Ästhetik

Ä. (griech. aisthesis, Wahrnehmung, Empfindung, Gefühl), Lehre von der sinnlichen Erkenntnis, bis A.G. Baumgarten 1750 seine lat. Abhandlung Aesthetica veröffentlichte, nachdem er den Begriff bereits 1735 in den Meditationes philosophiae de nonnullis ad poema pertinentibus vorgestellt hatte. 1742 wurde dann von ihm in Frankfurt a. O. erstmals Ä. als Vorlesung vorgetragen, was zur Veröffentlichung der Aesthetica führte. Der Begriff fand im Deutschen und in den Nachbarsprachen als Bezeichnung der Wissenschaft vom Schönen und der Kunst rasche Verbreitung und wurde sehr bald zum Modewort. So konnte Jean Paul 1804 sagen: „Von nichts wimmelt unsere Zeit so sehr als von Ästhetikern“ (Vorschule). Baumgarten entwickelte Ä. in Zusammenhang mit einer allgemeinen metaphysischen Lehre vom Schönen als Vollkommenheit der sinnlich wahrnehmbaren Welt und als Lehre der sinnlichen Erkenntnis. Heute wird Ä. im weitesten Sinne als Lehre des Schönen und der Kunst gebraucht. Dabei ist für die philosophische Ä. das relevanteste Problem die Frage nach der Beziehung zwischen dem Schönen und der Wahrheit. Theologisch erlangt die Ä. im Zusammenhang mit der Lehre von Gott eine besondere Stellung: Gott ist schön, handelt nach den Grundsätzen des Schönen, der Mensch erreicht seine wahre Schönheit als Abbild Gottes und die Natur im neuen Himmel und in der neuen Erde. Psychologisch versteht man unter Ä. das Bemühen, die allgemeinen und individuellen Ursachen des Gefallens und Missfallens zu klären. Als Begründer der psychologischen Ä. gilt G. Th. > Fechner, der der philos.-spekulativen Ä. von oben eine empirische Ä. von unten entgegenstellte. Damit ist auch die Ethik als Thema der Ä. angesprochen.
Paranormologisch ist Ä. die Lehre des Schönen als harmonikale Struktur in ganzheitlicher Erfahrung personalen Wohlempfindens des Selbst im ewigen Grund. In diese Richtung weist auch die Bezeichnung des Schönen als Glanz der Form, die das Wesen nicht vollständig enthüllt, den Menschen aber dem letzten unergründlichen Geheimnis entgegenführt (J. Maritain), oder als Hinweis auf Kunst als Möglichkeit, die Chiffren zu lesen, die uns die Transzendenz ahnen lassen. > Magie und > Esoterik greifen diesen Aspekt des Harmonikalen und Unergründlichen auf. Während die Magie durch magische Techniken das unergründlich Schöne einzufangen sucht, vermittelt es die Esoterik durch Heilslehren von Schönheit, Gesundheit und ewigem Frieden unter Verzicht auf Transzendenz.

Lit.: Baumgarten, Alexand. Gottlieb: Aesthetica. Traiecti as Viadrum: Christ. Kleyb, 1750; Maritain, Jacques: Creative Intuition in Art and Poetry. New York: Pantheon Books, 1953; Ritter, Joachim (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 1. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1971; Fechner, Gustav Theodor: Vorschule der Ästhetik. 2 Bde. in e. Bd. Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1925 u. 1871. Hildesheim; New York: Olms, 1978; Tatarkiewicz, Wladyslaw: Geschichte der Ästhetik. 3 Bde. Basel: Schwabe, 1979-1987; Bochinger, Christoph: New Age und moderne Religion. Gütersloh: Kaiser; Gütersloher Verlagshaus, 1994.
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