Brunnenorakel

Weissagung durch magische Handlungen am > Brunnen. Diese Form der Weissagung blieb vor allem in der Bretagne, Frankreich, bis auf den heutigen Tag erhalten. Dort hatte sich ein steinzeitlicher > Urmutterkult mit dem keltisch-gallischen Kult um „drei göttliche Matronen“ und mit dem Christentum vermischt. Der Kult um die Erdgöttin Ana-Dana, die Mamm groz ar vretonded (die alte Mutter der Bretonen), findet in der Verehrung der Saint Anne la Palud und in der Verehrung der „drei Marien“ seinen Niederschlag. Die damit verbundenen Orakelbräuche konnte auch die katholische Kirche bis heute nicht völlig verdrängen. Sie weisen verschiedene Formen auf: Wurf einer Nadel in den Brunnen von Barenton zur Erkundung der Heirat – blubberte (lachte) das Wasser, war die Hochzeit noch vor Ostern fällig. Legen einer Nadel vom Brusttuch der Geliebten auf die Wasseroberfläche des Brunnens in Bodelis – schwamm sie auf dem Wasser, waren Sorgen um die Liebe unbegründet. Zur Ergründung des Geschlechts des Kindes ging die Schwangere zum Brunnen des St. Goulrain und legte ein Jungen- und ein Mädchenhemd auf das Wasser – das Hemd, das oben schwamm, bezeichnete das Geschlecht. Weitere Orakelthemen waren: Verlauf einer Krankheit, Wohlergehen des Mannes auf See, Treue der Ehefrau, Regen, das eigene Schicksal, die Entwicklung einer chronischen Krankheit.

Lit.: Bauer, Wolfgang: Das Lexikon der Orakel: der Blick in die Zukunft/Zerling, Clemens. Orig.ausg. München: Atmosphären Verlag, 2004.
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