Ätiologie

Ä. (griech. aitiología), die Lehre von Ursache, Grund, Ursprung; bezeichnet im weitesten Sinn die methodische Frage nach dem Warum eines Seienden. Der Grund einer Gegebenheit im engeren Sinn kann ganz einfach in einem früheren Geschehen liegen. So lautet z. B. die Antwort auf die Frage, warum der Sabbat als Ruhetag gefeiert wird: weil Gott nach dem Sechstagewerk der Schöpfung das Bedürfnis hatte, zu ruhen (Gn 2,2f.). Ä. spielt auch bei der Frage nach dem jetzigen Zustand der Menschheit (Erbsünde) und dem Ursprung von Welt und Mensch (Schöpfung) eine entscheidende Rolle.
Unzählige > Mythen, > Sagen, > magische Praktiken, > Zauberformeln und > Heilungsrituale bekommen durch die Ä. ihre Bedeutung und Wirksamkeit.
Die ältesten ätiologischen Aussagen beziehen sich auf Besonderheiten der Natur, Naturerscheinungen und die Macht des Guten und Bösen. Einen eigenen Raum nehmen die ätiologischen Aussagen über den Ursprung von > Kultstätten, > Orten der Kraft, > Heilquellen, Ursachen von > Unglück und > Krankheit ein. So werden im > Ayurveda vier Ursachen von Krankheit genannt: grobstoffliche Einflüsse, Einflüsse durch die Zeit, krankmachende Sinneswahrnehmungen und mentale Aktivitäten. In der Medizin ist der Begriff Ä. zum Grundbegriff der Krankheitsentstehung geworden.

Lit.: Buess, Eduard: Die Geschichte des mythischen Erkennens: Wider sein Missverständnis in d. „Entmythologisierung“. München: Kaiser, 1953; Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Bd. 1. Berlin: W. de Gruyter, 1987; Dohmen, Christoph: Ätiologie. Lexikon für Theologie und Kirche. Bd. 1. Freiburg i.Br.: Herder, 31993; Golowin, Sergius: Die großen Mythen der Menschheit. Freiburg: Herder, 1998.
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