Andreas Resch: Marianne Cope

MARIANNE COPE
(1838-1918)

PROFESS-SCHWESTER
DES DRITTEN ORDENS DER
FRANZISKANERINNEN
VON SYRACUSE

Heilig-: 21. Oktober 2012
Fest: 9. August

MARIANNE COPE wurde als fünftes Kind der Eheleute Peter (1787-1862) und Barbara Koob (geb. Witzenbacher, 1803-1872) am 23. Januar 1838 in Heppenheim in Hessen, Deutschland, geboren und auf den Namen Maria Anna Barbara getauft. 1840 wanderte die Familie Koob nach Utica im US-Bundesstaat New York aus. Nach Erhalt der Staatsbürgerschaft nahm der Vater für die ganze Familie den Namen Cope als anglisierte Form des Namens Koob an. In Utica wurden sie Mitglieder der Pfarre St. Joseph und Maria besuchte die Pfarrschule. Als sie in der achten Schulstufe war, wurde ihr Vater zum Invaliden und so musste sie als ältestes der Kinder in der Fabrik arbeiten, um zum Unterhalt der Familie beizutragen.

Bei der Erstkommunion 1848 verspürte das Mädchen zum ersten Mal die Berufung zum Ordensstand. Dieser Wunsch musste jedoch hintangestellt werden, weil die Familie aufgrund der wirtschaftlichen Situation auf ihre Unterstützung angewiesen war. Erst nach dem Tod des Vaters konnte sie mit 24 Jahren ihrem Wunsch Folge leisten und trat 1862 in Syracuse, NewYork, bei den Schwestern vom Dritten Orden des hl. Franziskus in das Noviziat ein. Am Ende des Noviziatsjahres erhielt sie das Ordenskleid und ihren neuen Namen Marianne. Sie wurde dann zuerst Lehrerin und anschließend Leiterin der neu errichteten Schule für die deutschsprachigen Immigranten in der Region.

Aufgrund ihrer großen Begabung und ihres Einsatzes wurde sie bereits 1870 Mitglied des Rates der Kongregation. In dieser Rolle wirkte Marianne Cope an der Eröffnung der ersten zwei katholischen Spitäler, St. Isabel in Utica und St. Joseph in Syracuse, mit, die allen offenstanden. Cope wurde zur Leiterin des St. Joseph-Spitals ernannt – eine Aufgabe, die sie von 1870 bis 1877 innehatte.

1877 wurde sie zur Provinzoberin ernannt und 1881 in ihrem Amt bestätigt. Während dieser Zeit erreichte sie 1883 eine Anfrage des Bischofs von Honolulu, der seinerseits einen Brief des Königs von Hawaii im Pazifischen Ozean (damals unabhängig, seit August 1959 50. Bundesstaat der USA) mit der Bitte übersandte, Krankenschwestern für die verlassenen Leprakranken des Königreiches zu schicken. Die Situation war schwierig, fünfzig Ordensgemeinschaften hatten die königliche Bitte bereits abgelehnt. P. Damian de Veuster (1840-1889), der unter jenen schwierigen Verhältnissen lebte, wies darauf hin, dass es Schwestern brauche, um die Kranken zu pflegen, die, von ihren Familien und Dörfern entfernt, auf die Insel Molokai gebracht wurden, wo es keine entsprechenden Gebäude und keine sanitäre Hilfe gab. Es gelte ein Spital zu bauen und vor allem die kleinen Kinder der Leprakranken, die den Müttern gefolgt waren, einer strengen Allgemeinhygiene zu unterziehen und zu unterrichten.

Mutter Marianne wählte von den 25, die sich meldeten, sechs Schwestern aus und brach mit ihnen in Richtung Hawaii auf, um dort eine Mission der Franziskanerinnen vom Dritten Orden zu gründen. Sie begleitete sie zunächst nach Honolulu, wo sie am 8. November 1883 ankamen. Die Glocken der Kathedrale Our Lady of Peace hießen ihr Schiff, die SS Mariposa, im Hafen von Honolulu willkommen. Unter der Führung von Mutter Marianne war es Aufgabe der Schwestern, das Filialkrankenhaus in Kakaako auf der Insel Oahu zu leiten, das als Aufnahmestation für Lepra-Patienten der gesamten Insel fungierte. Hier wurden die schwereren Fälle ausgesondert und auf die Insel Molokai gebracht, um sie in der Siedlung Kalawao und später dann in Kalaupapa unterzubringen.

Auf Molakai arbeitete seit Jahren P. Damian de Veuster, der 1884 selbst an Lepra erkrankte.

Im gleichen Jahr wurde Cope von der Regierung ersucht, das Malulani Hospital, das erste allgemeine Krankenhaus auf der Insel Maui, zu errichten. Bald darauf wurde sie aber eiligst in das Krankenhaus von Oahu zurückberufen, um sich mit dem Missbrauch von Lepra-Patienten durch einen von der Regierung ernannten Administrator im Filialkrankenhaus von Kakaako zu befassen. Ihre Forderung an die Regierung, zwischen seiner Entlassung und der Rückkehr der Schwestern nach Syracuse zu wählen, brachte ihr die volle Leitung des überfüllten Krankenhauses ein. Ihre persönliche Absicht, nach Syracuse zurückzukehren und wieder der Kongregation vorzustehen, wurde so verzögert, weil ihre leitende Funktion sowohl von staatlicher als auch von kirchlicher Seite für den Erfolg der Mission als unerlässlich erklärt wurde.

Zwei Jahre nach Ankunft der Schwestern hatten die Errungenschaften von Mutter Cope die Regierung von Hawaii dermaßen beeindruckt, dass der König ihr für ihre aufopfernde Tätigkeit den leidenden Menschen gegenüber persönlich das Ritterkreuz des Kapiolani-Ordens verlieh.

Das Werk nahm an Dimension zu. Ein Jahr später, im November 1885, konnte Cope die Regierung überzeugen, dass es unabdingbar war, die obdachlosen Mädchen von Lepra-Patienten zu retten, was zur Eröffnung des Kapiolani-Heims führte. Die ungewöhnliche Wahl des Standortes für gesunde Kinder in einem Haus auf dem Gelände eines Lepraspitals wurde deshalb getroffen, weil sich außer den Schwestern niemand fand, der für jene sorgte, die so eng mit Menschen verbunden waren, welche an der gefürchteten Krankheit litten.

Der Regierungswechsel 1887 führte zu einer Änderung der offiziellen Politik gegenüber Leprakranken. Während Jahre hindurch keine neuen Patienten in das Exil nach Molokai verbannt worden waren, beschloss die neue Regierung, diese Politik zu beenden und das in Oahu erbaute Krankenhaus zu schließen. Ein Jahr später, als die Folgen dieser Entscheidung offenbar wurden, ersuchten die Behörden Cope, auf der Kalaupapa-Halbinsel von Molokai ein neues Heim für Frauen und Mädchen zu errichten. Wenngleich das mit sich brachte, dass sie vermutlich nie mehr nach New York zurückkehren und ihre Familie und Freunde wiedersehen würde, nahm sie den Ruf an. „Wir werden die Arbeit mit Freuden aufnehmen …“, war ihre Antwort.

Im November 1888 zog Cope nach Kalaupapa, um einerseits den im Sterben liegenden P. Damian de Veuster zu pflegen, der wegen seines heroischen Einsatzes für die Lepra-Kolonie bereits international bekannt war, und andererseits um sein Erbe anzutreten. Cope hatte P. Damian bereits kurz nach ihrer Ankunft in Hawaii kennengelernt, als dieser noch bei voller Gesundheit nach Oahu gekommen war, um der Einweihung der von Cope errichteten Krankenhauskapelle beizuwohnen. Nachdem auch bei ihm Lepra diagnostiziert worden war, wurde er von staatlichen wir kirchlichen Behörden gemieden. Es war einzig Mutter Marianne, die ihn willkommen hieß und ebenso dafür sorgte, dass auch der König ihn besuchte.

Als Pater Damian am 15. April 1889 starb, erhielt Cope von der Regierung offiziell den Auftrag, sich um die Knaben auf Kalaupapa zu kümmern und wie eh und je auch für die weiblichen Bewohner der Kolonie Sorge zu tragen. Ein prominenter lokaler Geschäftsmann namens Henry P. Baldwin spendete Geld für das neue Heim. Mutter Marianne und zwei Assistentinnen, Schwester Leopoldina Burns und Schwester Vincentia McCormick, eröffneten und leiteten eine neue Mädchenschule, die sie nach ihm benannten. Auf ihren Vorschlag hin sollte eine Gemeinschaft von Ordensbrüdern die Knaben unter ihre Fittiche nehmen. Nach Ankunft von vier Brüdern des Heiligsten Herzens Jesu 1895 zog sie die Schwestern ab und beorderte sie an das Bischofsheim für leprakranke Frauen und Mädchen. „Bruder“ Joseph Dutton wurde von der Regierung mit der Betreuung des Baldwin-Hauses beauftragt. (Er war ein Veteran aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, der in den Vereinigten Staaten dem Alkohol abgeschworen hatte und erster Assistent von P. Damian wurde.)

Das Werk von Mutter Cope war so sehr mit ihrer Person verknüpft, dass sie selbst der Aufforderung der Mitschwestern, nach Amerika zurückzukehren, nicht nachkommen konnte, weil sie zur Rettung der Mission in Molokai bleiben musste. Das Amt der Provinzoberin gab sie daher ab.

Cope sah Amerika nie wieder, sondern diente 30 Jahre lang, bis zu ihrem Tod, den Leprakranken. Für die Kinder der Lepra-Patienten wurden zwei getrennte Heime gegründet und nach allen Regeln der Hygiene geführt, sodass deren Bewohner später in die Gesellschaft zurückkehren konnten.

Die „Mutter von Molokai“, wie sie mittlerweile genannt wurde, kannte jeden einzelnen Kranken, rief ihre Patienten beim Namen, lehrte sie die spröde Erde mit Bäumen, Blumen und Sträuchern zu bepflanzen, und gab ihnen das Bewusstsein, nicht länger ausgegrenzt und unnütz zu sein. Die Geschichtsschreiber sprechen von ihr als von einer „beispielhaften Ordensschwester mit einem außergewöhnlichen Herzen“.

Cope starb am 9. August 1918 in Molokai im Alter von 80 Jahren und wurde in Bishop Home beerdigt. 2005 wurden ihre sterblichen Überreste in das Mutterhaus der Franziskanerinnen nach 1108 Court St Syracuse, NY 13208-1711, überführt.

Am 14. Mai 2005 wurde Marianne Cope als erste im Pontifikat Benedikts XVI. in Hawai seliggesprochen, nachdem zuvor schon Papst Johannes Paul II. der Seligsprechung zugestimmt hatte. Am 21. Oktober 2012 sprach sie Papst Benedikt XVI. dann in Rom heilig.

 

Resch, Andreas: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]

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