Dissipative Strukturen

(Lat. dissipare, zerstreuen), sich selbstorganisierende, dynamische, geordnete Vorgänge in nichtlinearen Systemen fern des thermodynamischen Gleichgewichts.
Der Begriff wurde 1967 von dem belgischen Physikochemiker und Nobelpreisträger Ilya Prigogine geprägt, um das Phänomen zu beschreiben, bei dem Strukturen kontinuierlich Entropie produzieren und diese durch Austausch mit der Umgebung „dissipieren“, d.h. zerstreuen. So führt nach Prigogine der andauernde Veränderungsprozess – wie nach dem zweiten thermodynamischen Grundgesetz angenommen nicht zu größerer Unordnung, Zufälligkeit und Chaos, sondern zu Ordnungsstrukturen immer höherer Komplexität. Diese Feststellung widerspricht der Annahme, dass Zerfall und Unordnung notgedrungen zu Schlechterem führen. Wenn sich die alte Ordnung eines lebenden Systems auflöst, muss nicht Chaos entstehen, sondern sie kann sich in einer höheren und komplexeren Ordnung neu bilden.

Lit.: Prigogine, Ilya: Dialog mit der Natur: neue Wege des naturwissenschaftlichen Denkens. München: Piper, 1981; ders.: Vom Sein zum Werden: Zeit und Komplexität in der Naturwissenschaften. München: Piper, 1982.
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