Finsternis

Das undurchdringliche Dunkel gehört zusammen mit dem Wasser zum Unwirklichen. In altorientalischen Überlieferungen ist F. ein Symbol des Chaotischen. Nach dem Rigveda war im Urbeginn „alles gleich einem Meer ohne Licht“, und in der Genesis steht: „Finsternis lag über der Urflut“ (Gen 1,2). Nach einem ptolomäischen Text ist Kuk, der Gott der Finsternis, die erste Gestaltwerdung aus der noch amorphen Urfinsternis.
In der F. hausen die den Göttern und Menschen feindlichen Mächte, oft in Tiergestalt (Drache, Schlange) gedacht. In der F. wohnt auch der Sonnenfeind Apophis,.Wo kein Licht ist, gibt es kein Leben, weshalb man sich die Welt der Toten in F. gehüllt vorstellt. Die äußerste F. ist der Ort der Strafe, „dort wird Heulen und Zähneknirschen sein“ (Mt 8,12).
Nach dem Erkenntnisvorgang wurde F. zum symbolischen Ausdruck für Unwissenheit. In der Gegenüberstellung zum Licht wird das Schwarze zum Symbol des moralisch Schlechten. Der Teufel ist der Fürst der F. In der Verfinsterung von Sonne und Mond erblickte man eine Gefahr für den Bestand der Welt.
F. kann aber auch die Geburtsstätte des Lebens sein. So feiert ein orphischer Hymnus die Nacht als der Götter und Menschen Gebärerin. Gott selbst kann sich im Dunkel offenbaren: „In dieser Nacht hatte ich eine Vision…“ Sach (1,7-6,8). Im Anschluss an die Paschanacht (Ex 12,29) wurde die Nachtwache ein wichtiger Bestandteil der eschatologischen Erwartung: Der himmlische Bräutigam kommt überraschend um Mitternacht (Mt 25,6). Die Osterliturgie von der Auferstehung des Herrn wird in der Nacht gefeiert. Daher spricht Novalis von der Nacht als „der Offenbarung fruchtbarer Schoß“.

Lit.: Lurker, Manfred: Lexikon der Götter und Dämonen. Stuttgart: Kröner, 21989; ders. (Hg.): Wörterbuch der Symbolik. Stuttgart: Kröner, 51991.
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