Ägypterevangelium

Unter diesem Titel sind zwei Schriften bekannt, die jedoch keinerlei Gemeinsamkeiten aufweisen. Die eine, aus der ersten Hälfte des 2. Jhs., war in gnostisch-christlichen Kreisen Ägyptens besonders beliebt. Origenes (Hom. in Lucam I), Hippolyt (Refut. 5, 7, 9) und Epiphanius (Panar. 62, 2, 4f.) bezeugen die Existenz in Zusammenhang mit der Bekämpfung von Häresien. Das bis jetzt bedeutendste Bruchstück findet sich bei Clemens von Alexandrien (Stromateis III, 45.63 / 8.91f.) und bringt einen Dialog zwischen Jesus und Salome. Die Verwendung im 2. Clemensbrief weist auf die 1. Hälfte des 2. Jhs. als Abfassungszeit hin.
Die zweite Schrift mit dem Titel „Heiliges Buch des großen unsichtbaren Geistes“, > Nag Hammadi codices III, 2 und IV, 2, gibt in der Abschrift eines gewissen Eugnostos vor, von > Seth verfasst zu sein. Der Text stammt aus dem 3. Jh. und sein Inhalt ist gnostisch.
Seth offenbart in gnostischer Sicht den Aufbau des Jenseits und sein Eingreifen zur Errichtung eines sethianischen Geschlechts (> Adamapokalypse). Seine Manifestation ist Jesus. Eine besondere Rolle spielt dabei die > Zahlenmystik. Zudem finden sich magisch-kultische Elemente wie Inkantationen in Form von Buchstabenfolgen oder Nennungen einer Gottheit mit verschiedenen Namen mehrmals hintereinander. Den Abschluss bildet ein langer Hymnus an die Taufe. Die Entstehung wird um die oder nach der Wende des 2./3. Jhs. vermutet.

Lit.: Böhlig, A.: Das Ägypterevangelium von Nag Hammadi. Wien, 1974; Barns, J.W.B.; Browne G.M; Shelton, J.C. (Hg.): Nag Hammadi Codices. Greek and Coptic Papyri From the Cartonnage of the Covers. Leiden: Brill, 1981 (Nag Hammadi Studies; 16).
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