Bulgakow, Sergej Nikolajewitsch

(* 16.06.1871 Liwny; † 14.07.1944 Paris), russischer Religionsphilosoph und Theologe. Als Sohn eines orthodoxen Priesters studierte er in Moskau 1890-1894 Jura und setzte dann seine Studien in Berlin und London fort. 1901 wurde er Prof. für Nationalökonomie am Polytechnischen Institut in Kiew und 1906 für dasselbe Fach Dozent an der Moskauer Universität. Zunächst leidenschaftlicher Marxist, wandte er sich unter dem Einfluss des Philosophen Wladimir Sergejewitsch Solowjew vom Marxismus ab, nahm 1917/18 am allrussischen Kirchenkonzil zur Erneuerung der orthodoxen Kirche teil und ließ sich 1918 zum Priester weihen. Zum Mitglied der höchsten Kirchenversammlung ernannt, wurde er 1923 aus Russland ausgewiesen und gelangte über Prag nach Paris, wo er von 1925-1939 Prof. für Dogmatik und Dekan am Orthodoxen Theologischen St. Sergius-Institut war. Unter dem Einfluss der Lehren von Solowjew und Teilhard de Chardin entwickelte B. eine Lehre von der Immanenz Gottes, die als erste Orthodoxe > Naturphilosophie gelten kann. Die daraus erwachsene Lehre von der Sophia, der göttlichen Natur, dem Urbild der Schöpfung, die in Maria ihre reine Darstellung findet, wurde 1935 als gnostische Irrlehre abgelehnt. Er konnte aber unter dem Schutz des Metropoliten Eulogius seine theologische und priesterliche Tätigkeit fortsetzen. B. betonte die Notwendigkeit der religiösen Erfahrung und erneuerte damit im 20. Jh. das zentrale Anliegen des > Hesychasmus (griech. hesychia, Ruhe, Zurückgezogenheit), der orthodoxen Mystik.
B. ist auch bekannt durch seine Beteiligung an den Einigungsbestrebungen und der ökumenischen Bewegung.

W. (Auswahl): The Wisdom of God: A Brief Summary of Sophiology. New York: The Paisley Press; London: Williams and Norgate, 1937; Dialog zwischen Gott und Mensch. Marburg an d. Lahn: Edel, 1961; Die Orthodoxie. Trier: Paulinus-Verl., 1996.
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