Bauopfer

Darbringung eines Opfers bei der Errichtung eines Baues, das die Baustelle heiligen und so den Bau sichern soll. Dieser Brauch ist über die ganze Erde und bei Völkern aller Kulturen verbreitet. Er kommt bereits im Mesolithikum vor und beruht auf dem Glauben, dass dämonische Mächte (Erd- und Flussgötter) versöhnt werden müssen, in deren Herrschaftsbereich der Mensch durch seine Bauten eingreift.
Am häufigsten war die Darbringung lebender Wesen: Menschen, besonders Kinder, später Tiere, die dann von leblosen Gegenständen abgelöst wurden.

Neben dem Akt der Versöhnung soll durch das B. auch noch ein besonderer Schutz bewirkt werden, indem die Seele des Geopferten zum Schutzgeist des Baues wird. Davon zeugt die Vorstellung, dass durch das Einmauern eines Kindes, das bisweilen einer armen Mutter abgekauft wurde, eine Burg unüberwindlich wird (Schambach, 326). Auch zum Tode Verurteilte dienten als B. (Witzschel I, 282).
Manche Elemente des B. leben im heutigen Ritus der Grundsteinlegung weiter, wie Urkunden und spezielle Einbringsel. Münzen sollen Wohlstand bringen, Olivenzweige oder Räucherwerk Harmonie und Frieden.

Lit.: Sagen, Sitten und Gebräuche aus Thüringen/gesammelt von August Witzschel. Hg. von G.L. Schmidt. Wien: Braumüller, 1878; Klusemann, Kurt: Das Bauopfer: Eine ethnographisch-prähistorisch-linguistische Studie. Graz; Hamburg: Selbstverlag, 1919; Niedersächsische Sagen und Märchen/aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen hg. von Georg Schambach und Wilhelm Müller. Stuttgart: Kohlhammer, 1948; Müller Zeis, Rita: Griechische Bauopfer und Gründungsdepots (1994). Saarbrücken, Univ., Diss., 1989; Sagen, Märchen und Lieder aus Schleswig-Holstein und Lauenburg/hg. von Karl Müllenhoff. Neue Ausg. besorgt von Otto Mensing. Neudr., 4. Aufl. Kiel: Schramm, 1995; Capelle, Torsten: Bauopfer. Neumünster: Wachholtz, 2000.
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