Brunnen

(Engl. well; it. pozzo), Anlage zur Entnahme von Grundwasser oder zum Auffangen von Regenwasser. Die Anlage selbst kann verschiedene Formen aufweisen, sie dient dem Wasser und dessen Qualität. Damit steht der B. symbolisch in Zusammenhang mit dem > Wasser und dem Geheimnis seiner verborgenen Quellen. Die Angewiesenheit des Menschen auf Wasser zur Erhaltung und Förderung von Leben und Fruchtbarkeit sowie zur Reinigung macht den Brunnen zum Symbol des Lebens und des Todes.
So galten die im B. eingefangenen Quellen als heilig und heilkräftig und wurden auf vielfältige Weise mit Gottheiten in Verbindung gebracht. Die Griechen sahen im Sprudeln der Quellen das Wirken numinoser Mächte und nach den Germanen fließt unter der Weltesche > Yggdrasil die Schicksalsquelle (> Urdbrunnen).

B. sind wegen ihrer Exponiertheit auch ein Symbol des Todes. Nicht nur böse Mächte, sondern auch Menschen können den Brunnen negativ belasten oder durch Vergiftung zur Todesquelle machen. Daher werden neu angelegte Brunnen zur Abwehr von Schäden gesegnet, selbst das Wasser des B. kann gesegnet werden (Weihbrunnen). Das Eintauchen in das geweihte Wasser des B. soll Unsterblichkeit (Taufe), Jugend (Jungbrunnen) und Gesundheit (Lourdes) verleihen.
In der Bibel ist der B. nicht nur ein Symbol des Lebens, sondern auch ein Hort der Ruhe (Ex 2,15) und der Begegnung (Jakobsbrunnen, Joh 4,6). Zudem soll Singen das Graben nach Wasser fördern. „Damals sang Israel das folgende Lied: Steig auf, Brunnen! Singt über ihn ein Lied“ (Num 21,17).
Schließlich finden die genannten Bedeutungen des B. auch in Märchen und Volksglauben ihren Niederschlag: als Quelle des Lebens, als Stätte des Todes, als Hort der Ruhe und der Liebe, als Ursache von Streit, Rache und Bedrohung, als Eingang zur Unterwelt, als Wohnstätte von Gottheiten und Dämonen sowie als Festplatz.

Lit.: Wadell, Maj-Brit: Fons pietatis: eine ikonographische Studie. [Ubersetzung: Dieter Rosenthal und Anne-Marie Thiberg]. Göteborg: Elanders Boktryckeri Aktiebolag, 1969; Rapp, Anna: Der Jungbrunnen in Literatur und bildender Kunst des Mittelalters. Zürich: Juris, 1976. Bächtold-Stäubli, Hanns (Hg): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HdA). Bd. 1. Berlin: Walter de Gruyter, 1987; Thomas, Roland: Brunnen im Garten: von der Vogeltränke bis zum Teich; Funktion, Gestaltung, Anlage. 3., aktual. Aufl. München: Callwey, 1993.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.