Dhū n-Nūn al-Misrī

Eigentlich Abu l-Faid Thauban ibn Ibrahim (* 796 Achmim; 859), islamischer Mystiker (Sufi) aus Ägypten. Auf der Suche nach Wahrheit und Gewissheit unternahm er weite Reisen und wurde so zu einer führenden Autorität für Erkenntnis der inneren Wahrheit und zu einem geistlichen Führer der Sufis seiner Zeit. D. soll als Erster im Sufismus den Zustand mystischen Lebens und die Stufen des Weges desselben systematisiert haben, und zwar in drei Kategorien: das Wissen um die religiösen Gebote und Pflichten; Erwerb von Wissen durch Beweis und anschauliche Anwendung, bestimmt für die Auserwählten; Wissen, das jenseits der Fähigkeit menschlichen Lernens und der Vernunft liegt und daher von vielen abgelehnt wird. Nach D. sehen Gottes Geliebte ohne Wissen, ohne Anblick, ohne empfangene Information, ohne Beschreibung, ohne Verschleierung und ohne Schleier. Sie sind nicht sie selbst, sie sind in Gott.
D. wurde jedoch nicht nur als Mystiker verehrt, sondern auch als Magier angeklagt, weil er Bücher über Alchemie verfasst haben soll. Um das Jahr 840 befand er sich während der Verfolgung der „Altgläubigen“ in Bagdad im Gefängnis.
Durch seine poetischen Gebete führte er einen neuen Stil in die asketische Frömmigkeit der damaligen Sufis ein.

Lit.: Schimmel Annemarie: Mystische Dimensionen des Islam: die Geschichte des Sufismus. Frankfurt: Insel, 1995, S. 71-78.

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