Atavismus

Lat. atavus, Ahne; Wiedervorkommen von Eigenschaften, Anschauungen und Vorstellungen unmittelbarer Vorfahren. In der Biologie wurde der Begriff von Hugo De Vries 1901 zur Bezeichnung des Wiedererscheinens von Merkmalen der Vorfahren eingeführt, die in der Vorgängergeneration fehlten. So versteht man allgemein unter A. auch den Rückfall in eine frühere Entwicklungsstufe.
Die Tiefenpsychologie versteht darunter Vorstellungen, die im Traum, bei Neurosen und Psychosen auftauchen und uns auch in den Mythen der Naturvölker begegnen. In der Parapsychologie halten manche Autoren die > Psi-Funktion für eine atavistische (Edgar > Dacqué), andere dagegen für eine Vorwegnahme einer zukünftigen Eigenschaft, die sich bei Einzelnen manifestiert, latent aber bei allen vorhanden sei.

Im Bereich der Magie spricht man von einer Urkraft aus früheren Evolutionsphasen, die nach vielen Generationen noch einmal in Erscheinung tritt. So praktizierte der Okkultist Austin Osman Spare atavistische Wiedererweckungstechniken, eine Mischung aus Visualisation und Sexualmagie, um die animalischen Aspekte seiner Persönlichkeit aus früheren Existenzen zum Leben zu bringen.

Lit.: De Vries, Hugo: Die Mutationen und die Mutationsperioden bei der Entstehung der Arten: Vortrag, gehalten in der allgemeinen Sitzung der Naturwissenschaftlichen Hauptgruppe der Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Hamburg; am 26. September 1901. Leipzig: Veit, 1901; Dacqué, Edgar: Urwelt, Sage und Menschheit. Eine naturhist.-metaphys. Studie. München: R. Oldenbourg, 1924; Dacqué, Edgar: Natur und Seele. Ein Beitr. zur mag. Weltlehre. München: R. Oldenbourg, 1926; Rhine, Joseph B.: Die Reichweite des menschlichen Geistes. Parapsychologische Experimente. Hg. von Rudolf Tischner. Stuttgart: Dt. Verl.-Anst., 1950; Jungkurth, Markus M.: Zoskia: d. Magier Austin Osman Spare u. d. Magie d. Voodoo. Berlin: Kersken-Canbaz, 1983.
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