Bilderverehrung

Griech., Idolatrie, Ikonolatrie; Glaube an die Wirkung der bildlichen Darstellung auf Beobachter und Umgebung. Diese Wirkung kann dem Bild selbst zugeschrieben werden oder der Symbolkraft des Bildes. Damit sind zwei Formen der B. zu unterscheiden, die magische und die symbolische.
Bei der magischen B. wird der bildlichen Darstellung als solche eine besondere Kraft zugesprochen, der man sich bedienen kann. Von Verehrung ist dabei nur dort zu sprechen, wo dem Bild oder dem Dargestellten Ehrung entgegengebracht wird. Wo dem Bild hingegen negative Wirkungen zugeschrieben werden oder das Bild als Mittel zum Zweck dient, spricht man von > Bildzauber. Je nach Intensität der B. kann es bis zur Identifikation mit dem Bild und dem Abgebildeten kommen. In diesem Zusammenhang steht auch die Anfertigung von Gottesbildern, um mit Gott in Verbindung zu treten und seine helfenden Kräfte selbst oder durch eigens dafür Beauftragte, die Priesterschaft, zu erflehen. Diese haben dabei besondere Aufgaben zu erfüllen, vor allem, wenn Opfer und Pflege verlangt werden, wie noch heute in Indien.
Bei der symbolischen B. ist das Bild nur Zeichen einer dahinterstehenden Kraft. Da jedoch die Gefahr sehr groß ist, die symbolisierte Kraft mit dem Bild zu verbinden, haben Religionen in der Verbildlichung des Göttlichen Zurückhaltung geübt – so die Perser (Herodot I, 131), die Germanen (Tacitus, Germ. 9) und der alte Shintoismus. Das Judentum (Dtn 5, 8) untersagt die Erstellung eines Gottesbildes.
Das Christentum übernahm die ablehnende Haltung des Alten Testaments, doch bahnte sich schon frühzeitig eine Bilderverehrung an, vor allem im Westen, wo diese im Wesentlichen von der römischen Grabeskunst ausging. Das menschliche Anschauungsbedürfnis war nämlich stärker als die theologischen Argumentationen, sodass nicht nur christliche Bilder, sondern auch Christusbilder entstanden, um Farbe und Hoffnung in die dunklen Behausungen der Katakomben zu bringen. Im Osten wurde der Widerstand jedoch erst durch die Beendigung des Bilderstreits (726-787 und 815-843) zugunsten der Bilddarstellung beendet.
Der Islam lehnt generell jede Art von B. ab.
Im Westen geriet die B. zur Zeit der Reformation noch einmal unter Kritik und erreichte im Bildersturm (Karstadt, 1522) ihren Höhepunkt.
In der katholischen Kirche hat sich die B. in allen Kunstrichtungen entfaltet und wurde in den Heiligen- und Andachtsbildern und -bildchen zum allgemeinen religiösen Volksgut. Die Ostkirche hingegen legt in der B. besonderes Augenmerk auf die > Ikonographie (> Acheiropoeta), während die evangelische Kirche mit der B. äußerst sparsam umgeht.
Im öffentlichen Bereich dient die B., die nicht selten in Magie umschlägt, weniger der eigentlichen Verehrung als der Selbstdarstellung von Geschichte und Personen.

Lit.: Elliger, Walter: Die Stellung der alten Christen zu den Bildern in den ersten vier Jahrhunderten: nach den Angaben der zeitgenössischen kirchlichen Schriftsteller. Leipzig: Dieterich, 1930; Schwarzlose, Karl: Der Bilderstreit, ein Kampf der griechischen Kirche um ihre Eigenart und um ihre Freiheit. Nachdr. d. Ausg. v. 1890 (Gotha: Perthes). Amsterdam: Rodopi, 1970; Bodenstein von Karstadt, Andreas: Von der Ablehnung der Bilder. Reprint. Nürnberg: Medien & Kultur, 1979; Streit um das Bild: das zweite Konzil von Nizäa (787) in ökumenischer Perspektive/herausgegeben von Josef Wohlmuth. Bonn: Bouvier, 1989; Macht und Ohnmacht der Bilder: reformatorischer Bildersturm im Kontext der europäischen Geschichte [Vorträge der Tagung an der Universität Bern vom 21. bis 24. Januar 2001]/hrsg. von Peter Blickle, André Holenstein. München: Oldenbourg, 2002.
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