Jesiden

Oder Eziden, eine zumeist Kurmandschi (Nordkurdisch) sprechende ethnisch-religiöse Gruppe mit ca. einer Million Angehörigen, deren ursprüngliche Hauptsiedlungsgebiete im nördlichen Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei liegen. Viele J. betrachten sich als ethnische Kurden, andere als eigenständige Ethnie, was besonders für die J. in Armenien und der europäischen Diaspora gilt. Aufgrund von Verfolgungen flohen im 19. und frühen 20. Jh. viele J. nach Armenien und Georgien. Seit 2014 wiederum fliehen die J. vermehrt im Nordirak vor Verfolgung durch die Miliz Islamischer Staat. In Deutschland bilden sie mit geschätzt 200.000 Mitgliedern (Stand 2017) die größte Diaspora.
Weltanschaulich werden die J. von Muslimen und Christen teils als „Teufelsanbeter“, teils als „Anhänger des Omajaden-Kalifen Yazid“ angesehen. Tatsächlich sind sie weder das eine noch das andere. Sie haben eine eigene synchretistische Religion, die auf alt-kurdischen (bzw. alt-indo-arianischen) Religionen basiert und unvermischt Elemente des Mithraismus (Sonnenkult), Zoroastrismus, Manichäismus, Judentums, Christentums und des Islam enthält. Grundlage für ihre Religion bilden in erster Linie zwei in kurdischer Sprache verfasste, dem Anschein nach heilige Bücher, das „Buch der Offenbarung“, Kitebi Galwa, und das „Schwarze Buch“, Mashaf Rash. Darüber hinaus existiert eine Fülle mündlicher Überlieferungen in Reim-Prosa.
Bekannt ist ihre Verehrung des Melek Taus („Engel Pfau“), eines Engels, der durch einen blauen Pfau symbolisiert wird, der Glaube an die Seelenwanderung, der Quellenkult, die Sonnenverehrung und die jährliche Wallfahrt zum Grab des 1160 verstorbenen Hauptheiligen Scheich Adī.

Lit.: Kreiser, Klaus/Wielandt, Rotraud (Hrsg.): Lexikon der islamischen Welt. Stuttgart: Kohlhammer, 1992.
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