Candomblé

(Bantu, candombe, Perkussionsinstrument), afro-brasilianische Kultform. Zentrum des C. ist Salvador (Bahia) in Brasilien. Es handelt sich dabei nicht um eine organisierte „Kirche“, sondern um eine Vielzahl unabhängiger Zentren (terreiros), von denen einige rein afrikanisch ausgerichtet, andere mehr „synkretistisch“ sind. Die Wurzeln des C. liegen in der westafrikanischen > Yoruba-Kultur, die sich gegen andere afrikanische Kulturen durchsetzte.
Die zur Sklaverei nach Brasilien importierten Afrikaner brachten auch ihre Götter und die Ahnenwelt mit. Der Herr des Himmels ist Olorún (Olodumaré), der selbst keinen Kult besitzt. Er ist dem Menschen unzugänglich und schuf Oxalá (Obatalá), den Himmel, sowie Odudua, die Erde, aus deren Verbindung die Schöpfung und die Orixás, die Ahnengeister, hervorgingen, welche als Mittlerfiguren der kosmischen Energie (Axé) im Kult verehrt werden.
Afrikanischen Ursprungs ist auch das > Orakel (Ifá). Das Speiseopfer (Ebó, portug. Despacho) gehört zur Magie der Nachahmung und Sympathie, kann aber auch dem Zufügen von Schaden dienen.
An der Spitze der Hierarchie des C. steht die „Mutter des Heiligen“ (Māe de Santo). Ihre „Töchter“ bzw. Söhne (Filhas bzw. Filhos de Santo) werden beim Kultfest, das mit dem Schlachten der Opfertiere beginnt, initiiert und empfangen im Trancezustand ihren spezifischen Orixà (Geist).
Abgesehen von diesen Einweihungsriten besteht eine typische Zeremonie des C. aus sechs Teilen: einleitende Reinigungsriten; Herabkunft der Geister, die im Takt typisch afrikanischer Trommeln von den Körpern der Eingeweihten Besitz ergreifen; Tanz der Eingeweihten (d.h. der Geister, von denen die Körper besessen sind), der bis zur Erschöpfung führen kann; Verabschiedung der Geister; heiliges Mahl und schließlich eine „Befragung“ der Geister, die Ratschläge für das physische und geistige Leben erteilen.

In einigen terreiros haben sich okkultistisch-spiritistische Elemente europäischen und nordamerikanischen Ursprungs eingeschlichen, die den C. dem > Umbanda ähnlich erscheinen lassen, der jedoch ein völlig anderes Phänomen ist.

Lit.: Johnson, Paul Christopher: Secrets, Gossip, and Gods: The Transformation of Brazilian Candomblé. Oxford [u.a.]: Oxford Univ. Press, 2002; Opipari, Carmen: Images en mouvement: une lecture non-binaire du Candomble. São Paulo, Brasil, 2002; Merrell, Floyd: Capoeira and Candomblé: Conformity and Resistance in Brazil. Princeton, NJ: Wiener, 2005.
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