Ätherleib

Auch > Ätherisches Doppel oder Ätherkörper genannt, engl. etherical body oder etherical double; ätherisches Gegenstück zum physischen Körper, das sich bisweilen von diesem loslösen kann. Der Begriff des Ätherleibes wurde und wird oft synonym mit > Astralleib gebraucht, so etwa von > Du Prel. Auch Begriffe wie > Äther, > Äther-Region und > Astralwelt sind von diesen Verwischungen betroffen. Allgemein gebräuchlicher sind heute Bezeichnungen mit „astral“. Oft deckt sich Ä. auch mit dem Begriff > Doppelgänger, wenngleich sich beide phänomenologisch unterscheiden. So kennt Daumer ein Doppel-Ich, Du Prel ein tranzendentales Subjekt, Myers ein subliminales Ich, > Richet ein Reserve-Ich. > Tischner hält es für verfrüht, von einem Doppel-Ich auszugehen (Tischner, 52) und begründet seine Skepsis mit dem Verweis auf die mehrfachen Persönlichkeiten der Frau Beauchamp (Tischner, 52). Der Ä. wird auch als eine Strahlenhülle um den irdischen Körper beschrieben, die diesen mit dem > Astralleib verbindet (PNW 57, S. 14). Nach spritistischen Lehren ist er „die als Körper sichtbare Zwischenstufe von Leib und Seele“ (Sahihi, 41), er ist Kraftleib, Bildekräfteleib (> Steiner), Träger des > Od-Magnetismus (> Reichenbach), Träger der Lebenskraft und > Chakras, Vitalseele, Eidolon, Linga Sharira (Miers). Die meisten esoterischen Lehren unterscheiden zwei Körper, den physischen und den ätherischen bzw. astralen.
In der > Theosophie und > Anthroposophie wird der Ä. vom Astralleib unterschieden und bezeichnet im Anschluss an die hinduistische Philosophie den feinstofflichen Energiekörper der Menschen, Tiere, Pflanzen und Mineralien. Der Mensch wird demnach vom Strom der Weltenergie, > Prana, durchdrungen (Roberts, 65). Im Ä. befinden sich Energiezentren, die > Chakren. Nach der Anthroposophie wird der Körper viergliedrig gestaltet: der „Stoffleib“ ist die materielle Grundlage, der Ä. stellt den „Bildekräfteleib“, „Lebensleib“ bzw. den „elementarischen Leib“ dar, der die gesamte Lebensorganisation wie Wachstum, Regeneration, Ernährung, Gedächtnis und Denken umfasst – ohne ihn wäre der physische Leib nicht lebensfähig –, der Astralleib oder „Seelenleib“ gilt als der Träger der unbewussten Empfindungsfähigkeit einschließlich der Reflexe, und der „Ich-Leib“ ist der Anteil, durch den sich die geistige Individualität bis in die stoffliche Natur des Leibes mitteilt. Alle 4 Leibesglieder entsprechen den vier Elementen > Erde, > Wasser, > Luft und > Feuer. Es wird davon ausgegangen, dass eine Unausgewogenheit der Leibesanteile Krankheit bedeutet. Demgemäß haben organische Erkrankungen ihre Ursache im Seelenleib und andersherum Seelen- und Gemütskrankheiten in organischen Schäden (Pschyrembel, S. 185f.). Der Ä. spielt auch an sich selbst, als Chakren-Träger, eine wichtige Rolle in gesundheitlicher Hinsicht: Die Energien müssen ungestört fließen, und Stauungen in den Chakren gelten als Ursachen vieler Krankheiten. Auch von philippinischen Heilern werden Behandlungen an der > Aura bzw. am feinstofflichen Körper des Menschen durchgeführt.
Manche Okkultisten vermuten im Ä. die unsterbliche Seele. Allen, die sich über ihn äußern, gilt er als konstant und unveränderlich während der Lebenszeit, doch nicht für alle ist er deshalb auch ewig. Nach Zahlner löst sich der Ä. nach dem Tod auf.
Die potentielle Sichtbarkeit des normalerweise unsichtbaren Körpers ist umstritten. Sensitive sehen ihn etwa als rötlichblaue Farbe, beispielsweise in der Nähe von Gräbern (Zahlner). Dora van Gelder-Kunz sieht strahlende, den Körper umgebende Energien, die sie als Ä. versteht. Der Ä. wird bisweilen auch als rötlichblaue Lichtform wahrgenommen, „als ein Schemen, der glänzt und leuchtet und in der Farbe der jungen Pfirsichblüte ähnelt“ (Miers). Nach alter, okkultistischer Auffassung spiegelt die physische Gestalt des Menschen den feinstofflichen Körper wieder, und der Ä. liegt sozusagen „auf halbem Wege zwischen physischer und astraler Form“ (Drury, 57). > Spiritualer Körper, > Außerkörperliche Erfahrung, > Bilokation.

Lit.: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Berlin: Mittler, 1927; Tischner, Rudolf: Ergebnisse okkulter Forschung. Eine Einführung in die Parapsychologie. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt, 1950; Fodor, Nandor: Encyclopaedia of Psychic Science. University Books, Inc., 1966; Monroe, Robert A.: Journeys Out of the Body. Garden City: N.Y.: Doubleday, 1971; Monroe, Robert A.: Der Mann mit den zwei Leben. Reisen außerhalb des Körpers. Düsseldorf; Wien, 1972; Zahlner, Ferdinand: Kleines Lexikon der Paranormologie. Hg. v. A. Resch. Abensberg: Josef Kral, 1972; Aivanhov, Omraam Mikhael: Geheimnis Mensch. Seine feinstofflichen Körper und Zentren. Fréjus, Cedex (France): ProsvetaVerlag, Reihe Izvor, Bd. 219; Bonin, Werner F.: Lexikon der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete, Frankfurt a. M.: Fischer, 1981; Frei, Gebhard: Probleme der Parapsychologie. Innsbruck: Resch, 1985 (Imago Mundi; 2); Drury, Nevill: Lexikon des esoterischen Wissens. München: Droemer Knaur, 1988; Kunz, Dora: The Personal Aura: the Emotional Field. Quest Books, 1991; Miers, Horst E.: Lexikon des Geheimwissens. München: Goldmann, 1993; Shepard, Leslie A. (Ed.): Encyclopedia of Occultism & Parapsychology. In Two Volumes, Detroit: Gale Research Inc., ³1991; Roberts, Mark: Das neue Lexikon der Esoterik. München: Goldmann, 1995; Pschyrembel. Wörterbuch der Naturheilkunde und alternativen Heilverfahren. Berlin: Walter de Gruyter, 1996.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.