Kāma

(Sanskr., „weltlicher Genuss“, „Verlangen“), oft einseitig als „Lust“ oder „sexuelles Verlangen“ übersetzt, gilt im Hinduismus als eines der vier Purusharthas, der „vier Lebensziele des Menschen“. Die anderen drei sind:

  1. Artha: Wohlstand und Erfolg
  2. Dharma: ein Leben entsprechend den sozialen und kosmischen Gesetzen
  3. Moksha: die Erlösung.

Hindus lehnen weltliches Streben, Lust und Verlangen nach Wohlstand zwar nicht als unmoralisch ab, ordnen diese jedoch den beiden anderen Zielen, Dharma und Moksha, unter. Während für das tägliche Leben die Erfüllung des Dharma als wichtigstes Leitziel erachtet wird, sind doch auch Artha und Kama notwendig. K. gehört aber auch zu den sog. „Sechs Feinden“, den Übeln, die der Mensch auf dem Weg zur Erlösung überwinden muss.
Im berühmten Schöpfungslied des Rigveda ist K. Quelle und Ursprung aller Dinge.

„Im Anfang war Finsternis in Finsternis versteckt […], das Eine wurde durch die Macht eines heißen Dranges geboren. Über dieses kam am Anfang das Liebesverlangen, was des Denkens erster Same war“ (Rigveda 10,12).

Dieses Verlangen war der Urtrieb, der die Erscheinungswelt aufrechterhält, die hinter dem Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) stehende Kraft.
K. ist auch der Gott der Erotik, er gilt als Sohn der Göttin Lakahmi. Von Vishnu wird er als Prinz Pradyumna gezeugt, als dieser in Gestalt von Krishna ein irdischer König ist. K. reitet auf einem Papagei, der bei den Indern häufig ein Sinnbild der Minnekultur war. Seine Pfeile sind verschiedene Blumen, die in Indien als Liebessymbole gelten. Seine Gattin ist Rati, das Liebesbegehren. Tänzerinnen und Musiker aus dem Feengeschlecht folgen ihm in Scharen.

Lit.: Zaehner, R.C.: Der Hinduismus. München: Goldmann,1986; Die Enzyklopädie der Östlichen Mythologie. Reichelsheim: Rachel Storm, 2000; Alfred Ludwigs englische Übersetzung des Rigveda (1886-1893). Wiesbaden: Harrassowitz, 2019.
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