Bibelstechen

Ziellose Wahl einer Bibelstelle, die man als gesuchte Antwort oder als Hinweis auf die gestellte Frage interpretiert. Diese Wahl kann durch echtes oder symbolisches Stechen geschehen.
Beim echten Stechen wird mit einem spitzen Messer, einer Nadel oder sonst einem spitzen Gegenstand ungezielt in die Bibel gestochen und die durchstochene Stelle auf der zufällig aufgeschlagenen Seite der Bibel als Antwort gewertet.
Beim symbolischen Stechen schlägt man eine beliebige Seite der Bibel auf und legt mit geschlossenen Augen den Finger auf eine beliebige Stelle, die als die gesuchte Antwort interpretiert wird. Dieser Brauch wird auch > Däumeln genannt, wenn die jeweilige Seite mit dem Daumen festgehalten wird.
Derartige Bräuche sind unterhaltsame Spielereien, sofern man die Bibel nicht beschädigt und die Deutung der Stelle nicht als verpflichtende Aussage nimmt, sondern höchstens als Anregung. Darin den Finger Gottes erkennen zu wollen, tadelte schon Augustinus mit scharfen Worten.

Lit.: Schmidt, Philipp: Dunkle Mächte: ein Buch vom Aberglauben einst und heute. Frankfurt a.M.: Josef Knecht, 1956; Dinzelbacher, Peter/Dieter  R. Bauer (Hrsg.): Volksreligion im hohen und späten Mittelalter. Paderborn [u.a.]: Schöningh, 1990; Augustinus, Aurelius: Bekenntnisse. Übers. von Wilhelm Thimme. Mit einer Einf. von Norbert Fischer. Düsseldorf: Artemis und Winkler, 2007.
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