Geist

(Hebr. ruach; griech. pneuma, nous; lat. intellectus, spiritus, mens; engl. mind, spirit; franz. esprit) hat eine doppelte Herkunft, die aus den biblischen Zeugnissen und jene aus dem griechischen Denken. Die hebräische Bibel bevorzugt das Wort „ruach“, das in der griechischen Septuaginta (LXX) mit Pneuma wiedergegeben wird. Ruach ist gleichbedeutend mit Lebenskraft. Der menschliche Geist wird dabei als vielfältige seelische und emotionale Erfahrung beschrieben. 1 Thess 5,23 spricht bereits von einer Dreiteilung in Geist, Seele und Leib.
Die frühgriechische Philosophie liefert mit „nous“ (lat. intellectus) einen Begriff für den Ort des Verstehens, der in engem Zusammenhang mit dem „logos“ steht, welcher sowohl in der menschlichen Seele als auch im Ganzen der menschlichen Welt existiert.
An der Schwelle von der Spätantike zum Frühmittelalter unterscheidet Augustinus bereits zwischen Geist (mens, animus) und Seele (anima), wobei er den Geist als eine an der Vernunft teilhabende Substanz auffasst, die zur Leitung des Leibes bestimmt ist (substantia quaedam rationis particeps regendo corpori accomodata). Thomas von Aquin hält die menschliche Seele für eine geistige Substanz (substantia spiritualis) und daher für unsterblich. Er vertritt eine strikte Leib-Seele-Einheit des Menschen als forma corporis. Sämtliche geistigen Erkenntnisse werden mittels des „tätigen Intellekts“ (intellectus agens) von den Sinneswahrnehmungen abstrahiert.
Für den Begründer des Rationalismus, René Descartes, ist der Geist hingegen ontologisch von der Materie getrennt.

Die Philosophie des 19. Jahrhunderts ist gekennzeichnet durch den absoluten Idealismus Hegels, der die Denkgeschichte als einen geschichtlichen Prozess der Entwicklung des Weltgeistes verstand. Der absolute Geist ist somit der Inbegriff für die Wirklichkeit und der Grund allen Seins. Ludwig KLages fasste dagegen den Geist als Widersacher der Seele auf.
Demgegenüber vertrat Karl Marx, unter Bezugnahme auf Hegel, eine materialistische Auffassung des Geistes. Durch die Entwicklung der Evolutionstheorie unter Charles Darwin wurde der Mensch zunehmend auch als biologisches System betrachtet. Dies führte dazu, dass ab diesem Zeitpunkt viele Naturwissenschaftler den Geist als ein Produkt rein biologischer Prozesse betrachteten. Dieses Verständnis von G. setzte sich nahezu auf allen Wissensebenen durch, sodass heute vom G. als nichtmaterielles informatives Element nur noch in Theologie, in Spezialgebieten der Philosophie und im Spiritismus die Rede ist.
Andererseits spricht man neuerdings selbst in den Naturwissenschaften von einem Weltgeist als gestaltendes Element kosmischen Geschehens, da Mensch und Welt rein materiell nicht zu deuten sind.

Lit.: Beckermann, Ansgar: Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes. Berlin u.a.: De Gruyter, 2001; Teichert, Dieter: Einführung in die Philosophie des Geistes. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2006; Resch, Andreas: Der Innenraum des Menschen (Reihe R; 10). Innsbruck: Resch, 2017; ders.: Phänomene der Paranormologie (Reihe R; 11). Innsbruck: Resch, 2018.
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