Alfons X. von Kastilien (A. der Weise, span. el Sabio, 1221-1284), Sohn Ferdinands III. des Heiligen und der Beatrix von Schwaben, König von Kastilien von 1252-1284, gilt als großer Förderer von Wissenschaft und Kunst. Neben der Eroberung großer Teile Spaniens und der Kodifizierung von Verfassungs-, Zivil- und Strafrecht führten ihn seine geheimwissenschaftlichen Neigungen zu häufigem Umgang mit jüdischen und orientalischen Gelehrten. Die Planetentafeln des Ptolemäus ließ er durch die von 50 Astronomen ausgearbeiteten „Alfonsinischen Tafeln“ ersetzen, die bis in die Zeit Keplers der Kanon der Astronomie waren. Ferner schrieb er religiöse Lyrik, veranlasste die Sammlung von Gesetzen, besonders die Siete Partidas, das bedeutendste juristische Werk dieser Zeit, ließ die erste allgemeine Geschichte Spaniens und eine (unvollendet gebliebene) Weltgeschichte schreiben. Er gilt auch als der Verfasser von Libros del saber de astronomia, Lapidario, Libro conplido sowie Libro de las Cruzes. Sein Hauptwerk, Cantigas de Santa Maria, ist die größte und wichtigste Sammlung marianischer Gesänge des Mittelalters. Zudem sorgte er für die Übersetzung wissenschaftlicher Literatur aus dem Arabischen, wie des arabischen Magiebuches Ghâjat al-hakîm (Das Ziel der Weisen), das unter dem Namen Picatrix eine große Rolle in der Magie des Mittelalters spielte.
Politisch hingegen war A. wenig erfolgreich. Seinem Versuch, deutscher König und römischer Kaiser zu werden, versagte Papst Gregor X. die Anerkennung. Die Regierungsgeschäfte lagen ihm nicht. Es machte sich Misswirtschaft breit, der Plan eines Kreuzzugs nach Nordafrika scheiterte, und schließlich wurde A. in Kastilien von seinem Sohn Sancho IV. entmachtet. Seit 1282 de facto auf die Herrschaft in Andalusien beschränkt, starb Alfons am 4. April 1284 in Sevilla.
Lit.: Ribera y Tarragó, Julian: La musica de las cantigas. Madrid: Tip. de la Revista de Archivos, 1922; Codex 2352 der Österreichischen Nationalbibliothek; Picatrix: das Ziel des Weisen von Pseudo-Magriti/transl. into German from the Arabic by Hellmut Ritter and Martin Plessner. London: Warburg Inst., Univ. of London, 1962; Magriti, Abu-’l-Qasim Maslama Ibn-Ahmad al: Picatrix: the Latin Version of the Ghayat al-Hakim; text, introduction, appendices, indices . Ed. by David [Edwin] Pingree. London: Warburg Inst., Univ. of London, 1986; Biedermann, Hans: Handlexikon der magischen Künste: von d. Spätantike bis zum 19. Jahrhundert; Bd. 1: A-L. 3., verb. u. wesentl. verm. Aufl. Graz: ADEVA, 1986.