Felsendom

Ältester monumentaler Sakralbau des Islam und eines der islamischen Hauptheiligtümer auf dem Tempelberg im südöstlichen Teil der Jerusalemer Altstadt. Errichtet wurde er nach gegenwärtigem Forschungsstand zwischen 687 und 691 und im Lauf der Jahrhunderte vielfach restauriert, verändert und umfassend ergänzt, zuletzt Anfang 1990.
Von diesem Felsen aus soll Mohammad zum Himmel aufgestiegen sein, was in der Hadith-Literatur ausführlich behandelt wird. So sei er vom Felsen, auf dem die Erde gegründet wurde (Eben Shetuyyah), von Ğibril durch die sieben Himmel bis zur äußersten Grenze geführt worden. In diesem Augenblick habe sich der Fels gespaltet, weil er sich danach sehnte, Mohammad in den Himmel zu folgen. Dessen Fußabdrücke sind immer noch zu sehen. Das Gebäude wird auch (fromm, aber unhistorisch) als die ’Umar-Moschee bezeichnet.
In der Forschung hat man wiederholt darauf hingewiesen, dass das islamische Überlieferungswesen – Universalgeschichte, Lokal- und Stadtgeschichte – keine zeitgenössischen Berichte über die Bauarbeiten des Felsendoms aufweist.
Nach den gegenwärtigen Forschungsergebnissen, die sowohl die islamischen Historiographen als auch die Lokalhistoriker Jerusalems bestätigen, war ʿAbd al-Malik ibn Marwān der Erbauer der Kuppel über dem Felsen, wobei er sich der byzantinischen Architektur und Baukunst, ferner einiger Baumeister griechischen Ursprungs bediente. Die architektonische Gesamtkonzeption ähnelt der zwischen 525 und 547 errichteten Kirche von San Vitale in Ravenna und der Rotunde in der Grabeskirche, errichtet gegen 348 unter Konstantin, in Jerusalem.
Der F. ist großartig verziert (das Goldblatt auf der Kuppel wurde 1994 wieder hergestellt) mit kalligraphischen Darstellungen von Texten aus dem Koran, darunter einige über Jesus. Seine achteckige Form wurde zum Vorbild für Heiligtümer und Grabstätten in der gesamten muslimischen Welt und sogar für einige Kirchen, als die christlichen Kreuzritter Jerusalem beherrschten und die Templer das Gebäude in eine Kirche umwandelten. Bei der Belagerung Jerusalems (1099) nahmen die Kreuzfahrer den Felsendom in Besitz: er wurde zum Templum Domini – zur Kirche der Kreuzritter. Auf dem Felsen wurde ein Marmoraltar, auf der Spitze der Kuppel ein goldenes Kreuz errichtet.
Nachdem Saladin den Kreuzfahrern bei Hattin eine vernichtende Niederlage zugefügt hatte, zog er in Jerusalem ein und ließ das goldene Kreuz auf der Kuppel sowie die Marmorverkleidung des Felsens samt Altar wieder entfernen. Der Felsen wurde rituell gereinigt und parfümiert. Seine Erneuerungsarbeiten sind im Innern der Kuppel dokumentiert, begleitet von den ersten einundzwanzig Versen der Sure Tā-Hā, und dienen als Bestätigung der wieder erlangten muslimischen Herrschaft über das Heiligtum.

Lit.: Hartmnn, Richard: Der Felsendom in Jerusalem und seine Geschichte. Strassburg: J.H. Ed. Heitz, 1909; Nagel, Tilman: Die Inschriften im Felsendom und das Islamische Glaubensbekenntnis. Der Koran und die Anfänge des Hadit. Arabica 26 (2000), 3, 329-365.

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