Aromatherapie

Therapeutische Anwendung hochkonzentrierter Pflanzenextrakte, > ätherischer Öle und Aromen. Ihre Geschichte reicht mindestens 5.000 Jahre zurück. Vermutlich ist die A. sogar gleichursprünglich mit der > Kräuterheilkunde, der sie in vielen Punkten ähnlich ist. In der Antike wurde sie vor allem im Kult um die Göttin > Aphrodite, die „Schutzgöttin der A.“ eingesetzt (Rätsch 2000, 147; Rätsch 1995, 73). Düfte von Blüten, Hölzern und Harzen galten als Zeichen der Götter und man benutzte sie zu kultischen wie zu heilerischen Zwecken. Den Räucherungen wurden auch pharmakologisch wirksame Pflanzenteile zugesetzt, etwa Hanfblüten, Mohnköpfe oder Bilsenkrautsamen (Rätsch 1995, 73). Schon die reichen Ägypter balsamierten ihre Toten mit aromatischen Essenzen, schickten ihren kostbaren Weihrauch zu den Göttern perfumum in den Himmel und umgaben sich mit Wohlgerüchen (Faure, 8).
In Arabien wurden von Ärzten vor allem im Rahmen alchimistischer Experimente Methoden der Destillation von Duftölen entwickelt.

Die wissenschaftliche A. wurde unter diesem Begriff in neuerer Zeit von dem französischen Chemiker René-Maurice Gattefossé (1881-1950) wieder eingeführt (1928), von dem französischen Arzt Jean Valnet im Zweiten Weltkrieg bei Kriegsverletzungen zur Desinfektion und Heilung eingesetzt und beschrieben und von seinen Schülerinnen Marguerite Maury und Micheline Arcier in England aufgegriffen. In Italien ist seit den zwanziger Jahren die wissenschaftliche Erforschung der Wirkung der > Essenzen, so etwa auf das Nervensystem (Cayola und Gatti) und auf die psychische Verfassung (Rovesti), im Gange. In Deutschland kam die A. als eigenständige Heilweise in den achtziger Jahren u. a. durch die Philosophin und Heilpraktikerin Susanne Fischer-Rizzi und ihre Schüler wie Jürgen Trott-Tschepe wieder ins Rollen. Inzwischen wird die A. zunehmend international akzeptiert, vor allem in Amerika, Japan und England.
Die praktische Anwendung der A. besteht sowohl im Inhalieren der aromatischen Öle, üblicherweise mittels einer Duftlampe, als auch direkt über einem Wasserdampfbad, ferner in Einreibungen, Massagen und Bädern sowie in der inneren Anwendung der intensiv bitter schmeckenden > Essenzen in geringsten Mengen mit etwas Honig. Lavendel etwa wird ein positiver Effekt bei Migräne, Stress und Schlaflosigkeit zugesprochen, Rosmarin hingegen soll gegen Muskelschmerz, kalte Gliedmaßen und niedrigen Blutdruck helfen. Bei Übelkeit und Erbrechen kann Spearmint die Symptome dämpfen, Hautausschlägen und Rheumatismus rückt man mit Ylang-Ylang- oder Lorbeerdüften zu Leibe. Auch in der Küche können ätherische Öle anstelle von frischen Kräutern wohltuend wie therapeutisch eingesetzt werden.

Inzwischen mehren sich jedoch auch die Hinweise über Kontraindikationen der Aromatherapie. So sollten Patienten mit Bluthochdruck auf die Duftnoten Rosmarin, Lavendel und Salbei verzichten. Diabetikern wird von Engelwurz abgeraten, Schwangeren und Stillenden von Sternanis, Basilikum, Wacholder, Rosen und Pfefferminz. > Aromakunde.

Lit.: Gatti, G./Cayola, R.: L’Azione delle essenze sul sistema nervoso. Revista Italiana delle Essenze e Profumi (1923); Gattefossé, René-Maurice: Aromathérapie. Paris: Girardot, 1928; Maury, Marguerite: The Secret of Life and Youth. London, 1964; Tisserand, Robert: Aromatherapy. London: Mayflower paperback, 1979; Rovesti, Paolo: Alla ricerca di profumi perduti. Venezia, 1980; Valnet, Jean: Aromathérapie. Traitement des maledies par les essences des plantes, 1964, 10. verb. u. erw. Aufl. Paris: Le Livre de Poche, 1985; Fischer-Rizzi, Susanne: Himmlische Düfte. Aromatherapie. Anwendung wohlriechender Pflanzenessenzen und ihre Wirkung auf Körper und Seele. München: Hugendubel, ²1989; Faure, Paul: Magie der Düfte. Eine Kulturgeschichte der Wohlgerüche. Von den Pharaonen zu den Römern. München; Zürich: Artemis, 1990; Werner, Helmut: Lexikon der Esoterik. Wiesbaden: Fourier, 1991; Trott-Tschepe, Jürgen: Mensch und Duft im Elementen-Kreis. Feuer, Wasser, Luft und Erde in der Psycho-Aromatherapie. Leer, Ostfriesland: Verlag Grundlagen und Praxis, 1993; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Diederichs, 1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998; Rätsch, Christian: Aphrodisiaka – Die Mysterien der Aphrodite, in: Franz-Theo Gottwald/Christian Rätsch (Hg.): Rituale des Heilens. Ethnomedizin, Naturerkenntis und Heilkraft. Aarau, CH: AT, 2000, S. 139-151.
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