Carus, Carl Gustav

(* 03.01.1789 Leipzig; † 28.07.1869 Dresden), deutscher Arzt, Psychologe, Naturphilosoph und Landschaftsmaler.
C. studierte an der Universität Leipzig Physik, Botanik, Chemie und Medizin und promovierte 1811 in Medizin. Hochbegabt trug er bereits mit 22 Jahren zwei Doktortitel (Dr. phil., Dr. med.) und hielt Vorlesungen über vergleichende Anatomie (erstmals in Deutschland als selbständiges Fach an einer Universität). C. war Leibarzt des sächsischen Königs und von 1814 bis 1827 Prof. für Gynäkologie und Direktor eines Krankenhauses in Dresden.

Bereits in seiner Jugend interessierte er sich intensiv für den > Mesmerismus und war einer der Ersten, der die Bedeutung des Unbewussten erfasste. Das > Unbewusste von C. ist im Gegensatz zu > Freud eine positive Kraft und steht mit dem Bewusstsein in Kommunikation, vor allem über die > Träume und die Gefühle. Im Traum nehme der Mensch teil an der Unermesslichkeit des Ganzen, das sich ihm über > Symbole kundtue. So ist für C. Hellsehen ein traumartiges Erkennen und die Ekstase ein Untertauchen in das Unbewusste. Der > Somnambulismus, eine unserem Urzustand nahe Lebensform, ist den Träumen verwandt. In ihm können sich paranormale Manifestationen ereignen, wie etwa die Innere > Autoskopie. Mit diesem Konzept des Unbewussten nimmt C. bereits Gedanken der Psychoanalyse und der analytischen Psychologie C.G. Jungs vorweg, der sich bei der Formulierung des kollektiven Unbewussten auf ihn beruft.
Der Körper ist für C. das Symbol der Seele, was sich vor allem in den Konstitutionstypen zeige, bei denen er 16 unterscheidet. Mit seiner Konstitutionslehre nahm C. manches von der Typenlehre E. Kretschmers vorweg. In diesem Zusammenhang versuchte er auch eine > Kranioskopie (Schädellehre) und eine chirologische Charakterdeutung zu begründen. Von Bedeutung sind ferner seine Beiträge zur > Physiognomik, von der er zusammen mit der Konstitutionslehre auch einen praktischen Nutzen für Pädagogik, die Möglichkeit einer individuellen Erziehung, für die Medizin eine Hilfe in der Diagnostik, für die forensischen Disziplinen die Erkenntnis krimineller Anlagen und nicht zuletzt Eignungsbeurteilungen im Berufsleben erhoffte.
C. war Altersfreund von Goethe und ein bedeutender Vertreter der Anthropologie der deutschen Romantik, ein lebensbejahender Mensch und Wissenschaftler.

W. (Auswahl): Psyche. Zur Entwicklung der Seele (1846); Über ungleiche Befähigungen der verschiedenen Menschheitsstämme für höhere geistige Entwicklung. Leipzig: Brockhaus, 1849; Symbolik der menschlichen Gestalt (1853); Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten (1865/66); Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Tierwelt (1866); Über Lebensmagnetismus und über die magischen Wirkungen überhaupt. Hg. von Konrad Ditzfelbinger. Andechs: Dingfelder, 1986.
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