Dietrich von Bern

Lieblingsgestalt der germanischen Dietrichsage. In ihr wird das Geschick des Ostgotenkönigs Theoderich des Großen, der in Italien die Gotenherrschaft begründete, zur Heldensage umgedeutet (Dietrich = Theoderich, Bern = Verona).
Nach der frühesten Fassung der Sage floh D. vor Ermanarich (Odoaker) zum Hunnenkönig Etzel. Die Rückgewinnung seines Reiches misslang zunächst, doch konnte er nach 30 Jahren als Held heimkehren und von seiner Herrschaft friedlich Besitz ergreifen.
In das Nibelungenlied ist er als das Ideal des christlich-ritterlichen Helden eingezogen. Auch in anderen Sagen sowie in den Dietrich-Epen des 13. Jh. spielt er eine Rolle.
An die Geschehnisse um D. wurden viele Heldengestalten mit zugehörigen Werken angebunden: Alphart, Biterolf und Dietleib, Eckenlied, Hildebrandslied, Thidreks saga usw.).
Die Thidreks saga ist eine 1250 in Norwegen entstandene Kompilation, die Leben und Heldenfahrt des D. mit niederdeutschen Heldenliedern u.Ä. in Verbindung bringt.
Die Gestalt des D. v. B. beflügelte die Phantasie des deutschen Mittelalters vor allem durch das ununterbrochen weitervererbte Heldenlied. So erschien er angeblich als riesiges Gespenst in Menschengestalt auf schwarzem Ross Spaziergängern oder weissagte nahendes Unglück über das ganze Römische Reich. In Deutschland trifft man ihn, örtlich und zeitlich begrenzt, als Substitution des Wilden Jägers an.

Lit.: Haupt, Waldemar: Zur niederdeutschen Dietrichsage. New York: Johnson, 1970 (1. reprinting [d. Ausg.] Berlin, Mayer u. Müller, 1914); Rass, Wim S.-W.: Dietrich von Bern und Karl der Große/Bd. 1. Untersuchung über die Zeitstruktur der nordischen Dietrich-Sage und die karolingische Sagen-Manipulation; ein Beitrag zur Sagengenese. Books on Demand, 2000.
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