Astragalorakel

Würfelspiel mit Fußwurzelknochen von Ziegen, Schafen oder Schweinen, die als Astragale bezeichnet werden. Ein Astragal ähnelt somit nicht einem Würfel, sondern einem langgezogenen Quader. Ferner sind aufgrund der Wölbung der Knöchelchen die Chancen der einzelnen Zahlenwerte nicht gleichmäßig verteilt. Die Knöchelchen haben vier Flächen, und jede hat ihren Wert: die konvexe Seite zählt 3, die konkave 4, die instabilste 6 und die letzte 1 Punkt.
Die Astragale werden mit einer Hand hochgeworfen und auf dem Handrücken wieder gefangen, um erneut vom Handrücken in die Luft geworfen und mit einer Greifbewegung gefangen zu werden. (Hierbei ist zu beachten, das der Handrücken nach oben zeigt!) Zudem haben verschiedene Wurfkombinationen eigene Namen und Werte. Ein Wurf, bei dem alle Astragale eine andere Seite zeigen, heißt „Venus“ und bedeutet Sieg. Zeigen die Knöchelchen hingegen  4 x 1, so bedeutet dies „Hund“ – Der Spieler hat alles verloren!

Die einzelnen Quader sind über und über mit Buchstaben oder Symbolen versehen und tragen oft eine Statue des > Hermes, des Schutzgottes dieser Orakel, die besonders bei den Römern beliebt waren und schon in der großen Orakelstätte von Didyma (Türkei) verwendet wurden. Als die Perser 494 v. Chr. das Heiligtum plünderten, nahmen sie auch die bronzenen Astragale mit, die als Weihegeschenke gestiftet worden waren.
Das Spiel ist sehr vielfältig. Bei 5 Würfeln sind insgesamt 56 verschiedene Zahlenkombinationen möglich. Die Eintragung folgt in etwa diesem Schema: Zuerst werden die gewürfelten Zahlen angeführt, dann ihre Summe, danach wird die Gottheit genannt, wobei für jede der 56 Kombinationen eine andere Gottheit gilt, meist eine Gottheit mit Beinamen, etwa Zeus Soter (Retter). So lautet ein Beispiel:
Zahl: 6,6,6,1,1; Summe = 20; Gott: > Hephaistos. Sind drei Würfel Sechser, zwei aber Einser, dann höre und wisse: Es ist nicht möglich, ein Geschäft zu verrichten: Mühe dich nicht vergebens! Und wende nicht jeden Stein um, damit du nicht auf einen Skorpion triffst. Ohne Glück wird das Geschäft, nimm dich vor allem Unheil in Acht!

Lit.: Nolle, Johannes: Medien, Sprüche, Astragale. Zum Orakelwesen im kaiserzeitlichen Kleinasien. Nürnberger Blätter zur Archäologie 13 (1996/97), 173ff., HI/14; Rosenberger, Veit: Griechische Orakel: eine Kulturgeschichte. Darmstadt: Wiss. Buchges., 2001.
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