Magazin zur Erfahrungsseelenkunde

Erste psychologische Zeitschrift in Deutschland, die von 1783 bis 1793 in zehn Bänden erschien. Begründet und herausgegeben wurde sie von dem Schullehrer und Schriftsteller Karl Philipp Moritz (1756-1793) und unterstützt von prominenten Vertretern der Berliner Aufklärung, darunter der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn (1729-1786) und der philosophische Arzt Marcus Herz (1747-1803). Die als Viermonatsschrift konzipierte Zeitschrift bildete für Fachleute und Laien ein Forum zur Erörterung psychischer Pathologie und sozialer Devianz. In einer Reihe von Fallgeschichten berichtete das Magazin über Mörder und Selbstmörder sowie religiöse Schwärmer und Hypochonder. Versuche mit Taubstummen und Charakteranalysen von Adoleszenten kamen ebenso zur Sprache wie Fälle von Kleptomanie und sexuellem Missbrauch. Großes Interesse richtete sich auf die Form und den Inhalt frühester Kindheitserinnerungen. Die Vielzahl eingesandter Traumerfahrungen forderte Moritz und seine beiden ihn zeitweise vertretenden Mitherausgeber Carl Friedrich Pockels (1757-1814) und Salomon Maimon (1753-1800) schließlich zu ersten Ansätzen einer „Theorie der Träume“ heraus.
Das Magazin enthält auch eine Reihe von Publikationen mit ausserordentlich reicher parapschologischer Kasuistik. Es bezeichnet nicht nur den Ausgangspunkt einer psychiatrischen, seelenkundlichen Journalistik, sondern galt von Beginn an als ein Reservoir von Musterfällen, anhand derer sich angehende Romanschriftsteller mit Erfahrungsseelenkunde auseinandersetzen konnten.

Lit.: Magazin zur Erfahrungsseelenkunde [Mikrofiche-Ausg.:], Moritz, Karl Philipp (1756-1793)[Mikrofiche-Ausg.]. Berlin [München [u.a.]]: [Saur], 1783. Monographie, Mikroform 10 Bde [36 Mikrofiches].
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