Apollonios von Tyana

Um 3-96/98), griechischer Philosoph und Astrologe, Pythagoreer. A. wurden verschiedene paranormale Fähigkeiten zugeschrieben, und er hatte den Ruf eines Wundermannes, ja > Magiers, Zauberers und somit schnell auch den eines Scharlatans. In seiner Philosophie stützte sich A. nicht auf die natürlichen, normalen menschlichen Fähigkeiten, sondern auf > Inspiration und göttliche > Anrufung. Dies könnte für die Echtheit der ihm zugesprochenen Schrift Orakelsprüche bürgen. A. wird auch als erster > Theurg in Erwägung gezogen (DNP, Bd. 1, 887).
A. wandte sich der Pythagoreischen Lehre zu, lebte vegetarisch und ohne Alkohol. > Pythagoras muss für A. ein göttlicher Mensch gewesen sein, der sich durch > Askese gereinigt hatte und daher tiefe Einblicke in den göttlichen Ursprung der Dinge nehmen konnte und ebenso über wunderbare Kräfte verfügte (DNP, Bd. 1, 887).

Weite Reisen führten A. zu den Magiern nach Babylon, zu den > Gymnosophisten in Indien und auch in Äthiopien, ferner nach Italien und Spanien.
A. werden nicht nur > Wunder nachgesagt, sondern auch > Weissagungen, > Dämonenaustreibungen sowie die Vertreibung der Pest. Sein paranormales Erscheinen und Verschwinden runden das magische Persönlichkeitsbild ab. Als er in Rom unter Domitian in das Gefängnis gebracht und dann vom Kaiser persönlich verhört wurde, soll er z.B. auf unerklärliche Weise aus dem Gerichtssaal verschwunden sein (Pauli). In der von Flavius Philostratos um 200 verfassten Biographie des A. (Leben des A. v. T., dt. 1883) wird eine Szene mit A. und seinem Schüler Damis aus dem Gefängnis berichtet (7, 38-39): „Damis sagte zu Apollonios kurz vor Mittag: ,Mann aus Tyana‘, – denn Apollonios liebte es, so angeredet zu werden – ,was wird mit uns geschehen?‘ Apollonios antwortete: ,Ganz einfach das, was mit uns schon geschehen ist, weiter nichts. Niemand wird uns umbringen.‘ Damis fragte: ,Aber wer ist so unverwundbar? Wirst du je wieder frei sein?‘ Apollonios antwortete: ,Was das Gericht betrifft, heute schon; was mich selber betrifft, gleich jetzt‘, und als er das gesagt hatte, befreite er sein Bein von der Fessel und sagte zu Damis: ,Da, ich habe dir bewiesen, dass ich frei bin; sei guten Mutes.‘ “
Als A. einmal einen Vortrag in Ephesos besuchte, verfiel er in Trance und berichtete von der gleichzeitig stattfindenden Ermordung des Kaisers Domitian in Rom. A. wird auch die Bewahrung eines Freundes vor der Heirat mit einem > Vampir sowie die Erweckung einer jungen adeligen Römerin vom Tod oder Scheintod zugeschrieben. Letztere wird bei Philostratos geschildert (4.45): „Eine junge Frau war gestorben, und zwar, wie es heißt, gerade an ihrem Hochzeitstag, und der Bräutigam folgte weinend und schluchzend ihrer Bahre. Das war verständlich, da die Ehe noch nicht vollzogen war, und ganz Rom trauerte mit ihm, denn die junge Frau gehörte einer Familie an, der Konsuln entstammten. Apollonios nahm das wahr und sagte: ,Stellt die Bahre ab; ich will die Tränen stillen, die ihr um diese junge Frau vergießt.‘ Er wollte aber auch ihren Namen wissen. Die Menge dachte schon, er würde eine Rede halten, wie sie bei solchen Anlässen üblich ist, wobei dann alles in Wehklagen ausbricht, aber er tat nichts derartiges; er berührte ganz einfach die junge Frau, sagte leise ein paar Worte und erweckte sie aus ihrem todesähnlichen Zustand. Die junge Frau tat eine hörbare Äußerung und kehrte ins Haus ihres Vaters zurück wie einst > Alkestis, als Herakles sie [aus der Unterwelt] zurückgeholt hatte.“

Lit.: Paulys Real-Encyclopädie. Hg. v. G. Wissowa u.a. Stuttgart, 1894ff., Bd. 2 1896; Bonin, Werner F.: Lexikon der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete. Frankfurt/M.: Fischer, 1981; Philostratus, Flavius: Das Leben des Apollonios von Tyana: griech.-dt./Philostratos. Hg., übers. u. erl. von Vroni Mumprecht. München [u.a.]: Artemis, 1983; Drury, Nevill: Lexikon des esoterischen Wissens. München: Droemer Knaur, 1988; Luck, Georg: Magie und andere Geheimlehren in der Antike. Stuttgart: Kröner, 1990; Miers, Horst E.: Lexikon des Geheimwissens. München: Goldmann, 1993; DNP = Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Hg. v. Hubert Cancik u. Helmuth Schneider, Bd. 1ff. Stuttgart; Weimar: J.B. Metzler, 1996ff.
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