Ars notoria

Lat., „Gedächtniskunst“, besteht darin, mittels verschiedener Zeremonien und Gebete ohne die Mühe des Studiums in den Besitz der Wissenschaften, des Wissens um die Zukunft und der verborgenen Dinge zu gelangen. Diese „Geist-Kunst“ soll der Höchste Schöpfer bereits Salomo geoffenbart haben, was > Agrippa mit dem berühmten Zauberbuch „Der Schlüssel Salomons (Clavicula Salomonis)“ in Verbindung bringt, wobei er auch das aus einer Handschrift des 14. Jhs. im Kloster Admont (Österreich) entnommene Gebet zur Erlangung von Gedächtniskraft und Beredsamkeit veröffentlichte (Agrippa, 5, 157-285). A. n. wird jedoch schon von Gervasius von Tilbury (1140-ca. 1220) erwähnt, der berichtet, dass man an Vergils Haupt in seinem Grab ein Buch über die ars notoria gefunden habe (Camparetti, 235). Thomas von Aquin, Alexander von Hales sowie Gerson verurteilen die A. n., weil sie auf einem Bund mit den Dämonen beruhe und wirkungslos sei. Trotzdem wird sie in der Folgezeit oft genannt. In seinem Überblick über Formen des Aberglaubens spricht auch Luther von der A. n. 1554 wurde das Buch des Nic. Perazonus: De arte notoria et memoria vom Venediger Index verboten. Agrippa schrieb ein Buch darüber, wogegen sich Erasmus lustig macht.
Im Übrigen benutzte man schon im Altertum Mittel zur Gedächtnisstärkung, wie aus dem 1. Berliner magischen Papyrus hervorgeht. Hierher gehört auch eine Reihe magisch-jüdischer Rezepte. So gab man z. B. Kindern und Erwachsenen vor dem Lernen Kuchen mit Engelnamen und Amulettzeichen (Zunz). Schließlich ist auch noch die islamische Vorstellung von Gedächtniskraft und Vergesslichkeit zu nennen.

Lit.: Luther, Martin: Martin Luthers Werke: kritische Gesamtausgabe. Weimar: Böhlau; Zunz, Leopold: Zur Geschichte und Literatur. Nachdr. Hildesheim: Olms, 1845; Comparetti, Domenico: Virgil im Mittelalter. Aus dem Ital. übers. von Hans Dütschke. Leipzig: Teubner, 1875; Agrippa von Nettesheim: Heinrich Cornelius Agrippas v. Nettesheim Magische Werke: Zum 1. mal vollst. in‘s Deutsche übers.; vollst. in 5 Th.; Bdch. 1-5/sammt d. geheimnißvollen Schriften d. Petrus v. Abano, Pictorius v. Villingen [u.a.]. Berlin: Barsdorf, 1916; Der Schlüssel Solomon = Clavicula Solomonis/e. Übers. u. Ed. von Ms. aus d. Brit. Museum von S. Liddell MacGregor Mathers. Übers. in d. Dt. u. Kommentar von Marcus M. Jungkurth. Berlin: Schikowski, 1985.
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