Johannes Scotus Eriugena

(Ca. 810-877), Gelehrter irischer Herkunft, der im Westfrankenreich als theologischer und philosophischer Schriftsteller von sich reden machte und als Lehrer der Sieben Freien Künste tätig war. Er lebte am Hof Karls des Kahlen, eines für Belange des Bildungswesens aufgeschlossenen Königs, dessen Hofdichter er war.
Eriugenas Lehre ist aus seinen Werken gut bekannt, über sein Leben hingegen weiß man wenig. Er war für seine Zeit und sein Umfeld ungewöhnlich gebildet und gilt einigen Autoren als der erste Scholastiker sowie als wichtiger Vertreter des Universalienstreits, wo er den Realismus vertrat. Er zeigte zudem eine starke Nähe zum Neuplatonismus und erwies sich in einigen seiner Gedanken als ein Vorläufer des Deutschen Idealismus, besonders Hegels.
Die wahre Religion sei auch die wahre Philosophie. Jeder Zweifel an der Religion (sprich der christlichen Religion) könne und solle philosophisch widerlegt werden. Eriugenas Lehre wurde später vor allem aus drei Gründen von der Kirche verworfen:
1) Er maß der Vernunft eine Bedeutung bei, die zu seiner Zeit noch als Ketzerei und Gotteslästerung angesehen wurde.
2) Seine Philosophie zeigte eine zu starke Nähe zum Neuplatonismus. So übersetzte Eriugena ohne päpstliche Erlaubnis die Schriften des Dionysius Areopagita.
3) Eriugena war faktisch Pantheist. Gott denkt sich die Welt und deshalb ist sie. Im Menschen denkt Gott.
Die Weltgeschichte sei ein Kreislauf, der in Gott beginne und in Gott zurückkehre! In diesem Punkt war Eriugena ein Vorläufer von Meister Eckhard und Jacob Böhme. [Es sind zwei fundamental unterschiedliche Vorstellungen, ob wir später zu Gott kommen, aber auf Ewigkeit von ihm getrennt sind, oder ob wir in Gott aufgehen. Letztere Auffassung ist in der Geschichte der christlichen Theologie und Philosophie zwar immer wieder aufgetreten, wurde aber mehrheitlich bzw. von den Herrschenden verworfen und blutig verfolgt.]
Drei Stufen:

  1. Gott ist die schaffende und nicht geschaffene Natur.
  2. Aus Gott gehen sowohl die geschaffene als auch die schaffende Natur hervor, die göttlichen Gedanken, die Urbilder und Allgemeinbegriffe (sprich die platonischen Ideen).
  3. Hieraus gehen dann die geschaffene und nicht schaffende Natur, die Einzeldinge, hervor.

Eriugena betonte die Willensfreiheit des Menschen.

Lit.: Johannes Scotus Eriugena: Über die Einteilung der Natur, in 2 Bänden. Übersetzt und mit einer Schluss-Abhandlung über Leben und Schriften des Eriugena, die Wissenschaft und Bildung seiner Zeit, die Voraussetzungen seines Denkens und Wissens… Graz: Edition Geheimes Wissen, 2015.
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