Dionysius der Kartäuser

Auch D. von Rijkel oder van Leeuwen (* 1402/03 Rijkel/Belgien; 12.03.1471 Roermond/Niederlande), genannt „der letzte Scholastiker“, Ehrentitel „doctor ecstaticus“.
Nach seinem Studium in Köln 1424/25 lebte D. in der Kartause Bethlehem Marie in Roermond, die er nur zweimal verließ: 1451-52, um den Kardinallegaten Nikolaus von Kues auf seinen Visitationsreisen durch die Niederlande und das Rheinland zu begleiten; 1466-1469, um in der von ihm gegründeten Kartause in der Nähe von Herzogenbusch das Amt des Priors zu versehen. Die letzten Jahre verbrachte er wieder in Roermond.
Das Leben von D. war reich an mystischen Erfahrungen. Seine eigenen Werke und Briefe sowie wichtige Biografien, z.B. des Kölner Kartäusers Loer von Stratum ( 1554), bezeugen, dass er regelmäßig von Ekstasen, Visionen und Offenbarungen heimgesucht wurde. D. verkehrte fortwährend mit den Verstorbenen. In seinem Werk Über die Vollkommenheit der Liebe betont er die Notwendigkeit des Gebets für die Verstorbenen. Er war ein Mann der erlebte, was er schrieb, und war zudem noch ungeheuer belesen, sodass der Spruch kursierte „Wer D. liest, liest alles.“
Fast 200 Werke umfassen die mehr kompilatorischen Kommentare zur Bibel, zu den Sentenzen des Petrus Lombardus, zur Summa des Thomas v. Aquin, zu den Schriften des Pseudo-Dionysius, des Johannes Klimakus und des Cassian.
Seine Originalität kommt in seiner mystischen Theologie zum Ausdruck. Dazu gehören sein Kommentar zur Mystica theologia des Pseudo-Dionysius (um 1465), De donis Spiritus sancti (Über die Gaben des Hl. Geistes, vor 1430), De vita et fine solitarii (Über Einsiedlerleben und -ziel), De triplici via (Über den dreifachen Weg, 1440/45), De contemplatione (1440/45, seine Hauptschrift zur Mystik), De fonte lucis ac semitis vitae (Über den Lichtquell und Lebensweg, um 1455), De oratione (Über das Gebet) und seine letzte Schrift De meditatione (1469). Entsprechend der thomistischen Denktradition ist nach D. die Geistesgabe die wesentlichste Voraussetzung der Unio mystica, bei welcher der Intellekt aber niemals ausgeschaltet wird. Die wahrhaft mystische Theologie besitzt jener, der über die Weisheit in Perfektion verfügt.
Die im 16. Jh. von der Kölner Kartause besorgte Edition seiner Werke machte D. zu einem viel gelesenen Autor. Dem Einfluss seiner mystischen Theologie begegnet man in Werken des Ignatius von Loyola, des Luis von Molina, des Franz von Sales und des Alphons von Liguori.

W.: Opera omnia. 42 Bde. Monstreuil [u.a.]: Cartusia S.M. de Pratis, 1896-1935.
Lit.: Vita beatae memoriae Dionysii cartusiani/auctore Theodorico Loer a Stratis/Tornaci: typis Cartusiae Sanctae Mariae de Pratis, 1904.
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