Gr. eidos = Bild, Aussehen.
1. philosophisch: Lehre vom ,Eidos‘, dem Wesen oder der Grundgestalt (bei Platon das Urbild, die Idee; bei Aristoteles die Wesensform der Dinge; bei E. Husserl (1859-1938) die Wesensschau im Gegensatz zum Faktum, der Tatsache); s. Phänomenologie.
2. psychologisch: Von E.R. Jaensch (1883-1940) geprägte Bezeichnung für jene zwischen Vorstellung und Wahrnehmung liegende psychische Eigenart, früher Gesehenes in subjektiven Anschauungsbildern gegenwärtig zu sehen, wobei in der Vorstellung eine optische Wahrnehmung wirklichkeitsgetreu reproduziert wird. Dies ist besonders bei Kindern und Jugendlichen häufig der Fall und wurde wissenschaftlich 1907 von Viktor Urbantschitsch (1847-1921) beschrieben, aber bereits von Jean Paul (1763-1825) als ,Empfindungsbilder‘ erwähnt. Nach Karl Schmëing (Das „Zweite Gesicht“ in Niederdeutschland, 1937) findet sich eine eidetische Begabung auffallend oft an bestimmte Landschaftsgebiete gebunden, vgl. > Spökenkieker, > Zweites Gesicht.
Lit.: Urbantschitsch, Viktor: Über subjektive optische Anschauungsbilder. Deuticke, 1907; Jaensch, E. u.a.: Eidetische Anlage und kindliches Seelenleben. Studien u. Abhandlungen zur Grundlegung d. Eidetik und Jugendanthropologie. Leipzig: Barth, 1934.