Feßler, Ignaz Aurelius

Ungar. Fessler, Ignácz Aurél (* 18.05.1756 Zurndorf (ungar. Zurány), Komitat Wieselburg; † 15.12.1839 Sankt Petersburg), katholischer Geistlicher, Orientalist, Kapuziner, Freimaurer, lutherischer Generalsuperintendent.
F. besuchte die Schulen in Preßburg und Raab, trat 1773 im Kloster Moor bei Stuhlweißenburg in den Orden der Kapuziner ein und wurde 1779 zum Priester geweiht. 1784 erfolgte die Versetzung in das Kloster Mödling bei Wien, wo der Tod eines 52 Jahre in einem unterirdischen Klosterkerker eingeschlossenen Mönchs einen tiefen Eindruck bei ihm hinterließ. Dieser war wegen eines jugendlichen Fehltritts ins Gefängnis gekommen. F. schrieb einen Brief an Kaiser Joseph II., worauf eine Untersuchung der Kapuzinerklöster durch die kaiserlichen Kommissionen stattfand und alle Klostergefängnisse in der Monarchie beseitigt wurden.
1783 ernannte ihn der Kaiser zum ordentlichen Professor für orientalische Sprachen und Altes Testament an der Universität Lemberg. In Lemberg wurde er auf eigenen Wunsch aus dem Kapuzinerorden entlassen und ließ sich 1783 in die Freimaurerloge Phönix zur runden Tafel aufnehmen.
1791 trat F. zum lutherischen Glauben über und heiratete im Jahr darauf, doch wurde die Ehe 1802 wieder geschieden. Ab 1796 lebte F. in Berlin und war dort literarisch tätig. Er wurde Mitglied der dortigen Freimaurerloge Royal York und gemeinsam mit Johann Gottlieb Fichte beauftragt, die Statuten und das Ritual der Loge zu reformieren. Bei seiner hervorragenden Arbeit drängte er u.a. erfolglos auf die Abschaffung der Hochgrade, schied aus diesem Grund 1802 aus der Royal York aus und schloss sich daraufhin der Loge Zu den drei Bergen in Freiberg an. 1809 wurde er als Professor für orientalische Sprachen und Philosophie an die Alexander Newski-Akademie in Sankt Petersburg berufen. Dort engagierte er sich freimaurerisch und fertigte unter Mitarbeit namhafter Personen ein von Kaiser Alexander I. in Auftrag gegebenes Gutachten über die Tätigkeiten der Freimaurerlogen an, woraufhin die Freimaurerei in Russland genehmigt wurde.
Sein Amt an der Alexander Newski-Akademie verlor F. jedoch bald, weil man in seinen philosophischen Vorlesungen Kantianismus und Atheismus vermutete. Daraufhin wirkte er als Mitvorsteher einer Erziehungsanstalt in Wolsk, wurde 1820 Superintendent und Konsistorialpräsident der evangelischen Gemeinden in Saratow und 1833 Generalsuperintendent und Kirchenrat der lutherischen Gemeinde in Sankt Petersburg, wo er am 15. Dezember 1839 starb. Sein Grab befindet sich im lutherischen Teil des Wolkowo-Friedhofes in Sankt Petersburg.

W.: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Oder Resultate vereinigter Denker über Philosophie und Geschichte der Freimaurerei. 2 Bde. Berlin: Frölich, 1802/1803; Fessler’s Rückblicke auf seine siebzigjährige Pilgerschaft: ein Nachlass. Leipzig: Geibel, 21851.
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