Besen

(Althd. besamo, mhd. beseme), Werkzeug zum Zusammenkehren von Unrat und Schmutz auf dem Boden. Ursprünglich studentensprachlicher Ausdruck (1795) für eine Magd, auch sonst für ein Mädchen, der dann in der Umgangssprache zur Bezeichnung für ein „streitsüchtiges weibliches Wesen“ wurde (Paul). Dies hängt damit zusammen, dass mit dem Besen Schmutz ausgekehrt wird. Dieser Schmutz galt früher und auch heute noch als mit dem Haus und seinen Bewohnern wesenhaft verbunden und ist somit ein Niederschlag des häuslichen Lebens. Aus diesem Grund durfte er auch nicht aus dem Haus hinausgekehrt werden, sondern wurde ins Feuer geworfen, damit niemand über ihn Einblicke in das häusliche Leben bekommen und so > Schadenzauber treiben könnte. Gleichzeitig kommt dem Kehren selbst die große symbolische Bedeutung der Entfernung alles Üblen zu.
Der B. ist jedoch nicht nur ein profanes Werkzeug, sondern erhielt durch die Reinigung heiliger Stätten auch kultische Bedeutung. Zudem stammen die Reiser, aus denen der B. gebunden ist, von Bäumen, die man nicht nur als Fruchtbarkeitsträger, sondern sich auch als von Geistwesen, Feen oder Elfen bewohnt dachte, was ihnen eine besondere Macht verlieh.

Da die häusliche Reinigung vornehmlich den Frauen oblag, ist es nicht verwunderlich, dass die Macht des B.s mit ihr in Verbindung gebracht wurde – zunächst als Frau, die Einblick in das häusliche Geschehen hatte und daher ihre Bemerkungen machte, was man abwertend als „streitsüchtiges Weib“ bezeichnete. Da der B. außerdem noch mit Geistwesen in Verbindung gebracht wurde, war die Bezeichnung der Frau mit der Macht des Besens als > Hexe naheliegend. Steht doch die Hexe als „weise Frau“ sowohl mit der Welt des Menschen als auch mit der Welt der Geister in Verbindung.
Nach antikem Glauben würden im B. auch dämonische Mächte wirksam. Zauberer könnten ihn in einen wassertragenden Sklaven verwandeln – eine Vorstellung, die in Goethes Gedicht „Der Zauberlehrling“ nachwirkt. Wird der B. vor der Tür aufgestellt, haben Hexen keinen Zutritt, weil sie den Besen nie überschreiten. Dieses Verbot, einen Besen zu überschreiten, findet sich schon in den pythagoreischen Lehren (Plutarch Qu. Rom. 112).
Schließlich dient der B. auch zur Reinigung von Krankheit. So gab es in Altmexiko ein der Erdgöttin geweihtes B.fest, das der Vertreibung von Unheil und Krankheit diente, und noch Anfang des 20. Jahrhunderts „ritten“ Kranke auf dem B. zu bestimmten Kapellen, um von ihren Leiden geheilt zu werden. Hingegen haben nur wenige Hexen jemals bekannt, auf einem Besen geflogen zu sein, obwohl viele zugaben, in Hexenzirkeln an rituellen Tänzen teilgenommen zu haben, bei denen sie rittlings auf einem Stock gesessen hätten.

Lit.: Fehrle, E.: Der Besen im Aberglauben. In: Hässische Blätter für Volkskunde 11 (1912); Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens/M. e. Vorw. v. Christoph Daxelmüller. Unveränd. photomechan. Nachdr. d. Ausg. Berlin u. Leipzig, de Gruyter, Guttentag, Reimer, Trübner, Veit, 1927; Bandini, Ditte/Giovanni Bandini: Kleines Lexikon des Hexenwesens. Genehm. Lizenzausg. f. area verlag gmbh, Erftstadt. München: Dt. Taschenbuchverlag, 1999; Paul, Hermann: Deutsches Wörterbuch: Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes. Tübingen: Niemeyer, 2002.
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