Cicero, Marcus Tullius

(* 03.01.106 Arpinum; † 07.12.43 bei Formia), römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph, der berühmteste Redner Roms und ab 63 v.  Chr. Konsul.
Sein Leben und seine Werke weisen eine Reihe von paranormologischen Themen auf. 53 v.  Chr. wurde er zum > Auguren ernannt. In diesem Amt weissagte er aus dem Flug, aus den Stimmen und dem Fressen der Vögel, aus der Beobachtung anderer Tiere und aus Himmelserscheinungen. C. war ein Freund des gallischen Druiden Divitiacus, mit dem er sich über die Kunst des Wahrsagens und Vorhersagens unterhielt.
Neben vielen anderen Schriften verfasste er 44 v.  Chr. drei Bücher über das Wesen der Götter (De natura deorum) und zwei Bücher über die > Weissagung (De divinatione). In Letzteren bezieht er sich auf Werke von > Chrysipp, Diogenes von Babylon, Antipater und > Poseidonios, die sich mit > Mantik, Orakelfindung und > Traumdeutung befassten. In der Deutung folgte er der kritischen Haltung des > Aristoteles und kritisierte sogar das berühmte > Orakel von > Delphi, das er in seiner Jugend dahingehend befragte, wie er denn zu höchstem Ruhm gelangen könne. Zudem warnte er davor, den Träumen zu viel Beachtung zu schenken, verneinte aber auch nicht die Möglichkeit der Weissagung: „Ich denke, dass es wirklich eine Weissagung gibt, das heißt, das, was die Griechen mantike nannten. Wenn wir die Existenz von Göttern annehmen, deren Geist die Welt regiert und deren Güte über das Menschengeschlecht wacht, so sehe ich keinen Grund, die Möglichkeit der Weissagung zu bestreiten“ (De legibus II §§ 32f).
Zur Philosophie habe ihn der > Tod seiner einzigen Tochter Tullia geführt, die 45. v.  Chr. starb. Von seiner „Consolatio“ sind nur mehr Bruchstücke vorhanden, doch im ersten Buch seiner Tusculanae Disputationes beschäftigt er sich mit der Todesfurcht und der > Unsterblichkeit, wobei er sich auf die Lehre Platons im Phaidon und auf Pythagoras bezieht. Der größte Beweis dafür, „dass die Natur selbst stillschweigend für die Unsterblichkeit plädiert, ist, dass alle Menschen sich die allergrößten Sorgen darüber machen, was nach dem Tode geschehen wird“ (Gespräche). Zudem sei der Ursprung der Seele auf Erden nirgends zu finden: „Also was nun auch das sein mag, was empfindet, was weise ist, was lebt, was tätig ist; es muss himmlisch und göttlich und aus diesem Grunde ewig sein“ (Tuskulanen).

W. (Auswahl): Tuskulanen. Berlin-Schöneberg: Norddeutsche Verlagsanstalt, 51890, c. 27, Anfang; Gespräche in Tusculum. München: Heinemann, 1951, 1. Buch, S. 37; Über die Wahrsagung. München: Artemis, 1991; De natura deorum. Stuttgart: Reclam, 1995.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.