Demokrit

(* 460 v. Chr. Abdera; ca. 371 v. Chr. ebd.), griechischer vorsokratischer Philosoph. Von seinen Schriften sind nur Fragmente erhalten. Der von Thrasyllos im 1. Jh. n. Chr. aufgestellte Werkkatalog (vgl. Diogenes Laertios IX, 46-48) enthält nicht weniger als 57 Schriften zu Themen der Ethik, Physik, Mathematik und Astronomie, der Musik, Poesie, Medizin, der Agrikultur und der Strategik. Wie Aristoteles bemerkt, habe D. über alles nachgedacht. Wenn auch nicht alle angeführten Werke von ihm stammen, so ist doch deren Umfang mit den Werken von Aristoteles zu vergleichen.
In der Chronographie des Mönches Georgios Sankellos ( 810/811) findet sich die Nachricht, dass D. zu Memphis in die Mysterien der Ägypter eingeweiht worden sei. Dort habe er die ganze Naturphilosophie, namentlich auch die hermetische Kunst, nämlich die Alchemie, erlernt. Das dürfte damit zusammenhängen, dass der Vater von D. Gastfreund des Perserkönigs Xerxes war, der den Jungen durch seinen Hofphilosophen, den Magus Osthanes, unterrichten ließ. Zur Vervollkommnung seines Wissens ging D. dann nach Ägypten, von dort zu den Chaldäern und schließlich zu den indischen Gymnosophisten, um am Ende bitterarm, aber reich an Erfahrung zu seinem Bruder zurückzukehren und in einem Gartenhaus einsam seinen Studien nachzugehen. Darin versuchte D. zwischen der Ontologie des ewig Seienden und den Phänomenen der Bewegung zu vermitteln. Er überträgt den Gegensatz von Sein und Nicht-Sein auf die Differenz zwischen dem Vollen und dem Leeren. Dabei ist das Volle die Totalität unendlich vieler Atome, von denen jedes als voll bezeichnet werden kann, weil es in sich wohl Ausdehnung, aber keine Leere besitzt. Die Atome bewegen sich im leeren Raum, wobei aus den Kollisionen jeweils weitere kinetische Impulse und Verkoppelungen entstehen, wodurch das Vergehen und Entstehen natürlicher Gegenstände bewirkt werde. Die Atome sind ewig, unveränderlich und unsichtbar. Durch Ausströmungen der Sinnesorgane können Abbilder (eidola) der Gegenstände entstehen, die über Poren in die Sinnesorgane transportiert werden. D. wusste bereits, dass Erregungszustände telepathische Phänomene begünstigen. Um das Phänomen der Präkognition zu erklären, nahm er hingegen zur Überwindung der Kausalität „göttliche Bilder“ an.
Was den Kosmos betrifft, so können im unendlichen Raum durch Zusammenballen von Atomen unendlich viele Welten entstehen.
Während die Atomtheorie von D. bis heute nachwirkt, werden die ethischen Themen, mit denen sich vier Fünftel der überlieferten Fragmente befassen, kaum genannt. Der Zentralbegriff der Ethik von D. ist die euthymia, die Ausgeglichenheit. Die Motivation zum Guten sind nicht Einsicht und Vernunft, sondern die Fähigkeit zur Selbstachtung.

Lit.: Diels, Hermann. Die Fragmente der Vorsokratiker. Hamburg: Rowohlt, 1957; Dodds, Eric R.: Die Griechen und das Irrationale. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1970; Synkellos, Georgios: Chronographia. Leipzig: Mosshammer, 1984.
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