Chrysipp(os)

(* 281/278 Soloi; † 205 v.  Chr.), griechischer Philosoph, drittes Schulhaupt der Stoa, wird auch als zweiter Begründer der materialistischen Stoa bezeichnet. Von seiner reichen literarischen Tätigkeit sind nur Fragmente erhalten. Seine berühmtesten Schüler waren Diogenes von Babylon und Zenon von Tarsos, die später die Stoa leiteten.
Seine Lehre, die er in 705 Buchrollen niederlegte, war für Generationen maßgebend. Er gliederte die stoische Lehre in Ethik, Logik und Physik.

Als Beweis für die Unverbrüchlichkeit des Naturgesetzes führt er die > Mantik an und versucht sie in den Schriften Über Orakel und Über Träume mit der in allen Teilen der Welt herrschenden „natürlichen Sympathie“ zu erklären – ein Begriff, der im Mittelalter wieder auftauchte. In der Schrift Über das Naturgesetz bezeichnet er dieses als „die Vernunft, der gemäß das Gewordene geworden ist, das Werdende wird, und was werden soll, werden wird“ (Stob. Ecl. 1,79). „Die Welt selbst ist ein vernunftbegabtes , beseeltes und denkendes lebendes Wesen, auch die Gestirne sind lebende Wesen (Nestle, Fr. 27, 28).
Die Wahrheit dieser Definitionen der Welt zeige die Mantik: „Niemand könnte die Weissagungen der Seher für wahr halten, wenn nicht alles vom Naturgesetz beherrscht würde“ (Eus., Pr. ev. 4, 3).

Neben dieser rein natürlichen Erklärung der Weissagung lässt C. auch die Meinung gelten, dass die Gottheit aus Fürsorge für die Menschen diesen die Zukunft offenbare. So nennt er „die Weissagung eine Kraft, welche die den Menschen von den Göttern geoffenbarten Zeichen erkennt, betrachtet und erklärt“ (Nestle, Fr. 134). Dies ist allerdings nicht seine feste Überzeugung, denn es „ist entweder eine göttliche Kraft, die aus Fürsorge für uns in Träumen Zeichen gibt, oder die Zeichendeuter erkennen aus einer gewissen Harmonie und inneren Geschlossenheit der Natur, die man Sympathie nennt, was die Träume für jede Sache für eine Bedeutung haben und auf jede Sache folge oder es trifft keine dieser beiden Annahmen zu, sondern man hat durch fortgesetzte und langwierige Beobachtung herausgebracht, was auf ein bestimmtes Traumgesicht hin zu ereignen und folgen pflege“ (Nestle, Fr. 136).

Lit.: Eusebius <Caesariensis>: Evangelica praeparatio <lat.> |De evangelica praeparatione. Venetiis, 1500; Wachsmuth (Hrsg.): Ioannis Stobaei anthologii libri duo priores, qui inscribi solent eclogae physicae et ethicae, 2 Bde. Berlin: Weidmann, 1884; Nachdr. ebd. 1958; Nestle, Wilhelm: Die Nachsokratiker. 2 Teile in einem Bd.; Neudr. der Ausg. Jena 1923. Aalen: Scientia Verl., 1968; Hülser, Karlheinz (Hrsg): Die Fragmente zur Dialektik der Stoiker, Bde. 3 und 4. Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog, 1987/88.
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