Aton

Ägypt., Sonnenscheibe; Bezeichnung der Sonne, die im Mittleren Reich (um 2040-1786: 11./12. Dynastie) aufkommt und sich in der 18. Dynastie einer sichtlich zunehmenden Beliebtheit erfreut. Bei der Neigung der Ägypter, Begriffe und Erscheinungen zu personifizieren, entwickelt sich A. zu einer besonderen Erscheinungsform des Sonnengottes. Schon zur Zeit Thutmosis’ IV. (18. Dynastie, 1425-1408 v. Chr.) wird dieser auf einem > Skarabäus schlechthin A. genannt. König > Amenophis IV., der seinen Namen in > Echnaton (= dem Aton wohlgefällig) umändert, erhebt A. zur einzigen Gottheit. In den ersten fünf Regierungsjahren Echnatons wird A. noch als Mensch mit Falkenkopf dargestellt, also wie bisher der heliopolitanische Re-Herachte. Dann gibt es nur noch die Sonnenscheibe, deren Arme handförmig enden und die Lebensschleife halten. Die anderen Gottheiten werden, mit Ausnahme von > Re, vernachlässigt. Gegen > Amun und seinen Kult wird eine regelrechte Hetzjagd betrieben. Kultzentrum des A. wird sein großer Tempel in Achetaton, der neuen Hauptstadt des Reiches. Echnaton wird der Prophet Gottes, der Einzige, der ihn verstehen und verständlich machen kann und dabei mit einer alles überragenden Kennzeichnung versieht: „Es lebt der Re, der Herrscher der beiden Horizonte, der frohlockt im Horizont, in seinem Namen als Vater des Re, der wiedergekommen ist als A.“ A. ist somit kein neuer Gott, sondern Re, der von Anfang an war und jetzt nach einer Zeit der Ferne wiederkehrt. Bildlich gesprochen hatte der König in A., der Sonnenscheibe, den Re zurückgebracht, der ursprünglich auch nichts anderes als das Gestirn selbst war. Im berühmten Hymnus, den Echnaton wahrscheinlich selbst komponierte, verleihen die aufgezählten Eigenschaften – Quelle der Wärme, des Lichts und der Schönheit, Brunnen des Lebens und Schöpfer aller Dinge – dem A. einen monotheistischen und universalistischen Charakter. Im Gegensatz zur alten ägyptischen Religion, die auf das Jenseits und auf das Problem des Bösen ausgerichtet war, ignoriert die Aton-Religion als Lehre des Lebens und der Freiheit absichtlich den Tod. Doch eine Religion, die den Tod nicht kennt, kann nicht von Dauer sein. So verschwindet auch A. und die kurzlebige Stadt, die zu seiner Ehre erbaut worden war, mit seinem Propheten.

Lit.: Bonnet, Hans: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3., unveränd. Aufl. Berlin: Walter de Gruyter, 2000; Schlögl, Hermann Alexander: Amenophis IV. Echnaton/mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Hg. Klaus Schröter. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2004.
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