Blutsbrüderschaft

Eine Art verwandtschaftlicher Beziehung zweier nicht blutsverwandter Männer durch Trinken ihres vermischten Blutes. Dies erfolgte nach einem festgelegten Ritual mit Blutmischung und „Rasengang“. Letzterer beruhte auf dem Brauch, aus der Erde ein Stück Rasen herauszuschneiden und in der Mitte emporzuheben, um in einer Grube darunter die Zeremonie der Blutsbrüderschaft zu vollziehen. Auf diese Weise wurde auch die Verbindung mit der > Erdmutter, von der alles Leben kommt, hergestellt. Die so entstandene Verbindung war rechtlich der leiblichen Bruderschaft gleichgestellt, etwa bei Erbfolge, Besitz, Heiratsregeln sowie > Blutrache. Im Zentrum der B. stand eine starke Hilfe- und Beistandsallianz zwischen den Blutsbrüdern, die auch deren Familiengruppen einschloss. Sie bewährte sich besonders dort, wo mangelnde Rechtssicherheit bestand. Eine B. erzeugte das engste Freundschaftsband, das bis über den Tod hinaus verpflichtete.
Blutmischung bildete bei den Germanen wie auch anderswo das gebräuchliche Zeremoniell des Friedens- und Freundschaftsschlusses (Simrock, 226). Wer ein enges Friedens- und Freundschaftsverhältnis mit einer Einzelperson, einer Sippe oder einem Volk wünschte, musste künstlich durch den Blutbund gleichen Blutes gemacht werden, der das wichtigste und älteste Element der Gruppenbildung war (Herodot 4, 70).
Einen Nachklang der B. ist das „Bruderschaftstrinken“, wobei studentische Kreise noch in späterer Zeit den Blutzusatz nicht vergaßen.

Lit.: Hartland, Edwin Sidney: Primitive Paternity. The Myth of Supernatural Birth in Relation to the History of the Family/By Edwin Sidney Hartland. Bd. 1.2 [in 1 Bd.]. Nendeln: Kraus Reprint, 1967; Strack, Hermann L.: Das Blut im Glauben und Aberglauben der Menschheit. München: Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen, 1979; Simrock, Karl: Handbuch der Deutschen Mythologie mit Einschluss der nordischen. Nachdr. d. Ausg. Bonn 1874. Genève: Slatkine Reprints, 1979; Herodot: Historien: Griechisch/Deutsch/Herodot. Übers. von … Hrsg. Kai Brodersen. Stuttgart: Reclam, 2004.
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