Kandinsky, Wassily

Wassili Wassiljewitsch Kandinski (* 16.12.1866 Moskau; † 13.12.1944 Neuilly-sur-Seine, Frankreich) war Maler, Grafiker und Kunsttheoretiker, der auch in Deutschland und Frankreich lebte und wirkte. Mit Franz Marc war er Begründer der Redaktionsgemeinschaft Der Blaue Reiter, die am 18. Dezember 1911 ihre erste Ausstellung in München eröffnete. K. war ein Vertreter des Expressionismus und einer der Wegbereiter der abstrakten Kunst.
Nach dem Abitur 1885 am humanistischen Gymnasium in Odessa begann er 1886 mit dem Studium der Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Ethnologie an der Lomonossow-Universität Moskau. Während des Studiums malte er und besuchte Kunstausstellungen. 1892 schloss er mit dem juristischen Staatsexamen ab und wurde im Jahr darauf Assistent der juristischen Fakultät an der Moskauer Universität. Er promovierte mit der Dissertation Über die Gesetzmäßigkeit der Arbeiterlöhne und wurde zum Attaché der juristischen Fakultät ernannt.
K. entschied sich jedoch für die Malerei und zog nach München, wo er zunächst von 1897 bis 1899 die private Malschule des Slowenen Anton Ažbe besuchte und zum ersten Mal auf den russisch-deutschen Maler Alexej von Jawlensky traf. Ab 1900 studierte er an der Kunstakademie München. 1902 stellte er zum ersten Mal in der Berliner Secession aus. 1903 verlobte er sich, obwohl bereits in Russland verheiratet war, mit der deutschen Malerin Gabriele Münter.
1906 bis 1907 verbrachte K. in der französischen Stadt Sèvres bei Paris, wo er Das bunte Leben malte. Nach ihrer Rückkehr 1908 nach München brach das Paar im Frühjahr nach Lana in Südtirol auf, wo beide weiterhin im spätimpressionistischen Stil malten. Für die künstlerische Weiterentwicklung war dann das bayrische Murnau am Staffelsee eine entscheidende Station.
Ein Jahr vor Beginn des Ersten Weltkrieges war K. in der Armory Show in New York mit Improvisation Nr. 27 und mit sieben Bildern im Ersten Deutschen Herbstsalon in Berlin vertreten. Nach der deutschen Kriegserklärung gegen Russland am 1. August 1914 konnte er nicht in Deutschland bleiben und floh mit Gabriele Münter am 3. August in die Schweiz, von wo aus er im November ohne Münter über Zürich nach Russland weiterreiste und sich in Moskau niederließ.
Im Dezember 1921 kam K. nach Berlin, wo er im Juni 1922, dem Ruf des Bauhaus-Gründers Walter Gropius folgend, eine Lehrtätigkeit an der Werkstatt für Wandmalerei am Bauhaus in Weimar annahm. K. arbeitete fortan als Lehrer in Weimar, Dessau und Berlin und kam dort mit dem russischen Konstruktivismus in Kontakt.
1924 gründete K. mit Lyonel Feininger, Paul Klee und Alexej von Jawlensky die Künstlergruppe Die Blaue Vier. 1926 erschien seine theoretische Schrift Punkt und Linie zu Fläche. 1928 erwarb er die deutsche Staatsbürgerschaft.
Nach der Schließung des Bauhauses durch die nationalsozialistische Stadtverwaltung 1933 emigrierte K. nach Neuilly-sur-Seine bei Paris. 1939 nahm er die französische Staatsbürgerschaft an und beendete seine letzte große Arbeit im Bereich der „Kompositionen“, die Komposition X.
K., der bis Ende Juli 1944 täglich malte, starb am 13. Dezember des Jahres in Neuilly-sur-Seine. Seine wesentlich jüngere zweite Ehefrau, Nina Kandinsky, überlebte ihren Mann um 36 Jahre und machte es sich zur Aufgabe, seinen Nachlass zu verwalten.
Die Grundidee seiner Bilder ist das Hören von Farben bzw. das Sehen von Klängen. Ziel der Kunst ist nach K. die Farbharmonie und das Berühren der menschlichen Seele.

Lit.: Kandinsky, Wassily: Über das Geistige in der Kunst, insbesondere in der Malerei. Originalausgabe von 1911 bei R. Piper, München (online bei uni-heidelberg.de), revid. Neuauflage beim Benteli Verlag in Bern 2004.
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