Direkte Schrift

(Engl. direct writing), Schriftbildung ohne erkennbare Verursachung. Im Spiritismus spricht man von Geisterschrift (spirit writing), die ohne Mitwirkung eines Mediums oder einer technischen Vorrichtung wie Psychograph oder Planchette erscheint. Die Schriftzüge können völlig spontan oder mittels vorbereitetem Material entstehen.
Das Phänomen kannte man schon in der Antike. Hier sind die steinernen Tafeln mit der Inschrift der Zehn Gebote (Ex 24,12; 25,16; 31,18; 32,16; 34,28;) und der Bericht des Propheten Daniel zu nennen: „In derselben Stunde erschienen die Finger einer Menschenhand und schrieben gegenüber dem Leuchter etwas auf die weißgetünchte Wand des königlichen Palastes“ (Dan 5,5; Menetekel).
1857 veröffentlichte Baron Ludwig Güldenstubbe unter dem Titel Positive Pneumatologie ein Buch zum Phänomen der D. S. der Geister mit einer Reihe von Schriftproben und persönlichen Erfahrungen mit seiner Schwester, der Baronin Julie. 1860 brachte es Henry Slade zur D. S., die er 1876 in London unter Beweis stellen wollte. Er wurde dabei aber des Betrugs bezichtigt und in erster Instanz zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. In Berlin lehnten 1877 Gelehrte wie Helmholtz, Virchow und andere die Untersuchung der Phänomene bei Slade ab. Dafür experimentierte Friedrich Zöllner von November 1877 bis Juni 1878 mit ihm. Dabei kam die Schrift manchmal auf Doppeltafeln zugleich auf beiden Seiten, aber in entgegengesetzter Richtung.
Schriftmanifestationen traten auch bei Sitzungen mit Eusapia Paladino und einer Reihe anderer Medien auf. W. Crookes machte Feldversuche zur Klärung des Phänomens. Bei einer Sitzung bewegte sich der Stift, ohne jedoch zu schreiben, vielmehr kam die Botschaft: „Wir versuchten es, aber unsere Kraft war erschöpft.“ Bei einer Sitzung mit Kate Fox zeigte sich hingegen eine leuchtende Hand, die von oben kam, ihm seine Feder aus der Hand nahm, schrieb und dann wieder nach oben in die Dunkelheit verschwand.
In D. S. soll auch Xenographie, d.h. Text in einer den Teilnehmern völlig unbekannten Sprache, aufgetaucht sein.
Mit D. S. verwandt sind Dermographie, Direkte Flammenschrift, Direkte Gravierungen, Direkte Schreibmaschinenschrift und Spielen von Musikinstrumenten ohne Berührung. Schließlich wird die D. S. auch bei Spukfällen genannt.
Wie bei allen Spontanphänomenen ist auch bei der D. S. die Kontrolle oft schwierig und daher ist Täuschungen grundsätzlich vorzubeugen. Doch bei aller Kritik ist aufgrund der zahlreichen gut kontrollierten Fälle am Phänomen selbst nicht zu zweifeln. > Direkte Stimme, > Direktes Zeichnen und Malen.

Lit.: Güldenstubbe, Baron Ludwig vonPositive Pneumatologie: die Realität der Geisterwelt sowie das Phänomen der directen Schrift der Geister; historische Übersicht des Spiritualismus aller Zeiten und Völker. Bern: R.J. Wyß, o.J; Zöllner, Friedrich:Wissenschaftliche Abhandlungen, 4 Bde. Leipzig: Verlag L. Staackmann, 1878-1881, Bd. 3, S. 263-265; Lehmann, Alfred: Aberglaube und Zauberei. Aalen: Scientia Verlag, 1985; Uphoff, Walther: New Paranormal Scripts from Rolla, Missouri. New Frontiers (1989) 30/31, 12; Schiebeler, Werner: Die Verbindung mit dem Jenseits, in: Andreas Resch: Aspekte der Paranormologie (Imago Mundi; 13). Innsbruck: Resch, 1992, S. 510-515.
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