie es ist, sondern in leiblicher Gestalt, es wird in Gleichnisse gekleidet, damit dein Geist es fassen kann.“103
d) Spukphänomene im Zusammenhang mit okkulten Praktiken – Befreiung durch Gebet
Der gläubige anglikanische Arzt und Psychotherapeut KENNETH McALL (1910-2001) hat sich in seiner Praxis viel mit ungesühnter Schuld, die in menschlichen Beziehungen auch über Generationen hinweg unheilvoll nachwirken kann, beschäftigt. Er schreibt:
„Viele Geister sind einfach das Produkt von überspannter Einbildung oder sehr oft Projektionen von Dingen, denen ein Mensch nicht ins Auge sehen will… Aber gleichgültig, ob jemand von der objektiven Wirklichkeit solcher Geister überzeugt ist oder nicht, ist es notwendig, solchen Leuten dienlich zu sein und zu helfen: Eine Möglichkeit ist die Feier der Eucharistie für ‚was da sein mag‘ und dadurch diesem Menschen zu ermöglichen, der Jung’schen Schattenseite zu vergeben, die sie vielleicht projizieren… Wir wissen nicht, ob diese ‚spukenden‘ Geister gut oder neutral oder böse sind, noch wissen wir, welche Wechselwirkung es zwischen diesen dreien geben kann… Wir wissen aber mit absoluter Sicherheit, dass Orte und Leute befreit werden, sobald wir böse Geister binden, wenn wir die Eucharistie für jeden beliebigen Toten darbringen, der Erlösung benötigen mag, und uns selbst Jesus Christus, dem Herrn über alle Mächte, übergeben.“104
McALL bringt in seinem Buch mehrere Beispiele dafür. Ein diesbezüglich aufschlussreiches betrifft postmortale Spukerscheinungen in der ehemaligen Wohnung des verstorbenen britischen Schriftstellers und Arztes CONAN DOYLE.105
Eine glückliche Familie mit mehreren Kindern zog nämlich in jenes alte Haus im New Forest ein, ohne dem Gerede der Dorfleute, dass es in einem Flügel des Gebäudes spuke, Glauben zu schenken. Dennoch wurde jener Teil des Hauses für Schlafräume der Kinder und Gäste ausgewählt. In der Tat erzählten die Kinder dann von allerlei unerklärlichen nächtlichen Stimmen, Geräuschen und von einem alten Mann, der herumschlurfend durch geschlossene Türen und Fenster ging. Der Vater blieb den Erzählungen gegenüber skeptisch, bis er selbst derartige akustische Phänomene erlebte. Als nun die Studentin Elsbeth, die älteste Tochter der Familie, erstmals zu Besuch in das neue Haus kam, war sie belustigt über die sonderbaren Erzählungen ihrer Familie betreffend diesen angeblichen Spuk. Doch in der Nacht hatte sie eine Begegnung mit einer Phantomgestalt, die sich als Conan Doyle vorstellte und sie mit ihrem Namen ansprach. Am Morgen erzählte sie davon ihrer Familie, auch dass er zu ihr gesagt habe: „Ich suche mein Tagebuch, es ist rotes Leder mit einem schwarzen Gummiband herum. Ich versteckte es irgendwo und meine Frau sagte, es muss bei meinen Memoiren sein. Bitte hilf mir. Ich bin so glücklich, dass jetzt eine Familie mit Kindern hier lebt, wo meine Kinder lebten. Leg dich nieder und schlaf wieder. Ich verspreche, ich komme nicht mehr, aber wenn du mein Tagebuch findest, bitte lass es vor dem Tor liegen.“106 Daraufhin besprach der Vater die Sache mit dem Pfarrer, der bestätigte, dass Conan Doyle in dem Haus gewohnt hatte. Der Geistliche kam ins Haus, betete mit einigen Familienmitgliedern und übergab den unruhigen Schriftsteller dem Herrn. Besagtes Tagebuch wurde jedoch nie gefunden.
3.2 Manifestationen von transzendenten Geistwesen (Engel und Dämonen)
Neben den vorhin angeführten außergewöhnlichen Interaktionen zwischen lebenden Menschen und abgeschiedenen Seelen ist sozusagen zum Abschluss des paranormalen Spektrums der Wirklichkeit noch an die Welt der Engel und Dämonen zu erinnern. Den diesbezüglichen Interventionen (In-Erscheinung-Treten) dieses geistigen, supranaturalen Existenz- und Wirkbereiches innerhalb des menschlichen Erfahrungsraumes kommt eine geheimnisvolle schützende bzw. unheimliche, bedrohliche Sonderstellung zu.
Die menschliche Erfahrung in der Rezeption unserer kosmischen Welt scheint bipolar strukturiert zu sein: positiv-negativ, Licht und Schatten, Gut und Böse, Mächte, Mystiker und Magier haben ihre je eigenen Wirkbereiche. Allerdings gibt es auch zwielichtige Grauzonen im Grenzbereich der Schattenwelt. Die Paranormologie kann jedoch – in Verbindung mit Kulturgeschichte, Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie – wiederum nur für den Phänomenbereich Aussagen treffen bzw. Phänomene systemimmanent interpretieren. Die letzte kausalanalytische Bewertung wird sie hingegen – analog der Wunderfrage – den Fachgebieten der Theologie (Dogmatik) überlassen müssen.
a) Wiederkehr der Engel?
Im Gegenzug zur Entmythologisierung seitens theologischer Modeströmungen lässt sich seit geraumer Zeit eine intensive Wiederkehr der Rezeption der Engelwelt in ihrer faszinierenden spirituellen Wirkkraft verschiedenster Auffassungen erkennen, die sich in der zeitgenössischen Literatur widerspiegelt.
Was nun die guten Geistwesen (Angelus, Engel, Boten) betrifft, so haben sich neben Kunst- und Kulturgeschichte vor allem die Esoterik, Traum- und Tiefenpsychologie ihrer angenommen, sei es als archetypische Symbole, Energien oder sogar als persönliche spirituelle Begleiter, deren numinose Wirklichkeit als positive Widerfahrnis erlebt wird. Aus Sicht des Psychotherapeuten sind Engel im Sinne von C.G. Jung archetypische Symbole des kollektiven Unbewussten mit spiritueller Energie, die uns wie in einem Netzwerk mit der geistigen Welt verbinden. In diesem Sinn schreibt der Psychotherapeut und Theologe HELMUT HARK: „Analog zu dem Glauben und dem Gottvertrauen eines Menschen können wir in der Erscheinung von Engeln die göttliche Zuwendung erkennen. Vielleicht haben die Engel in der Gegenwart auch deswegen Hochkonjunktur, weil Gott für viele Menschen zu weit weg oder als Urbild zu unanschaulich ist, während die Engel sich zwischen der göttlichen Welt und uns Menschen in einer Weise bewegen, die uns Nähe ermöglicht.“107
In negative Schlagzeilen jedoch geriet die Engelverehrung durch die auch innerhalb der katholischen Kirche polarisierenden angeblichen Visionen und Offenbarungen der Gabriele Bitterlich (1896-1978) im sog. fundamentalistischen Engelwerk (Opus Angelorum) mit dem Hauptssitz in Anapolis, Brasilien, und dem österreichischen Zentrum in St. Petersberg in Silz, Tirol. Sowohl seitens einer Sozialpsychohygiene als auch aus biblischer und dogmatischer Sicht sind – abgesehen von ambivalenten kirchenamtlichen Stellungnahmen – gegen Lehre und Praktiken dieser Vereinigung berechtigte Kritiken angebracht.
Doch auch jenseits einer bloß subjektiven Erfahrungswirklichkeit kann man eine quasi objektive Intervention von Engelwesen (sei es als Führer, Mahner, Warner und Helfer) nicht ausschließen. Es gibt glaubhafte Berichte darüber, die eine solche Annahme rechtfertigen, besonders hinsichtlich Erfahrungen mit dem eigenen Schutzengel. Von Bedeutung sind vor allem solche, die in einer nachweisbaren Koinzidenz mit einem äußeren realen und nachprüfbaren Geschehen stehen. Namentlich in Grenzsituationen des Lebens (Krankheit, Lebensbedrohung) können Engel als Mahner und Wacher im Vollzugsplan der göttlichen Vorsehung in Aktion treten.
So berichtet der später als „Lumpensammler von Tokio“ bekannt gewordene Franziskaner GEREON GOLDMANN (1916-2003) in seinen spannenden Erinnerungen an die Zeit seines Einsatzes bei der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs von mehreren paranormalen Vorkommnissen telepathischer Art, die in geheimnisvoller Weise offensichtlich mit dem Reich der Gnade und der Engel verbunden waren. Er schreibt, dass er mehrmals eine laute, warnende Stimme gehört habe, die ihn um 2 Uhr nachts eindringlich aufforderte, sofort ein Splitterloch zu graben! Die beiden Wache habenden Soldaten, die er als Unteroffizier zur Wache eingeteilt hatte, hatten nichts gehört und nahmen seine diesbezüglichen Äußerungen nicht ernst. P. Gereon aber zweifelte nicht daran, diese Stimme gehört zu haben. Da er von Angst und Unruhe ergriffen wurde, begann er in aller Eile mit Pickel und Spaten ein Splitterloch aufzuhacken. Nur sein Fahrer folgte als einziger seinem Beispiel. „Es war neun Uhr, als von einem Schiff im Hafen Sirenensignal kam…. Aufsehend packte mich der Schrecken: Ganz oben kreisten zehn, zwölf der gefährlichen Doppelrumpfflugzeuge, Bomber, die uns so oft Verderben gebracht hatten. Ich rief: ‚Alarm!‘ Alle standen unbeweglich, hoffend, dass wir noch nicht entdeckt seien. Aber es war zu spät. Wie die Geier stürzten sich die Flugzeuge auf das enge Tal und warfen ihre Bomben ab. Alles suchte hastig irgendeine Deckung. Ich dachte urplötzlich: Schnell auf den Bauch! Ich lag ja immer noch mit dem Rücken nach unten. In dem Moment, da ich mich umdrehte, um das Allerheiligste zu schützen, regnete es Stahl, Steine, Erde und Staub. Ich stützte mich mit den Armen etwas hoch, damit mir Luft zum Atmen bliebe. Nach 20 Minuten wurde ich bewusstlos von Soldaten aus dem Loch gezogen. Sie waren nach dem Angriff vom Hafen her zu Hilfe geeilt. Nach langer künstlicher Beatmung kam ich zu mir und sah, dass nur mein Fahrer und ich unverletzt waren, abgesehen von einigen kleinen Splittern in meinem Rücken. Alle anderen waren tot oder schwer verletzt. Der Tod hatte furchtbare Ernte in dem engen Tal gehalten. Wer hatte mich da in der Nacht gerufen? Wer hatte mich gewarnt und gerettet?
Drei Wochen später kam ein Brief aus Fulda von der Schwester Sakristanin mit dem Inhalt: ‚Ich konnte nachts plötzlich nicht mehr schlafen und hatte schrecklich Angst um dich. Ich ging in die Kapelle und habe stundenlang für dich gebetet. Das war um 2 Uhr nachts. Schreibe doch bitte, ob etwas passiert ist.‘ Der Brief war am Morgen nach der Nacht geschrieben, in der ich das laute Rufen gehört hatte.
Von diesem Tag an begann ich mehr als zuvor zum hl. Schutzengel zu beten, den die gute Schwester, wie ich wusste, so innig verehrte.“108
Außergewöhnlicher empirischer Kontakt mit Engeln, namentlich mit ihrem eigenen Schutzengel, ist der blinden amerikanischen Familientherapeutin und Beratungspsychologin PATRICIA M. DEVLIN als staunenswerte Gnade beschieden.109
Patricia, geboren am 12.03.1953 in Honolulu/Hawaii, USA, erlitt infolge zu hoher Sauerstoffkonzentrationen bei der Geburt eine Schädigung der Netzhaut. 1973 wurden ihre beiden Zwillinge durch Kaiserschnitt zur Welt gebracht. 1974 musste ihr das rechte Auge, 1978 das linke Auge wegen grünem Star und bösartigem Tumor entfernt werden. Dessen ungeachtet erlebte sie paraoptische Wahrnehmungen ungewöhnlicher Art und hörte Stimmen, die sie selbstkritisch von ihrer eigenen Vorstellungswelt unterscheiden konnte. Trotz Behinderung, Schmerzen und familiärer Probleme erreichte sie im Studium 1978 das Bakkalaureat für Englisch und Geschichte an der Univ. Manoa/Hawaii, erhielt 1986 ihren Magister in Beratungspsychologie und machte den Dr. phil. an der Univ. Minnesota; 1988, nach ihrer Übersiedlung von Saint Paul/Minnesota nach Lubbock, Texas, wurde sie am Fest der Aufnahme Mariens in der St. John Neumann-Kirche einer Erscheinung Mariens gewürdigt und von ihrer unheilbaren Menière-Krankheit geheilt. In ihren beeindruckenden Tagebuchaufzeichnungen berichtet Patricia über ihre inneren übernatürlichen Erfahrungen mit der jenseitigen Welt und ihre aufopfernden Leiden, um einen ‚Spielraum der Gnade‘ zu schaffen für Seelen in äußerster Not an der alles entscheidenden Todesschwelle zwischen ewigem Heil oder Unheil. Ihre Erfahrungen bilden für sie ein Lobpreis der unendlichen Barmherzigkeit Gottes gegenüber den Menschen, denen er auch das begleitende Licht der Engel geschenkt hat.
b) Zum Phänomen des Bösen in der Empirie (Dämonen, Besessenheit und Exorzismus)
Analog zur Renaissance des Interesses an der Engelwelt in der boomenden Esoterik gilt diese Feststellung auch hinsichtlich einer virtuellen und realen ‚Undergroundphänomenik‘ bezüglich okkult-magischer Praktiken, Dämonenglaube, Satanismus, Besessenheitswahn, Exorzismus. Das Internet schlägt sich hier auch in seinen Schattenseiten nieder. Ohne auf diese Thematik näher eingehen zu wollen, sei beispielsweise angemerkt, dass entgegen landläufiger Meinung seit dem tragischen Fall der verhungerten Pädagogikstudentin ANNELIESE MICHEL († 01.07.1976) in Deutschland, aber nicht nur dort, weitere Teufelsaustreibungen stattgefunden haben, sei es mit oder ohne kirchliche Bevollmächtigung.110 Der Ausgang des aufsehenerregenden Aschaffenburger Gerichtsprozesses von 1978 mit der Verurteilung der beiden damals beteiligten Exorzisten macht die reservierte Haltung offizieller kirchlicher Stellungnahmen verständlich, was in der Folge zu einem Umdenken geführt hat, einschließlich einer Revision dieser therapeutischen Praxis.
Die Frage nach der Herkunft des Bösen, seiner Erscheinungs- und Wirkungsweise sowie die Frage nach dem Schutz davor bzw. die Behandelbarkeit vorliegender scheinbarer oder auch anscheinender Belastung durch negative, zerstörerische Kräfte unterliegt nämlich seit längerem einer grundsätzlichen interdisziplinären Diskussion, naturgemäß vor allem auch unter christlichen Theologen.
Ist das sich am und im Menschen manifestierende Böse ausschließlich immanent-endogen zu verstehen, als Projektion psychischer unbewusster Ängste, epileptischer Erscheinungen (wie im Fall der erwähnten Anneliese Michel), Auswirkungen dissoziativer Persönlichkeitspaltungen, Hysterie und Psychose? Bemerkenswert ist hier, dass sogar das Statistische und Diagnostische Handbuch der Geistesstörungen von Besessenheit schreibt, die dem Einfluss eines Geistes zugeschrieben wird.111
Oder darf bzw. soll man in gewissen Fällen nicht vielmehr das Wirken einer eigenständigen destruktiven, personalen Kraft annehmen, die sich der Umgebung und sogar des Patienten selbst bemächtigen kann, welcher sodann in der Folge Phänomene einer Um- bzw. Besessenheit aufweist?112 Eine Differentialdiagnostik wird noch schwieriger, wenn eine psychische Erkrankung mit einer anzunehmenden diabolischen Phänomenik (Stimmenhören, fremde, nie gelernte Sprachen verstehen, Spukphänomene, außergewöhnliche Kraftdemonstrationen, aggressives Verhalten gegenüber allem Sakralen u.Ä.) gekoppelt ist. Umso mehr ist eine Zusammenarbeit von Priester (Exorzist) und Arzt (Psychiater) eine unumgängliche, psychohygienische und pastorale Erfordernis; gegebenenfalls wäre auch das Hinzuziehen eines erfahrenen Paranormologen von exploratorischem Nutzen hinsichtlich der Frage, ob nicht einfach schon Paraphänomene – wie Telepathie, Psychokinese, Psychoskopie – zur Erklärung der beobachteten Verhaltensweisen genügen.113 Bei Vorliegen entsprechender Krankheitssymptome geht es demnach nicht um die Frage, ob ein Psychiater oder eher ein Exorzist (falls ein solcher überhaupt erreichbar ist) zu konsultieren sei, sondern beide, und zwar in der angeführten Reihenfolge. Ihre Zugänge und Methoden, so disparat sie auch erscheinen mögen, sollen ja als Therapie zur Gesundung des Patienten führen.
Manche Fälle von Obsession lassen sich möglicherweise – so abwegig diese Annahme vielleicht erscheinen mag – erklären als ‚Beigesellungen von abgeschiedenen bzw. Inbesitznahme durch herumirrende Seelen‘ , bei denen ein Exorzismus wahrscheinlich wirkungslos ist. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an die von dem Psychiater Dr. med. CARL WICKLAND (1862-1937) in Chicago praktizierte therapeutische Methode durch Zuhilfenahme der medialen Begabung seiner Frau.114
Sowohl Psychiater als auch eine ganze Reihe von Psychotherapeuten praktizierten solche Methoden, um ihre Patienten von geistigen Krankheiten zu heilen – mit Erfolg. Der Theologe (und Prof. für Philosophie in Trumau u. Heiligenkreuz, N.Ö.) P. Dr. DENIS BOREL zählt in seiner empfehlenswerten Publikation Engel, Wunder und Dämonen115 einige von ihnen auf und geht näher auf die Behandlungsmethode von Dr. EDITH FIORE (Saratoga, Kalifornien) ein, die ihre Lizenz als Psychotherapeutin aufgrund eines Gerichtsurteils von 1998 leider zurückgeben musste. P. Borel verweist auf ihr bahnbrechendes Buch The Unquiet Dead116 und schreibt dazu: „In diesem Buch legte sie ihre Methode dar, psychisch kranke und durch klassische Methoden und Pharmakotherapien unheilbare Menschen doch noch zu heilen. Sie stellt mit ihnen die Hypothese von Geistern auf, d.h. von Wesenheiten, die zu anderen Menschen kommen, um in ihnen zu bleiben. Sie haben sich bei ihren Gastgebern, ohne ihre Einwilligung geholt zu haben, niedergelassen. Mit Hilfe der Hypnose versucht Dr. Fiore ihre Patienten in einen Bewusstseinszustand zu versetzen, bei dem solche Entitäten sich manifestieren, damit sie mit ihnen in Kontakt treten kann. Das Ziel dieser Art von Therapie ist es, diese Geister in die Sphäre des Geistigen zu begleiten und sie dazu zu bewegen, die Menschen, die sie belästigen (infestatio), zu verlassen…. Diese Gegenwart von anderen in einer Person nennt sie ‚Reinkarnation‘.… Die Geister, denen sie in ihren Therapien begegnet ist und die an Menschen hängen geblieben sind, sind immer die Geister von Menschen, die ein unglückliches Leben geführt haben oder eines gewaltsamen Todes gestorben sind.“117
Von historischem Interesse ist in diesem Zusammenhang auch die Methode, die der selige spanische Karmelit P. FRANCISCO PALAU Y QUER (1811-1872) anwandte. „In einem von ihm gestifteten Caritas-Heim nahm er Geisteskranke auf. Er sprach über alle ausnahmslos den Exorzismus, wenngleich er eine besondere Intuition hatte, die Natur des Übels zu erkennen. Die Besessenen wurden so geheilt und kehrten in ihr normales Leben zurück; die wirklich Kranken blieben es und wurden ärztlich behandelt.“118
Der bekannte italienische Exorzist P. GABRIELE AMORTH schreibt, dass ihm von Psychiatern manche Fälle zur Behandlung überwiesen wurden, und zitiert auch den prominenten verstorbenen Parapsychologen und Psychoanalytiker EMILIO SERVADIO (1904-1995), der sagte, dass er gewisse ihm vorliegende Fälle zum Exorzisten schicke.119
Zur Veranschaulichung nun noch für die zu differenzierende Kompetenz von Psychiater und Exorzist ein Beispiel, das Pater AMORTH – in einer Antwort auf die Frage eines Psychiaters – aus der Erfahrung seines Lehrers und Vorgängers, des langjährigen Exorzisten von Rom, P. CANDIDO AMANTINI, berichtet: „P. Candido hat einmal ein Mädchen exorzisiert, eine Universitätsstudentin, die sichere Anzeichen teuflischer Besessenheit zeigte, aber zugleich auch Anzeichen psychischer Labilität. P. Candido bat einen befreundeten Psychiater um Hilfe, teilte ihm Einzelheiten über den Fall mit und verabredete eine Begegnung. Der Psychiater hatte einen breiten Schreibtisch, daher saß das Mädchen ihm weit entfernt gegenüber. Am Ende der Unterredung sagte der Psychiater: ‚Fräulein, nehmen Sie diese Arzneien ein‘ und begann, auf seinem Rezeptblock, der vor ihm lag, zu schreiben. Da passierte etwas Seltsames: Das Mädchen streckte, ohne sich vom Stuhl zu erheben, den Arm aus, der vor den Augen des verblüfften Arztes immer länger wurde (‚beinahe zwei Meter lang‘, wie er später sagte). Sie ergriff das oberste Blatt des Rezeptblocks, auf das der Arzt schrieb, riss es ab und warf es in den Papierkorb, wobei sie mit dumpfer Stimme sagte: ‚Dieses Zeug nützt mir nichts.‘ P. Candido lachte von Herzen, als er mir den Schrecken des Freundes erzählte, der späterhin von diesem Mädchen nichts mehr wissen wollte und auch von keinem anderen Patienten, der vom Exorzisten kam.“120
Aus religiös-gläubiger Sicht wäre außerdem zu empfehlen, dass solcherart behaftet Fühlende und ihre Betreuer sich einer Gebetsgruppe anvertrauen und die Sakramentalien der Kirche selbst anwenden (Befreiungs- und Heilungsgebete, Weihwasser, Segnungen, Tragen geweihter, sog. wundertätiger Medaillen); auch dies kann eventuell schon zu einer klärenden Vorentscheidung beitragen. Denn zuweilen verbirgt sich die Macht der Finsternis unter dem verführerischen Deckmantel des Lichtes, bei Visionen selbst in der Gestalt von Heiligen, wie es beispielsweise aus dem Leben von P. Pio da Pietrelcina bekannt geworden ist. Ähnliche Vorsicht ist auch bei spiritistischen Séancen geboten, falls sich von drüben meldende ‚spirits‘ als Engel des Lichts ausgeben.
Einige Ergebnisse der parapsychologischen Forschung
Durch die empirische Forschung der Parapsychologie, etwa seit Beginn der Rhine’schen Experimente bis hin zu den Experimenten mittels Zufallsgeneratoren (z.B. sog. ‚Schmidt-Maschinen‘ unter Verwendung von radioaktivem Material bei Psychokinesexperimenten), konnten immerhin bereits einige Ergebnisse hinsichtlich paranormaler Erfahrung festgestellt werden, wenngleich die Parapsychologie angesichts ihrer Kritiker noch immer unter Druck steht, die Existenz ihrer Forschungsobjekte beweisen zu müssen:
- Affektgeladene Informationen über eine gefühlsmäßig nahestehende Person, namentlich in Krisensituationen, stellen offenbar eine Auslösefunktion für spontane paranormale Erfahrungen dar. Es werden allerdings emotionsgeladene Spontanphänomene, meist affektnegative Ereignisse, weitaus häufiger übermittelt als positive.
- Wenn im Traum oder im Wachzustand die bewusste Steuerung außer Kraft gesetzt wird, scheint sich ein unbewusster Prozess der Informationsaufnahme gegenüber den Kontrollinstanzen des Wachbewusstseins durchzusetzen. Nach den spontanen Berichten fördert eine herabgesetzte Bewusstseinstätigkeit das Auftreten einer außersinnlichen Wahrnehmung oder Erfahrung.121
- Ein entscheidender Zusammenhang von Persönlichkeitsstruktur und Trefferquote (beim Raten von Symbolkarten oder psychokinetische Beeinflussung fallender Würfel, damit diese eine bestimmte Augenzahl beim Liegenbleiben zeigen) in einschlägigen Experimenten wurde festgestellt: Einstellung (positiv/negativ), Interessen, Emotionen, Extraversion (mit Trefferüberhängen), Introversion (mit Trefferunterhängen), Neurotizismus unterdrücken offenbar paranormale Erfahrungen, während eine Freiheit davon sie begünstigt; affektbesetztes Versuchsmaterial eignet sich übrigens besser für eine Übertragung als affektneutrales. Derlei Experimente unter Laboratoriumsatmosphäre laufen – im Vergleich zu Spontanphänomenen – verständlicherweise Gefahr, langweilig zu werden.122
- Bemerkenswert ist auch die Beobachtung, dass bei parapsychologischen Experimenten mit mehreren Menschen die Gruppe selbst, einschließlich des Experimentators, sozusagen eine „psychische Wesenheit“ bildet, die den Ausgang des Experiments beeinflussen kann. Auf diese Weise können sogar bewusst erfundene „Pseudogeister“ mit eigener Biografie in einer Sitzung produziert werden bzw. sich manifestieren, wie das sog. Philip-Experiment der kanadischen Parapsychologin IRIS OWEN gezeigt hat.123
- Es kann u.U. sozusagen als ,Ausdruck der psychologischen transpersonalen Phänomenologie‘124 zu einer „psychischen Integration“ verschiedener Intensität kommen. Pavese nennt diesen Typ der unbewussten Kommunikation „bedingte Telepathie“, denn sie tritt nur auf, wenn sich Medium und Experimentator im gleichen Raum befinden. Besonders deutlich wird dies bei mediumistischen Sitzungen mit psychischer Spaltung des bewussten Ichs.
- Außerdem kommt es anscheinend durch die Beziehung des Sensitiven oder des Mediums mit seiner Umgebung zu einem opportunistischen Effekt: die paranormalen Phänomene, namentlich psychokinetischer Art, passen sich dem Interesse und neuerdings auch der Technik an – man denke z.B. an die früher so verbreitete Epidemie des Tischchenrückens oder an die heutigen modischen sog. Transkommunikationsvarianten des Experimentierens mit paranormalen Tonbandstimmen (Psychophonie) oder Fernsehbildern (Transvideobilder).
Doch reicht das psychoanalytische Modell von Freud oder Jung offenbar nicht aus, um die Paraphänomene richtig einordnen zu können.
Deshalb sei aus tiefenpsychologischer Perspektive die Einführung einer neuen psychischen Dimension erforderlich; ein intelligentes, autonomes, kreatives, unbewusstes Ich, das neurotische Reize aufnimmt und auf sie reagiert. A. PAVESE nennt es ein „pathologisches Ich“, das sich parallel zum wachsamen Ich manifestieren kann. Im Extremfall kann es zum Zustand einer „mediumistischen Psychose“ (Hans Bender) kommen. Wie man gerade bei der spiritistischen Bewegung sehen kann, werden Manifestationen und Informationen des so durch Übung entstandenen Automatismus in Unkenntnis dieser Erklärung fremden Intelligenzen zugeschrieben (Geistern, der Madonna oder Christus selbst), da ja das wachsame Ich sich ihrer nicht bewusst ist.
Kausale Erklärungshypothesen und Interpretationsmodelle
(a) Animistische, also weltimmanente, psychogene Erklärungshypothesen werden naturgemäß vor allem von wenigen akademischen Parapsychologen vertreten, entsprechend ihrem Wissenschaftsbegriff. Demnach kommt hinsichtlich einer möglichen Erklärung der außergewöhnlichen parapsychischen und paraphysischen Phänomene die Psyche des lebenden Menschen bzw. ihr Unter- und Unbewusstes als alleinige Verursacherin in Frage – auch im Bereich der behaupteten Phänomene von spiritistischen Praktiken (Séancen). Denn die „Geister“ des Spiritimus und ihre Begleiterscheinungen verdanken sich nämlich dieser Interpretation zufolge – von bewusstem und unbewusstem Betrug und Wahrnehmungstäuschungen abgesehen – der dramatisierenden Personifikationstendenz des Unbewussten, dessen Psychodynamik sich in den Automatismen sensorischer und motorischer Art manifestiert (z.B. beim sog. automatischen Schreiben).
- Der Parapsychologe und Augenarzt RUDOLF TISCHNER (1879-1961) nannte die psychischen Automatismen „Steigrohre des Unbewussten“. Denn unter bestimmten Umständen (z.B. bei Sinnesdeprivation) können aus dem psychisch Unbewussten Informationen, etwa in Form von Telepathie, ins Tagesbewusstsein aufsteigen. Das Studium veränderter Bewusstseinszustände (induziert durch Hypnose, Meditation, Trance, Drogeneinfluss) hat sich sowohl für die Tiefenpsychologie und transpersonale Psychologie als auch für die Parapsychologie als aufschlussreich erwiesen, da auftretende anscheinend ‚transpersonale‘ Erlebnisse durch neurophysiologische Prozesse im Gehirn erklärt werden können.
Bei psychischer Instabilität können verselbständigte psychische Dissoziationen als Zweitpersönlichkeiten auftreten, die von den Anhängern des (Offenbarungs-)Spiritismus als jenseitige Geistwesen angesehen werden. Wenngleich auch die oft nur als Gesellschaftsspiel praktizierte Variante des Tischchenrückens wie auch das automatische Schreiben auf dem Wirkungsprinzip des psychischen motorischen Automatismus beruhen, ist aus psychohygienischen (aber auch moralischen) Gründen davor zu warnen. Dieser dabei in Aktion tretende sog. Carpenter-Effekt (1852)125, ein Aspekt des ideomotorischen Gesetzes bzw. des Real-Gesetzes, wird nicht nur zur physiologischen Erklärung des Tischrückens bzw. des Gläserrückens herangezogen, sondern gilt auch für die Bewegungen des Pendels und der Wünschelrute.
- Die diversen psychologischen und physikalischen Hypothesen zur Erklärung etwaiger Paraphänomene sind kompliziert, problematisch, konkurrierend und unter Berücksichtigung der kurzen Zeit seriöser wissenschaftlicher Forschung – im Vergleich zu Naturwissenschaften wie Physik oder Chemie – nicht ausgereift.126
Einen informativen Überblick geben u.a. PETER MULACZ127 und der namhafte Physiker und Parapsychologe WALTER VON LUCADOU. Dieser diskutiert vier Versionen der sog. ‚Observational Theories‘ (Brian Millar 1978) in Zusammenhang mit der Quantenphysik.128
(b) Transzendente bzw. semitranszendente (supranaturale, dämonistische) Deutungshypothesen stehen den immanenten meist sehr konträr gegenüber. Zu ihnen zählt vor allem die spiritistische – im Sinne einer wissenschaftlich-methodischen Arbeitshypothese mögliche – Interpretation mancher paranormalen Phänomene; sie ist jedoch zu unterscheiden vom Spiritismus als „Geisterglaube“ auf religiös-ideologischer Basis. Es sei daher nicht von vornherein auszuschließen, dass gewisse Phänomene und Erfahrungen unter Umständen auch durch Ein- bzw. Mitwirkung transsubjektiver geistiger Kräfte und Mächte zustande kämen und daher in diesem Sinne interpretiert werden könnten.
Allerdings kommt dem Formenkreis von suspekten Phänomenen in Zusammenhang von Trance und Séancen in der Interpretation und Bewertung im Vergleich zu den Spontanerscheinungen ein anderer Stellenwert zu.129
Bei der Interpretation dieser Phänomene im Kontaktfeld von Immanenz und Transzendenz geht es beispielsweise bei ortsgebundenem Spuk bzw. bei sog. Armenseelenerscheinungen aus psychologischer Sicht um die semantische Symbolik der erscheinenden Seele bzw. des Phantoms als visionär-bildhafter Ausdruck eines inneren ungeläuterten Zustandes oder um eine Darstellung einer traumatischen Fixierung.
HANS BENDER fragt: „Handelt es sich um autonome Wesenheiten, die sich vorübergehend manifestieren, oder sind bedingende Ursachen vielleicht die lebenden Beobachter, die als Perzipienten von Spukerscheinungen dann gleichzeitig deren Auslöser wären und durch die Umgebung als psychometrisches Objekt, als Induktor, zu ihren paranormal motivierten Projektionen angeregt würden? Wie steht es aber dann mit den Fotografien?“130
Im Zusammenhang mit lokalem Spuk wurde zuweilen auch der Begriff des Monoideismus ins Gespräch gebracht, wonach die erscheinenden Phantome nach ihrem Tod noch immer mit den im Leben erworbenen Ideen behaftet seien.131
Die Spukphänomene sind in ihrer Erscheinungsweise auf wenige Stereotype eingeengt – namentlich in Zusammenhang mit verübten oder erlittenen Gewalttaten, die oft weit zurückliegen und nicht aufgearbeitet wurden.132 Manche denken auch an die von RUPERT SHELDRAKE angenommenen sog. ‚morphogenetischen Felder‘, als ob sich in einer Art Videofilm die dramatische Situation einer Gewalttat immer wieder in stereotyper Weise vor Ort abspielt. Andere Forscher vertraten eine Art Imprägnationshypothese, wonach frühere Emotionen, Affekte, Vorstellungen sich zu Lebzeiten dem Ambiente des Verstorbenen (z.B. dem Haus oder den Wänden) eingeprägt hätten und nun von hellsichtigen, sensitiven Menschen phantomartig wahrgenommen werden, wenngleich es nicht vorstellbar ist, wie eine solche Einprägung zustande kommt.133
Ein konkretes Beispiel für diese Hypothese einer psychometrischen Induktion bringt der Psychographologe und Hellseher Dr. FRANZ KÖLBL aus seiner eigenen paragnostischen Erfahrung. Er schreibt:
„Außerhalb meiner Heimatstadt Eger gab es eine Straßenkreuzung, an der ungewöhnlich viele Verkehrsunfälle geschahen. An der Kreuzung stand ein Grenzstein, aus dem ich mir eines Tages, als ich zufällig vorüberkam, ein Stück herausschlug. Ich hielt das Steinstückchen fest in meiner Hand – und siehe da, ich konnte vor meinem geistigen Auge alle Unfälle vorbeiziehen sehen, die sich in letzter Zeit hier ereignet hatten. Einige Wochen später ereignete sich abermals an dieser Kreuzung ein Verkehrsunfall. Ich versuchte zu Hause mit Hilfe des kleinen Steinbrockens den Unfall zu rekonstruieren, aber es gelang mir nicht. Ich fuhr wieder hinaus zu dem Grenzstein und schlug wieder ein Stück davon ab. Kaum hielt ich dieses neue Stückchen ein paar Minuten in meiner Hand, sah ich genau, wie das Unglück geschehen war. Am nächsten Tag stand es genauso in der Zeitung, wie ich es ‚gesehen‘ hatte. Aus diesen Experimenten bin ich geneigt, folgenden Schluss zu ziehen: Gegenstände bekommen aus bisher ungeklärten Ursachen die Ereignisse ihrer nächsten Umgebung quasi eingeimpft und können sie, ähnlich wie in einem Computer, speichern und an bestimmte sensitive Menschen wieder abgeben.“134
Synchronizität als akausaler sinnstiftender Deutungszugang
Neben den kausalen Vorgängen gibt es in unserer Alltagswirklichkeit auch andere Ereignisse, die nicht durch Ursache und Wirkung, sondern durch einen Sinn in Beziehung stehen oder zumindest verbunden zu sein scheinen: die sog. synchronistischen Phänomene.135 Wir erleben wahrscheinlich öfter solche Vorgänge, ohne ihrer bewusst innezuwerden, bzw. wir deuten sie vielleicht als bloßen Zufall oder als Gedankenübertragung. Gemeint ist darunter, dass äußere Geschehen auf geheimnisvolle Weise mit dem eigenen subjektiven Inneren sinnvoll zusammenhängen, wobei das eigene Erleben chronologisch vorher sein soll und nicht umgekehrt, sonst haben wir es wieder mit einer quasi-kausalen Beziehung zu tun. Schon vor C.G. JUNG hat der deutsche Schriftsteller WILHELM VON SCHOLZ (1874-1969) auf die „Bezüglichkeit“ hingewiesen.136
- „1918 wurde ein amerikanischer Hauptmann in Flandern vom Blitz getroffen, vom Pferd geworfen und blieb jahrelang gelähmt. Zur Genesung ging er in seine Heimat Vancouver, wo ihn ein zweiter Blitz traf, diesmal, ohne ihm Schaden zu tun. 1930 bei einem Spaziergang ereilte ihn dasselbe Schicksal ein drittes Mal, er wurde dieses Mal schwer gelähmt und starb 1934 an den Folgen. Im selben Jahr zuckte der Blitz auf sein Grabmal nieder und zerstörte es.“137
Der Sinn stiftende Bezug unterscheidet synchronistische Erscheinungen vom Gesetz der Serialität, von den serienweise auftretenden Zufällen; wobei unter „Serie“ eine gesetzmäßige Wiederholung gleicher oder ähnlicher Dinge und Ereignisse zu verstehen ist, die nicht durch eine gemeinsam fortwirkende Ursache verknüpft worden sein können.138
- Ein typisches Beispiel aus der eigenen Praxis von C.G. JUNG schildert er selbst, wie folgt:
„Eine junge Patientin hatte in einem entscheidenden Moment ihrer Behandlung einen Traum, in welchem sie einen goldenen Skarabaeus zum Geschenk erhielt. Ich saß, während sie mir den Traum erzählte, mit dem Rücken gegen das geschlossene Fenster. Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch, wie wenn etwas leise an das Fenster klopfte. Ich drehte mich um und sah, dass ein fliegendes Insekt von außen gegen das Fenster stieß. Ich öffnete das Fenster und fing das Tier im Fluge. Es war die nächste Analogie zu einem goldenen Skarabäus, welche unsere Breiten aufzubringen vermochten, nämlich ein Scarabaeide (Blatthornkäfer), Cetonia aurata, der gemeine Rosenkäfer, der sich offenbar veranlasst gefühlt hatte, entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten in ein dunkles Zimmer gerade in diesem Moment einzudringen.“139
Das Paranormale läge sodann dieser synchronistischen Hypothese zufolge sozusagen nicht im Ereignis als solchem, sondern vielmehr im Sinngefüge von Ereignis und erlebender Person. Personen, die offen und aufmerksam sind für solche sinnvolle Entsprechungen, werden sie auch häufiger erfahren als Menschen rationaler Einstellung gegenüber Wegweisungen im Alltagsgeschehen. Synchronistische Erfahrungen kommen häufiger vor als man meint, weil das Prinzip von Ursache und Wirkung weitgehend unser Denken beherrscht.
In ihrem feinsinnigen Buch über den Sinn von Zufällen sagen deshalb die beiden Autoren ANGELA und THEODOR SEIFERT: „Synchronizitäten befreien uns von der Unerbittlichkeit des Ursache-Wirkungs-Gesetzes, sie sind Ausdruck der Gnade…Synchronizitäten sind Schöpfungakte in der Zeit, sie eröffnen das ‚Neue‘, ganz Individuelle, bezogen auf meine Person und meine jetzige Lebenssituation… Synchronizitäten können weite Polaritäten umspannen und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen… selbst Leben und Tod werden gleichzeitig in Verbindung gebracht.“140
Als Illustration zum Verständnis des vorhergehenden Satzes ein beeindruckendes Beispiel:
Der amerikanische Psychiater und Schüler von C.G. Jung, MURRAY STEIN, berichtet über eine an den Rollstuhl gefesselte Freundin namens Magda, die kurz vor ihrem Tod sagte, „wenn sie im Jenseits angekommen sei, werde sie als Erstes tanzen, darauf freue sie sich sehr“. Da Murray und seine Frau gerne zur Seligsprechung von Edith Stein nach Rom reisen wollten, besorgte ihnen Magda zwei Teilnahmekarten. Kurz darauf starb sie. Während nun das Ehepaar zum Begräbnis fuhr, bemerkten sie einen großen schönen Schmetterling in ihrem Auto, der sich nicht hinaustreiben ließ. Erst als sie nach dem Begräbnis zu Hause ankamen, flatterte er aus dem Auto, setzte sich auf den Boden, begann zu tanzen und flatterte dann davon. Als die beiden Steins schließlich zur besagten Seligsprechung in Rom ankamen und im Petersdom vorne auch gute Plätze erhalten hatten, flatterte mitten im Gottesdienst wieder so ein Schmetterling der gleichen Art und setzte sich auf ihr Gesangbuch. „Wie kam der Schmetterling in dieser großen Kirche, die dicht gedrängt mit Menschen angefüllt war, nach vorne zu den Steins? Doch Murray Stein und seine Frau wussten: Es ist Magda, die sie noch einmal aus dem ‚Jenseits‘ grüßte. Im ‚Diesseits‘, in der Dimension, die wir auf Grund der Beschaffenheit unseres Gehirns so wahrnehmen, dass hier Materie und Geist getrennt sichtbar sind, konnte sie es in Gestalt des Schmetterlings, der seit jeher ein wundervolles Symbol für die Seele darstellt.“141
Merkwürdig ist folgende synchronistische Erfahrung proskopischer Art, die einer Frau widerfuhr.
„Zwei Tage vor ihrem Geburtstag, den sie 1944 mit mehreren Gästen zu feiern gedachte, kam ein Gärtner ins Haus und gab einen prachtvollen Strauß ab. Ihr Gatte war an der Tür und wollte den Gärtner abweisen, da dieser behauptete, Frau Dr. G. habe den Strauß als Grabstrauß in seinem Geschäft vor wenigen Tagen persönlich bestellt. Er konnte sich aber keines nahen Begräbnisses entsinnen. Es müsse alles in allem ein Irrtum sein. Er rief seine Frau herbei, die lachend erklärt, von nichts zu wissen. Der Gärtner besteht darauf, dass sie selbst den Strauß bei ihm bestellt habe. Um ein Ende zu machen, sagte sie: ‚Wir behalten den Strauß da für meinen Geburtstag, alles andre ist Unsinn.‘ – Bei der Geburtstagsfeier machte eine Freundin die Dame auf eine winzige Wunde an der Lippe aufmerksam, die sie selbst noch nicht bemerkt hatte. Sie entfernt sich kurz ins Badezimmer, versucht die Wunde zu behandeln, zieht sich eine Blutvergiftung zu, der sie binnen zwei Tagen erliegt. So kam der Strauß tatsächlich in ihr Grab.“142
Von den Tatsachen über Interpretationen zur Wertung
(Ein vorläufiges Resümee)
Für das Verständnis jener Wirklichkeit, die wir paranormal nennen, also der gesamten Welt der außergewöhnlichen Paraphänomene, ist daher der Blick auf die Gesamtheit des vielfältigen Erscheinungsbereiches der Landschaft unserer menschlichen Natur, unseres somatischen Ichanteils, unserer Psyche und/oder Geist-Seele von entscheidender Bedeutung; das Paranormale entfaltet seine Dynamik im Psychisch-Unbewussten, das wie ein Filter wirkend die Information ins Bewusstsein aufsteigen lässt.
Es ist u.a. auch ein Verdienst der parapsychologischen Forschung, aufgezeigt zu haben, dass paranormale Phänomene natürliche, nicht aber pathologische Erscheinungen und offensichtlich nicht an Raum und Zeit gebunden sind. Es ist bemerkenswert, dass eine psychisch-energetische Beeinflussung der Materie und des Organismus im Bereich des Möglichen liegt (z.B. Tumo-Energie der Tibeter in Trance, Beeinflussung physikalischer Systeme) und dass weder Hirnwellen noch Wellen des uns bekannten elektromagnetischen Wellenbereichs als Erklärung ausreichen können.
Die paranormalen Phänomene bringen uns eine Erweiterung der Naturordnung zum Bewusstsein, neue Horizonte der Reichweite der Seele und des Geistes in relativer Unabhängigkeit von Raum und Zeit. Obwohl sie existieren, lassen sie sich wissenschaftlich nur schwer erfassen und in das herkömmliche naturwissenschaftliche Welt- und Menschenbild eingliedern. Im Kontaktfeld aller Formen von mystischen bis hin zu magisch-dämonischen Erscheinungen bilden sie außerdem auch eine provokative Anfrage an die Theologie, dazu Stellung zu beziehen, nehmen eventuell auch eine Vermittlerrolle zwischen der Welt der Naturwissenschaft und jener des Glaubens ein. Vielleicht gehören sie somit einer semitranszendenten Ebene an, lägen also im Spannungsfeld von Immanenz und Transzendenz. Allerdings ist vor einer vorschnellen Inanspruchnahme solcher Phänomene zugunsten einer übernatürlichen Deutung zu warnen. Allzuleicht trüben nämlich unkontrollierte Ideologien im Hintergrund eine klare Sicht der Dinge. Weitere Ergebnisse der paranormologischen Forschung sind daher abzuwarten und sodann im Kontext entsprechend zu werten.
Wenn man, wie vorliegend skizziert, die paranormale Wirklichkeit nicht nur aus phänomenologischer Sicht, sondern auch aus dem Blickwinkel der religiösen (Offenbarungs-)Wirklichkeit ins Auge fasst und zudem noch nach eventuell beteiligten kausalen Hintergründen der paranormalen Bewirkung fragt – z.B. im Formenkreis von Wunder, Mystik, Magie oder Dämonie – , ergeben sich naturgemäß Sonderfragen und Probleme hinsichtlich der behaupteten außergewöhnlichen Erscheinungsformen und Erlebnisweisen, die zugleich als eine Herausforderung bzw. als ein Anruf an die Profanwissenschaften und die Theologie aufgefasst werden können. Aber angesichts nur spärlich vorhandener und kritisch erhobener Untersuchungsergebnisse hinsichtlich paranormaler Erscheinungen im religiösen Raum (ausgenommen die Wunder von Lourdes und die medizinischen Dossiers in Zusammenhang mit kanonischen Selig- und Heiligsprechungsprozessen in der katholischen Kirche) ist die kritische Zurückhaltung seitens offizieller kirchenamtlicher Stellen in der Beurteilung solcher Phänomene im Kontext der Offenbarungswirklichkeit des christlichen Glaubens einerseits zwar verständlich, doch andererseits kein Zeichen mutiger Konspiration mit der Wirklichkeit – sei es aus Voreingenommenheit, Inkompetenz oder vielleicht auch aus Sorge um den guten Ruf. Zwischen pastoraler Klugheit und unbefangener theologischer Redlichkeit bleibt zuweilen nur ein schmaler Raum für Entscheidungen; man denke diesbezüglich an erfolgte und/oder nicht erfolgte kirchliche Stellungnahmen positiver oder negativer Art hinsichtlich außerbiblischer Offenbarungen und Erscheinungen (z.B. aktuell im Fall von Medjugorje).
Im Hinblick auf eine Erklärung aus letzten Ursachen legt sich eine methodische Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche nahe, wobei zwischen der Argumentationsebene des Phänomenologen, des Kausalanalytikers einerseits sowie der synchronistischen, d.h. sinnbezogenen und ontologisch-theologischen Betrachtungsweise andererseits zu differenzieren wäre.
Auf diesem gesamten Gebiet der oft zwielichtigen Paraphänomene im Kontaktfeld des Religiösen ist daher eine kritische Unterscheidung der Geister (vgl. 1 Joh 4,1: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“) geboten, und zwar sowohl von Seiten der Vernunft (Humanwissenschaften) als auch seitens geoffenbarter Glaubensinhalte. P. DOREL drückt es so aus: „Die Vernunft versucht, den Sachverhalten auf den Grund zu gehen, und bleibt demütig genug, den weiteren, letzten Horizont der Interpretation denen zu überlassen, die über ein breiteres erprobteres Instrumentarium verfügen, wie Gläubige aus verschiedenen Religionen. Erst dann werden solche Phänomene im Rahmen der Natur ihre volle symbolische und reale Kraft entfalten können.“143 Dieser Aussage kann ich mich vollinhaltlich anschließen. Übernatürliche Provenienz der Phänomene lässt sich auch an den persönlichen, geistlichen und psychosozialen Früchten erkennen (vgl. Mt 7,20).
In ihrer Vielschichtigkeit verweisen diese außergewöhnlichen Erscheinungen in der Psyche und in der Natur auf eine andere Form der Wirklichkeit, wobei allerdings Aussagen wie „diesseitig-immanent“ als auch „jenseitig-transzendent“ lediglich als Vorstellungsmodelle der Deutung zu verstehen sind, deren Gültigkeit nur interdisziplinär im Sinne der Forschungs- und Interpretationsebenen abzuklären ist. Darüber hinaus – nämlich nach der Feststellung der Fakten und ihrer Deutungsmöglichkeiten – ist jedoch die Frage nach der Bedeutung und Wertung der überlegten Entscheidung der einzelnen menschlichen Person überantwortet. Da jedoch Wissenschaft als solche (nicht die Wissenschaftler!) methodisch wertfrei sein soll, wird diese Anfrage nach der weltanschaulichen, religiös-ethischen an die christliche Theologie mit ihren Fachdisziplinen zur Stellungnahme weitergegeben. Deren oft undankbare und zuweilen überfordernde Aufgabe wäre es dann – unter Berücksichtigung des methodischen Dreischritts von Faktizität, Interpretation und ethischer Bewertung der intellektuellen Redlichkeit verpflichtet – , ihren Teil zur Erhellung der bipolaren Wirklichkeit beizutragen. So möchte ich an dieser Stelle das wiederholen, was ich schon seinerzeit in diesem Zusammenhang geschrieben habe:
„Im Konfrontationsprozess zwischen subjektiver Erfahrung bis hin zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und religiösem Glauben auf der anderen Seite wird meist ein gewisses Spannungsfeld bleiben. Es wäre für die Theologen keine angemessene Reaktion, diesen Umstand durch Zufluchtnahme zu verschiedenen Reduktionismen aufzuheben (wie etwa durch Schlagworte wie ‚sicher ein Wunder‘, ‚nichts als Betrug‘, ‚reiner Aberglauben‘ und dergleichen mehr). Denn erkenntniskritisch erweisen sich Reduktionismen als Verabsolutierungen der Gesamtwirklichkeit; dahinter stehen meist gewisse Ideologen. Unabhängig von unserer Deutung und Zurkenntnisnahme behauptet sich die eigenwillige Welt der Paraphänomene als Provokation auch weiterhin.“144
1 Vgl. dazu: Prokop, Otto/Wolf Wimmer: Der moderne Okkultismus, Parapsychologie und Paramedizin. Stuttgart: G. Fischer, 1976; Randi, James: Lexikon der übersinnlichen Phänomene. Die Wahrheit über die paranormale Welt. München: Heyne, 2001 (Titel der amerik. Originalausg.: An Encyclopedia of Claims, Frauds, and Hoaxes of the Occult and Supernatural, N.Y. 1997); Lexikon der Parawissenschaften, hrsg. von Irmgard Oepen, Krista Federspiel, Amardeo Sarma, Jürgen Windeler: Astrologie, Esoterik, Okkultismus, Paramedizin, Parapsychologie kritisch betrachtet. Schriftenreihe der GWUP, Bd. 3, Münster: Lit. Verlag, 1999; Der Skeptiker, Ztschr. der GWUP.
2 Der Begriff „Anomalistik“ stammt von dem Anthropologen Roger W. Wescott (1973, 1980) und bezieht sich, dem Skeptizismus verpflichtet, auf eine interdisziplinäre Untersuchung von angeblichen außergewöhnlichen Ereignissen empirischer Art, die durch gegenwärtig akzeptierte wissenschaftliche Theorien als nicht erklärbar erscheinen, unter Ausschluss von behaupteten übernatürlich-religiösen Vorkommnissen und Erlebnissen.
3 Siehe z.B. Weber, Renée: Wissenschaftler und Weise. Gespräche über die Einheit des Seins. Aquamarin Verl., 1987 (engl. Original: Dialogues with Scientists and Sages, 1986); Wilber, Ken: Naturwissenschaft und Religion. Die Versöhnung von Wissen und Weisheit. Frankfurt: Fischer Tb., 2010 (amerik. Orig.: The Marriage of Sense and Soul, 1998).
4 Der Ausdruck Holismus geht auf den südafrikan. Politiker Jan Christiaan Smuts (1870-1950) zurück: Holism and Evolution, 1926 (dt.: Die holistische Welt, 1938).
5 Driesch, Hans: Parapsychologie, die Wissenschaft von den ,okkulten‘ Erscheinungen (1967), S. 932.
6 Zit. nach Biedermann, Hans: Lexikon der magischen Künste, München: Heyne, 31991, S. 403. Begreiflicherweise gab daher P. Spee sein Werk ‚Cautio criminalis, seu de processibus contra sagas liber‘ zunächst nur anonym heraus. Rinteln 1631 (dt.: Gewissens-Buch von Processen gegen die Hexen, Bremen 1647).
7 Vgl. etwa die aus seiner Lebensgeschichte verständlichen, jedoch einseitig extrem interpretierenden Werke von Petersdorff, Egon von: Daemonologie, 2 Bde. Stein/Rhein: Christiana, 21982; siehe auch Pilar, P. Clemens: Yoga, Astro, Globuli. Christlicher Glaube & Alltags-Esoterik. Augsburg: Sankt Ulrich, 2009.
8 1882 wurde in London die engl. Gesellschaft für Psychische Forschung, British Society for Psychical Research (SPR), gegründet. 1969 wurde die 1957 gegründete amerikan. Parapsychological Association (ein Verband von Berufsparapsychologen) als Vollmitglied in die American Association for the Advancement of Science (AAAS) aufgenommen, was eine offizielle akademische Anerkennung der Parapsychologie als Wissenschaft bedeutete.
9 Zit. aus GW 33 (1984) 2, S. 119.
10 Pavese, Armando/M. Würmli: Handbuch der Parapsychologie. Einführung in den Bereich der Grenzwissenshaften. Bechtermünz, 1992, S. 15.
11 Pavese, Armando: Handbuch, S. 138f. Der italienische Parapsychologe sieht also in der Kommunikation das Wesen aller derartigen Erscheinungen, bei denen er zwei Formen unterscheidet, nämlich die psi-kognitiven (intellektuellen), „die mit der Wahrnehmung des Seins oder des Werdens solcher Phänomene zu tun haben“, sowie die psi-kinetischen (physikalischen), welche die Auswirkungen auf die Materie betreffen“ (ebd., S. 16).
12 gratia supponit naturam; bei Thomas v. Aquin an mehreren Stellen, z.B. Super Boethius De Trinitate q. 2 a 3 Resp.: Dicendum quod dona gratiarum hoc modo naturae adduntur quod eam non tollunt, sed magis perficiunt; unde et lumen fidei, quod nobis gratis infunditur, non destruit lumen naturalis rationis divinitus nobis inditum.
13 Der Ausdruck stammt von dem Philosophen Max Dessoir 1889, in: Zeitschr. Sphinx VII, 42.
14 Diesen Terminus prägte Andreas Resch (1969) quasi als Ersatz für den früher gebräuchlichen, aber missverständlichen Ausdruck „wissenschaftlicher Okkultismus“ (so noch von A. Gatterer in seinem Werk von 1927, Der wiss. Okkultismus und sein Verhältnis zur Philosophie), um dem Vorwurf einer Ideologieorientierung zu entgehen und um zugleich offener zu sein hinsichtlich der Deutungsmöglichkeit der Phänomene; denn gemäß seines „postulatorisch-kategorischen Satzes“ hat nicht die Wissenschaft das Phänomen zu bestimmen, sondern das Phänomen die Wissenschaft! – Vgl.: Resch, Andreas: Welt, Mensch und Wissenschaft morgen. Innsbruck: Resch, 21984, S. 125, sowie Grenzgebiete der Wissenschaft IV/1969, 181.
15 Dies tangiert allerdings nicht die Geheimnisse des christlichen Glaubens. Sie bleiben auch als geoffenbarte immer noch Mysterien – zumindest für die Dauer unserer irdischen Existenz.
16 Vgl. dessen Publikationen in Grenzgebiete der Wissenschaft, Innsbruck: Resch, V., I-II/1974, zit. aus dem Anhang „Bibliographie zur Paranormologie“, S. 4f.
17 Dabei steht der Buchstabe (Akronym) für den 23. Buchstaben des griech. Alphabets und ist als Anfangsbuchstabe für yuch (= Seele) eine symbolische Kurzbenennung für die hypothetische paranormale Fähigkeit der menschlichen Natur. Der Terminus „Psi“ wurde von B.P. Wiesner und R.H. Thouless als neutrale Bezeichnung für die Gesamtheit der paranormalen Phänomene vorgeschlagen, geht jedoch auf den Biologen Hans Driesch (1932) zurück und wurde erst durch die Experimente von J.B. Rhine (1895-1980) und seiner Mitarbeiter an der Duke University in N.C./USA modifiziert und popularisiert.
18 Erstmals vorgeschlagen im Rahmen eines am 3. Februar 1981 in Bern gehaltenen Vortrags. Siehe: F. Zahlner, Paraphänomene u. christl. Glaube. Innsbruck: Resch Verl., 21988, S. 40.
19 * 09.10.1800 San Fele, Italien; † 31.07.1860 Hebo, Äthiopien; wirkte dort seit 1839 trotz vieler Verfolgungen bis zu seinem Tod als Pionier der Äthiopischen Katholischen Kirche. 1975 wurde er kanonisiert. Sein Grab wird auch von Muslimen besucht.
20 Siehe Ferdinand Baumann: Pius XII. erhob sie auf die Altäre. Würzburg, o.J., S. 183 u. 188; zit. nach Wilhelm Schamoni (Hrsg.): „Die Parapsychologie und die Unsterblichkeit der Seele“, in: Ders. (Hrsg.): Die Seele und ihr Weiterleben nach dem Tode. Abensberg: Kral, 1981, S. 195f.
21 Sessa, Piera Delfino: P. Pio von Pietrelcina. Luzern: Rex, 21951, S. 117f.
22 http://www.padrepio.catholicwebservices.com/DEUTSCH/Bilok.htm
23 Teresa von Ávila in ihren Selbstbekenntnissen, zit. nach W. Moufang: Magier, Mächte und Mysterien. Heidelberg, 1954, S. 233f.
24 Mit bürgerlichem Namen Maria Fernández Coronel, Ordensname Maria de Jesús, der man sogar unglaubliche Teleportationen nach Amerika nachsagte. Vgl. dazu J. Michell/R. Rickard: Die Welt steckt voller Wunder. München: Econ, 1979, S. 274 (Anm. 35).
25 Zit. aus Herbert Thurston: Die körperlichen Begleiterscheinungen der Mystik. Luzern: Räber & Cie., 1956, S. 48f.
26 Grenzgebiete der Wissenschaft 25 (1976) 1, 243-266; s. dort auch eine systematische Übersicht über Personen, Formen, Erklärungsversuche.
27 Nach einem Bericht von Eva Stanzl‚ Das Rätsel um den fastenden Yogi‘, in der Wiener Zeitung vom 12. Mai 2010.
28 Giri Bala (geb. 1868) aus der Ortschaft Biur in Indien behauptete, seit ihrem 12. Lebensjahr über einen Zeitraum von 55 Jahren nahrungslos gewesen zu sein, während sie vorher an Ess-Sucht gelitten habe. Eine geheime Yogatechnik erlaubte ihr angeblich, kosmische Energie über Sonne und Luft aufzunehmen.
29 Die unmögliche Tatsache: „Und er kommt zu dem Ergebnis: Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“
30 Im lat. Wort miraculum steckt das Verb mirari, wundern. Die griech. Bezeichnungen für Wunder heißen thauma, thaumasion oder auch ‚teras‘ als außerordentliches Zeichen.
31 Wolfgang Beinert: Was ist ein Wunder? Stimmen der Zeit (2004) 10, S. 651.
32 Grochtmann, Harald: Unerklärliche Ereignisse, überprüfte Wunder und juristische Tatsachenfeststellung (jurid. Diss., Berlin). Meckenheim: SJM-Verl., 62001, S. 19, wo er in der Einleitung schreibt: „Wenn in der Folge der Begriff ‚Wunder‘ gebraucht wird, so ist damit in dieser Arbeit ausschließlich ein – wenn auch sehr wesentlicher und häufiger – Fall gemeint, dem ein unerklärliches Ereignis zugrunde liegt.“
33 Hvidt, Niels Christian: Mirakler – Møder mellem Himmel og Jord, (Wunder – Begegnungen zwischen Himmel und Erde). Copenhagen: Gyldendal, 2002.
34 Ders., ebd.
35 Lechner-Knecht, Sigrid: Reise ins Zwischenreich. Begegnungen mit Wundertätern und Zauberern. Freiburg: Herder, 1982; dies.: RaumZeit, Kreuzfahrten ins Zwischenreich. Gümlingen: Zytglogge 1986.
36 McKenna, Sr. Briege: Wunder geschehen wirklich. Jestetten: Miriam, 2007 (amerik. Originalausg.: Miracles do Happen, Michigan 1987).
37 Entnommen aus: Pater Pio, der Glaube und die Wunder eines Gottesmannes. Aschaffenburg: Pattloch, 1970 (italien. Originalausg.: Padre Pio – La fede e i miracoli di un uomo del Signore, Rizzoli Editore, 1968).
38 Vgl. dazu. http://www.lourdes-france.org/
39 Die mysteriöse Italienerin Alfonsina Cottoni (1902-1984) war jahrzehntelang verkrüppelt, bis auf das Skelett abgemagert; nach mehreren Operationen gab man ihr nur noch kurze Zeit zu leben. Am 5. August 1955 wurde sie in Lourdes nach Eintauchen in die Piszinen geheilt. Angeblich lebte sie 15 Jahre ohne Nahrung in einem komaartigen Zustand (Biostase?).
40 http://www.charismatische-exerzitien.at/Diverses/wunder_in_lourdes.htm; Interview, ein Auszug aus “Famille Chrétienne“ Nr. 1247, vgl. www.vision2000.at
41 Zit. nach Wilhelm Schamoni: Das wahre Gesicht der Heiligen. München: Kösel, 41967, S. 37; Schamoni verweist an dieser Stelle auf H. Hartmann: Lourdes. Zürich, 1939, S. 206; vgl. auch seine Werke: Das Wunder von Lourdes, Stuttgart 1951; Der Mensch, das unbekannte Wesen, 1955 (List-Bücher Nr. 45, 121f).
42 De servorum Dei beatificatione et beatorum canonisatione, 4 Bde, Bologna 1734-38. Der Parapsychologe D. Scott Rogo erteilt ihm postum ein Kompliment, wenn er in seinem Buch Parapsychologie – 100 Jahre Forschung (Stuttg.: Klett, 1976 ) auf S. 26 schreibt: „Dadurch wurde die katholische Kirche die erste organisierte Gruppe, die parapsychologische Forschung betrieb… Wenn man Lambertinis Darlegungen heute liest, wird einem klar, dass er damals schon gewisse Grundsätze von Psi entdeckt hatte, die erst kürzlich von der modernen Parapsychologie bestätigt worden sind.“
43 Die Wunderheilungen von Lourdes, in: A. Resch: Gesundheit, Schulmedizin, Andere Heilmethoden (Imago Mundi; 11), Innsbruck: Resch 1988, S. 449f.
44 Caserta, Aldo/Gastone Lambertini: Storia e scienza di fronte al „Miracolo di S. Gennaro“. Presentazione del Card. Corrado Ursi, Ristampa della III edizione Riveduta, Duomo di Napoli 1982; vgl. F. Zahlner: Wunder und Paranormologie, in: Grenzgebiete der Wissenschaft 1975/4 (Innsbruck: Resch).
45 Caserta, Aldo/Gastone Lambertini: Storia e scienza, S. 41.
46 Sperindeo, G.: Il miracolo di S. Gennaro, Napoli D’Auria 1903, S. 67-72; Alfano, G.B./A. Amitrano: Il miracolo di S. G., Documentazione storica e scientifica, Napoli 1950, S. 214-217.
47 Piancastelli, C.: L’aspetto storico e scientifico del Miracolo di S. G., Napoli 1965, S. 23; zit. aus: Caserta/Lambertini, Storia e scienza etc. 182, S. 48.
48 Caserta, A./G. Lambertini – wie Anm. 38 – S. 48; als Fußnote vom Co-Autor Aldo Caserta, Priester und Archivar, beigefügt. Diese Kritik von Triacca findet sich in den „Orientamenti Pedagogici“ 1973, n.2, S 302-303. – Dt. Übersetzung aus dem Italien. von Dr. med. Otto Kiss, dem ich auch für sonstige Übersetzungshilfen danke.
49 Bender, Hans: Das Blutwunder des hl. Januarius in Neapel. In: Verborgene Wirklichkeit. Olten, Freib. i. Br.: Walter, 1973, S. 97-118.; sowie in Zeitschr. f. Parapsychologie, 1965.
50 Garlaschelli, Luigi. Die Chemie der Wunder (aus dem Engl. übers. von K. Griesar), in: Klaus Griesar (Hrsg.): Wenn der Geist die Materie küsst, Frankfurt: Harry Deutsch, 2004, S.69-96. Zur Lit. vgl. auch: Garlaschelli, L./Rammaccini, F./Della Sala, S.: Working Bloody Miracles, in: Nature 1991, 353, S. 507, sowie dies. in: Skeptical Enquirer 1993, 17, S. 209.
51 Garlaschelli, L., ebd. S. 75.
52 Ders., a.a.O., S. 78.
53 Browe, Peter S.J.: Die eucharistischen Wunder des Mittelalters. Breslau: Müller & Seiffert, 1938 (Breslauer Studien zur historischen Theologie, Neue Folge, Bd. IV).
54 Catalogo della Mostra Internazionale: I miracoli eucaristici del mondo. Edizioni San Clement, 2006. Texte auch auf Deutsch. Siehe unter www.therealpresence.org/eucharst/mir/ital_mir.htm.
55 Weiss, Franz: Gottes Blut. Stein/Rhein: Christian,a 1975, S. 46f.
56 Höcht, J.M.: Träger der Wundmale Christi. Stein/Rhein: Christiana, 62004, S. 278.
57 Vintras hielt sich für die Reinkarnation des Propheten Elias und gründete eine gnostische Kirche. Aufgrund der angeblichen Blutwunder hielt er sich für besonders auserwählt: Einer seiner Verehrer, La Paraz, zeigte dem Magier Eliphas Lévi Abbildungen der auf den Hostien erschienen Zeichen (Pentagramm?); dieser hielt sie für dämonischer Herkunft.
58 Ich folge hier in verkürzter Form der Darstellung von H.Th. Brik, Wandlungswunder. Lanciano, Bolsena, Mirebeau. Wels: Reisinger, 1974, S. 56-68., unter Benützung des ausführlichen Kongressberichtes des Parapsychologen Everard Feilding von der Londoner SPR: The Case of Abbé Vachère, entnommen den Protokollen des 4. Internationalen Kongresses für Parapsychologie in Athen 1930, veröffentlicht von der SPR im Auftrag des Kongresskomitees.
Feilding bezieht sich darin auch auf das Werk von Henri Birven: Abbé Vachère, Ein Thaumaturg unserer Zeit. Brandenburg: J. Wiesike, 1928. Lit.: Grabinski, Bruno: Wunder, Stigmatisation and Besessenheit in der Gegenwart. Eine kritische Untersuchung, Hildesheim, 1923.
59 * 06.03. 1836, † 10.05.1913, Beatifikation 1972.
60 Brik, H.Th.: Wandlungswunder. Wels: Reisinger, 1974, S. 62f.
61 Siehe Acta Apostolicae Sedis Bd. VI. 1914, p. 226f.
62 Birven, Henri C.: Abbé Vachère. Ein Thaumaturg unserer Zeit. Brandenburg: J. Wiesike, 1928. – Dr. phil. Henri Clemens Birven (1883-1969), esoterischer Schriftsteller, war ein Vertreter des magischen Idealismus und betrieb um 1930 in Berlin-Wittenau ein ‚Magiologisches Studio Teletes‘. (so nach H. Miers, Lexikon des Geheimwissens, 1993, S. 114).
63 Sammaciccia, Bruno: Das Eucharistie-Wunder von Lanciano. Hauteville: Parvis, 1977.
64 Lazzarini, A.: Il miracolo di Bolsena. Roma, 1952.
65 Petrisko, Thomas W.: In God’s Hands – The Miraculous Story of little Audrey Santo. Saint Andrew’s Productions, 1997.
66 Vgl. www.madredelleucaristia.it sowie die Kritik http://www.catholicplanet.com/apparitions/false12.htm
67 Kaiser, Leonh.: Chr. Maria weint ein Meer von Tränen – im bayrischen Schwandorf und rund um die Welt. Altötting, 21988; Carney, James L.: The Seton Miracles – Weeping Statues and other Wonders. The Marian Foundation, 1998.
68 So pilgerten viele Gläubige wegen eines angeblichen ‚Blutwunders‘ zum alten Marienkirchlein (neue Kirche stammt von 1789) nach Walpersbach bei Bad Erlach/NÖ. Dort soll in den Jahren 1585 bis 1587, wie Augenzeugen berichteten und bestätigten, aus einem Loch oberhalb der Kanzel des Kirchleins von Zeit zu Zeit Blut geflossen sein, manchmal so reichlich, dass auch der Fußboden mit Blut bedeckt war. Das Kirchlein war so niedrig, dass der Priester, wenn er an Festtagen von der Kanzel predigte, mit seinen Kleidern die Mauer, an der das Blut floss, und mit seinem Kopf das Dach des Kirchleins berührte. Das Blut floss nicht alle Tage ohne Unterlass, sondern nur alle 8-14 Tage und gelegentlich auch nur einmal im Monat. Die Maurer strichen diese Blutflecken oft mit Kalk zu, die ‚Blutspuren‘ ließen sich jedoch nicht beseitigen. (s. Homepage der Ortsgemeinde: http://www.walpersbach.at/system/web/sonderseite.aspx?menuonr=218758393&detailonr=218758393)
69 Eine von dem Maler Benjamin Creme propagierte Gemeinschaft (auch gleichnamige Zeitschrift) in der theosophischen Tradition von Alice Bailey in Erwartung eines angekündigten angeblichen Weltenlehrers, von dem Creme telepathische Botschaften empfangen haben will.
70 Walser, Josef: Der heil. Christus von der Todesangst oder das wundertätige Kruzifix zu Limpias in Spanien, 1920; Ackermann, August: Die Wunder von Limpias oder der Heilige Christus von der Todesangst von Limpias. Verl. Ochsner, 1920; Frhr. von Kleist: Auffallende Erscheinungen an dem Christusbilde von Limpias. Kirnach-Villingen, Baden: Verlag der Waisenanstalt (Schulbrüder), 1922.
71 Vom 29. August bis 1. Sept. weinte das kleine Gipsrelief im Schlafzimmer des Ehepaares Antonia u. Angelo Iannusco. Viele Krankenheilungen geschahen, auch an der Besitzerin des Marienbildes. Kirchliche Anerkennung durch die regionale Bischofskonferenz. Die neue Kirche der Madonna delle Lacrime fasst 11.000 Leute und wurde 1994 von Papst Johannes Paul II. geweiht.
72 Bachleitner, Rudolf: Das Bild der ungarischen Madonna im Stephansdom zu Wien, in: Wiener Geschichtsblätter 1961, Nr. 4, S. 353-357. – Das Marienbild wurde 1697 im Auftrag von Kaiser Leopold I. nach Wien entführt und nach Zwischenaufenthalten im Stephansdom aufgestellt. Es überdauerte den Brand des Domes vom April 1945; 1948 wurde es am heutigen Platz unter dem Baldachin der südwestlichen Langhausecke aufgestellt und verehrt. Das ungarische Máriapócs erhielt eine Kopie des Wiener Original-Gnadenbildes.
73 Z.B. Aus dem Immaculata-Archiv ,Die weinende Gottesmutter‘ von P. Joh. Schons OSB (1934); Theolog. Linzer Quartalschrift Bd. XLVI 1893, 33 sowie XLVII 1894, 619; Hierzenberger, Gottfried/Nedomansky, Otto: Erscheinungen und Botschaften der Gottesmutter Maria. Überarb. u. aktualisierte Ausg., Weltbild, 2008.
74 Tomaselli. Giuseppe: Maria weint. Das Tränenwunder in Porto San Stefano. St. Andrä-Wördern, o.J.
75 Vgl. Hermes, Gerhard: Die Tränen der Rosa Mystica. Maria weint in Belgien. Stein am Rhein: Christiana, 51983; Mehring, Horst: Maria – Rosa Mystica. Altötting, 1988.
76 In Montichiari bei Brescia in Norditalien hat sich im Frühjahr 1946/47 Maria als Rosa mystica der Krankenschwester Pierina Cilli geoffenbart. Bei der Erscheinung im Dom am 08.12.1947 geschahen drei Wunderheilungen. Weitere Visionen geschahen ab 1966 in Fontanelle bei Montichiari. Berühmt wurde die Pilgermadonna der Rosa mystica, welche an verschiedenen Orten Blut-Tränen geweint hat.
77 Vgl. dazu das Buch von Malatesta, Enrico: Ha pianto tra le mie mani. Il racconto del Vescovo mons. Girolamo Grillo. Rom, 1997.
78 Resch, Andreas: Myrna. Die Ereignisse von Sufanieh. Mit Vorw. v. Prof. Dr. Adel Theodor Khoury. Innsbruck: Resch, 22009.
79 Johnston, Francis: So hat er keinem Volk getan. Das Wunder von Guadalupe. Stein am Rhein: Christiana, 1986. – Nach einer 1666 vom Erzbischof eingesetzten Untersuchungskommission erfolgte 1723 die kirchliche Anerkennung. 1754 päpstliche Bestätigung durch Benedikt XIV. 1976 Einweihung der neu erbauten Basilika.
80 Bei dem Namen ‚Guadalupe‘ dürfte es sich wohl um einen Hörfehler bzw. um ein Missverständnis gehandelt haben. Denn der kranke Onkel von Juan Diego, der zur Zeit, als sein Neffe beim Bischof war, hat vermutlich in einer Vision vernommen, dass die Jungfrau Maria gesagt haben dürfte, sie sei ‚Te Quatlasupe‘ oder ‚Te Coatlaxopeuh‘, d.h. etwa ‚Die (hl. Jungfrau), welche die Schlange vernichtet‘. „Die spanischen Kirchenführer verstanden aber so etwas wie ‚Guadalupe‘ und bezogen diese Bezeichnung auf den berühmten spanischen Marienwallfahrtsort Guadalupe in Estremadura.“ Zit. aus: De Vizzane, Carlo: Santa Maria Virgin de Guadalupe, in: Franziskanermission, 78. Jahresbericht, hrsg. Missionssekretariat der Tiroler Franziskaner, Schwaz, 2002, S. 81.
81 So schreibt der erfahrene Schweizer Parapsychologe und Priester Dr. Gebhard Frei († 1967) in seinem Vorwort zum Buch Poltergeister von Herbert Thurston SJ (Luzern: Räber &Cie, 1955): „Man darf nicht vergessen, dass wir in diesen Dingen am Anfang der Erkenntnisse stehen, nicht an ihrem Ende. Der Theologe und der Gläubige im Allgemeinen sollten sehr vorsichtig sein in Aussagen darüber, dass Gott das und jenes ‚erlauben‘ könne und das und jenes ‚nicht erlauben‘ könne. Wie beim Blitz oder beim Ungewitter lässt Gott die großen kosmischen Gesetze, die Gesetze des Dunklen und des Hellen, sich auch in de Welt des Spukes auswirken, und unsere bescheidene Aufgabe ist es, diese Gesetze ein wenig und immer mehr zu erkennen.“
82 Ein Bericht darüber erschien in der amerikan. Zeitschrift Fate vom Sept. 1979; hier zit. nach dem Artikel von Prof. Georg Siegmund‚ Das Phänomen der eingebrannten Hände, in Zeitzeichen.
83 Martín Serrano, Manuel: Sociología del milagro: las caras de Bélmez. Barcelona: Barral, 1972; Schneider, Alex: Conceptographie – Ein neuer Fall in Belmez. In: Grenzgebiete der Wissenschaft 25 (1976) II, 318-340; Martínez Romero, José: Las Caras de Bélmez. Barcelona: Roca, 1978.
84 Siegmund, Georg: Das Fortleben nach dem Tode im Lichte des Phänomens von eingebrannten Händen, in: A. Resch: Fortleben nach dem Tode (Imago Mundi; 7), Innsbruck, 41987, S. 483f.; s.a. Grabinski, B./Oster, L.: Fegfeuer-Visionen der begnadeten Margareta Schäffner von Gerlachsheim (Baden). Eupen, 61975.
85 Franz. auch Charbel Maclouf, *08.05.1828 Biqua’kafrah/Libanon, † 24.12.1898 Mar Maroun Annaya/Libanon, 1977 kanonisiert.
86 Zit. aus Nasri Rizcallah: Der wundertätige Mönch von Annaya. Kevelaer: Butzon & Bercker, 1954, S. 165.
87 Gaius Plinius Cäcilius Secundus, Neffe von Plinius dem Älteren († 79 n. Chr.): Epistulae. Buch 7, Brief 27: Erat Athenis spatiosa et capax domus, sed infamis et pestilens. Per silentium noctis sonus ferri et, si attenderes acrius, strepitus vinculorum longius primo, deinde e proximo reddebatur; mox apparebat idolon, senex macie et squalore confectus, promissa barba, horrenti capillo; cruribus compedes, manibus catenas gerebat quatiebatque.
Inde inhabitantibus tristes diraeque noctes per metum vigilabantur; vigiliam morbus et crescente formidine mors sequebatur Nam interdiu quoque, quamquam abscesserat imago, memoria imaginis oculis inerrabat, longiorque causis timoris timor erat. Deserta inde et damnata solitudine domus totaque illi monstro relicta;proscribebatur tamen, seu quis emere, seu quis conducere ignarus tanti mali vellet. Venit Athenas philosophus Athenodorus, legit titulum, auditoque pretio, quia suspecta vilitas, percunctatus omnia docetur ac nihilo minus, immo tanto magis conducit. Ubi coepit advesperascere, iubet sterni sibi prima domus parte, poscit pugillares, stilum, lumen; suos omnes in interiora dimittit, ipse ad scribendum animum, oculos, manum intendit, ne vacua mens audita simulacra et inanes sibi metus fingeret. Initio, quale ubique, silentium noctis,, dein concuti ferrum, vincula moveri; ille non tollere oculos, non remittere stilum, sed offirmare animum auribusque praetendere; tum crebrescere fragor, adventare et iam ut in limine, iam ut intra limen audiri; respicit, videt agnoscitque narratam sibi effigiem.. Stabat innuebatque digito similis vocanti; hic contra, ut paulum exspectaret, manu significat rursusque ceris et stilo incumbit; illa scribentis capiti catenis insonabat; respicit rursus idem, quod prius, innuentem nec moratus tollit lumen et sequitur. Ibat illa lento gradu quasi gravis vinculis; postquam deflexit in aream domus, repente dilapsa deserit comitem; desertus herbas et folia concerpta signum loco ponit. Postero die adit magistratus, monet, ut illum locum effodi iubeant. Inveniuntur ossa inserta catenis et implicita, quae corpus aevo terraque putrefactum nuda et exesa reliquerat vinculis; collecta publice sepeliuntur. Domus postea rite conditis manibus caruit.
88 Erlebnisbericht bei Wilhelm Moufang: Magier, Mächte und Mysterien. Heidelberg: Keysersche Verlagsbuchhandlung, 1954, S. 316-322,. Näheres dazu bei Bruno Grabinski: Der lokale Spuk. München: Herold, 1925; ders.: Beweise aus dem Jenseits. Wiesbaden: Credo, 1964 (darin auch das Foto vom 30.04.1913); E. Erwemweig: Schloß Bernstein im Bgld. Bernstein: Selbstverl. A. v. Gyömörey, 1927.
89 Bd. III, S. 45; der Bericht ist zwar nicht datiert, aber durch den Hinweis auf das Generalkapitel (von 1855) scheint er um 1854 geschrieben worden zu sein; die betreffende Begegnung mag schon früher stattgefunden haben, da man P. Josef Prost, der 1848 auf seiner Reise nach England in Wittem Station machte, davon erzählt hatte. Vgl. Notiz von P. E. Hosp in Klemensblätter Nr. 7/8 1963, S. 103.
90 Nach St. Josef‘s-Bote, Straß i. Str., Nr.10/2004.
91 Nach Mitteilung des Pfarrprovisors Mag. Josef Ulbing (9563 Gnesau vom 22.02.2010) existiert die Originallaterne leider nicht mehr. Sie wurde durch eine ähnliche ersetzt. Und er fügte hinzu: „Wohl erst längere Zeit nach dieser Begebenheit hat die Pfarrgemeinde ein Wegkreuz an etwa dieser Stelle aufgestellt, wo der „fremde Mann“ die Laterne in der Nähe der Heuhütte abgestellt hatte. Dieses Kreuz ist vor dem letzten Winter umgefallen, weil es am Boden abgemorscht war. Ich hoffe, dass wir es nach der Schneeschmelze wieder in Ordnung bringen können. Ihre Version der Josefsgeschichte aus dem Internet stimmt doch ziemlich genau mit der Überlieferung überein, die mir hier bekannt ist.“
92 Der Originalbericht ist mir leider nicht zugänglich, möglicherweise ist er verschollen. Der angeführte Bericht ist wörtlich entnommen aus ‚Oberrheinisches Pastoralblatt‘, 52. Jg. 1951, Märzheft S. 77-79. Für Recherchen in dieser Causa sei an dieser Stelle dem Erzb. Archivdirektor Dr. Christoph Schmider der Diözese Freiburg/Br. gedankt.
93 Im diesbezügl. Nachwort der Schriftleitung heißt es: ‚Nach Ausweis der Standesbücher der Pfarrei Allfeld ist der Bauer Johannes Müller am 22. Dezember 1845 gestorben. Sein 2. Kind hieß Valentin (geb. 4. August 1832), starb am 29. Januar 1847. Aufzeichnungen über seine Erstkommunion existieren nicht, da das Bruderschaftsbuch der Corporis-Christi-Bruderschaft erst mit dem Jahr 1875 beginnt. Wenn das Kind am Weißen Sonntag 1846 zur hl. Kommunion gegangen ist, dann könnte gut der Pfarrer sich im Dezember Gedanken gemacht haben über seine geistigen Voraussetzungen; gewöhnlich hat der Kommunionunterricht früher ja viel eher begonnen und länger gedauert als heute. Der Weiße Sonntag 1846 wäre auch die letzte Gelegenheit zur feierlichen Erstkommunion gewesen, da er den von 1847 nicht mehr erlebte. In obigem Bericht wäre die Bemerkung, der Knabe sei kurz nach seiner Erstkommunion gestorben, dann in etwas weiterem Sinn zu nehmen“ (a.a.O. 78f.). – Pfarrer B. Metz (*20.05.1803, Oberweier) war ab 1841 Pfarrer in Allfeld, wo er am 01.04.1875 starb und ebendort am 04.04. begraben wurde (lt. Mitteilung des Freiburger erzbischöfl. Archivdirektors Dr. Schmider).
94 Häring, Bernhard: Gabe und Auftrag der Sakramente (1962), 204f. – (‚Das letzte große Anliegen Christi in Seinem Erdenleben ist die Eucharistie. Sie ist Sein Testament an uns.‘).
95 Artikel aus Benzigers Einsiedler Kalender 1951, Einsiedeln: Benziger, Schweiz.
96 Msgr. Otto Gramann,* 25.07.1914, war Kirchenrektor an der Kirche Maria Heimsuchung in Wien III. Er starb am 10.11.1947 in Wien und wurde am 14.11. am Meidlinger Friedhof neben seiner Mutter bestattet (Grab Nr. 6, Gruppe IV, Abt. II).
97 Dieser Bericht ist die Wiedergabe eines Schreibens von Fr. Bruno Wagner CSsR und wurde erstmals unter dem Titel ‚Zeichen aus einer anderen Welt‘ in der Ordenszeitschrift der Redemptoristen, ‚Klemensblätter‘, abgedruckt (Nr. 11/12 1970, S. 194).
98 Jaffé, A.: Geistererscheinungen und Vorzeichen. Zürich: Rascher 1958 (Vorw. von C.G. Jung), S. 265.
99 Vgl. Zitat des Psychologen Hubert Rohracher: ‚Ausdruck ist alles, was Eindruck macht‘.
100 Grabinski, Bruno/Leo Oster: Fegfeuer-Visionen. Eupen, 61974, S. 66.
101 Geistliche Fürsprecherin für Eugenie war die Frau ihres Neffen, Fürst Erwein III., Donna Nives Ruffo della Scaletta aus dem Geschlecht der Borghese in Rom. Diese glaubte im Gegensatz zur liberal eingestellten Familie an Eugenies Charisma und überbrachte das Original des Tagebuches Papst Pius XII., einem persönlicher Freund der Familie, der als päpstlicher Nuntius in Deutschland öfter auf Schloss Waal und Unterdiessen geweilt hatte.
102 V. d. Leyen, E.: Meine Gespräche mit Armen Seelen, hrsg. v. Dr. Peter Gehring. Stein am Rhein: Christiana, 21980, S. 33. In diesem Buch sind wegen des eingetretenen zeitlichen Abstands im Gegensatz zu den Erstveröffentlichungen viele Namen – soweit eruierbar – ausgeschrieben worden, was die Authentizität erhöht. Manche Aussagen der erscheinenden Personen konnten vom Pfarrer, der sie aus dem Leben kannte, bestätigt werden.
103 Ebd., S. 20.
104 McAll, Kenneth: Familienschuld und Heilung. Mit einem Vorw. von O. Knoch. Salzburg: O. Müller, 1986, S. 79f.
105 Conan Doyle, Sir Arthur J. (1859-1930), berühmt geworden durch seine Sherlock-Holmes-Romane, war auch überzeugter Spiritist. Er starb an Herzinfarkt auf seinem Anwesen in Windlesham und wurde auf dem Friedhof in Minstead, Crowborough, Sussex, begraben. Seine Grabstätte ist noch erhalten.
106 McAll, Kenneth: Familienschuld, S. 78.
107 Hark, H.: Mit den Engeln gehen. Die Botschaft unserer spirituellen Begleiter. Augsburg: Weltbild, 2009, S. 102.
108 Tödliche Schatten –Tröstendes Licht. Erinnerungen von P. Gereon Goldmann. St. Ottilien, 132008, S. 123f.
109 Devlin, M. Patricia: Das Licht der Liebe. Mein Engel soll dir vorangehen. Jestetten: Myriam, 32002 (amerikan. Original: The Light of Love).
110 Vgl. dazu: Wegner, Marcus, Exorzismus heute. Der Teufel spricht deutsch. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2009. Er schreibt auf S. 15: „Heute weiß ich: Die katholische Kirche beschäftigt immer noch hunderte Teufelsaustreiber. Hinzu kommt eine schier unüberschaubare Zahl an Exorzisten, Geistheilern und Magiern, die fern von der Kirche oder einer anderen Institution aus eigenen Stücken handeln.“
111 DSM-IV, Ausgabe 1994.
112 Ohne auf die Problemlage und den Diskussionsstand über Wesen und Personalität des Bösen (Satan, Dämon, Dämonen) in Bibel, Kirchengeschichte und lehramtlichen Äußerungen sowie auf ihre Interpretationen hier eingehen zu wollen, sei zum tieferen Verständnis verwiesen auf: W. Kasper/K. Lehmann (Hrsg.): Teufel, Dämonen, Besessenheit. Zur Wirklichkeit des Bösen. Mainz: Grünewald, 1978. Darin schreibt der damalige Dogmatikprofessor in Freiburg, Karl Lehmann, in seinem Beitrag ‚Der Teufel – ein personales Wesen‘ in Abhebung von den beiden anderen Grundmodellen der Ursprungsdeutung (Dualismus, Monismus) des Bösen: „Wenn der Ursprung des Bösen nicht in einer Aufteilung oder Reduktion der Seinsbereiche in schlechthin Gutes oder Böses zu suchen ist, sondern in der freien Entscheidung geistig-personaler Wesen, so muss dies nicht heißen, dies sei allein der freie Wille des Menschen. Die christliche Lehre vom Ursprung des Bösen geht von der Überzeugung aus, dass die Unheilssituation zwar durch kreatürliche Freiheit konstituiert wird, der Widerspruch zu Gott aber der menschlichen Freiheitsgeschichte vorausliegt… Die menschliche Vernunft stellt nicht einfach den Inbegriff des endlichen Geistes dar. Darum setzt das traditionelle Verständnis des Teufels die Angelologie voraus“ (S. 85). Dies ist auch meine Auffassung. Lehmann weist ferner darauf hin, dass eine rein anthropologisch-philosophische Reflexion auch an ihre Grenze kommt. Siehe z.B. die Aussagen von I. Kant in seinem Werk Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (hrsg. v. W. Weischedel), Wiesbaden, 1956, Bd. IV, S. 693f.
113 Vgl. dazu Mischo, Johannes: Dämonische Besessenheit – Zur Psychologie irrationaler Reaktionen, in: W. Kasper/K. Lehmann (Hrsg.): Teufel, Dämonen, Besessenheit. Zur Wirklichkeit des Bösen. Mainz: Grünewald, 1978, S. 99-143.
114 Wickland, C.: Dreißig Jahre unter den Toten. Remagen, 1957.
115 Mit dem Untertitel „Phänomene zwischen Himmel und Erde“. Augsburg: St. Ulrich Verlag, 2012, S. 101-103. Neben den oben genannten Dr. Wickland und McAll nennt er Dr. Cornelia B. Wilbur (Psychoanalytikerin, New York), Nicolas Abraham (1919-1975, Paris) und Maria Török (1925-1998, Paris), Jean-Jacques Dubois (Montreal), Wilson van Dusen (Kalifornien), Martine Gercaud (Paris), Dr. Edith Fiore (Saratoga, Kalifornien).
116 A Psychologist Treats Spirit Possession. New York, 1995; dt.: Besessenheit und Heilung. Güllesheim, 1987.
117 Borel, D.: Engel, Wunder und Dämonen, S. 103.
118 Amorth, G.: Exorzisten und Psychiater. Stein am Rhein: Christiana, 2002, S. 105.
119 Ders., ebd., S. 37.
120 Ebd., S. 117.
121 Nach: E. Bauer/W. v. Lucadou: Psi – was verbirgt sich dahinter? Herder Tb. 1150, S. 20f.
122 Ebd., S. 42.
123 Owen, I. M./Sparrow, Margret: Eine Gruppe erzeugt Philipp. Freiburg: Aurum, 1979.
124 Nach: Emilio Servadio, in: Enciclopedia di parapsicologia: L’uomo è l‘ignoto. Milano, 1978, S. 621.
125 Benannt nach dem engl. Naturforscher William Benjamin Carpenter (1813-1885), wonach jede Bewegungsvorstellung einen Antrieb zum Vollzug dieser Bewegungen einschließt. R. Allers und F. Scheminsky wiesen 1926 nach, dass bei Bewegungsvorstellungen Aktionsströme in der betreffenden Muskulatur auftreten: „Über Aktionsströme der Muskeln bei motorischen Vorstellungen und verwandten Vorgängen“, in: Pflügers Arch. ges. Physiol. 212, 1926, 169. Dieses Phänomen wurde von W. Hellpach auf alle subjektiven Wahrnehmungs- und Vorstellungsinhalte erweitert: sog. Ideo-Realgesetz (wirksam z.B. beim Autogenen Training).
126 Es sind jedoch – ungeachtet einer eventuell in Frage kommenden religiösen Interpretation – bereits gute Theorienansätze und deskriptive Modelle vorhanden, wie das psychomiletische des erwähnten italien. Parapsychologen A. Pavese oder das sechs Dimensionen umfassende mathematische Weltkonzept des deutschen Physikers Burkhard Heim (1925-2001). Siehe dazu: Einheitliche Beschreibung der Materiellen Welt: Informatorische Zusammenfassung von „Elementarstrukturen der Materie“, Bd. 1 u. 2, Innsbruck: Resch, 1990, sowie auch: Postmortale Zustände? Die televariante Area integraler Weltstrukturen, ebd., 31994.
127 Vgl. https://www.parapsychologie.info
128 Nämlich das mathematische Modell von Helmut Schmidt, das quantenphysikalische Modell von E.H. Walker, das intuitive Daten-Selektions-Modell von E. May sowie das Modell der Pragmatischen Information, in: W. v. Lucadou: Psi-Phänomene. Neue Ergebnisse der Psychokinese-Forschung. Frankfurt/M./Leipzig: Insel, 1997.
129 Vgl. F. Zahlner: „Spiritismus – eine Herausforderung für Parapsychologie und Theologie?, in: Grenzgebiete der Wissenschaft 1999, Heft 1.
130 Bender, Hans: Parapsychologie und das Fortleben nach dem Tode, in: A. Resch: Fortleben nach dem Tode (Imago Mundi; 7). Innsbruck: Resch, 1987, S. 611.
131 So z.B. von Rechtsanwalt F. Zingaropoli (in seinem Buch Luce e Ombra, 1910). Der Chirurg James Braid (1795-1860) verwendete die Bezeichnung „Monoideismus“ auch für die Hypnose wegen der zu konzentrierenden Aufmerksamkeit und Erhöhung der Einbildungskraft seitens des Hypnotisierten.
132 Beispiele dafür finden sich in dem Buch des anglikanischen Arztes Kenneth McAll: Familienschuld und Heilung, Vorw. v. O. Knoch. Salzburg: Müller, 1986.
133 Aus eigener Erfahrung weiß ich von einem visionärer Spuk in einem Haus im Paznauntal in Tirol, nach negativer Belastung im Zusammenhang mit einem Unrecht; eine verstorbene Großmutter wird in einer Wohnung in Baden gesehen. In beiden Fällen verschwand das spukhafte Geschehen nach Gebet und Segnung der Räume.
134 Kölbl, Franz: Mein Leben als Hellseher. Der sechste Sinn. Innsbruck: Pinguin, 1981, S. 36f.
135 Der Schweizer Arzt und Psychologe Jung entwickelte dieses Deutungsprinzip ‚Synchronizität als Prinzip akausaler Vorgänge‘ zusammen mit dem Physiker Wolfgang Pauli, mit dem er das Werk Naturerklärung und Psyche herausgab. (Zürich: Rascher, 1952).
136 Der Zufall und das Schicksal, 31924, überarb. Aufl. von ‚Der Zufall, eine Vorform des Schicksals: Die Anziehungskraft des Bezüglichen‘, Stuttgart, 1923.
137 Scholz, Wilhelm von: Der Zufall und das Schicksal, München: List, 1959, S. 165.
138 Kammerer, Paul: Das Gesetz der Serie. Eine Lehre von den Wiederholungen im Lebens- und Weltgeschehen. Stuttg./Berlin: Deutsche Verlagsanstalt, 1919.
139 Jung, C.G. Jung: Gesammelte Werke, Bd. 8. Olten (CH): Walter, 1971, S. 497.
140 Seifert: Angela u. Theodor: So ein Zufall. Synchronizität und der Sinn von Zufällen. Freiburg: Herder, 2001, Zitate von S. 35, 61, 122; vgl. ferner: E. Mardorf: Das kann doch kein Zufall sein! Verblüffende Ereignisse und geheimnisvolle Fügungen in unserem Leben. Taschenbuch, Schirner Verlag, 2009 (ursprünglich Kösel).
141 Seifert, A. u. Th. : So ein Zufall, S. 149ff.
142 Zit. nach Wilhelm. Horkel: Botschaft von drüben. Hamburg, 1960, S. 115f.
143 Borel, Denis: Engel, Wunder und Dämonen. Augsburg: Ulrich, 2010, S. 107.
144 Zahlner, Ferdinand: Kirche und Parapsychologie, in: Für Kirche und Heimat. Festschrift Franz Loidl zum 80. Geburtstag. Herold, 1985, S. 468.