Paravicini, Derek

(* 26.07.1979 London), blinder und leicht autistischer Inselbegabter, wurde in der 25. Schwangerschaftswoche geboren. Seine Zwillingsschwester starb bei der Geburt. Derek blieb drei Monate in der Klinik. Er musste in den Brutkasten gelegt werden, wo er durch die Gabe von Sauerstoff erblindete. Dies wirkte sich auch auf die Hirnentwicklung aus. Seine Lernfähigkeit war beeinträchtigt, sodass er auch als junger Erwachsener auf dem geistigen Entwicklungsstand eines Kleinkindes blieb. Zudem weist er autistische Züge auf, verfügt aber über ein absolutes Gehör und kann nach nur einmaligem Hören von Musikstücken diese bereits spielen. Schon mit zwei Jahren begann er Klavier zu spielen, als er von seiner Großmutter ein altes Keyboard erhielt.
Die Eltern ermöglichten Derek den Besuch der Linden Lodge School für Blinde in London. Bei der ersten Vorstellung in der Schule riss er sich im Musikraum von den Eltern los, ging direkt auf das Klavier zu, schob den Pianisten zur Seite und berührte, gleichsam spielend mit seinen Fingern, dessen Hände, Ellbogen und Nase. Ockelford erkannte Dereks offensichtliches Musiktalent und organisierte zunächst einen wöchentlichen, dann einen täglichen Musikunterricht. Im Verlauf dieses Unterrichts trat klar zutage, dass es sich bei P. um einen musikalischen Inselbegabten mit absolutem Gehör handelte.
Mit sieben Jahren gab P. im Tooting Leisure Centre im Süden Londons sein erstes Konzert. 1989, mit neun Jahren, hatte er zusammen mit dem Royal Philharmonie Pops Orchestra sein erstes größeres öffentliches Konzert in der Barbican Hall in London. Im gleichen Jahr trat er in der Talkshow Wogan auf und war die Hauptfigur in der Dokumentation Musical Savants. Später wurde P. von Lady Diana für seine Auftritte mit sieben und neun Jahren mit einem Barnardoʼs Childrenʼs Champion Award ausgezeichnet. Weitere Auftritte folgten, darunter in Ronnie Scottʼs Jazz Club. Sein erstes Album, Echoes of the Sounds to Be, erschien am 27. September 2006. 2007 veröffentliche Adam Ockelford Dereks Biografie. P. hatte daraufhin weitere Auftritte in Rundfunk, Femsehen und bei verschiedenen Konzerten. 2010 wurden seine Eltern mit der Vormundschaft betraut.
Zudem wurde P. einer Reihe von Tests unterzogen, vor allem auch was seine Wiedergabe einmal gehörter Musikstücke betraf. Dabei erreichte er eine Trefferquote von 95%.
Wie viele andere Inselbegabte ist auch er ruhig, entspannt, mit einem freundlichen und zufriedenen Aussehen. Heute lebt er in einer Wohngemeinschaft für Blinde in London und ist ein gefeierter Musiker, wie auf seiner Homepage zu erfahren ist.

Lit.: Ockelford, Adam: In the Key of Genius: The Extraordinary Life of Derek Paravicini. London: Hutchinson, 2007.

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