Amphiaraos

Berühmter griechischer Seher aus Argos, Sohn des Oikles und der Hypermnestra, Gatte der Eriphyle, Schwester des Adrastos, Vater des Alkmaion und des Amphilochos. A. besaß die Gabe der Weissagung und nahm an der Kalydonischen Jagd, der Argonautenfahrt und am Zug der Sieben gegen Theben teil. Da er wusste, dass dieser Zug scheitern würde, wollte er sich entziehen. Doch Polyneikes bestach seine Gattin Eriphyle mit dem Halsband der > Harmonia. Sie gebot daher A., mitzuziehen. Beim zweiten Zug gegen Theben wurde Eriphyle erneut bestochen, diesmal vom Sohn des Polyneikes mit dem Brautkleid der Harmonia. Jetzt mussten auch die beiden Söhne Amphilochos und Alkmaion mitziehen. Als A. sich aus der Katastrophe von Theben zu retten suchte, wurde er mit Pferd und Wagen von einem Erdspalt verschlungen, den Zeus mit einem Blitz verursacht hatte. A. aber stieg durch eine Quelle in > Oropos wieder aus der Unterwelt auf und begründete an diesem Ort sein Orakel. Auf Befehl des Gottes > Apollon rächten die beiden Söhne ihren Vater A. und töteten ihre Mutter Eriphyle. A. gründete auch noch andere Orakel. Diejenigen, die das Orakel befragten, legten sich hernach unter ein Schaffell, um zu träumen. Der Gott der Träume (Oneiros), eine nur selten belegte Personifikation, ist dabei Vermittler zwischen Unter- und Ober­welt und bringt die Träume zu den Menschen; zugleich garantiert die am Tor zur Unterwelt stehende Göttin der Wahrheit (Aletheia) die Wahrhaftigkeit der Träume. So musste A. als Adept der Traumdeutekunst zuerst in die Unterwelt fahren, um ein Traumorakel zu begründen. Wer durch das Orakel von einer Krankheit geheilt wurde, warf als Dank ein Geldstück aus Silber oder Gold in die Amphiaraosquelle – und hatte damit die Möglichkeit, die Gabe dem Gott direkt zukommen zu lassen.

Lit.: Rosenberger, Veit: Griechische Orakel: eine Kulturgeschichte. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2001.
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