Alraunenschrei

Markerschütternder Schrei, den die > Alraune ausstoße, wenn sie herausgerissen werde, und der, wenn er gehört wird, wahnsinnig mache und den Tod herbeiführen könne. Deshalb müsse der Ausgrabende sich die Ohren mit Wachs verstopfen, dreimal über die Wurzel das Kreuz schlagen und die A., sobald sie in der Erde gelockert sei, mit einer Schnur an einen „allschwarzen“ Hund binden, dem man einen Köder vorhält, damit er, gierig danach schnappend, die Wurzel herausreiße. Bei dem Wehgeschrei der Alraune werde der Hund sofort tot umfallen. Shakespeare griff diese weit verbreitete Vorstellung in Romeo und Julia (4, 3) auf. So klagt Julia in der Angst, aus dem künstlichen Schlaf in den Schrecknissen des Grabgewölbes zu früh zu erwachen:

„Weh, weh, könnt’ es nicht leicht geschehen,
dass ich,
Zu früh erwachend – und nun ekler Dunst,

Gekreisch wie von Alraunen, die man aufwühlt,
Das Sterbliche, die’s hören, sinnlos macht. –
Oh, wach’ ich auf, werd’ ich nicht rasend werden?“

Und bei Heinrich IV. findet sich eine ähnliche Anspielung, wo Suffolk sagt:

„Wär’ Fluchen tödlich wie Alraunenächzen.
So wollt’ ich bittre, scharfe Wort’ erfinden.“
Lit.: Schmidt, Philipp: Dunkle Mächte: ein Buch vom Aberglauben einst und heute. Frankfurt/M.: Josef Knecht; Carolusdruckerei, 1956, S. 178-181.
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