Jugendokkultismus

Laut einer 1989 durchgeführten Untersuchung von Prof. Hartmut Zinser, Religionswissenschaftliches Institut der FU Berlin entwickelte sich der Okkultismus immer mehr zu einer Ersatzreligion, die den Jugendlichen hilft, persönliche Konflikte während des Heranwachsens zu meistern. Wissenschaft, religiöse Glaubenslehren und modernes Weltbild werden von magischen Vorstellungssystemen verdrängt, weil hier Ängsten, Wünschen und Bedürfnissen Ausdruck gegeben werden darf, die im technischen Funktionalismus keinen Platz haben. Schule und Elternhaus sind nicht unschuldig an dieser Entwicklung, weil sie es verabsäumt haben, den Kindern beizubringen, dass und wie Spannungen zu ertragen sind.
Okkultismus unter Jugendlichen ist, nach Eberhard Bauer, unter dreierlei Aspekten zu sehen:1) Okkultismus als Droge: Es besteht der Drang nach Abenteuern und riskanten Grenzerfahrungen, die zu bedenklichen psychischen Folgeerscheinungen führen können, z.B. zu einer Abhängigkeit von bestimmten Praktiken. 2) Okkultismus als Ersatzreligion: Hier geht es um eine weltanschauliche Defiziterfahrung, die sich in der Suche nach einem „religiösen“ Sinn manifestiert. 3) Okkultismus als Alltagserfahrung, wobei Okkultpraktiken als spielerischer Ausdruck jugendlicher Selbstfindungs- oder Selbstverwirklichungstendenzen ohne Realitätsbezug anzusehen sind. Die Realität wird durch die psychische Geborgenheit unter dem Dach des Satanismus gesucht, der als weltanschauliche Heimat dienen soll, aufgrund seiner inneren Gespaltenheit aber keine Heimat zu bieten vermag. > Jugendsatanismus.

Lit.: Grenzgebiete der Wissenschaft 40 (1991) 1, S. 65; Bauer, Eberhard: Okkultpraktiken bei Jugendlichen, in: Andreas Resch: Aspekte der Paranormologie: die Welt des Außergewöhnlichen (Imago Mundi; 13). Innsbruck: Resch, 1992.
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