Dupuis, Charles François

(* 16.10.1742 Trie-Château, Oise; † 29.09.1809 Échevannes), französischer Gelehrter und Astralmythologe.
D., Sohn eines Dorfschullehrers, wurde durch Vermittlung des Herzogs de la Rochefoucauld, in das Collège d’Harcourt aufgenommen. Bereits 1766 wurde er Professor der Rhetorik am Collège de Lisieux in Paris, wandte sich dann der Astronomie zu und gab dabei der ägyptischen Astrologie den Vorrang vor der indischen und babylonischen, da er glaubte, dass die Ägypter die Tierkreiszeichen erfunden hätten.
D. und seine Anhänger, die sich später „Astralmythologen“ nannten, sahen in der Beobachtung des Tierkreises, der Tierkreisgötter und der klassischen Planeten den Ursprung der Religion. Dafür spreche die Ähnlichkeit astraler Mythen in verschiedenen Kulturen, die durch die gemeinsame historische Abstammung von einer
Ur-Kultur zu erklären sei. Bei allmählicher weltweiter Verbreitung hätten die Sterne als Gedächtnishilfe gedient, sodass sich die „Astralmythologie“ von China bis zu den südamerikanischen Hochkulturen weitgehend nach jenem Urmuster erhalten habe.
Im System von D. nimmt die Präzession der Fixsternsphäre einen wichtigen Platz ein, denn man könne nur dann Verständnis für die Astralmythologie der Alten und für die Geschichte der Astrologie aufbringen, wenn man die durch die Präzession eingetretene Verschiebung der Sternbilder im Verhältnis zu den Jahreszeiten zurückrechne.
In seinem Buch
Mémoire sur l’origine des constellations et sur l’explication de la fable par le moyen de l’astronomie (1771) deutete D. die Mythen und Religionen als astronomische und physikalische Allegorien, was allgemeines Aufsehen erregte und dann durch sein Hauptwerk L’origine de tous les cultes, ou la réligion universelle (Paris 1795, drei Bände in Quart oder zehn Bände in Oktav, mit Atlas; neue Ausg. 1835-1837) ausgebaut wurde.
1787 erhielt D. den Lehrstuhl der lateinischen Beredsamkeit am
Collège de France und 1788 wurde er Mitglied der Akademie der Inschriften. Während der Französischen Revolution wurde er in den Konvent deputiert, dann in den Rat der Fünfhundert, schließlich auch in den Gesetzgebenden Körper (bis 1802), dessen Präsident er nach dem 18. Brumaire VIII (9. November 1799) wurde. Im April 1806 wurde er in die Ehrenlegion aufgenommen.

W.: Mémoire sur l’origine des constellations et sur l’explication de la fable par le moyen de l’astronomie (1781); L’origine de tous les cultes, ou la réligion universelle (1795); Dissertation sur le zodiaque de Tentyra ou Denderah (1802); Mémoire explicatif du zodiaque chronologique et mythologique (1806).
Lit.: Bochinger, Christoph: “New Age“ und moderne Religion: religionswissenschaftliche Analysen. Gütersloh: Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, 1994.
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