Baunscheidtismus

Engl. baunscheidtism, von Carl Baunscheidt (1809-1873) entwickelte Hautreiztherapie. Baunscheidt, geb. am 16.12.1809 bei Hagen in Westfalen, studierte am damals berühmten von Fellenbergischen Institut in Hofwil bei Bern Naturwissenschaften und erfand während seines freiwillig geleisteten Militärdienstes ein neues Visier für das Gewehr. Er ließ sich dann in Bonn nieder und befasste sich u.a. mit der Entwicklung neuer ärztlicher Instrumente. Dabei machte er zufällig die Feststellung, dass sich durch Mückenstiche sein Gichtleiden besserte. Diese Wirkung versuchte er mit einem Gerät, dem Dermatobiotikon („Lebenswecker“), nachzuahmen, an dem 33 feine Nadeln angebracht sind, die beim Druck auf die Haut bis zu zwei Millimeter in die Haut eindringen können. Durch diese leichte äußerliche Verletzung der Haut werden an vorher genau erkundeten Punkten Reizvorgänge ausgelöst, worauf ein hystaminchloridhaltiges Öl (Oleum Baunscheidtii) in die Haut einmassiert wird. Dieses Öl verursacht einen mehr oder weniger starken Ausschlag auf den zuvor gestichelten Hautpartien, womit folgende Wirkungen erzielt werden: Heilung chronischer oder akuter Neuritiden, über die Reflexzonen Stärkung der zugehörigen Organe und über das Vegetativum Einfluss auf das hormonale Geschehen, Ableiten von Lymphflüssigkeit und Gewebeschlacken aus den sich bildenden Pusteln.
B. behandelte die Kranken, die zu ihm nach Endenich bei Bonn kamen, mit seinem neuen Verfahren unentgeltlich und erfreute sich im 19. Jh. großer Beliebtheit. Seine Therapie gehörte zum Schatz jeder Hausapotheke. Man nannte sie auch die „Akupunktur des Westens“.

W.: Der Baunscheidtismus: mit Holzschnitten/vom Erfinder dieser neuen Heillehre Carl Baunscheidt. 6., abermals … bereicherte Auflage. Bonn: J. Wittmann, 1858; Die Mücke: Ein volksthümliches Correspondenz-Organ für alle Freunde der Natur u. Wahrheit/Hg. u. red. v. Carl Baunscheidt in Endenich. Bonn: J. Wittmann, 1861.
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