Bestattung

(Engl. burial; it. funerale), rituelle Beisetzung oder Verabschiedung des Leichnams. Die gebräuchlichsten Formen sind die Erd- und die Feuer-B. Seltener sind das Versenken der Leiche ins Meer oder in Flüsse (Indien), das Ausstreuen der Asche, das Verzehren der Leiche durch Tiere oder das Verzehren durch Hinterbliebene (Kannibalismus).
Der Zeitpunkt der B. ist nach Ländern, Kulturen, Religionen und klimatischer Umgebung verschieden.
Die Form der B. hängt wesentlich mit dem Glauben an das Fortleben nach dem Tode zusammen. So gibt es seit dem Paläolithikum eine regelrechte Totenbetreuung. Selbst wenn z. B. die Korjäten die Totenasche verstreuen, merken sie sich den Verbrennungsplatz und verehren ihn kultisch. Insgesamt reichen die Formen von Leichenbeseitigung bis zu Leichenkonservierung. Dabei lassen sich bergende, zerstörende und konservierende B. unterscheiden. Hinter diesen Formen steht einerseits die Furcht vor dem Toten, der oft als böse und unheimlich vorgestellt wird, andererseits die Liebe zu ihm, die zu pietätvollem Verhalten führt, aber auch – besonders in neuerer Zeit – völlige Gleichgültigkeit, meist als persönlicher Schutz vor dem Gedanken an den eigenen Tod.

Bergende B. Dazu gehört vor allem die Erdbestattung. Die Mutter Erde ist das Symbol der Geborgenheit schlechthin. Sie bietet nicht nur Ruhe, sondern auch Schutz für den Verstorbenen und für die Lebenden. Außerdem bildet das Grab die Bezugsstätte zum Verstorbenen. Hier spielt auch der Gedanke mit, dass der Tote alles beobachte und fühle, was um ihn herum geschieht. Damit alles in rechter Ordnung vor sich gehe, sorgt jemand oft schon zu Lebzeiten für seine Beerdigung (Grabkauf, Sicherung der Beerdigungskosten und des Leichenschmauses, Mitgliedschaft in Bruderschaften), nicht selten auch deshalb, weil man dies den Anverwandten nicht zutraut.
Wichtig ist dabei, dass der Tote überhaupt beerdigt wird und in der Heimat der Seinen die Ruhestätte findet. Dafür sprechen die Anstrengungen, die gemacht werden, um gegebenenfalls einen Leichnam zu überführen. Sollte dies nicht möglich sein, so hält man eine Totenfeier ab, bei der ein Stuhl leer bleibt, oder man begräbt ein Kleidungsstück, stellt ein Kreuz für den Toten auf und betet dabei: „Herr, gib ihm die ewige Ruhe!“, was nicht nur dem Verstorbenen gilt, sondern auch dem Hinterbliebenen, der sich dadurch vor jeder „Belästigung“ durch den Toten schützen will.

Durch das Christentum hat die Bestattung einen besonderen Stellenwert erhalten, weil die Auferstehung der Toten auch die Auferstehung des Fleisches am Jüngsten Tag beinhaltet. Zwar distanzierten sich die Christen bei der B. ihrer Toten nur insofern von den Gepflogenheiten der Umgebung, als deren Brauchtum dem Glauben an die Auferstehung widersprach. Vor allem wurde die Bestattung in geweihter Erde gefordert und die Totenklage durch Gebete ersetzt. Dabei war es ursprünglich Brauch, die Toten mit den Füßen nach Osten und dem Kopf nach Westen zu beerdigen, wohl um deren Blick zur aufgehenden Sonne, dem Symbol Christi, bzw. in Richtung Jerusalem, dem Auferstehungsort Christi, zu lenken. Damit hängt auch der Brauch zusammen, die Verstorbenen mit dem Blick zur Kirche zu beerdigen. Aus Raummangel und finanziellen Gründen wurde jedoch die Verbrennung erlaubt. Man spricht dabei nicht mehr von Beerdigung, sondern von Verabschiedung im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei ist allerdings das Grab in der Mutter Erde mit seiner großen Symbolik nicht immer gegeben, denn der Urnenfriedhof vermag dies nicht wettzumachen, weil das Gesamtbild des Verstorbenen fehlt.

Die zerstörende B. entspringt zwei gänzlich verschiedenen Vorstellungen, nämlich der Einverleibung der Kraft des Toten und der Entsorgung des wertlosen Körpers. Während im Kannibalismus die Vorstellung von der Aneignung der Kraft und des Mutes vorherrscht, soll die Verbrennung im Hinduismus die Lösung von der Erde und den Aufstieg erleichtern. Im Westen ist die Verbrennung mitunter zu einer reinen Entsorgungsform geraten, die Raum- und Grabpflege ersparen soll.
Hingegen stehen Aussetzung, Leichenfesselung, Daumenabschneiden und Grabbeschweren oft mit der Furcht vor der Macht der Toten in Zusammenhang. Nach dem Bestattungsritual der Tibeter wird der Leichnam vom Leichenbestatter in kleine Stücke zerteilt, damit er den Geiern zum Fraß vorgeworfen werden kann. Diese Art der Bestattung bezeichnen die Tibeter als „Himmelsbestattung“.

Bei der konservierenden B. sind ebenfalls zwei Einstellungen zu unterscheiden, nämlich die Balsamierung und die Kryonik.
Die Balsamierungs-B., die vor allem in Ägypten eine Höchstform erreichte und noch heute bis in den kirchlichen Raum hinein gepflegt wird (Sarkophag Johannes’ XXIII. im Petersdom), versucht den Toten auch in der Gestalt des Körpers zu verewigen, nicht um ihn wiederzubeleben wie bei der Kryonik, sondern um ihn als optische und taktile Erinnerungsstütze zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist auch die Reliquienverehrung zu nennen.
Bei der Kryonik-B. (auch Kryostase) bedient man sich hingegen einer Konservierungsmethode für Organismen oder einzelne Organe (normalerweise das Gehirn) bei tiefen Temperaturen (unter −125°C), um den Menschen mit dieser Technik in der Erwartung einzufrieren, also in Kryostase zu versetzen, dass die fortgeschrittene Medizintechnik eines Tages in der Lage sein könnte, tödliche Krankheiten zu heilen.

Schließlich gibt es bei all den genannten Bestattungsformen noch eine unerschöpfliche Menge an Besonderheiten, auf die hier nur verwiesen sei.

Lit.: Richter, Klemens: Der Umgang mit Tod und Trauer in den Bestattungsriten der Deutschen Demokratischen Republik, in: Hans Jakob Becker (Hg.): Im Angesicht des Todes (Reihe Pietas Liturgica, Bd. 3 u. 4). St. Ottilien, 1987, S. 229-259; Die letzte Ruhe: christliche Bestattungsriten und Friedhofskultur in der multikulturellen Gesellschaft; Dokumentation/Bernd Jaspert (Hg.). Hofgeismar: Ev. Akad. Hofgeismar, 1991; Raum für Tote: die Geschichte der Friedhöfe von den Gräberstraßen der Römerzeit bis zur anonymen Bestattung. Braunschweig: Thalacker-Medien, 2003; Oberrath, Silke: Tod und Bestattung in der Bronzezeit: Untersuchungen zum Bestattungsbrauchtum der mittleren und späten Bronzezeit in Südwürttemberg; Traditionen und Veränderungen. Tübingen: Universitas-Verl, 2003; Hengerer Mark (Hg.): Macht und Memoria: Begräbniskultur europäischer Oberschichten in der Frühen Neuzeit. Köln [u.a.]: Böhlau, 2005; Schrumpf, Stefan: Bestattung und Bestattungswesen im Römischen Reich: Ablauf, soziale Dimension und Ökonomische Bedeutung der Totenfürsorge im lateinischen Westen. Göttingen: V & R Unipress [u.a.], 2006.
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